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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/1997

Homöopathie – Eine Standortbestimmung Teil 3

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Arzneimittelkommission für Biologische Medizin
der Hufelandgesellschaft für Gesamtmedizin
vorgelegt von Dr. Gisela King und Heidi Rostek

Nutzen und Grenzen der Therapie mit homöopathischen Arzneimitteln

Die Therapie mit homöopathischen Arzneimitteln stellt eine spezifische Regulationstherapie dar. Grundsätzlich gilt also, daß ein Therapieerfolg nur dann zu erwarten ist, wenn der Organismus noch zu ausreichender Reaktion fähig ist. Ist die Reaktionsfähigkeit des Organismus erschöpft, so ist die Möglichkeit der Anregung seiner Eigenregulation nicht mehr gegeben und ein Therapieerfolg wird fraglich. Dies gilt z.B. bei bereits eingetretenen irreversiblen Gewebeveränderungen. Die Homöopathie stellt also eine Hilfe zur Selbsthilfe für den Organismus dar und kann immer dann helfen, wenn grundsätzlich noch eine Möglichkeit der Anregung und Regulation der körpereigenen Reaktionen gegeben ist. Mit wenigen Ausnahmen kann man deshalb fast alle Patienten einer Allgemeinpraxis homöopathisch behandeln. Die Ausnahmen betreffen vor allem bestimmte Verletzungen sowie alle Notfälle, die chirurgisch oder intensivmedizinisch behandelt werden müssen, sowie Ersterkrankungen, die einer Substitution bedürfen.

Der Schwerpunkt der Therapie liegt in folgenden Bereichen:

  • Störungen der Homöostase mit und ohne organischen Befund;
  • Akute Erkrankungen bei Kindern und Erwachsenen;
  • Chronische Krankheiten einschließlich solcher, für welche die konventionelle Pharmakotherapie keine oder keine befriedigenden Möglichkeiten anbieten kann;
  • Psychosomatische Krankheiten;
  • Als Alternative zur Vermeidung oder Verminderung unerwünschter Arzneimittel Nebenwirkungen.

Viele langwierige Krankheiten wie z.B. Neurodermitis, Heuschnupfen und Asthma und viele häufig wiederkehrende Erkrankungen wie Mandelentzündungen, Nebenhöhlenentzündungen, Bronchitis und Mittelohrentzündungen, die durch konventionelle Behandlung oft nur kurzfristig gebessert werden, lassen sich durch eine sorgfältige homöopathische Behandlung in vielen Fällen dauerhaft bessern oder sogar völlig ausheilen. Erfahrene Therapeuten haben auch schon schwere akute und chronische Krankheiten bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen erfolgreich homöopathisch therapiert. Bei Epidemien verschiedenster Art hatte und hat die Homöopathie auch in neuester Zeit hervorragende Erfolge zu verzeichnen.

Oft sieht man unter einer homöopathischen Behandlung eine allgemeine Stabilisierung: Die Patienten fühlen sich insgesamt wohler, werden psychisch ausgeglichener allgemein leistungsfähiger, weniger anfällig gegen Belastungssituationen und akute Krankheiten. Dies ist als Zeichen einer sich bessernden allgemeinen Gesundheit zu werten.

Nicht zuletzt ist die Homöopathie eine sehr kostengünstige Therapie und auch aus diesem Grunde zunehmend aktuell.

HERING’SCHE REGEL

Eine echte und vollständige Heilung verläuft in der Regel nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten, die in der Hering’schen Regel zusammengefaßt sind. Die Heilung sollte verlaufen

  • Von innen nach außen oder von lebenswichtigen Körperteilen und Organen zu weniger lebenswichtigen
  • Von oben nach unten (beim Tiere her von vorn nach hinten)
  • Chronologisch rückläufig, d. h. die Symptome verschwinden in der umgekehrten Reihenfolge ihres Auftretens.

Oder, wie in der Veterinärmedizin formuliert, in der Reihenfolge:

  • Wohlbefinden
  • Wollen
  • Können
  • Tun
  • Organheilung (nach Westerhuis)

 

RISIKEN UND UNERWÜNSCHTE ARZNEIMITTELWIRKUNGEN

1.Therapie

Richtig angewendet birgt die Homöopathie nur sehr geringe Risiken, wie sich in jahrzehntelangen Erfahrungen gezeigt hat. Grenzen hat die Anwendung von homöopathischen Arzneimitteln jedoch

  • wenn die Selbstheilungskräfte des Organismus erschöpft sind, d. h. ein herabgesetztes Reizbeantwortungsvermögen vorliegt;
  • eine Reaktionsblockade vorliegt;
  • eine alleinige Aktivierung der Selbstheilungskräfte nicht mehr ausreicht, um eine Heilung zu bewirken;
  • bei überschießender Reagibilität.

Auch bei allen Krankheiten und Unfallfolgen mit zwingender Operationsindikation oder der Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung dürfen die notwendigen chirurgischen oder allopathischen Maßnahmen nicht durch homöopathische Heilversuche verzögert werden. Bei schwerem Diabetes wird die Homöopathie in der Regel die Insulinbehandlung nicht ersetzen können und bei Ausfall der Nierenfunktion nicht die Dialyse. Als unterstützende Behandlung kann die Homöopathie in diesen Fällen jedoch sehr wohl geeignet sein. Die Entscheidung muß im Einzelfall mit therapeutischem Sachverstand getroffen werden.
Nebenwirkungen, d. h. unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind nach der Anwendung von homöopathischen Arzneimitteln grundsätzlich möglich. Auch solche unerwünschten Wirkungen sind jedoch letztlich Ausdruck der Reaktion des Patienten auf das gewählte Arzneimittel. Daher muß zwischen den einzelnen Reaktionen des Patienten genau unterschieden werden, um feststellen zu können, ob es sich um unerwünschte Wirkungen handelt, die den Patienten belästigen oder gefährden, oder ob die Reaktion das Einsetzen der erwünschten Heilreaktion anzeigt. Bei richtiger Mittelwahl, d.h. Wahl des richtigen Arzneimittels in passender Potenz, bei angemessener Dosierung und Gabenwiederholung, ist mit dem Auftreten von unerwünschten Reaktionen in der Regel nicht zu rechnen.

2. Herstellung

Homöopathische Arzneimittel werden umweltfreundlich hergestellt. In erster Linie ist die ökologisch unbedenkliche Gewinnung der Arzneigrundstoffe pflanzlicher, tierischer und mineralischer Herkunft zu nennen. Weitere bedeutende Vorteile sind die äußerst geringe Umweltkontamination durch Anwendung und Ausscheidung homöopathischer Arzneimittel und die völlig unproblematische Entsorgung abgelaufener Präparate.

WIRKSAMKEITSNACHWEIS

Immer wieder wird insbesondere von klinisch-pharmakologischer Seite vorgetragen, daß die Homöopathie in ihrer zweihundertjährigen Geschichte noch keinen einwandfreien Nachweis der Wirksamkeit erbracht habe, ja offensichtlich an einem derartigen Nachweis – in schulmedizinischem Sinne – nicht interessiert sei.

1. Unizismus

Die Problematik eines solchen Wirksamkeitsnachweises liegt jedoch insbesondere im Falle der homöopathischen Einzelmittel im Methodischen. Ursache hierfür ist die in der klassischen Einzelmittelhomöopathie zu fordernde Indivudualisierung, d. h. die Therapie eines definierten Einzelfalles, der nicht reproduzierbar ist. Randomisierte Doppelblindstudien ohne individuelle Mittelwahl widersprechen den Grundsätzen des Unizismus.

Die übliche, schulmedizinische Studie beschäftigt sich mit einer definierten, klinischen Indikation. Infolgedessen muß nur bei Randparametern (z.B. Alter, Geschlecht, Beruf, Gewicht, sportliche Aktivität etc.) auf zusätzliche Homogenität der Gruppen geachtet werden.

Es ist jedoch bisher unklar, was man unter dem Begriff”Homogenität der Gruppen” im Falle der Therapie mit homöopathischen Einzelmitteln zu verstehen hat. Statt einer definierten Indikation geht es hier, nach Hahnemann, um eine Ansammlung von Befindlichkeiten, die in weitem Rahmen variieren können.
Werden Hochpotenzen geprüft, tritt zusätzlich noch die Schwierigkeit auf, daß bis dato kein definierter Unterschied zwischen Hochpotenz und Placebo bekannt ist. Darauf basieren die bei der Interpretation von Studienergebnissen aus der Homöopathie vorgebrachten Bedenken, daß entweder ein unvollständiges Studiendesign vorgelegen hat oder daß ein Parameter dominiert hat, der nicht beachtet worden ist etc.

Das Ziel einer konventionellen klinischen Studie ist, festzustellen, mit welcher Wahrscheinlichkeit diese definierte Indikation durch die Therapie a) therapeutisch besser beeinflußt werden kann als durch die Therapie b). Diese statistische Wahrscheinlichkeit trifft jedoch nur für bestimmte, ebenfalls definierte Studienbedingungen und Umstände zu. Derartige Bedingungen sind für klinische Studien mit homöopathischen Einzelmitteln derzeit a priori nicht definierbar.
Der von Schulmedizinern geforderte datenbezogene Wirksamkeitsnachweis ist daher derzeit aus rein methodischen Gründen nicht zu erbringen, da das so erzeugte Datenmaterial grundsätzlich keine bzw. eine äußerst eingeschränkte Aussagekraft hinsichtlich der Wirksamkeit der geprüften Arzneimittel zuläßt.

Machbar und bereits mehrmals mit Erfolg durchgeführt sind dagegen solche Studien, in denen versucht wurde, einer definierten klinischen Indikation bestimmte Arzneimittel zuzuordnen, von denen aufgrund des Vergleiches der pathognomonischen Symptome der Erkrankung und der Arzneimittelbilder angenommen werden konnte, daß sie erfolgreich eingesetzt werden können. Auch mit dieser Methode läßt sich jedoch ein repräsentatives Kollektiv zum Nachweis der Wirksamkeit der homöopathischen Therapie nicht ermitteln (Weingärtner 1992; Kleijnen, Knipschild, ter Riet 1991).
Das grundsätzliche Problem besteht darin, einen Wirksamkeitsnachweis nach orthodoxen, eher statistisch orientierten Maßstäben auf eine Therapieform anzuwenden, deren Stärke in der Empirie, also der praktisch-klinischen Erfahrung am Kranken selbst liegt. Die Forderung vieler Homöopathen nach einer Anpassung der Methodik an diese speziellen Umstände ist daher verständlich und gerechtfertigt. Aus diesem Grunde wird in der Homöopathie ein besonderer Schwerpunkt auf die Dokumentation von Einzelfällen gelegt. Solche Fälle werden gesammelt und ausgewertet. Sie dienen als ein der individuellen Methodik angepaßter Wirksamkeitsnachweis.

2. Pluralismus

Ähnlich gelagert sind die Probleme der pluralistisch ausgerichteten homöopathischen Therapie, da es sich auch hier um Einzelfälle handelt, die in individueller, also nicht reproduzierbarer Weise behandelt werden. Auch für diese Therapieform ist ein Wirksamkeitsnachweis in schulmedizinischem Sinne derzeit nicht ohne weiteres zu erbringen.

3. Komplexismus

Beim Einsatz von überwiegend nach klinischen Indikationen verordneten homöopathischen Kombinationsarzneimitteln sind die üblichen klinischen Studien dagegen durchaus erfolgreich durchführbar; gleiches gilt für standardisierte Anwendungsbeobachtungen. Solche Untersuchungen wurden bereits an großen Fallzahlen durchgeführt und sind umfassend dokumentiert (Zenner und Metelmann, 1989).

AUSBLICKE

1. Entwicklung

Schon im 19. Jahrhundert entwickelten sich in der deutschen Homöopathie zwei große Hauptströmungen:
Klassische Homöopathie
Die Vertreter der klassischen Homöopathie lehnen sich eng an die Lehren Hahnemanns an. Sie behandeln in der Regel unizistisch mit Hochpotenzen. Kennzeichen dieser Form der Homöopathie ist insbesondere die Suche nach dem individuellen Simile.
Naturwissenschaftlich-kritische Richtung
Kennzeichnend ist die Integration von naturwissenschaftlichen Konzepten in die homöopathische Therapie, die Behandlung mit in der Regel mittleren und tiefen Potenzen sowie die Ablehnung der Psora-Lehre Hahnemanns.

2.Verbreitung

In der Bundesrepublik bestehen an den meisten Hochschulen mit medizinischem oder tiermedizinischem Studiengang studentische Arbeitsgruppen, die sich intensiv mit der Homöopathie auseinandersetzen. Das Interesse der angehenden und bereits praktizierenden Therapeuten an der Homöopathie hat in den letzten Jahren sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin stark zugenommen. Gleiches gilt für die Wünsche der Patienten bzw. der Tierbesitzer nach homöopathischer Behandlung. Das Angebot an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene wurde dementsprechend ebenfalls erweitert.

Die Homöopathie ist heute in Europa hauptsächlich im deutschen und französischen Sprachraum, in Großbritannien, den Niederlanden sowie in Italien verbreitet, außerhalb Europas in Lateinamerika, in regionalen Zentren der englischsprechenden Staaten und in Sri Lanka, Pakistan und Indien, wo sie wegen ihrer Therapieerfolge bei großen Epidemien staatlich gefördert und an eigenen Colleges gelehrt wird.

3. Forschung

Es zeichnet sich ab, daß die bereits vorliegenden Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in der Homöopathie langfristig zu einem Umdenkprozeß und zu einer Erweiterung des Weltbildes in der Naturwissenschaft führen werden. Eine Fortsetzung bzw. Intensivierung dieser Forschung ist daher dringend notwendig und geboten. Die Bundesregierung hat beträchtliche Finanzmittel für die Forschung im Bereich der Naturheilverfahren bereitgestellt. Dies belegt, daß das steigende Interesse an Naturheilverfahren generell und der Homöopathie im Speziellen durchaus bekannt ist, und daß diesem Interesse Rechnung getragen werden soll.

VETERINÄRHOMÖOPATHIE

Die Veterinärhomöopathie existiert bereits seit Hahnemanns Zeit und hat sich insbesondere in den letzten Jahren und Jahrzehnten stetig weiterentwickelt. In den Praxen ist eine kontinuierliche Zunahme der Nachfrage nach dieser Therapieform seitens der Patientenbesitzer zu verzeichnen. Sie hat sich einen festen Platz in der tiertherapeutischen Praxis nicht nur in Deutschland erobert. So existieren aktive Gruppen in den meisten europäischen Staaten, aber auch in vielen außereuropäischen Ländern.
Die Therapie mit Homöopathika hat jedoch insbesondere in Deutschland auch in der Veterinärmedizin eine lange Tradition. Die Behandlung von Groß- und Kleintieren mit homöopathischen Arzneimitteln hat sich in der Praxis bewährt, da es sich um eine nebenwirkungsarme Therapie handelt und bisher auch keine Rückstandsproblematik bekannt geworden ist. Veterinärhomöopathika werden daher vermehrt auch bei lebensmittelliefernden Tieren eingesetzt, um die Gefährdung von Lebensmitteln durch Rückstände von Antibiotika, Hormonen usw. nach Möglichkeit zu vermeiden.
Die Veterinärhomöopathie fußt auf den gleichen Prinzipien wie die Homöopathie in der Humanmedizin. Einige Besonderheiten sind jedoch zu beachten.

1. Grundprinzipien

Homöopathische Arzneimittel für Tiere werden nach den allgemeinen Grundsätzen der Homöopathie angewendet. Das Konzept der Veterinarhomöopathie ist jedoch angepaßt an die besonderen Gegebenheiten der tiertherapeutischen Praxis und umfaßt
1. Simileregel
2. veterinärhomöopathische Arzneimittelbilder basierend auf
a) Toxikologie
b) Arzneimittelprüfung (AMP)/Feintoxikologie
c) Veterinärhomöopathischer Übertragungslehre und
d) klinischer Verifikation
3. homöopathische Pharmazie

Homöopathische Arzneimittelbilder
In der Veterinärhomöopathie liegen nur vereinzelte Arzneimittelprüfungen vor. Zwar hatte Hahnemann in einem Manuskript, das er”Homöopathische Heilkunde der Haustiere” betitelte, gefordert, daß auch in der Tiermedizin analoge Arzneimittelprüfungen an gesunden Tieren durchgeführt werden müssen, um die entsprechenden Kenntnisse über die Wirkung der jeweiligen Arzneistoffe zu erlangen. Diese Forderung stößt jedoch sehr schnell an methodische und auch finanzielle Grenzen. Im älteren Schrifttum gibt es zwar Berichte über Arzneimittelprüfungen am Tier, dies sind jedoch Einzelfälle. Aus den genannten Gründen fehlen bisher Arzneimittelprüfungen am Tier bzw. an den einzelnen Tierarten für die meisten Arzneimittel. Eine spezielle Veterinärtoxikologie, aus der sich einzelne Symptome ergeben, und die damit als alleinige Grundlage für die Erstellung von veterinärhomöopathischen Arzneimittelbildern dienen könnte, existiert ebenfalls bisher nicht oder nur in ungenügendem Maß.

Für die Veterinärhomöopathie mußte also ein anderer Weg zur Sammlung der Symptome des jeweiligen Arzneimittelbildes gefunden werden. Veterinärhomöopathische Arzneimittelbilder, wie sie sich für die einzelnen Tierarten darstellen, setzen sich aus folgenden Komponenten zusammen:

  • Toxikologische Daten und Erkenntnisse
  • Arzneimittelprüfungen, soweit vorhanden, bzw. feintoxikologische Erkenntnisse
  • Übertragung von Symptomen aus dem homöopathischen Arzneimittelbild der Humanmedizin anhand physiologischer und pathophysiologischer Merkmale
  • Klinische Verifikation, d.h. Bestätigung durch Heilungserfolge

Zusätzlich fließen auch Erkenntnisse aus der veterinärmedizinischen Physiologie und Pathophysiologie und der homöopathischen Grundlagenforschung in die veterinärhomöopathischen Arzneimittelbilder ein. Vor allem jedoch der klinischen Verifikation kommt in diesem Zusammenhang eine erhebliche Bedeutung zu, da nur tatsächlich in der Praxis bestätigte Angaben eine tragfähige Grundlage für eine rationale Therapie bilden können.

Da Tiertherapeuten homöopathische Arzneimittel schon seit langer Zeit einsetzen, können sie inzwischen auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Die Anwendung der oben genannten Prinzipien zur Erstellung der veterinärhomöopathischen Arzneimittelbilder hat sich seit Jahrzehnten in der Praxis bewährt und zu positiven Therapieerfolgen geführt.
Die gesammelten Erfahrungen der Veterinärhomöopathie werden zur Zeit in einem aufwendigen, multinationalen Projekt zusammengetragen. Ziel ist die Erarbeitung einer mehrsprachigen Materia medica veterinaria homoeopathica.

2.Therapie mit homöopathischen Arzneimitteln

Arzneimittelwahl
In der Veterinärhomöopathie kann die Verabreichung von Einzelmitteln zuweilen schwierig werden, wenn man keine wahlanzeigenden Symptome hat und auch der Besitzer keine Angaben machen kann, die einem weiterhelfen. Hier wird häufig nach bewährten Indikationen behandelt, d.h. die Verschreibung erfolgt nach einem Teil des Arzneimittelbildes und nicht streng individualisiert nach der Gesamtheit der Symptome.

3. Art der Arzneimittel-Verordnung

Unizismus
Auch in der Veterinärmedizin wird von vielen Therapeuten die Behandlung mit dem individuellen Simile angestrebt. Hierfür müssen die in der homöopathischen Anamnese erhobenen Symptome jedoch in etwas anderer, angepaßter Weise gewertet werden. Dies gilt insbesondere für Verhaltenssymptome, die den Geistes- und Gemütssymptomen beim Menschen entsprechen. So können beispielsweise bestimmte Verhaltensweisen bei einzelnen Tierarten völlig physiologisch sein, bei anderen dagegen ein außergewöhnliches, wahlanzeigendes Symptom darstellen. Gleiches gilt auch für Lokalsymptome, Organ- und Stoffwechselfunktionen sowie Konstitutionsmerkmale, die sogar je nach Rasse innerhalb einer Tierart in weitem Rahmen variieren können.
Für eine erfolgreiche Therapie muß also eine sehr differenzierte homöopathische Anamnese erhoben werden, wobei die Beobachtungsfähigkeit des Tierbesitzers eine entscheidende Rolle spielen kann.

Pluralismus
Ein Problem kann insbesondere auftreten bei der Betreuung von Massentierbeständen, die homöopathisch behandelt werden sollen, vor allem wenn keine Leitsymptome vorliegen und auch der Tierbesitzer nicht mit eigenen Beobachtungen weiterhelfen kann. Daher werden vor allem bei organotropen und funktiotropen Behandlungen häufig zwei oder drei Arzneimittel gleichzeitig oder alternierend zur Anwendung gebracht. Die Mittel werden in diesen Fällen meist nach bewährten Indikationen zusammengestellt. Dies bedeutet, daß nur bestimmte Teile der Arzneimittelbilder für die Arzneimittelwahl herangezogen werden und nicht, wie in der klassischen Homöopathie, streng individualisiert aufgrund der Gesamtheit der Symptome behandelt wird. Derartige Mittelkombinationen haben sich in der Praxis als sinnvoll und hilfreich erwiesen.

Komplexismus
Bewährte Mittelkombinationen werden in Form von Fertigarzneimitteln eingesetzt, basierend auf Erfahrungen mit der pluralistischen Therapie. Diese Form der Therapie erleichtert insbesondere auch die Behandlung von großen Tierbeständen und kann auch in Form von prophylaktischen Behandlungen, z.B. bei der Einstallung hilfreich sein.

Nutzen und Grenzen der Therapie mit homöopathischen Arzneimitteln
Zusätzlich zu den für die Humanmedizin angeführten Möglichkeiten liegt in der Veterinärhomöopathie ein weiterer Schwerpunkt in der Prophylaxe, z.B. bei der Einstallung in Mastbeständen.

Die Gegebenheiten in der veterinärmedizinischen Praxis bieten außerdem bestimmte Besonderheiten, vor allem bei der Untersuchung und Behandlung von Kollektiven. So kann beispielsweise in Massenbeständen von einem einheitlichen Umfeld sowie von relativ einheitlichen Reaktionsformen des Gesamtbestandes ausgegangen werden. Dies beeinflußt auch die Art der Therapie in derartigen Massenbeständen, d.h. das Kollektiv wird bei der Arzneimittelfindung wie ein Einzeltier behandelt. Hier können auch Studien an größeren Patientenzahlen relativ problemlos durchgeführt werden.

Homöopathische Arzneimittel bei lebensmittelliefernden Tieren
Zunehmend ist ein Trend zu solchen Lebensmitteln zu beobachten, die unter Schonung von Natur und Umwelt produziert werden. Dies trifft insbesondere auf Lebensmittel aus biologischem Anbau zu. Verbraucher stellen berechtigte Forderungen nach Lebensmitteln mit möglichst geringer Belastung. Für Lebensmittel tierischen Ursprungs bedeutet dies: Keine Rückstände von Antibiotika, Hormonen u.ä. Dies wird durch die Anwendung von homöopathischenTierarzneimitteln bei lebensmittelliefernden Tieren gewährleistet, wie die langjährige Erfahrung zeigt. Homöopathische Tiertherapeuten stellen einen hohen Anspruch an die Qualität gesunder Lebensmittel. Mit der Homöopathie steht ihnen das entsprechende KnowHow zur Verfügung, um Arzneimittelrückstände in Fleisch, Milch und Eiern zu verhindern.

Betriebe des ökologischen Landbaus müssen bestimmte Bedingungen erfüllen, um ihre Produkte unter einem bestimmten Warenzeichen vermarkten zu können. Im Bereich der Tierhaltung besteht die Vorgabe, bei erkrankten Tieren auf Naturheilverfahren zurückzugreifen, um so das Risiko der Belastung für Lebensmittel und Umwelt so weit als möglich zu reduzieren.

Die Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe ist in den letzten Jahren stark angestiegen. So hat innerhalb eines Jahres (von 1992 bis 1993) die Zahl der Betriebe um 30 % zugenommen, die ökologisch bewirtschaftete Fläche wuchs sogar um 41 %. Hauptgrund hierfür ist das sich wandelnde Umweltbewußtsein bei Verbrauchern und Landwirten.

Insbesondere in den neuen Bundesländern stellt die Spezialisierung auf biologische Anbaumethoden eine der wenigen Möglichkeiten zur Erhaltung der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit dar.

Die flächendeckende und therapiegerechte Versorgung mit homöopathischen Arzneimitteln für lebensmittelliefernde Tiere stellt eine der Voraussetzungen für weitere positive Entwicklungen in dieser Richtung dar.

Risiken und unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Im Bereich der Veterinärmedizin spielt außer den möglichen Nebenwirkungen auch die potentielle Rückstandsproblematik eine Rolle. Derzeit liegen zwar noch keine experimentellen Untersuchungen zu dieser Problematik vor; die langjährige Erfahrung mit dem Einsatz dieser Arzneimittel auch bei lebensmittelliefernden Tieren zeigt jedoch, daß die Rückstandsproblematik in der Homöopathie keine Rolle spielt. Belegt wird dies auch durch die Tatsache, daß sich homöopathische Tierarzneimittel seit Jahren im Handel befinden und bisher

  • weder Fälle von Arzneimittelrückständen in Lebensmitteln nach der Behandlung mit homöopathischen Arzneimitteln bekannt geworden sind
  • noch für die in Deutschland im Verkehr befindlichen homöopathischen Tierarzneimittel irgendwelche Nebenwirkungsmeldungen beim BGA vorliegen.

Man kann also durchaus von einer rückstands- und nebenwirkungsarmen Therapie sprechen, was insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich, also in der Großtierpraxis, und hier speziell bei lebensmittelliefernden Tieren, eine große Rolle spielt.

ZUSAMMENFASSENDE BEURTEILUNG

Die Homöopathie fußt auf empirischen Beobachtungen Hahnemanns. Sie ist eine rationale, lehr- und erlernbare Therapie mit konkreten, nachvollziehbaren Grundlagen. Die Homöopathie stellt eine tiefwirkende, spezifische Regulationstherapiedar,diezu den ganzheitlichen Therapieformen gerechnet wird. Innerhalb der Homöopathie lassen sich verschiedene Richtungen unterscheiden,deren Bedeutung in der Praxis unterschiedlich ist.

Bei korrekter Anwendung von homöopathischen Arzneimitteln und unter Berücksichtigung der Therapiegrundsätze zeigt die Nutzen-Risiko-Beurteilung eine positive Bilanz.

(Nachdruckerlaubnis: Aurelia Verlag Baden-Baden)

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