Rudolf Steiner

Rudolf Steiner

Wichtige Persönlichkeiten in der Medizin

Rudolf Steiner
(Pädagoge, Philosoph)

Rudolf Steiner wurde am 27. Februar 1861 in Kraljevica bei Rijeka (Kroatien) geboren. Obwohl Steiner kein Mediziner war, ist er der Begründer der Anthroposophie, einem Medizinkonzepts, das von vielen Menschen begrüßt wurde. Von vielen Schulmedizinern wird sein Konzept jedoch als “Außenseitermedizin” abgelehnt. Steiners “Anthroposophische Medizin” – so wird sie allgemein genannt – richtet ihr besonderes Augenmerk auf Behindertenpädagogik, Psychosomatik und Onkologie sowie die Pflanzenheilkunde. Die allgemein anerkannten und praktizierten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden werden dabei jedoch nicht außer Acht gelassen. Die große Akzeptanz der nach anthroposophischen Konzepten geführten Naturheilpraxen, Arztpraxen und Krankenhäuser und ihre Behandlungserfolge sind nicht mehr unübersehbar. In Herdecke (Westfalen) entstand die erste private medizinische Hochschule, die sich dem anthroposophischen Gedankengut verpflichtet fühlt.

Rudolf Steiner war der Sohn eines Österreichischen Bahnbeamten. Er ging in Wien in die Schule und studierte dort nach dem Abitur Mathematik und Naturwissenschaften. Nebenher betrieb er ausgedehnte geisteswissenschaftliche Studien. 1897 zog Steiner nach Berlin um und war dort Mitherausgeber des “Magazin für Literatur” und der “Dramaturgischen Blätter”. Von 1899 bis 1905 war er Lehrer an der Arbeiter-Bildungsschule. Nach und nach entwickelte er nun sein anthroposophisches Weltbild. Dadurch kam es zum Bruch mit der seit 1875 bestehenden deutschen Sektion der “Theosophischen Gesellschaft” (ab 1902 war Steiner der Berliner Generalsekretär), einer religiösen Gemeinschaft, deren Erlösungslehre sich an altindische Überlieferungen orientierte. Steiner gründete nach dem Bruch mit den Theosphen 1913 die “Anthroposophische Gesellschat”. Zum ersten mal wurde der Begriff “Anthroposophie” von dem Arzt und romantischen Naturphilosophen Ignaz Paul Vitalis Troxler (1780-1866) benutzt.

Obwohl einige Grundzüge Steiners Wissenschaft sicherlich von den Theosophen stammen, resultieren die meisten seiner Erkenntnisse jedoch aus seinen eigenen erkenntnistheoretischen und methodisch begründeten Erfahrungen und Überlegungen. Er verstand sich als Erbe der abendländischen Geistesgeschichte und stützte sich – neben der antiken Philosophie – auf den deutschen Idealismus und auf die Naturauffassung und Metamorphosenlehre Johan Wolfgang Goethes (1749-1832). Besonders kam dieses durch das ab 1914 in Dornach bei Basel von ihm eingerichtete Zentrum der Anthroposophen, dem “Goetheanum” zum Ausdruck. Diese Lehr- und Unterkunftseinrichtung war aus Holz erbaut, brannte dann jedoch bis auf die Grundmauern nieder. In den Jahren 1924 bis 1928 wurde diese Einrichtung in der von Steiner vorgegebenen eigenwilligen Struktur, in Anlehnung an Goethes Metamorphosenlehre, in Stahlbeton neu errichtet. Noch heute ist dieses ein vielbestauntes Besuchsobjekt, da es keinen einzigen rechten Winkel, sondern nur organisch fließende Formen aufweist. Seit 1923 ist dort die “Freie Hochschule für Geisteswissenschaften” untergebracht, die in verschiedenen Sektionen die Pädagogik (“Waldorfschulen”), Heilpädagogik, Landwirtschaft (in biologisch-dynamischer Wirtschaftsweise), Bewegungskunst (“Eurhythmie”) und andere künstlerische Bereiche fördert.

1919 eröffnete Steiner die erste “Freie Waldorfschule” – es klingt wie ein Treppenwitz der Geschichte – mit Hilfe der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik (!) in Stuttgart. Am 21. März 1920 begann in Dornach der erste medizinische Kurs für Ärzte und Studenten auf anthroposophischer Grundlage. Nach drei Kursen gründete Steiner im Dezember 1924 mit einem Kreis von Anhängern die Medizinische Sektion des Goetheanums. Steiners Werk ist bis heute umstritten und gilt als nahezu unüberschaubar. Bereits die Deutung des Begriffs “Anthroposopie” ist schwierig.

Vereinfacht kann gesagt werden:
Die Anthroposophie ist eine Weltanschauungslehre, die von christlichem, indischem und kabbalistischem Gedankengut beeinflusst ist. In ihr hat der Mensch (auch die Welt) eine stufenweise Entwicklung nachzuvollziehen, um zu höheren seelischen Fähigkeiten zu gelangen und um zu übersinnlichen Erkenntnissen zu kommen. An Bedeutung gewann sie vor allem in Steiners pädagogischen Ideen, in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft und in seinem medizinischen Konzept. Gemäß der anthroposophischen Menschenkunde steht im Mittelpunkt Steiners Medizinkonzept eine seelische Dreigliederung. Sie entspricht der traditionellen Einteilung in Körper (vegetative Seele), Seele im engeren Sinne (animalische Seele) und Geist (intellektuelle Seele). Steiner wollte eine Erweiterung der Medizin durch die Geisteswissenschaft, also eine Erneuerung der antiken “Mysterienmedizin”. Für ihn war die rhythmische Ordnung der gesamten Natur von entscheidender Bedeutung:
“Rhythmisch wächst an der Pflanze ein Blatt nach dem anderen; rhythmisch sind die Blumenblätter angeordnet … Rhythmisch tritt das Fieber ein bei einer Krankheit, flutet wieder ab; rhythmisch ist das ganze Leben.” (Rudolf Steiner)

Durch verschiedene Naturheilmittel aber auch durch künstlerisches Arbeiten, sollen im anthroposophischen Behandlungsprozeß die schöpferischen, seelischen und geistigen Kräfte des Patienten aktiviert werden. Steiner führte beispielsweise heilpädagogische Bewegungen, Musik-, Mal- und Plastiziertherapien in die Patientenbehandlung ein.
Als naturheilkundliche Therapieform schlug Steiner bereits 1917 Injektionspräparate aus Mistelextrakten vor. Diese Pflanzenextrakte werden heute immer häufiger als Unterstützung der Chemotherapie bei Krebspatienten eingesetzt. Er beschrieb als Wirkungsweise dieser Medikamente die Erzeugung von Fieber und entzündliche Prozesse in der Tumorumgebung. Das wird heute durch die modernen immunologischen Forschungsergebnisse eindeutig belegt. Rudolf Steiner starb am 30. März 1925 in Dornach bei Basel (Schweiz).

Wilhelm Conrad Röntgen

Wilhelm Conrad Röntgen

Wichtige Persönlichkeiten in der Medizin

Wilhelm Conrad Röntgen
(Physiker)

Wilhelm Conrad Röntgen wurde am 27. März 1845 in (Remscheid-) Lennep geboren. Er verlebte seine Jugend- und Schuljahre (1848 bis 1865) im niederländischen Apeldoorn und Utrecht. 1865 ging er nach Zürich und studierte dort bis 1871 Maschinenbau und beschäftigte sich mit Experimentalphysik. 1871 bis 1872 arbeitete er als Assistent des Experimentalphysikers A.E.E. Kundt (1839 – 1894), der einem größeren Publikum durch wichtige Beiträge auf dem Gebiet der Akustik bekannt war Z.B. Kundt’sches Rohr. Mit ihm ging Röntgen an die Universitäten Würzburg und Straßburg, wo er sich 1874 habilitierte. 1875 wurde Röntgen an die Landwirtschaftliche Hochschule Hohenheim berufen. Dort lehrte er bis 1879 Physik und Mathematik. Im gleichen Jahr erhielt er einen Ruf an die Universität Gießen und wurde dort Ordinarius für theoretische Physik. 1888 bis 1900 lehrte er als Ordinarius der Experimentalphysik an der Universität Würzburg, wo er ab 1894 deren Rektor wurde. Hier entdeckte er die Röntgenstrahlen.

Im Jahre 1900 erhielt Wilhelm Conrad Röntgen einen Ruf als Direktor an das Universitätsinstitut für Experimentelle Physik in München. Hier lehrte er bis zu seinem Tode. W. C. Röntgen starb am 10. Februar 1923 im Alter von 78 Jahren am Darmkrebs. Er erhielt zu Lebzeiten 110 in- und ausländische Ehrungen. Die höchste Auszeichnung war der Nobelpreis, den er am 10. Dezember 1901 persönlich entgegennahm. Immer lehnte er die ihm zuteil gewordene Publizität ab und nie zog er Nutzen aus seinen Entdeckungen. Er stellte sie vorbehaltlos der Allgemeinheit zur Verfügung.

Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass, als Wilhelm Conrad Röntgen die nach ihm benannten Strahlen entdeckte und auch gleich ihre mögliche Anwendung erprobte, ein neues Zeitalter in der Medizin begann. “Röntgen” in Form von “Röntgendurchleuchtung” und “Röntgenaufnahmen” ist nun seit über 100 Jahren aus der Diagnostik einer überwältigenden Anzahl medizinischer Untersuchungen nicht mehr wegzudenken. Auch die modernen medizinischen Diagnoseverfahren wie Computertomographie, Emissions-Computertomographie, Magnetresonanztomographie, Sonographie, Subtraktionsangiographie basieren letztlich auf Entwicklungen der röntgenologischen Bildverarbeitung.

Es gibt kaum Entdeckungen die die Medizin, aber auch die Technik und Wissenschaft, so beeinflusst haben wie die Röntgenstrahlen. Röntgen entdeckte die Strahlen am 8. November 1895 als er für seine Forschungen Kathodenstrahlen verwendete. Aufgrund ihrer damaligen unbekannten physikalischen Eigenschaften, nannte er sie Zeit seines Lebens “X-Strahlen”. Seine erste Publikation über diese neuen Strahlen erschien am 28. Dezember 1895 für die Physikalisch-Medizinische Universität Würzburg. Der erste Vortrag vor der Gesellschaft war am 23. Januar 1896. Dieser Vortrag gab den Anstoß zur medizinischen Auswertung der Strahlen, da er neben Aufnahmen technischer Gegenstände als Demonstrationsobjekt auch seine Hand und die seiner Frau Bertha (1839 – 1919) röntgenographisch darstellte. Nach diesem Vortrag dauerte es nur wenige Wochen, bis die Ärzte nahezu weltweit die besonderen Möglichkeiten dieser Strahlen für medizinische Untersuchungen erkannt hatten. Obwohl die damaligen technischen Mittel noch außerordentlich begrenzt waren, begannen sie das “Röntgen” in die tägliche Praxis mit einzubeziehen.

Röntgen forschte und experimentierte weiter und legte die Ergebnisse seiner Forschungen in seinen drei berühmt gewordenen wissenschaftlichen “Mitteilungen” nieder:

  1. Mitteilung vom 28. Dezember 1895 (“Über eine neue Art von Strahlen: Vorläufige Mitteilung),
  2. Mitteilung vom 9. März 1896 (“Eine neue Art von Strahlen”),
  3. Mitteilung vom 3. Mai 1897 (“Weitere Beobachtungen über die Eigenschaften der X-Strahlen”).

Zu seiner Entdeckung hat Röntgen nur diese drei Abhandlungen verfasst. Er wandte sich wieder seinen früheren Themen – sein besonderes Interesse galt dem Studium der physikalischen Eigenschaften der Kristalle – zu. Die weiteren Untersuchungen der von ihm entdeckten Strahlen, überließ er jüngeren Kollegen.

Vinzenz Prießnitz

Vinzenz Prießnitz

Wichtige Persönlichkeiten in der Medizin

Vinzenz Prießnitz

Vinzenz Prießnitz wurde am 4. Oktober 1799 in Gräfenberg /(österr.) Schlesien geboren. Er wurde zwar Landwirt, doch bereits in jungen Jahren trat seine besondere medizinische Begabung zutage. Er war ein Natur- und Menschenbeobachter höchsten Grades und ließ sich von seinem ausgeprägten Instinkt leiten.

Eines Tages sah der junge Vinzenz, wie ein verwundetes Reh an einer Quelle Linderung suchte. Das brachte ihn auf die Idee, auch menschliche Verletzungen mit Wasser zu heilen. Er behandelte am Anfang nur seine eigenen Verletzungen, die er durch einen schweren Unfall erlitten hatte. Bald baten aber auch andere Kranke um Hilfe. Er wurde nur noch “Wasserdoktor” genannt. Als er 19 Jahre alt war, hatte sich sein Ruf so weit verbreitet, dass Kranke von weit her kamen um Prießnitz zu konsultieren. Zunächst setzte er das Wasser nur bei Verstauchungen, Verrenkungen und Verletzungen ein. Als er jedoch die Heilerfolge sah, ging er dazu über, seine “Kur” auch bei inneren Leiden anzuwenden. Ständig arbeitete er an Verbesserungen seiner Therapie und entwickelte neue naturgemäße Anwendungen. Dazu gehörten u.a. Luft- und Sonnenbäder, Luftwasserbäder und Freiluft-Liegekuren als Heilmittel bei Lungentuberkulose. Ohne von den altägyptischen und griechischen Ärzten zu wissen, setzte er künstlich erzeugtes Fieber ein, um chronische Erkrankungen in einen akuten Zustand überzuführen. Dadurch erzielte er eine bessere Heilwirkung. Für Prießnitz gab es keine Krankheiten im eigentlichen Sinne, sondern nur kranke Menschen. Er ging bei seinen Behandlungen sehr sorgfältig vor und berücksichtige die individuellen Verschiedenheiten seiner Patienten. Anstelle der üblichen Organdiagnose bediente er sich einer von ihm selbst erfundenen Reaktionsdiagnose.

“Der wahre Arzt wohnt im Menschen selbst; ich unterstütze nur die Natur und diese heilt dann die Krankheit von selbst.” (Vinzenz Prießnitz)

Die eigentliche Krankheit war für Prießnitz uninteressant, für ihn war es nur wichtig zu ergründen, ob sie sich für seine Reiztherapie eignete. Es ist erstaunlich – es grenzte regelrecht an Hellseherei – mit welcher Sicherheit er eine Heilung voraussehen konnte, wenn die Prognose günstig war. Er hatte zwei Kernsätze:

  1. “Die natürlichen Heilmittel müssen in den Dienst der Ableitung und Zuleitung, der Hyperämie, der Erregung, der Beruhigung und der Ausscheidung gestellt werden.”
  2. “Man muss den Körper nur vollständig reinigen von Hitze und Unrat und ihn stärken, dann hört die Krankheit von selbst auf.”

Herkömmliche Medikamente verbot Prießnitz während seine Behandlung streng, er hielt auch nichts von Salben. Die damals neu eingeführte Pockenimpfung hielt er für einen Eingriff in die heilsamen Verrichtungen der Natur. Er erklärte sie sogar als ein Unglück für die Menschheit. Diese Meinung ist durchaus umstritten, er soll aber Pockenfälle mit seiner Methode geheilt haben, ohne dass Narben zurückblieben.
Immer wieder sagte Prießnitz: “Der Natur folgen, nichts erzwingen.”

Zu seiner Zeit spielte die Ernährungsweise noch eine untergeordnete Rolle. Nicht so bei Prießnitz. Er sprach sich grundsätzlich für eine Mischkost aus, verordnete aber auch in verschiedenen Fällen eine vegetarische Diät. Zusätzlich führte er das Vollkornbrot in die Krankenernährung ein, um dadurch einen Reiz auf die Magenwände auszuüben und die Tätigkeit der Verdauungsorgane anzuregen. Kaffee, Tee, Likör und Tabak waren strikt verboten. Prießnitz war zwar von Natur aus gutmütig, er konnte jedoch auch hart zu seinen Patienten sein, wenn es darum ging, seine Anordnungen durchzusetzen. Nur so konnte er für eine Heilung garantieren. Bald war es nicht mehr möglich die vielen Patienten in der Scheune, im Stall oder auf dem Dachboden unterzubringen. Prießnitz baute 1822 in Gräfenberg sein erstes Kurhaus. In der Folgezeit nahm die Zahl der Patienten ständig zu. 1839 behandelte er 1700 Patienten. Gleichzeitig kamen 120 Ärzte, die die Prießnitz-Methode studieren wollten. Bis zu seinem Tode waren es mehr als 40.000 Kranke, die er behandelte. Unter den Kurgästen waren viele prominente Persönlichkeiten, z.B.der König von Bayern, Erzherzog Franz-Karl und Chopin.

“Zur Wasserkur gehört Charakter; wer keinen Charakter hat oder seine Schwäche nicht stärken will, der bleibe weg von der Wasserkur.” (Vinzenz Prießnitz)

Obwohl Vinzenz Prießnitz von Kaiser Ferdinand von Österreich eine hohen Orden verliehen bekam, blieb er immer ein bescheidener und einfacher Mensch.
Es konnte nicht ausbleiben, dass Prießnitz – besonders unter der Ärzteschaft seiner Umgebung – Neider und Feinde hatte. Mehrfach wurde versucht, ihn als Kurpfuscher anzuklagen und seinen Kurbetrieb zu unterbinden. Er musste einmal sogar einen verschärften Arrest von vier Tagen absitzen. Danach erhielt er, aufgrund eines positiven Berichts einer Prüfungskommisson der österreichischen Regierung, die endgültige Erlaubnis zur Führung seiner Heilanstalt.
Vinzenz Prießnitz war nicht nur ein hervorragender Praktiker, sondern auch ein begnadeter Lehrer. Seine Schüler schrieben bis 1907 ca. 400 Werke über ihn und seine Entdeckungen, sowie über seine Gesamttherapie.

Vinzenz Prießnitz starb 52-jährig am 28.11.1851 in Gräfenberg an den Spätfolgen eines Unfalls, den er im Jugendalter erlitten hatte, aber auch weil er sich keine Ruhe gönnte, sondern sich rastlos für seine Patienten einsetzte. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass sein Leben wie eine Kerze war, die an beiden Enden entzündet wurde.
Dr. med. Schindler wurde der Nachfolger von Prießnitz. Er leitete die Anstalt im Sinne des Gründers 40 Jahre weiter. Gräfenberg entwickelte sich zu einem europaweit beachteten Zentrum der Hydrotherapie. Bis heute werden die von Prießnitz entwickelten Naturheilverfahren in Gräfenberg (Jesenik-Lazne, Tschechien) angewandt. Die Naturheilbewegung die auf Prießnitz zurückgeht verbreitete sich vor allem in Deutschland, hat aber ihre Anhänger in der ganzen Welt. Er hat eine Bewegung mitgeprägt, durch seine Persönlichkeit, seine Lebensführung und durch sein selbstloses Wirken.

Literatur:

Naturmedizin in Lebensbildern. Von Friedrich Asbeck. 1977.
Deutsches Kulturwörterbuch. Von Georg Herrmann. 1962. Teckbote, 17.5.1999

Pastor Felke

Pastor Leopold Emanuel Felke

Wichtige Persönlichkeiten in der Medizin

Pastor Leopold Emanuel Felke
(Der Lehmpastor)

Auch heute noch ist Leopold Emanuel Felke (7.2.1856 – 16.8.1926) als Lehmpastor bekannt. Grundsätzlich behandelte er seine Patienten nach dem aus der Bibel abgeleiteten Grundsatz “Erde muss aus Erde kommen!” Vorwiegend verwendete er zur Behandlung seiner Patienten Lehmbreiwickel und Lehmbreiumschläge. Er grub aber auch Kranke regelrecht in Lehm ein.

Neben seiner Heiltätigkeit forschte Felke auf dem Gebiet der Irisdiagnostik, besser Augendiagnostik. Sie bekam durch ihn wichtige Impulse. Sein Motto war: “Die Iris diktiert das Rezept.” Auch heute noch ist dieser Grundsatz der Wegweiser zu einer praktischen Irisdiagnostik. Vor allem durch die Kurpfuscherprozesse gegen Felke wurde die Augendiagnose berühmt. Der letzte Prozess gegen Felke fand 1909 statt. In Anwesenheit von 14 Sachverständigen musste Felke, ohne eine Anamnese erheben zu dürfen, 20 vermummte Kranke nur aufgrund ihrer Iriden beurteilen. Die Ergebnisse waren so überzeugend, dass ihn die Richter freisprechen mussten. Die Irisdiagnose war schlagartig bekannt und angesehen.

Felke, Sohn eines Lehrers, studierte Theologie und auch einige Semester Medizin. Sein besonderes Interesse galt immer den Heilpflanzen und den Werken Hahnemanns und Prießnitz’.

In Cronenberg wo er zunächst auf Anweisung seines Bischofs wirkte, brach 1882 eine Diphterie-Epedemie aus. Es gelang ihm, dass keines der von ihm behandelten Kinder starb. In der Folge kamen immer mehr Ratsuchende zu Felke, dass er kaum noch Zeit für sein Pfarramt hatte. In Repelen eröffnete er seine erste Naturheilpraxis. Dort fühlte er sich aber nicht wohl. So ging er 1915 nach Sobernheim und gründete dort seinen ersten Jungborn.

Nach diesem Vorbild folgten bald ähnliche Einrichtungen in ganz Deutschland. Im Jungborn wurde mit Licht, Luft, Sonne, Wasser, Lehm, Massage und Gymnastik und Homöopathie behandelt. Felke war nie ein Einzelhomöopath, er setzte grundsätzlich Komplexmittel ein.

Auch heute noch ist Bad Sobernheim das Zentrum der Felke-Heilweise.

Paracelsus

Paracelsus

Wichtige Persönlichkeiten in der Medizin

Paracelsus
(Theophrast Bombast von Hohenheim)

Kurzbiographie des Namensgebers unserer Schulen

Noch heute ist Paracelsus, der Arzt, Astrologe und Theologe als Patron von Apotheken, Drogerien, als Schutzherr von Klinken, als Namensgeber diverser Medizin- und Kräutermixturen, auf Medallien verdienter Ärzte und Heilpraktiker und als Namensgeber für unsere Schulen präsent.

Sein Geburtsdatum steht nicht genau fest, es wird aber angenommen, dass Theophrast Bombast von Hohenheim am 10. November 1493 in Einsiedeln (Schweiz) geboren wurde. Sein Vater war der schweizer Landarzt Wilhelm Bombast von Hohenheim. Um sich im Namen von seinem Vater, mit dem er sich bereits in früher Jugend überwarf, zu unterscheiden, nannte er sich Paracelsus.

Er besuchte Medizinschulen in Wien und Ferrara in Italien. Hier lernte er den Galenismus (Galenos war einer der geachtetsten Ärzte des alten Roms) kennen. Bereits als Student widersetzte er sich dem dogmatischen Schematismus und stellte sich gegen die gelehrten Autoritäten. Er versuchte die Medizin zu “modernisieren”. Trotz aller Probleme, die seine Widersetzlichkeiten erbrachten, gelang es ihm 1515 die Doktorwürde in Medizin zu erlangen.

Auch heute ranken sich noch viele Ungereimtheiten um sein Leben und um sein Lebenswerk. Er war sehr unstet. Viele Jahre seines Lebens bleiben im Dunkel. Er schrieb zwar sehr viel, was aber zur Aufhellung dieses Lebensabschnitts nicht viel beiträgt. 1524/25 war er, das weiß man, in Salzburg. Danach hielt er sich kurz in Strassburg auf, wurde dann 1527 nach Basel als Stadtarzt und Hochschullehrer berufen. Sein “Revoluzertum” nahm auch hier kein Ende. Neben Vorlesungen in Latein, wie es damals üblich war, hielt er auch Vorlesungen auf Deutsch. Das war revolutionär. Seine programmatischen Ansichten, gepaart mit Spott und Aufbegehren gegen die Autoritäten seiner Zeit, bewirkten rasch Auseinandersetzungen mit Ärztekollegen, Apothekern und dem Rat der Stadt, so dass er Anfang 1528 Basel fluchtartig verlassen musste. Es folgten nun Wanderjahre durch Süddeutschland und Österreich. Er verstarb 1541 in Salzburg und bekam zunächst ein Armengrab, da er völlig mittellos war. 1752 wurde er exhumiert und seine Gebeine werden nun dort in der Vorhalle der Sebastianskirche aufbewahrt.

Obwohl sein Denken zwangsläufig vom alchemistischen Denken geprägt sein musste, war er die herausragende Medizinerpersönlichkeit zwischen Mittelalter und Neuzeit. Er sah im Körper biologisch-chemische Vorgänge, infolge dessen Krankheiten durch natürliche und chemische Mittel beeinflusst werden konnten. Er suchte Zeit seines Lebens eine neue Heilkunst, die nicht auf Bücher, sondern auf eigene Anschauung und Erfahrung begründet war.

Sein erstes Buch begann er 1520 zu schreiben. Erst 9 Jahre später wurde es gedruckt und erschien unter dem Titel “Vom Holtz Guaiaco gründlicher Heylung”. Es folgte eine Fülle an medizinischen, naturheilkundlichen und theologischen Schriften.

Paracelsus war nicht der Begründer einer neuzeitlichen, auf experimenteller Grundlage beruhender, oder gar “alternativen” Medizin, sondern war vielmehr Wegbereiter der pharmazeutischen Chemie. Er brach konsequent mit der hippokratisch-galenistischen Arzneimittelkunde, die pflanzliche Heilmittel in ihren Mittelpunkt stellte. Inkonsequenter Weise setzte er in seiner Medizin jedoch hauptsächlich pflanzliche Wirkstoffe (Phytotherapie) ein. Er sagte sogar: “Schaut auf die Natur, Gott hat für jede Krankheit ein Pflänzlein wachsen lassen.”
Seine wohl bekannteste These, die auch heute noch volle Gültigkeit besitzt, lautet: “Die Menge macht das Gift (Dosis facit venenum).”

Das Bild wurde uns freundlicherweise von der Blocker History of Medicine Collections, Moody Medical Library, The University of Texas Medical Branch, Galveston, Texas, USA zur Verfügung gestellt.

Sebastian Kneipp

Wichtige Persönlichkeiten in der Medizin

Sebastian Kneipp
Der Wasserarzt

“Die Mittel, welche das natürliche Heilverfahren beansprucht, beruhen in Licht, Luft, Wasser, Diät, Ruhe und Bewegung in ihren verschiedenen Anwendungsformen, Dinge, die, wenn sie normal vorhanden, den gesunden Organismus gesund erhalten und wieder gesund machen können, wenn er erkrankt ist.”
(Sebastian Kneipp)

Sebastian Kneipp wurde am 17. Mai 1821 in Stephansried bei Ottobeuren geboren. Da sein Vater Weber war, wuchs er in sehr ärmlichen Verhältnissen auf. Um die Lebensituation der Familie erträglicher zu gestalten, musste er bereits als Junge kräftig zum Familienunterhalt beitragen. Als Elfjähriger webte er unter Anleitung seines Vaters Tücher und hütete das Vieh der Bauern. Bereits damals hatte der junge Kneipp den brennendenWunsch, Priester zu werden. Gegen den Willen seines Vater trat er 1844 in das Gymnasium in Dillingen an der Donau ein. Sein Vater wollte – hauptsächlich aus finanziellen Gründen – nicht, dass sein Sohn Priester werden würde. Ein entfernter Verwandter, Kaplan Mathias Merkle, ermöglichte Sebastian Kneipp schließlich das Studium der Theologie.

Er studierte in Dillingen und später auch in München. Sebastian Kneipp wurde am 6. August 1852 in Augsburg zum Priester geweiht. Seine Primiz feierte der inzwischen 31 jährige am 24. August 1852 in der Basilika des heimatlichen Ottobeuren. Durch die Not und Armut die er in der Jugend erfahren hatte, war er sein Leben lang aufgeschlossen gegen das Leid der Mitmenschen. Er wollte helfen, wo immer ihm Not und Elend begegneten. Um die seelischen Nöte zu beheben, war er Priester geworden.

Seinen ersten seelsorgerischen Auftrag bekam er am 4. Oktober 1852. Er betreute als dritter Kaplan hauptsächlich die Wallfahrer und die Filialgemeinden Biberachs. Kurze Zeit später jedoch, wurde er nach München berufen. Hier fungierte er als Leiter und Erzieher eines Hauses für verwahrloste Jugendliche. Durch diese Tätigkeit entwickelte sich bei ihm ein besonderes Interesse und Engagement für gefährdete Mädchen und Jungen. Sehr zu Kneipps Bedauern gab ihn der Bischof nicht frei. Am 20. Januar 1853 wurde er Kaplan in Boos. Da der Pfarrer erkrankt war, musste er die ganze seelsorgerische Last und Verantwortung alleine tragen. Er hatte es besonders schwer, da in dem Ort gerade die Cholera wütete. Der Bischof berief ihn dann am 24. November 1854 als Stadtkaplan nach St. Georg in Augsburg. Auch hier galt seine besondere Sorge der religiös unwissenden Jugend. Nach einigen Monaten gingen Versetzungsgerüchte um und eine Jugenddeputation bat den Generalvikar, ihnen nicht den Lehrer zu nehmen. Die vorgetragene Bitte zeigte jedoch keine Wirkung. Bereits am nächsten Tag musste Kneipp ohne Abschiedspredigt Augsburg verlassen. Auf Anweisung trat er am 2. Mai 1855 seine neue Stelle als Beichtvater im Dominikanerinnenkloster in Wörishofen an.
Die göttliche Vorsehung hatte Sebastian Knepp an den Ort seines eigentlichen seelsorgerischen Wirkens und priesterlichen Lebens geführt. Hier begleitete er die Schwestern 42 Jahre lang als geistlicher Berater und Konferenzredner auf ihrem Weg zu Gott. An Sonn- und Feiertagen hielt er Vorträge und gab alljährliche Exerzitien. Ebenso kümmerte er sich rührend um die Waisenkinder und Mädchen, die im Kloster erzogen wurden. In allem was er tat wandte er sich gegen Übertriebenheit und Schwärmerei; stattdessen propagierte er maßvolles Entsagen, Arbeitsamkeit und Genügsamkeit.

Da kein Diözesankatechismus vorlag schrieb er einen eigenen und verfasste auch Gebete für die Schwestern und die Waisenkinder. Nach dem 2. Oktober 1859 öffnete sich ihm ein neuer Wirkkreis. Die Dominikanerinnen hatten in Türkheim eine Mädchenschule übernommen. Die Tochtergründung entbehrte jedoch noch sehr viel. Um ihr zu helfen fuhr er zwei- bis dreimal in der Woche mit einem Bauernwagen dorthin, beladen mit Lebensmitteln und Dingen, die das Mutterhaus zur Verfügung stellte. Unter Sebastian Kneipps Leitung entfaltete sich das Kloster- und Mädcheninstitut zu hoher geistiger und religiöser Blüte.
Gleichzeitig half er auch dem Wörishofener Pfarrer aus. Verpflichtet dazu war er nicht, doch er tat es gerne, obwohl der Pfarrer Michael Ziegler Sebastians Vater in seiner Ablehnung des Theologiestudiums bestärkt hatte. Ziegler starb am 31. Oktober 1880 und Sebastian Kneipp wurde am 7. April 1881 sein Nachfolger. Nun war er Spiritual der Schwestern und auch der geistliche Vater der Wörishofener Pfarrfamilie. Unter persönlichen Opfern wurde die Pfarrkirche und die Klosterkirche weiter restauriert und ein neuer Kreuzweg angelegt. Kneipp bestand darauf, dass der Pfarrgottesdienst möglichst feierlich gehalten wurde. Wenn es ihm irgend möglich war, zelebrierte er selbst. Sein größtes Anliegen war die Predigt. Nur selten überließ er sie einem Konfrater. Selbst auf seinen späteren Reisen drang er darauf, am Samstag und am Sonntag in seiner Pfarre zu sein.

So sehr ihn auch Kranke und Notleidende in Anspruch nahmen, war er für seine Pfarrgemeinde immer zu haben, und mit seinen Konfratres verband ihn eine echte brüderliche Gemeinschaft. In seiner Studienzeit hatte Kneipp viele Begegnungen mit der Heilkraft des Wassers gehabt. So kam es dazu, dass er neben seiner geistlichen Tätigkeit und seiner täglichen Arbeit seinen Auftrag darin sah, Kranken zu helfen und Gesunde vor Krankheiten zu schützen. Sebastian Kneipp begann nun Bücher zu veröffentlichen. Durch seine Werke “Meine Wasserkur” und “So sollt Ihr leben” erlangte er in kürzester Zeit Weltruhm. Die Bücher fassten für jedermann seine Erfahrungen, die er an hunderten Krankenbehandlungen erfahren hatte, verständlich zusammen.

Pfarrer Sebastian Kneipp steht für ein Naturheilverfahren, bei dem es um den ganzen Menschen geht – um Körper, Geist und Seele. Seine Ratschläge lassen sich einfach nachvollziehen und helfen viele Krankheiten zu heilen. Die Widerstandskräfte werden gestärkt und die Gesundheit wird aufrecht erhalten. Eine bewusste Lebensführung hat neben dem systematischen Einsatz von Licht, Luft, Wasser, Bewegung, Entspannung und Entschlackung durch eine natürliche Ernährung, für Kneipp die größte Bedeutung.
Vor ca. 100 Jahren erlangte Kneipp den Höhepunkt seines Weltrufs als Laienheiler. Durch sein Wirken wurde das Bauerndorf Wörishofen weltbekannt. Es entwickelte sich eine regelrechte Bewegung, die bis heute ihre Berechtigung und ihre glühenden Verfechter hat. Das System war und ist wohldurchdacht. Sebastian Kneipp heilte damit die Krankheiten seiner Zeit. Auch heute noch sind die Regeln des Pfarrers so aktuell wie damals, da sie sich optimal zur Vorbeugung und Heilung der Zivilisationserkrankungen unserer Zeit eignen.
Die fünf wichtigsten Naturheilverfahren werden in der Kneipp-Therapie gleichzeitig angewendet. Dadurch kann die Einzelwirkung durch den Einsatz weiterer, sanft wirkender Verfahren verbessert werden. Neben dem wohl bekanntesten Werk “Meine Wasserkur” gab Kneipp weitere Schriften heraus:

  1. So sollt Ihr leben,
  2. Ratgeber für Gesunde und Kranke,
  3. Kinderpflege in gesunden und kranken Tagen,
  4. Mein Testament für Gesunde und Kranke,
  5. Kodizil zu meinem Testament für Gesunde und Kranke,
  6. Kneippkalender

Kneipps größter Bucherfolg war “Meine Wasserkur”. Es wurde ein Bestseller. Zischen 1886 und 1898 erschienen 63 Auflagen. Ursprünglich wollte Kneipp durch sein Buch die Kranken von Wörishofen fernhalten. Er erreichte jedoch gerade das Gegenteil. Nach der Veröffentlichung setzte erst recht der Zustrom ein. Es kam zu einer weltweiten Kneipp-Bewegung. Er hatte Anhänger in Sibirien, Südafrika, San Francisco, in China und ganz besonders in Indien. Überall auf der Welt hatte er Freunde und begeisterte Anhänger. Aus der ganzen Welt kamen damals unzählige Kranke und Hilfesuchende nach Wörishofen, um sich dort behandeln zu lassen.

“Der Menschenkörper, diese lebendige Uhr vom besten Gang und Schlag, liefe und schlüge vortrefflich, wenn nicht der Menschentor Schmutz und Sand und anderen Unrat zwischen die Räder werfen und so den geordneten Lauf stören, vielleicht zerstören würde.” (Sebastian Kneipp)

Kneipp selbst litt unter einer Lungenkrankheit. Es ist anzunehmen, dass es sich um TBC handelte. Er spuckte Blut. Die damalige Arzneikunde war hilflos. Durch einen Zufall fiel ihm ein Buch von Priessnitz in die Hände und er las es voll Interesse. Er beschloss, die in dem Buch gepriesene Heilkraft des Wassers an sich selbst zu erproben. Im November 1849 nahm er in der Donau bei Dillingen sein erstes kaltes Vollbad. Es folgten weitere Bäder. Kneipp war erstaunt, wie gut ihm diese Radikalkur half. Das Blutspucken hörte auf, sein Lungenleiden war besiegt. Nun gestaltete er die Wasserheilmethode systematisch um und hatte Erfolg damit. Seine persönlich erlittene Krankheit und sein angeborenes ärztliches Gespür zwangen ihn zu helfen.
Im Münchener Georgianum begann er nachts im Gartenbassin mit Güssen. Getrieben wurde er durch die Not eines Mitstudenten. Auch dieser – sein erster Patient – gesundete. Ein weiterer Patient war der spätere Pater Pfluger, der wegen seines Lungenleidens von der damaligen Ärzteschaft bereits aufgegeben war. Kneipp konnte ihn durch seine Wasseranwendungen heilen. Durch diese Fälle fand er volles Vertrauen zur Heilkraft des Wassers. In Wörishofen vertiefte Kneipp sein Studium der Wasserheilkunde. Er führte weiterhin praktische Versuche durch und immer mehr neue Patienten kamen hinzu. Die Anwendungen wurden im Badehäuschen des Klosterhofes durchgeführt. Durch die Mundpropaganda seiner Patienten wurde sein Ruf als Wasserarzt größer und größer. Immer mehr Hilfesuchende kamen nach Wörishofen. Das früher unbekannte Wörishofen entwickelt sich zu einem wahren Mekka der Wasserheilkunde.

Kneipp wurde gedrängt seine Gedanken, Erfahrungen und Methoden zu publizieren. Schließlich erklärte er sich bereit dazu. Es entstand sein Hauptwerk “Meine Wasserkur”. Sebastian Kneipp nahm niemals für sich in Anspruch ein besonderes Fachwissen und Können zu haben. Er war Autodidakt. Als der Patientenzustrom nach Wörishofen nicht abriss, zog er, nicht zuletzt um sich vor der Gesetzgebung zu schützen, Fachärzte hinzu, die die schweren Fälle zunächst begutachteten und eine Diagnose stellten. Er wies dann vorsichtig auf den ernsten Zusatnd hin, nahm dem Patienten aber nicht die Hoffnung auf eine Genesung. Die leichteren Fälle wurden von ihm selbst behandelt. Kneipp suchte vor allem die Eigenkräfte der Kranken zu aktivieren, sie sollten wieder Zuversicht in die menschliche Natur und in die Kraft der Kräuter und des Wassers bekommen. An manchen Tagen führte er bis zu 300 Konsultationen durch. Zunächst behandelte er die Patienten selbst, allerdings nur die männlichen. Weibliche Patienten wurden von seiner Nichte Therese versorgt. Die Güsse wurden mittels einer umfunktionierten Giesskanne durchgeführt. Blitzgüsse führte er, auch später, nur selbst durch. Jeden Morgen um 9 Uhr unterbrach er seine Sprechstunde und ging in die Giessräume. Hier war er sehr wortkarg und führte den Wasserstrahl höchst konzentriert, unter feinster Beobachtung der gesunden und kranken Stellen. Geld spielte für Kneipp nie eine Rolle. Für sich selbst nahm er nie etwas an. Bezahlen mussten nur die Patienten, die es sich wirklich leisten konnten und diese Honorare flossen dann grundsätzlich in seine karitativen Bemühungen.

Eine wichtige Ergänzung seiner Sprechstunden waren seine Vorträge, die er nachmittags im Freien vor den Kurgästen hielt. Er sprach über die Wasserkur, über eine natürliche Lebensweise und sogar über eine gesunde Kleidung. Ein wichtiges Thema war für ihn die Kindererziehung. Bei allen Aktivitäten vergaß er jedoch nie seine seelsorgerische Tätigkeit. Für die Kurgäste war jeder Vortrag ein Erlebnis, für Kneipp eine Entspannung und Erholung.
Neben seiner Tätigkeit als Wasserarzt erforschte Kneipp auch die Wirkung der Pflanzen und das Zusammenspiel von Nahrung und Bewegung des Menschen. In einer Zeit in der das Reisen noch recht beschwerlich war, kamen immer mehr Hilfesuchende nach Wörishofen. Die Zahl der Kurgäste wuchs ebenso schnell wie der Ruhm des “Wasserpfarrers”.

Im April 1881 wurde Sebastian Kneipp von seinem Bischof zum Pfarrer von Wörishofen berufen. Nun begannen für ihn hektische Jahre. 1892 startet er seine großen Europareisen um seine Wasserheilmethode weiter zu popularisieren. Sein Reisebegleiter war der Pfarrer Alois Stückle von Mindelau, den er durch seine Wasserbehandlung von einem schwerem Lungenleiden geheilt hatte. Auf den Reisen ging Kneipp alles zu langsam. Ihn interessierten weder Sehenswürdigkeiten noch Kunstschätze. In jedem Ort den er besuchte war seine erste Frage: “Wo sind die Kranken?”

Insgesamt machte er 30 große Reisen, die ihn durch Deutschland, in die Schweiz, nach Österreich-Ungarn und Frankreich führten. Der absolute Höhepunkt war jedoch seine Reise nach Rom, wo er den Papst Leo XIII mit seiner Wassermethode behandelte. Natürlich engagierte sich Kneipp besonders für seine Konfratres. Diese hatten ein besonderes Vertrauen in sein ärztliches Können und kamen in immer größerer Zahl.
Die Kranken wurden im Dominikanerinnen Kloster aufgenommen und so gut wie möglich versorgt und gepflegt. Die Räumlichkeiten waren jedoch sehr beschränkt. Es musste Abhilfe geschaffen werden. Kneipp schuf für die hilfesuchenden Geistlichen das Sebastianeum. Zu dem Bau (1891 bis 1894) gab er aus den erzielten Honoraren der Reichen 178.000 Mark hinzu. In der damaligen Zeit war das ein kleines Vermögen.
Ein weiteres Projekt war ein Kinderasyl, das 1892 entstand. Für dieses Haus – es war Kneipps Lieblingsstiftung – stellte er 284.000 Mark zur Verfügung. Hier fand er seine Freude, Erholung und Ruhe. Seine größte Freude war es, dass er “Vater Kneipp” genannt wurde. Er besuchte die Kinder täglich, spielte mit ihnen und erzählte ihnen Geschichten. Wenn ein Kind erkrankte, behandelte er es sofort. In vielen Publikationen der damaligen Zeit ist beschrieben, dass die Gesundheit der Kinder in Kneipps Asyl wesentlich besser war als in anderen Kinderasylen. Obwohl Kneipp völlig überlastet war, fand er immer Zeit, den kindlichen Fest- oder Theaterspielen beizuwohnen.

1893 übertrug er das Eigentumsrecht am Kurhaus und Kinderasyl an die “Barmherzigen Brüder”. Die Pflege und die Hauverwaltung blieben jedoch in der Hand der Mallersdorfer Franziskanerinnen. Dadurch sicherte er sich ein Mitspracherecht.
Er hatte das Gefühl, dass die Schwestern trotz aller seiner Bemühungen zu kurz kamen, außerdem wollte er auch für seinen langjährigen ärztlichen Helfer, Dr. Baumgartner, ein eigenes Tätigkeitsfeld nach seinem Tode sichern. 1895 begann der Bau des Kneippianums. Als es im Rohbau fertig stand, hatte Kneipp die Idee eine Lupusheilanstalt zu integrieren. Die Genehmigung dafür wurde abgeschlagen, die Erlaubnis für ein eigenes Krankenhaus wurde ihm jedoch erteilt. Sofort spendete Kneipp 112.032 Mark. Den Rest von 75.413 Mark übernahmen die Mallersdorfer Schwestern. 1897 wurde zu dem Krankenhaus ein weiterer Flügel hinzugefügt. Die treuen Helferinnen Kneipps hatten nun ein Wirkfeld, die Kranken eine Heilstätte, waren gut aufgehoben und sein langjähriger ärztlicher Helfer und Freund hatte ein Haus, in dem er seine Tätigkeiten entfalten konnte. Den Rest seines Vermögens widmete Kneipp der erziehungsbedürftigen Jugend. Die Dominikanerinnen unterhielten eine Haushaltungsschule. Da die Räumlichkeiten sehr beschränkt waren, mussten viele lernwillige Mädchen abgewiesen werden. Zu einem Neubau, dem auch eine Elementarschule für Mädchen angegliedert wurde, gab Kneipp 60.000 Mark hinzu.

Alle Stiftungen und Schenkungen hier aufzuführen, würde den Rahmen dieser Kurzbiografie sprengen. Wenige Tage vor seinem Tode übergab er den Franziskanerinnen sein letztes Geld – 5.000 Mark – als Grundstock für den Bau einer Kinderbewahranstalt. Als Kneipp am 17. Juni 1897 im Alter von 76 Jahren starb, besaß er nichts mehr.

Der Wasserdoktor Pfarrer Sebastian Kneipp hinterließ eine einzigartige Naturheilmethode und wurde durch seine Taten und Ideen zur Legende.

Christoph Wilhelm Hufeland

Wichtige Persönlichkeiten in der Medizin

Christoph Wilhelm Hufeland
(Arzt, Wissenschaftler)

 

Christoph Wilhelm Hufeland wurde am 12. August 1762 in Bad Langensalza (Thüringen) geboren. Als Sohn einer Arztfamilie studierte er ebenfalls Medizin, zunächst in Jena, dann in Weimar. 1783 trat er in die umfangreiche Praxis seines Vaters ein und assistierte ihm. Später übernahm er sie und führte sie eigenverantwortlich bis 1801. In dieser Zeit entstand ein enger Kontakt zu den Dichtern Goethe, Herder, Schiller und Wieland. Sie konsultierten ihn regelmäßig.

1792 las Hufeland in der “Freitagsgesellschaft” Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) ein Fragment über das organische Leben, aus seiner Arbeit über Makrobiotik (die Kunst, Langlebigkeit, also Makrobiose, durch entsprechende Lebensweise zu erreichen) vor. Durch diese Lesung erregte er den Beifall und das Interesse des sächsischen Herzogs Karl August (1757-1828): “Der Hufeland passt zu einem Professor; ich will ihn nach Jena versetzten”, meinte der Regent, und ein Jahr später wurde Hufeland als Professor nach Jena verpflichtet.

1897 erschien Hufelands Hauptwerk “Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern” – auch bekannt unter dem Kürzel “Makrobiotik”! Durch dieses Werk wurde Hufeland weltberühmt. Die Schrift wurde sogar ins Chinesische übersetzt. An sich forderte er darin etwas Selbstverständliches, nämlich ein ausgewogenes Maß zwischen Askese und Schlemmerei, denn “alle Extreme verhinden die Verlängerung des Lebens”. Hufeland hatte sein gesamtes Leben und Wirken darauf ausgerichtet, durch eine gesunde Lebensführung den Menschen eine für damalige Verhältnisse bestmögliche Lebensqualität zu ermöglichen. Auch heute hat einer seiner eingängigen Grundsätze volle Gültigkeit: “Vorbeugen ist besser als Heilen!” Hufelands naturheilkundliche und diätetische Prinzipien (Diätetik = die Lehre von der gesunden Lebensordnung) wirken bis in die ökologische Bewegung unserer Zeit hinein.

1800 wurde Hufeland in Preußens Haupt- und Residenzstadt Berlin berufen. Inzwischen war er in Europa ein weit über die Ärzteschaft hinaus berühmter Mann. Ab 1795 gab er das “Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst” heraus. Hierin erteilte er uneigennützig und unparteiisch Ärzten der unterschiedlichsten Fachrichtungen Ratschläge in einem Forum für und wider die Neuerungen der zu dieser Zeit noch weithin abgelehnten Lehren wie beispielsweise Akupunktur, Homöopathie, Schutzimpfung und Wasserheilkunde. In diesen Therapien sah Hufeland eine wertvolle Ergänzung zu den bisherigen diagnostischen und therapeutischen Verfahren. 1801 wurde Hufeland in Berlin königlicher Leibarzt, Direktor des Collegium medico-chirurgicum und Erster Arzt der Charité. 1810 wurde die Berliner Universität eröffnet. Sofort bekam er einen Ruf als Professor an den Lehrstuhl für spezielle Pathologie und Therapie. Diese Stellung bekleidete er bis zu seinem Tode. Ferner leitete er die Militärakademie und als Staatsrat die Abteilung Gesundheitswesen im Innenministerium.

Hufeland gelang es, die Volksheilkunde mit den neuesten Forschungen der Wissenschaft zum Nutzen der Kranken harmonisch zu verbinden. Er muss zu einen der Väter der Naturheilkunde gerechnet werden. Immer wieder stellte er den Naturarzt dem Schulmediziner kritisch gegenüber. Er sagte: “Der Naturarzt will nichts weiter sein als Diener der Natur – der Schulmediziner dagegen hat sich an die Stelle der Natur gesetzt und will ihr Meister sein.” Hufeland verstand sich als Helfer der Heilkraft der Natur. Er bediente sich aller ihm nützlich erscheinenden Methoden. Er hing keinem bestimmten System an. Die Lehre des Franz Mesmers (1734-1815), der sich dem tierischen Heilmagnetizismus, dem Mesmerismus, verschrieben hatte, lehnte er jedoch strikt ab.

Das soziale Engagement Hufelands war bemerkenswert. Er forderte nachdrücklich staatliche Hygienegesetze und die Einführung der Gesundheitsfürsorge in öffentlichen Schulen. Er war über die hohe Sterblichkeit durch Krankheiten aller Art in allen Lebensaltern bestürzt. Hufeland beobachtete, dass bei der Analyse und Behandlung von Krankheiten immer auch das berufsbedingte soziale Umfeld, die Wohnverhältnisse und Ernährungsweisen mit berücksichtigt werden müssen. Er initiierte daher die unentgeltlichen Behandlung mittelloser Kranker und Bedürftiger und richtete 1810 die erste Poliklinik in Berlin ein und entwarf ein Arzneibuch zur sparsamen Therapie: “Es muss immer die Sorge der Gesellschaft sein, die Kranken durch eine Kur nicht arm zu machen.” Die Neuordnung des preußischen Medizinalwesens und die Einführung der Pockenschutzimpfung in Preußen, sind weitere bedeutende Beiträge von ihm.

Trotz seiner zahlreichen ärztlichen Verpflichtungen – er besuchte neben seiner Hochschultätigkeit bis zu 40 Patienten täglich – sowie seiner gesellschaftlichen Aufgaben fand Hufeland Zeit für ein Gesamtwerk, das über 400 Schriften umfasst. Viele davon waren sehr allgemeinverständlich gehalten. Durch dieses Werk ist er sicherlich zu den bedeutendsten Schriftstellern der Medizingeschichte zu zählen.

1833 wurde Hufeland zu seinem 50-jährigen Diktorjubiläum von der Akademie der Wissenschaften eine acht Meter lange Papierrolle mit den Unterschriften von etwa 3.200 Gratulanten sowie 10.000 Taler überreicht. Dieses Geld bildete den Grundstock seiner Stiftung für notleidende Ärzte. Vom König wurde er durch die Verleihung des Roten-Adler-Orden 1. Klasse mit Eichenlaub geehrt. Eine Erhebung in den erblichen Adelsstand lehnte Hufeland jedoch ab.

Christoph Wilhelm Hufeland starb am 25. August 1836 in Berlin

Hippokrates

Hippokrates

Wichtige Persönlichkeiten in der Medizin

Hippokrates
(Arzt)

Hippokrates wurde vermutlich um 460 v. Chr. auf der Insel Kos (Griechenland) geboren.

Obwohl sein Name täglich millionenfach genannt wird, wissen wir über das Leben dieses grossen Mannes der Antike nur sehr wenig. Eines muss jedoch als feststehend angesehen werden: Hippokrates war der erste “moderne” Arzt. Er begründete die rational-empirische Medizin. Vielen gilt er als der “Vater der europäischen Heilkunde”.
Relativ sicher ist: Hippokrates ist nicht der Autor jener mit seinem Namen behafteten Schwurformel (“Eid des Hippokrates”), des noch heute gültigen sittlichen Grundgesetz des Arztberufes.

Die Familie Hippokrates sind die so genannten Asklepiaden. Sie beanspruchten als ihre Vorfahren den Heilgott “Asklepios”. Bereits als Kind soll Hippokrates von seinem Vater Hereklaides entsprechend der Familientradition in den Arztberuf und in die damalige Medizin eingeführt worden sein. Nach der Einführung folgten Reisen durch Kleinasien und Griechenland. Auf diesen Reisen übte er die “ärztliche Kunst” als wandernder Arzt aus. Dabei sammelte er Erfahrungen und entwickelte sich weiter. Er kehrte berühmt, geachtet und allseits geehrt nach Kos zurück, um hier zu praktizieren, zu schreiben und in einer eigenen Schule Medizin zu lehren. Er wurde später als “Halbgott” kultisch verehrt. Unter anderem zeigte sich sein Ruf darin, dass auf koischen Bronzemünzen der frühen Kaiserzeit sein Bildnis zu sehen ist.

Es muss angenommen werden, dass Hippokrates im Alter in Larissa auf Zypern lebte. Noch heute erinnert ein Grabstein an der Strasse nach Gortyn an seinen Tod um 370 (andere Quellen sprechen auch von 375, 377 und von 380 v. Chr.).

Der griechische Philosoph Platon (Begründer des Idealismus, 427 oder 428-347 v. Chr.) beschrieb das Medizinkonzept Hippokrates als naturphilosophisch. Demnach hat der Arzt zuerst das “Ganze der Natur” zu erkennen, bevor er seine Patienten behandeln kann.

Unter Hippokrates entstand die “Corpus Hippocraticum”, eine etwa 60 Schriften umfassende Textsammlung, die die Auffassungen der griechischen Medizin, wie sie Hippokrates und seine Schüler verstanden, enthalten. Aus den Abhandlungen geht hervor, dass der Arzt über eine Konzeption verfügen muss, mit deren Hilfe er beurteilen kann, wie sich die “Einzelelemente”, aus denen sich alles zusammensetzt, zueinander und zum menschlichen Körper verhalten.

Hippokrates verstand die Krankheit als Ausdruck einer Abweichung vom Gleichgewicht der Körpersäfte, wie sie für ihn in den mannigfachen Krankheitserscheinungen beobachtbar waren. Die genaue Beobachtung des Kranken war für ihn eine der wichtigsten ärztlichen Tätigkeiten. Durch seine besondere Wertschätzung der systematischen Beobachtung für das Stellen einer Diagnose und deren therapeutischen Umsetzung brach er mit der Tradition der an die Götter und magischen Kräfte gebundenen Medizin.

Sein besonderes Prinzip bestand darin, dass er nicht die Krankheit sondern stets den ganzen Menschen behandelte. Er unterstützte grundsätzlich die natürlichen Heilungskräfte durch Diät, durch Medikamente in Form pflanzlicher Drogen und intervenierte als letzte Alternative auch chirurgisch. In vielen Fällen bestand er auf eine Umstellung der Lebensweise seiner Patienten. Aus diesem Grunde waren für Hippokrates die Lebensumstände, die Konstitution aber auch der Beruf des Patienten wesentliche Faktoren in der Anamnese und Diagnose.

Besonders interessant ist, dass Hippokrates – obwohl damals der Begriff der Asepsis noch völlig unbekannt war – bei der Behandlung, vor allem bei chirurgischen Eingriffen, äußerste Sauberkeit verlangte. Für viele Menschen und speziell für die Ärzte- und Heilpraktikerschaft verkörpert Hippokrates auch heute noch das Leitbild des idealen Arztes, der wissenschaftliches Denken mit ärztlicher Erfahrung und hohem ärztlichen und menschlichen Ethos verbindet.
Seine Söhne Drakon und Thessalos, sowie sein Schwiegersohn Polybos führten die Familientradition weiter.

Samuel Friedrich Hahnemann

Samuel Friedrich Hahnemann

Wichtige Persönlichkeiten in der Medizin

Samuel Friedrich Hahnemann (Arzt, Chirurg)
Begründer der Homöopathie

 

Samuel Hahnemann wurde am 10. April 1755 in Meissen geboren. Er ist der Begründer der Homöopathie. Nach seiner Lehre kann jede Krankheit mit dem selben Mittel in kleinen (potenzierten) Mengen geheilt werden, welches in größeren Mengen ein ähnliches Krankheitsbild erzeugt.

Nach seinem Medizinstudium in Leipzig war er in verschiedenen Stellungen als Arzt und Stadtphysikus tätig. In Dresden arbeitete er für einige Zeit als Chirurg. Die damalige Chirurgie konnte Hahnemann aber nicht befriedigen, so kehrte er wieder zur Allgemeinmedizin zurück und blieb bei ihr bis zu seinem Tode. Nach einigen Wanderjahren ließ er sich 1805 in Thurgau (Schweiz) nieder. Dort blieb er 6 Jahre. 1811 ging Hahnemann nach Leipzig, wo er sich habilitierte. 1821 eröffnete er eine Allgemeinpraxis in Köthen. Dort blieb er sesshaft, bis er 1835 nach Paris ging, wo er bis zu seinem Lebensende arbeitete und forschte.

Zur Homöopathie kam Hahnemann durch Selbstversuche mit der Chinarinde. Damit begann er 1796. Damals wurde die Borke verschiedenartiger südamerikanischer Bäume, die das Alkaloid Chinin enthalten, gegen fieberhafte Erkrankungen eingesetzt. Hahnemann beobachtete bei sich immer erhöhte Temperaturen, sowie er deren Extrakt einnahm. Das brachte ihn zu der Überzeugung, dass die Arzneimittel dadurch heilen, indem sie eine den ursprünglichen Krankheitserscheinungen ähnliche “Arzneikrankheit” hervorrufen. Er sagte: “Ähnliches wird durch Ähnliches geheilt (similia similibus curantur).” Das Ähnlichkeitsprinzip ist der Grundsatz der Homöopathie. Diese Bezeichnung benutzte Hahnemann ab 1807. Die schulmedizinische Behandlung mit Remedia, die der Krankheit entgegenwirken sollen, nannte er Allopathie.

Die Grundsätze seiner Therapieform fasste er 1810 im “Organon der rationellen Heilkunde” zusammen. In dieses Buch liess Hahnemann auch die naturphilosophischen Gedanken des einflussreichen Philosophen Friedrich W. J. Schelling (1775-1854) einfliessen.

Samuel Hahnemann starb am 2. Juli 1843 im Alter von 88 Jahren. Ein hohes Alter, das sicherlich als ein Beweis der Wirksamkeit seines Therapiekonzepts zu werten ist.

Über die Technik und Durchführung bitte unter Basistherapien > Homöopathie nachlesen.

Georg Groddeck

Georg Groddeck

Wichtige Persönlichkeiten in der Medizin

Georg Groddeck
(Psychosomatiker, Schriftsteller)

 

Georg Groddeck wurde am 13. Oktober 1866 in Bad Kösen/Saale geboren. Sein Vater, Karl Groddeck, hatte 1850 mit einer aufsehenerregenden Arbeit über “Die demokratische Krankheit, eine neue Wahnsinnsform” den Doktorgrad erworben. Georg besuchte das legendäre Internat Schulpforta bei Naumburg (Saale). Anschließend studierte er an der Berliner Universität Medizin. Er wurde Schüler und Anhänger des umstrittenen Heilkünstlers Ernst Schweniger (1850-1924), der seit 1880 Leibarzt von Reichskanzler Otto von Bismarck (1815-1898) war. Groddeck setzte später Schweningers Ansätze einer naturheilkundlich, suggestiven Behandlungsform erfolgreich um. 1889 promovierte er bei Schweninger und war danach ein Jahr lang an der Charité sein Assistent und anschließend für fünf Jahre Militärarzt. Danach leitete er das Berliner Sanatorium seines Lehrers. 1897 übernahm er auch die Kuranwendungen in Schweningesr Sanatorium in Baden-Baden.

Nachdem sich große Erfolge einstellten und er bald bekannter als sein Lehrmeister war, eröffnete er 1900, mit finanzieller Hilfe seiner Schwester Lina, seine eigene Heilstätte. Er kaufte die Villa Marienhöhe und richtete in dem mehrgeschössigen Fachwerkbau ein Privatsanatorium mit 15 Betten ein. Die Lage des Sanatoriums war hervorragend, es lag in einem ausgedehnten Park auf einer Anhöhe über der Spielbank. Es wurde bald der Ort der Wehleidigen und Selbstmitleidigen aus dem In- und Ausland. Heute ist es eine Groddeck-Gedenkstätte.

Der Vorteil Groddecks war, dass er durch die Arbeit mit Schweninger einer prominenten, internationalen Klientel – die nun sein Sanatorium frequentierte – bekannt geworden war. Er entwickelte seine Heilslehren und wirkte, wie es ein Patient damals ausdrückte, mit “tiefer Gütigkeit”, als erfolgreicher Tröster. Neben Bädern, Massagen und Diäten setzte er erste psychologische Verhaltensforschungen um. Diese Therapieansätze nahmen vieles von den später formulierten Freudschen Grundsätzen vorweg. Bei seinen schwindsüchtigen und krebskranken Patienten avancierte er bald zum “Heiler von Baden-Baden”.

Grundsätzlich behandelte Groddeck seine Patienten immer selbst und betreute sie intensiv während ihres gesamten Aufenthalts. Die Honorare legte er “nach dem Vermögen” seiner Patienten fest.
Bei genauer Betrachtung muss man feststellen, dass Georg Groddeck kaum etwas anderes tat als eine auf den einzelnen Kranken zugeschnittene, naturheilkundlich orientierte Behandlung anzuwenden, die allerdings stark mit suggestiven und hypnotischen Elementen angereichert war. Diese Diagnose- und Therapieform wurde von der herkömmlichen Schulmedizin nicht gerne gesehen. 1918 gründete er die Privatzeitschrift “Sanarium”. Hier liess er die Patienten seines Sanatoriums ungehemmt zu Worte kommen.

Georg Groddeck war einer der Wegbereiter der psychoanalytischen Psychosomatik. Mit seinen Einsichten verblüffte er immer wieder seine Leser. Eine seiner Ansichten z.B. war: “Das Umwerfen von Vasen ist immer der Ausdruck eines sexuellen, eines Geschlechtswunsches.” Groddeck therapierte mit Naturheilverfahren, die stark mit psychoanalytischen, suggestiven und hypnotischen Elementen durchsetzt waren. Seine Arm- und Fußbäder, Massagen und seine Diätkost werden auch heute noch praktiziert. Seine Heilslehren, mit denen er seine Patienten zusätzlich autoritär traktierte, müssen heute jedoch zurückhaltend bewertet werden. So sagte er z.B.: “Sich Gehorsam bei den Patienten zu verschaffen, ist die Grundlage aller ärztlichen Kunst!” Damals wurde er jedoch für viele ein angehimmelter “Führer zur Gesundheit”.

Dem Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud (1856-1939), lieferte Groddeck mit seinem “Buch vom Es” den Begriff für seinen “Seelen-Unterbau”. Damit trug er sich selbst in die Annalen der Psychoanalyse ein und gilt vielen als Begründer der Psychosomatik. Allerdings liessen ihn seine Vorbehalte gegenüber der strengen Wissenschaftlichkeit und der Schulmedizin, bis heute Aussenseiter bei den Psychoanalytikern bleiben.

Georg Groddeck beschäftigte sich nicht nur mit medizinischen Themen. Er setzte sich auch mit den sozialen Erscheinungen seiner Zeit auseinander. Er propagierte auf vielbesuchten Vorträgen ab 1908 körperliche Abhärtung, Stadtflucht, “Menschenpflicht” und “Volkskultur”. Seine weiteren sozialen An- und Einsichten sind teilweise strikt abzulehnen. Er predigte über die “Erhaltung der Rasse” und “Menschenzüchtung”. Ebenso schlug er vor, “Säufern, Idioten, Epileptikern, Geschlechtskranken, Minderwertigen die Ehe zu verbieten”. Andere Aussagen sind wohl eher im Mystizismus anzusiedeln. Er stellte Krankheit als “Leistung” (im Sinne von Handlung, Verdienst und Erledigung) hin und plädierte “hin zur Gottesnatur”, zurück zum “grossen Geheimnis der Welt”, zu dem, was er “Es” nannte.

1911 gründete Georg Groddeck einen genossenschaftlichen Konsumverein und war 1912 Mitbegründer der Baugenossenschaft Baden-Baden. Diese Baugenossenschaft machte es sich zur Aufgabe, die Wohnverhältnisse der sozial schlechter gestellten Bevölkerungskreise zu verbessern. Aus ihr ging u.a. die beispielhafte Oos-Siedlung nach Art einer Gartenstadt hervor. 1913 veröffentliche Groddeck sein Buch “Nasamecu”, die Abkürzung des lateinischen Satzes “Natura sanat, medicus curat” (“Die Natur heilt, der Arzt pflegt”).

Weitere Veröffentlichungen:
1917 “Psychische Bedingtheit und psychoanalytische Behandlung organischer Leiden” (Diese Schrift wurde zum Grundstein der Psychosomatik)
1921 “Der Seelensucher” (Roman, eine Parabel der Psychoanalyse)
1923 “Buch vom Es” (Groddecks Hauptwerk)

Im “Buch vom Es” schreibt er als Patrick Troll einer “lieben Freundin” Briefe tiefenpsychologischen Inhalts, die mit ihrer “Lust, Poesie und Schalkheit” internationale Schriftsteller wie Henry Miller oder Laurence Durell tief beeindruckten. Durch dieses Buch verbreitete sich Groddecks Ansehen weit über seinen Wirkungskreis hinaus.

Die Erkenntnis, dass “Es” – damit meint Georg Groddeck irgendein Wunderbares, das alles regelt, was der Mensch tut und was mit ihm geschieht – alle Lebensprozesse beeinflusst, brachte ihn zu der Überzeugung, dass alle Krankheiten einen psychischen Ursprung haben und nur dann geheilt werden können, wenn eine seelische Umorientierung erfolgt.
Später wurde der Begriff “Es” von Freud übernommen und ihm fälschlich zugeschrieben. Groddeck hatte Freud bereits 1917 über seine Therapieformen berichtet, sowie darüber, dass er seit Jahren diese Behandlungstechniken eigenständig erprobe. Freud hat Groddeck jedoch nie vollgültig akzeptiert!
In Biographien wird Georg Groddeck oftmals als ein geltungssüchtiger Therapeut beschrieben, der mit einigen seiner Ansichten auch gut in die nationalsozialistische Ideologie passte. Die 1986 gegründete Georg-Groddeck-Gesellschaft in Frankfurt sieht dies anders. Sie sorgt für den Nachruhm ihres auf Fotografien immer streng blickenden Meisters durch Vorträge und Neuausgaben seiner Werke.
Groddeck-Gedenkstätten befinden sich in seinem Geburtshaus in Bad Kösen, in seinem ehemaligen Sanatorium Marienhöhe in Baden-Baden, das heute ein Hotel ist und das er von 1900 an bis zu seinem Tode leitete, ferner in der erwähnten Oos-Siedlung in Baden-Baden, und die Groddeck-Grabstätte auf dem Stadtfriedhof in Baden-Baden. Auch der “Es-Punkt” im Wald bei Baden-Baden, wo er in der Waldhütte an seinem “Buch vom Es” schrieb, ist eine bekannte Ehrenstelle.

Georg Groddeck starb am 10. Juni 1934 in Zürich.