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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/1998

Der Lebenslauf im Horoskop – Teil 3

Cover

Angst und Verletzlichkeit als Ausdruck von Familienthemen im Spiegel der Lebensgeschichte

Aktuelle Alltags-Probleme, Konflikte und Krisen in Beziehungen, zwischenmenschlichen Kontakten und im Beruf haben häufig ihre lebensgeschichtliche Ursache in unbewußten Krisen und psychischen Schmerz-Erfahrungen der frühen Kindheit und im subjektiven Erleben des sozialen Umfeldes vor allem im Elternhaus. Das Kind sucht zu seinem persönlichen Wachstum und zu seiner Entwicklung eine Atmosphäre von Geborgenheit, Wohlwollen, Unterstützung und Ermutigung sowie das Gefühl des Angenommen- und Verstanden-Werdens. Oft erfährt es aber persönliche Abwertung, Liebesentzug, Ablehnung, Strafe, Maßregelung und Aggression – zuweilen reichen unterschiedliche Interessen und Alltags-Stimmungen von Eltern und Kind schon aus, um sich vom subjektiven Empfinden nicht angenommen zu fühlen. Die so erfahrene Kränkung, Zurückweisung und Verletzung, die sich vor allem in subjektiv erlebten traumatischen Schlüsselsituationen manifestiert, führt zu Ausweich- und Konfliktvermeidungs-Strategien (Skript-Muster), um die positive Zuwendung der Erwachsenen nicht zu verlieren. Diese sind gekoppelt mit Ängsten unterschiedlichster Art. Indem diese Ängste in aktuellen Lebens-Situationen unbewußt mitschwingen, hindern sie, die eigenen positiven Potentiale auszuschöpfen und zu verwirklichen sowie authentisch die innersten Bedürfnisse und Wünsche auch zu leben. Überdies führen sie zu mannigfaltigen Störungen und Beeinträchtigungen der psychischen Befindlichkeit, von der Furcht vor Äußerung eigener Interessen über Verlust- und Existenzängste bis hin zu ständigen depressiven Verstimmungszuständen oder auch zu Phobien und psychischen Krankheitsbildern.

Ich möchte Ihnen im folgenden zeigen, wie Sie aktuelle Probleme und Befindlichkeits-Störungen Ihres Patienten in ihrem lebensgeschichtlichen Zusammenhang, vor allem in den Themen der Herkunftsfamilie, im Horoskop erkennen können.

Angst bedeutet von der Definition Enge: ich fühle mich in meinen Möglichkeiten freier Entfaltung eingeschränkt. Einerseits kann Angst einen Schutz bieten vor den Folgen unbedachten, unkontrollierten Handelns. Andererseits ist sie sehr häufig ein Gefühl innerer Grenzen und negativer Erwartungen, die uns hindern, mit Menschen und Situationen so umzugehen, wie wir es uns von den innersten Bedürfnissen wünschen. Hierbei reflektiert Angst einen inneren Gemütszustand, der immer dort auftritt, “wo wir uns in einer Situation befinden, der wir nicht oder noch nicht gewachsen sind”. Die Angst zeigt uns, an welcher Seite unserer Persönlichkeit wir uns unzulänglich und unvollkommen fühlen. Sie zeigt ferner, wo wir uns entwickeln, an uns arbeiten, reifen müssen, um frei, selbstbewußt und sich entfaltend handeln zu können. Angst kann lähmend sein und uns zurückhalten, unsere inneren Potentiale zu entfalten. Sie kann aber auch aktivierend sein und uns anspornen, durch dieses Gefühl hindurchzugehen, es zu bewältigen und daran persönlich zu reifen.
Angst äußert sich in sehr vielgestaltigen Formen: nicht nur zeigt sie sich im mangelnden Vertrauen, scheinbar von außen gesetzte Grenzen zu überschreiten. Sie kann sich auch in Angst vor Wiederholung einer traumatischen Situation, Angst, anderen Menschen ausgeliefert zu sein, Angst vor Aufbrechen einer tiefsitzenden Verletzung und Verwundung ausdrücken. Aber auch Zustände von Apathie, Lustlosigkeit und Flucht können Ausdrucksformen sein. Immer aber tritt Angst da auf, wo es um die grundlegende Entscheidung der Frage geht: Soll ich beim alten, vertrauten Muster mit all seiner Eingegrenztheit und den negativen gefühlsmäßigen Begleiterscheinungen bleiben oder den Schritt ins Neue, wenig Vertraute, Risikobehaftete wagen?

Aktuelle Ängste sind häufig Projektionen von Situationen aus der Vergangenheit auf gegenwärtige Menschen und Situationen: häufig genügt ein Schlüsselreiz (z.B. eine bestimmte Stimmlage, Wortwahl oder Geste), um in Sekundenschnelle eine alte Angst zu aktualisieren und ein inneres Programm zur Vermeidung negativer Situationen auszulösen.

Als Kind erleben wir oft negative und schmerzhafte Erfahrungen, die uns ob unserer mangelnden Sicherheit mit unserer Identität in Frage stellen. Verdrängungs- und Konflikt-Vermeidungs-Mechanismen sind häufig die Folge, Teile unseres Erlebens werden ins Unbewußte geschoben. Diese Konflikte und die Zuschreibungen der Erwachsenen (“Du bist ein böses Kind, wenn …”) prägen unsere Wertvorstellungen und Glaubenssätze. Sie stellen unsere Wahrnehmung und unsere inneren Bilder von der Realität dar. Da sie oft aber auch mit Ohnmachtserfahrungen insofern verknüpft sind, als wir uns gezwungen fühlen, Sichtweisen anzunehmen, die nicht unseren innersten Bedürfnissen und Wünschen entsprechen, entstehen hieraus Projektionen. “Auf der Grundlage jener Wahrnehmungen, die wir als Kinder in unserer Umwelt hatten, bilden wir uns eine Meinung darüber, was für ein Mensch wir sind und wie das Leben draußen sich darbietet. Diese Einstellungen und Konzepte wirken oft unbewußt noch weit ins Erwachsenenleben hinein. Das kleine Mädchen, das glaubte, ‘Vater ist gemein’, wird zu einer Frau mit dem tiefverwurzelten Gefühl, daß ‘alle Männer gemein’ sind. Die Gesetze des psychischen Determinismus bewirken, daß wir eine geheimnisvolle und unheimliche Fähigkeit haben, genau die Menschen und Situationen anzuziehen, die solche früh erworbenen Vermutungen stützen. Tun sie das nicht, werden wir sie wahrscheinlich trotzdem auf diese Weise wahrnehmen”. In Projektionen übertragen wir Erfahrungen aus der Vergangenheit auf unsere Wahrnehmung gegenwärtiger Menschen und Situationen. Insofern nehmen wir die Wirklichkeit in verzerrter Form wahr. Die hiermit verbundenen subjektiven Wahrnehmungen prägen unser Werte- und Glaubenssystem, so daß wir Vorstellungen von der Realität entwicklen, die eher mit unserer persönlichen Unvollkommenheit (und Angst!) und dem fehlenden Element in uns zu tun haben.

Astrologisch können wir folgende Ängste unterscheiden:

Saturn symbolisiert unsere Ängste vor Bestrafung, Maßregelung und Beschränkung unserer Freiheit durch Autoritäten. Bei der Saturn-Angst sind die formalen Regeln relativ klar: wenn ich deren Grenzen überschreite, drohen klar festgelegte Sanktionen (“wenn ich zu spät zur Schule komme, werde ich mit Nachsitzen bestraft”). Es ist also die tief sitzende Angst vor negativen Konsequenzen als Reaktion auf unser Handeln, die wir befürchten. Die Saturn-Angst löst Vermeidungsreaktionen auch bei zukünftig ähnlichen Situationen aus, die sich als Angst vor Überschreitung einer Schwelle in die Selbständigkeit äußern (z.B. “ich traue mich nicht, meinem Vorgesetzten Opposition zu bieten”). Im Erwachsenenalter sind es häufig innere Verbote, Gebote und selbstgesetzte Grenzen, die uns an freier Entfaltung hindern. Sie haben ihren Ursprung in Situationen der frühen Kindheit, in denen uns Grenzen gesetzt wurden. Aus Angst vor Wiederholung dieser negativen Gefühlserlebnisse verhalten wir uns, als ob wir zwangsläufig Grenzen einhalten müßten.

Uranus verweist auf eine Erwartungsangst, die sich in Form inneren Hochdrucks zeigt: unsere Gedanken und Gefühle arbeiten ziemlich schnell, sie überschlagen sich. Häufig ist dies begleitet von irrationalen Vorstellungen der schlimmstmöglichen Situation (z.B. vor Prüfungen Fragen der Prüfer, die ich von meinem Wissen nicht beantworten kann und die zu einer negativen Entscheidung führen). Häufig geht es hierbei um die eigene Unabhängigkeit. Wir sind in Hochspannung und können die Realität nicht mehr intensiv und gelassen wahrnehmen. Es entsteht ein großer Drang zur Impulsivität, aus einer inneren Angst heraus.

Neptun hat mit dem Bedürfnis zu tun, mit anderen Menschen zu verschmelzen und ein Einheits-Erlebnis zu erfahren. Er symbolisiert die tiefsten Sehnsüchte und Wünsche des Menschen nach Verbindung mit dem Du. Neptun-Ängste können zweierlei ausdrücken: einerseits die Angst vor Verlust von Einheit, Verbindung und Zusammen-Sein mit anderen Menschen. Andererseits kann Neptun sich im genauen Gegenteil äußern, nämlich der Angst, in der Verbindung zum anderen zu schwach zu sein, um seine eigene Persönlichkeit individuell abzugrenzen, genauer: die Angst vor Ich-Auflösung oder Aufgehen im Du. Neptunische Ängste sind sehr tiefsitzend und häufig mit der Befürchtung verknüpft, in den tiefsten Gefühlen verletzt zu werden oder andere zu verletzen.

Pluto symbolisiert die Angst vor Wiederholung eines tiefsitzenden emotionalen Traumas. Häufig verweist er auf eine Schlüssel-Situation, in der das Gegenüber als übermächtig, unberechenbar und emotional massiv empfunden wurde (Ausübung von direktem oder subtilem Druck, Zwang; Versuch, den eigenen Willen zu brechen). Die eigene Person fühlte sich dieser Situation ohnmächtig und hilflos ausgeliefert und konnte sich nicht wehren. Dies erzeugte bei ihr eine ohnmächtige Wut. Eine Pluto-Angst kann sich aktuell in einer überdimensionierten (rational nicht mehr begründbaren) Angst vor Wiederholung dieser Situation zeigen. Sie kann aber auch zu einer (zumindest innerlich) rasenden Wut auf Menschen und Situationen führen, die genau diese Angst auslösen. Sie kann des weiteren vorbeugend zur Einstellung und ggf. auch entsprechendem Handeln leiten: “Ich werde es denen schon zeigen!”

Chiron hat mit der Wunde des ungeliebten Kindes zu tun, verlassen und somit schutzlos zu sein. In der griechischen Mythologie ist Chiron der Kentaur (halb Pferd, halb Mensch), der von dem Gott Chronos im Zustand der Überlistung der Nymphe Philyra (er verwandelt sich in einen Hengst, als sie sich in Gestalt einer Stute vor ihm zu verstecken versucht) gezeugt worden war. Die Mutter setzt das Kind nach der Geburt aus, weil sie es körperlich häßlich empfindet. Chiron entwickelt im Laufe seines Lebens aus dem Spüren dieser Verwundung eine große Lebens-Weisheit, anderen zu helfen, kann seine eigene Wunde aber nicht selbst heilen. Immer wieder bricht sie unwillkürlich auf und löst einen tiefen Schmerz aus. Die Chiron-Angst fürchtet, diesen Schmerz der Verlassenheit immer wieder erneut zu spüren. In Partnerschaften suchen wir häufig nach Erlösung von diesem Gefühl, wir suchen nach Annahme unseres inneren (bisher ungeliebten) Kindes. Häufig wird mangelnde Geborgenheit und die Empfindung des Alleingelassen-Werdens aber zum hauptsächlichen Konfliktthema in Beziehungen.

Wir können diese Ängste nun noch weiter differenzieren.
Fritz Riemann nimmt in seinen “Grundformen der Angst” folgende Unterteilung vor:

  1. Die Angst vor der Selbsthingabe, als Ich-Verlust und Abhängigkeit erlebt;
  2. Die Angst vor der Selbstwerdung, als Ungeborgenheit und Isolierung erlebt;
  3. Die Angst vor der Wandlung, als Vergänglichkeit und Unsicherheit erlebt;
  4. Die Angst vor der Notwendigkeit, als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt”.

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Abb. 1: Die 4 Quadranten und die Angst-Typen nach Riemann

Astrologisch können wir im Horoskop ersehen, zu welchen dieser Ängste der Horoskopinhaber tendiert:

Befindet sich ein Angst-Planet im 1. Quadranten des Horoskops (Suche nach dem eigenen Ich, Selbstfindung, vgl. Abbildung 1), so besteht Angst vor dem (diametral gegenüberliegenden) 3. Quadranten, der mit den wesentlichen Du-Beziehungen und Partnerschaften zu tun hat: Angst vor Hingabe, Ich-Verlust und Selbstaufgabe ist Thema. Sie drückt sich in Angst vor Nähe, vor Überschreitung von Grenzen der Distanz sowie vor Einschränkung der eigenen Unabhängigkeit aus.

Bei Stellung des Angst-Planeten im 3. Quadranten richtet sich die Angst auf die Qualitäten des 1. Quadranten: Angst vor Allein-Sein, vor Verlust des Du und Verlassen-Werden, vor Individualität. Das Du, meist der Partner, bekommt einen Überwert, Liebes-, Erfahrungs- und Entwicklungsfähigkeit werden von seiner Existenz abhängig gemacht. Angst vor Distanz, Ungeborgenheit und Verlust wird schwerpunktmäßig erlebt.

Bei Angst-Planeten im 2. Quadranten (Suche nach Nähe und Geborgenheit im näheren Umfeld sowie Selbstbewußtsein und -bestätigung durch die anderen) besteht eine Angst vor dem 4. Quadranten (individuelle Selbstverwirklichung): die Angst vor den persönlichen Konsequenzen des eigenen Handelns ist dominierend. Hier geht es um das spontane Leben der eigenen Freiheit, ohne daß Einschränkungen der eigenen Bedürfnisse und negative Kritik der anderen hieran hindern. Nicht-Festlegen und Unverbindlichkeit sind hier die spezifische Form der Angst-Abwehr.

Stehen Angst-Planeten im 4. Quadranten (Angst vor dem 2. Quadranten), so ist eher die Angst vor Veränderung des einmal Geschaffenen und vor persönlichem Wachstum bestimmend. Das angstvolle und “zwanghafte” Bewahren aufgebauter Sicherheit gegenüber neuen Einflüssen und dem Fluß des Lebens ist bestimmend.

Beispiel:
Steht z.B. Saturn im 1. Quadranten, verweist dies auf die Angst, bei Überschreiten von Grenzen einen Verlust der Freiheit des eigenen Ichs zu erleiden und vom anderen in seinen Ansprüchen eingeschränkt zu werden. Steht Uranus im 4. Quadranten, wird mit Hochdruck an der eigenen Selbstverwirklichung und ihrer Abgrenzung und Sicherung gearbeitet, aus Angst, sich verändern und auf die Ansprüche anderer beziehen zu müssen; hier ist immer eine latente Angst vor Veränderung des einmal Erarbeiteten vorhanden. Neptun im 3.Quadranten verweist auf die Angst vor Verlust von Nähe mit anderen Menschen, die als Einheit empfunden wurde, sowie die Angst, alleingelassen zu werden.

Die Stellung der Angst-Planeten in einem der 4 Elemente Feuer, Erde, Wasser oder Luft schafft eine weitere Differenzierung:

Feuer-Element (Widder, Löwe, Schütze): Angst vor Macht-Kampf, vor Durchsetzung des anderen, vor Aggressionen, vor heftigen Konflikten, vor Beschränkung des eigenen Drangs zur Ausbreitung.

Erd-Element (Stier, Jungfrau, Steinbock): Angst vor negativen Folgen und Konsequenzen des eigenen Tuns, vor Infragestellung der eigenen Sicherheit, der Beständigkeit von Beziehungen mit anderen Menschen; Existenz- und Verlust-Angst.

Luft-Element (Zwillinge, Waage, Wassermann): Angst vor Infragestellung der eigenen gedanklichen und ideenmäßigen Freiheit, vor verbalen Konflikten, vor Festlegung, vor Begrenzung der eigenen Freiheit, aber auch Verlust des Du (des eigenen Spiegelbildes), ferner vor mentaler”Langeweile”.

Wasser-Element (Krebs, Skorpion, Fische): Angst vor tiefer gefühlsmäßiger Verletzung, vor Verlust von Aufgehobenheit, Nähe und Geborgenheit.

So bedeutet Saturn in Widder im 1. Quadranten z.B.: Angst, bei Überschreiten der Grenzen einer gewissen persönlichen Zurückhaltung in einem Machtkampf Grenzen gewiesen zu erhalten, indem sich mein Gegenüber aggressiv und behauptend gegen mich durchsetzt und mich in meine bisherigen Grenzen verweist; also Angst davor, bei eigener Selbstbehauptung der Unterlegene zu bleiben und einen Verlust der eigenen Freiheit des Ichs zu erleiden.

Wie können wir nun die lebensgeschichtlichen Ursachen dieser Ängste und Verletzungen im Horoskop erkennen, wie können wir familiäre Prägungen, erlernte Muster und die Reaktionen unseres inneren Kindes hierauf zurückverfolgen?

Im IC (Imum Coeli) sehen wir, wie wir unser emotionales Umfeld in der frühen Kindheit (Familie, Bezugspersonen) subjektiv wahrgenommen und empfunden haben. Es beschreibt, wie die Strukturen und das Milieu unserer Herkunftsfamilie auf uns wirkten. Desweiteren steht es für “die Atmosphäre, die uns zu Hause umgab, und die Art der Konditionierung und Prägung, die wir dort erfuhren – das psychologische Familienerbe”. Das IC, sein Herrscher und die Planeten im 4. Haus beschreiben in diesem Zusammenhang, welche Art der Erfahrung es war, die uns Probleme und Mangel an Geborgenheit bereitete bzw. uns positive Unterstützung gab. Hieraus resultieren auch aktuelle Verhaltensweisen, Wünsche und Bedürfnisse, sich eine soziale und familiäre Umgebung zu schaffen, die am ehesten und natürlichsten mit diesen tiefen Bedürfnissen nach Geborgenheit in Einklang steht. “Wir werden mit Anlagen und Erwartungen geboren, über die sich Schicht auf Schicht die Erfahrungen lagern, die wir als Kind machen. Wir interpretieren die Umgebung auf eine bestimmte Weise und bilden auf der Basis dieser Wahrnehmung eine konkrete Einstellung gegenüber uns und dem Leben im allgemeinen heraus”.

Steht z.B. Uranus in Wassermann in der Nähe des IC, hatten wir die Empfindung, im Elternhaus uns selbst überlassen zu bleiben. Dies gab uns einerseits Freiheit, andererseits aber auch das Gefühl von Orientierungslosigkeit und Allein-Gelassen-Werden. Uranus in Krebs am IC deutet auf eine Herkunftsfamilie hin, in der Fürsorge und emotionaler Zusammenhalt – zumindest der anderen Familienmitglieder-groß war. Der Horoskopeigner erlebte eher die Erfahrung von Überfürsorglichkeit, Bedrängt-Werden und zu feste Eingebundenheit in kollektive Familienstrukturen, seine Individualität wurde nicht anerkannt. (Der Schweizer Psychotherapeut Peter Schellenbaum spricht von fehlgeleiteter Zuwendung’. In diesem Falle wird sowohl gefühlsmäßige Heimatlosigkeit als auch ein großes Bedürfnis nach Ausbruch und Verwirklichung der eigenen Individualität verspürt. Als Angst-Planet verweist Uranus am IC in diesem Falle darauf, daß als Folge erlebter Einengung, aber auch mangelnder emotionaler Verankerung eine rastlose Suche danach das Leben bestimmt, Menschen zu finden, die die eigene Individualität und Freiheit respektieren, aber gleichzeitig auch Geborgenheit bieten. Es besteht eine ambivalente Angst (in Form einer Hochdruck-Spannung in den entsprechenden Situationen) vor mangelnder Nähe und Geborgenheit einerseits, vor mangelnder Freiheit andererseits.

Maßgebend für die inneren Rollen von Stärke und Mütterlichkeit, aber auch für unsere diesbezügliche Verletzlichkeit und Ängste ist unsere subjektive Wahrnehmung von Vater und Mutter in der Kindheit sowie der Rolle, die sie für uns symbolisierten. Häufig wiederholen wir unbewußt in Partnerschaften diese Rollenverhältnisse, sei es z.B., daß wir die mütterliche, fürsorgende, aufopfernde Rolle einnehmen und wenig väterliche Stärke zeigen können, sei es, daß wir uns powerhaft durchsetzen wollen und wenig mütterliche Sensitivität zeigen. In einer zeitgeschichtlichen Phase, in der die geschlechterspezifischen Rollenverhältnisse im Umbruch begriffen sind, sind die Funktionen von Vater und Mutter im Familiensystem nicht mehr so eindeutig definiert wie in vorangegangenen kollektiven Normensystemen.

Insofern müssen wir Vater und Mutter in der astrologischen Symbolik dynamisch zuordnen, nach ihrer tatsächlichen Rolle, die sie für den Horoskopinhaber spielten.

Saturn steht für denjenigen Elternteil, der normsetzend war, Richtlinien setzte, prägend war im Hinblick auf die Lebensorientierungen sowie die Verbote und Gebote des eigenen Handelns und mitunter auch reglementierte. Saturn ist in der Symbolik der strenge Lehrer, von dem ich die Orientierung im kollektiven Normensystem und in sozialen Bezügen erlernen kann. Er sanktioniert aber auch die Nichteinhaltung und -befolgung aufgestellter Regeln und belegt sie mit Strafe. Ob Vater oder Mutter der reglementierende Elternteil war, können wir durch die Befragung des Horoskopinhabers herausfinden.

Die Sonne stellt dann den Vater dar, wenn dieser nicht dem Saturn zugeordnet wurde. Die Sonne steht für Kraft, Stärke, Selbstbewußtsein, den “inneren Vater”, der mit großem inneren Rückhalt seine Fähigkeiten zeigen kann.

Der Mond stellt dann die Mutter dar, wenn sie nicht dem Saturn zugeordnet wurde. Der Mond steht für nährende Mütterlichkeit, für die Fähigkeit, gefühlsmäßig Geborgenheit, Verständnis, die Empfindung des Angenommen-Seins zu vermitteln.

Wollen wir nun lebensgeschichtliche Ursachen aktueller Ängste und familienspezifischer Rollenbilder alterspezifisch in Kindheit und Jugend orten, müssen wir die Transite des Alterspunktes und der laufenden Planeten über die betreffenden Geburts-Planeten (Angst-Planeten, Familien-Rollenmuster) prüfen. Die Methodik habe ich in den letzten beiden Ausgaben des “PARACELSUS report” erläutert.

r9806_ll3Abb. 2

Horoskop-Beispiel

Im Horoskop von Franziska (vgl. Abbildung 2) können wir zunächst folgende Ängste erkennen:

Saturn im Steinbock, Haus 5, 2. Quadrant, Erd-Element:
Angst vor negativen Sanktionen und Bestrafung empfindet sie vor allem, wenn sie sich in ihrer Außendarstellung nicht an festgelegte Regeln und Normen hält. Sie befürchtet den Verlust einmal erarbeiteter Sicherheiten und ein negatives Feedback der Umwelt als Folge zu ausgeprägten individuellen Verhaltens. Deshalb zeigt sie sich zunächst vorsichtig, gefühlsmäßig kontrolliert, wenig festlegend und bezieht sich eher auf die Erwartungen des Gegenüber, als daß sie ihr inneres Befinden deutlich macht.

Uranus in Löwe, Haus 12, 4. Quadrant, Feuer-Element:
eine negative Erwartungsangst und inneren Hochdruck empfindet Franziska vornehmlich, wenn es um die Absicherung von Möglichkeiten inneren Rückzugs geht, um ihren kreativen Interessen nachzugehen. Diese Angst bezieht sich darauf, daß andere in Form von Machtkampf und Durchsetzung sie zur Veränderung einmal geschaffener Sicherheiten und Freiräume zwingen könnten.

Neptun in Skorpion, Haus 3, 1. Quadrant, Wasser-Element:
wenn Franziska Kontakte anknüpft und sich auf neue Lern- und Wissenserfahrungen einläßt, ist dies immer mit großem Tiefgang, mit kritischem Hinterfragen der Zusammenhänge verbunden. Wenn aus solcher Tiefgründigkeit tiefere emotionale Bindungen entstehen, ist daran immer die Angst geknüpft, sich selbst in solchen engen Kontakten aufzugeben und die eigene Unabhängigkeit zu verlieren. Die Furcht vor emotionaler Verletzung ist hierbei groß.

Pluto in Jungfrau, Haus 1, 1. Quadrant, Erd-Element:
die Angst vor Wiederholung traumatischer Situationen richtet sich vor allem auf verbale Machtkämpfe im Hinblick auf den richtigen Weg. Franziska war in ihrer Kindheit mit einem Vater konfrontiert, der seine Meinung alleingültig darstellte und sehr kraftvoll und wortgewaltig durchsetzte, auch was ihren Weg und ihre Orientierung anbetraf. Sie fühlte sich ohnmächtig und hoffnungslos unterlegen. Die Angst vor den Folgen des direkten Zeigens eigener Gefühle ist ständig präsent. Als Abwehr-Reaktion auf diese subjektiv empfundene Bedrohung bildete sich bei ihr die Einstellung heraus: “Ich werde es denen schon zeigen!”

Chiron in Fische, Haus 7, 3. Quadrant, Wasser-Element im Spannungsaspekt zum Aszendenten in Jungfrau:
die Angst, daß eine Wunde des Verlassen-Werdens aufbrechen könnte, zeigt sich vor allem im Kontakt mit Freunden und Partnern, mit denen sie sich emotional tief verbunden fühlt. Die Furcht vor emotionaler Verletzung und dem Gefühl, alleingelassen zu werden, führt bei Franziska zu einer vorsichtigen, zurückhaltenden Darstellung gegenüber der Umwelt, oft verbirgt sie ihre tiefen Gefühle hinter einer stabil erscheinenden und sachlich wirkenden Außendarstellung.

Das familiäre Umfeld erlebte Franziska in ihrer Kindheit stark von einer übermächtigen Dominanz der Eltern gegenüber ihren Interessen geprägt. Sie fühlte sich oft ohnmächtig und konnte eigene Bedürfnisse – wenn überhaupt – nur durch subtile oder direkte Machtkämpfe durchsetzen (IC in Skorpion). Vor allem gab es Konflikte zwischen den Ansprüchen der Eltern und ihrem Bedürfnis nach Rückzug, um ihren Interessen nachgehen zu können (IC im Spannungsaspekt zu Uranus im 12. Haus). Hier bestand oft eine große negative Erwartungsangst, die eigenen Interessen nicht leben zu können. Gleichwohl war ihr Elternhaus auch von einer gewissen Weltoffenheit und Liberalität geprägt (das 4. Haus geht zu einem großen Teil in das Tierkreiszeichen Schütze über).

Ihren Vater nahm Franziska als dominierend und normsetzend wahr: Er bestimmte die Regeln des Zusammenlebens, war darin relativ starr und wachte sehr streng darüber, daß die von ihm einschlagene Orientierung auch von den anderen eingehalten wurde. Er wollte hierfür von den anderen Familienmitgliedern positiv anerkannt werden und duldete keinen Widerspruch: hierauf reagierte er nicht nur heftig, er mußte auch immer das letzte Wort haben (Saturn in Steinbock, Haus 5).

Die Mutter wurde von Franziska zwar als weltoffener erfahren, sie war gleichzeitig auch sehr sicherheitsorientiert. Einmal aufgebaute Strukturen in der Familie wollte sie nur schwer aufgeben, sie fügte sich klaglos dem Reglement des Vaters, um ihre Sicherheit nicht zu verlieren. Franziska empfand sie als beständig, verläßlich und stimmungsmäßig gleichbleibend (Mond in Stier, Haus 9).

Schauen wir uns beispielhaft in Franziskas Lebensgeschichte den Konflikt um ihre eigenen Bereiche und Rückzugsmöglichkeiten an. Immer stand sie unter dem Druck und der Erwartungsangst, daß andere sie durch Machtkampf und Durchsetzung zu einer Veränderung ihrer Bedürfnisse bringen könnten (Uranus in Löwe, Haus 12). Uranus steht bei 19- Löwe: wir wandern nun mit dem Alterspunkt in Schritten von jeweils 45- durch das Horoskop, um wichtige Stationen ihres Lebens zu erkennen:

Alterspunkt bei 4 Waage:
Als Franziska 7 1/2 Jahre alt war, wurde ihr eigenes Zimmer tagsüber ständig von ihrer jüngeren Schwester mitbenutzt. Sie konnte sich keinen ungestörten Eigenraum schaffen und mußte immer auf die Bedürfnisse anderer eingehen.

Alterspunkt bei 19 Skorpion:
Im Alter von knapp 18 Jahren wollte sie studieren und stieß hierbei auf heftigen Widerstand der Eltern, die sie zu einer “geregelteren” Berufstätigkeit bringen wollten. Botschaft: Du sollst den Weg gehen, den wir für Dich vorgesehen haben!

Alterspunkt bei 4- Steinbock:
Mit 23 Jahren begann Franziska ein Studium und wurde teilweise von den Eltern finanziert. Beschneidungen ihres Freiraums erfuhr sie in Konflikten mit dem Vater um ihre Urlaubsgestaltung “mit seinem Geld”. Der Alterspunkt bewegte sich in den darauffolgenden 2 Jahren auf Saturn zu, was auf eine stärkere Beschäftigung mit der Vater-Thematik hindeutet.

Alterspunkt bei 19- Wassermann:
Im Alter von 33 Jahren verabschiedete sich Franziska von einer Berufstätigkeit im Lehrbereich, in dem sie ähnliche Abhängigkeiten spürte wie bei ihrem Vater. Der berufliche Streß war überdies so groß, daß sie in ihrer Freizeit keinen Raum für private Interessen hatte.

Alterspunkt bei 4- Fische
(Wanderung des AP um 15- vorwärts): Nach längerer Krankheit entschied sich Franziska im Alter von 36 Jahren, in einen Berufsbereich (Sachbearbeiter-Tätigkeit) zu wechseln, der ihr stärkere Möglichkeiten des Rückzugs während des Arbeitsalltags, eine streßfreiere Atmosphäre und abends auch die Möglichkeit und Energie zur Beschäftigung mit eigenen Interessens-Gebieten gab.

Wir können somit aktuelle persönliche Entwicklungen, Ängste und Konflikte in ihrem familienthematischen Ursprung im Horoskop zurückverfolgen, indem wir das familiäre Umfeld, die subjektiv wahrgenommenen Rollenbilder von Vater und Mutter, ihre unbewußte Übernahme durch den Horoskopeigner sowie den zeitlichen Ursprung aktuell hervortretender Ängste betrachten. Hiermit finden wir den Schlüssel, um diese Probleme psychotherapeutisch tiefgründig aufzuarbeiten, gefühlsmäßige Knoten zu lösen und so den Horoskopinhaber bei der Suche nach einem freieren Weg in seiner Selbstverwirklichung zu begleiten.

Dr. phil. Reinhard Müller
Heilpraktiker
Leverkuser Straoe 6
65929 Frankfurt-Höchst
Tel. 069 / 302122

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