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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2000

Blick in die Patientenkartei

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r0001_pkUnser authentischer Blick in die Kartei eines erfahrenen Heilpraktikerkollegen zeigt, vor welche komplexen Aufgaben wir in der Praxis gestellt werden. Wir beschränken die Betrachtung bewusst nicht nur auf Erfolgsmeldungen.

PRAXISFALL NR. 14: Patient männlich, 73 Jahre

DIAGNOSE:
guter AZ und EZ RR 160/ 90, Laborwerte bis auf SGPT, SGOT und Gamma GT unauffällig, Fette im Referenzbereich Varikosis, Prostataadenom, Darmprobleme, Varikosis, Hyperhidrosis, Vertigo, Tics, Hypochonder (!).
Allgemeines zur Patientenstruktur: Die Diagnose “Hypochonder” schloss natürlich nicht vorhandene Organerkrankungen aus.
Der Patient ist Alkoholiker und hat so ziemlich alle Ärzte und Kollegen der näheren – und weiteren – Umgebung konsultiert.
Bei seinem ersten Besuch in meiner Praxis machte er einen hypernervösen Eindruck, knirschte mit den Zähnen und bot durch seine verwaschene Sprache den Eindruck, als hätte ein Apoplex stattgefunden was er in der Anamnese verneinte (vielleicht war es aber eine von ihm nicht wahrgenommene TIA).
Seine Ehefrau (bei mir seit längerem in Behandlung), bereitete mich darauf vor, dass er ein äusserst ungeduldiger Patient sei, zudem von grossem Misstrauen gegenüber seinen Behandlern (die bereits alle “das Handtuch geworfen” hatten), und ich solle nicht böse sein, wenn er sich sogleich, wieder davon mache, um es nicht doch “woanders” zu versuchen. (Er blieb 12 Jahre bis zu seinem Tode mein treuer Patient, den ich, trotz der Schwierigkeiten, die sich bei der Behandlung ergaben, ins Herz geschlossen hatte.)

THERAPIE:
Die Frage war, wo beginnen?

Gegen den urologischen Befund eines Prostata-Adenoms liess ich intensive Wärmeanwendungen auf Damm, Blasengegend und segmental Th 12 und L5- S 3 anwenden und setzte

NEURALTHERAPEUTISCH

Quaddeln über den Symphyse-Bereich, zudem am kranialen Ende der Rima ani und über dem Steissbein.

MEDIKAMENTÖS Prostata – Kürbis – Kapseln S (Fa. Twardy).
S. 3 mal tgl. 1 Kapsel, dazu die (nutzlose!) Empfehlung, den Alkoholkonsum möglichst einzuschränken.
Gegen den Tremor (alkoholisch bedingt) gab ich Asgancus muscarius Tabl D 3 2 mal tgl. 1 Tablette zwischendurch auch Amp.s.c in den Ellenbeuge-Punkt.

Zur allgemeinen Beruhigung: Zincum valerianicum (Fa. Hevert) S. Abends 2 Kapseln.

Eine sich wiederholende Sinusitis behandelte ich mit: Nasenreflexzonen -Öl (Fa. Rödler) und Sinupret Tropfen (Fa. Bionorica) S. 2 mal 20 Tropfen pro Tag.

Gegen starke (saure) Schweissbildung half: Restructa forte S. 3 mal 5 Dragees pro Tag sowie abends Salbei Tabletten.

Hartnäckig und durch dauernden Alkoholkonsum unterhalten gestaltete sich die Behandlung des sehr belastenden Pruritus senilis (Altersekzem). Da zweifellos die Leber (wie den Laborwerten zu entnehmen war) nicht auf dem höchsten Stand ihrer Leistungsfähigkeit gewesen ist, und die Darmtätigkeit gedrosselt war, liess ich für regelmäßigen Stuhlgang sorgen und bat die Ehefrau auf eine Ernährung mit viel Gemüse (wenig Fleisch, Teigwaren und Süßigkeiten) zu achten.

MEDIKAMENTÖS
verordnete ich Legalon 140 Kapseln, 2 mal tägl. 1 Kapsel. sowie Calcium Tabletten; Extern. Medivitan Amp., 3 mal wöchentlich 1 Ampulle i.m.; 10 Ozonbehandlungen (Blutwäsche) mit Vit.C, dazu Vit.E Kapseln gegen die Bildung freier Radikale. Eine besondere Crux war beim Patienten das offene Bein. Die Behandlung periphärer venöser und arterieller Durchblutungsstörungen wurde in einem der vorhergehenden Patientenvorstellungen bereits eingehend besprochen.

THERAPIEBILANZ:
Die vielfältigen Beschwerden des im grossen und ganzen uneinsichtigen, aber dennoch liebenswerten Patienten, konnten nur “palliativ” behandelt werden, seine Lebensqualität, die in erster Linie im Genuss von Bier und Branntwein bestand, musste man ihm erhalten. Strikte Verbote hätten das Gegenteil bewirkt. So gesehen war es eine erfolgreiche Therapie. Da die inzwischen befürchtete aber eingetretene Leberzirrhose nicht mehr behandelbar war und ich ihn (gegen seinen Willen) an die Klinik abgeben musste, bedankte er sich am Tag vor seinem Tod (er war 85 Jahre alt geworden) unter Tränen für die “Mühe, die ich mit ihm all die Jahre gehabt hätte “und vor allem für die menschliche Zuwendung. Ich hatte es gerne getan, auch wenn es manchmal immens schwierig war….

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