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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2010

Heilpraktiker in Paraguay

Cover

Hallo, mein Name ist Dieter. Hier in Paraguay ist es üblich, sich ausschließlich beim Vornamen zu nennen. Ich bin Heilpraktiker und habe hier meine eigene Praxis. Was mir vorher nicht wirklich bewusst war, ist, dass man mit einem Umzug nach Südamerika seine bisherige, bekannte Welt verlässt und in eine neue und vor allem ungewohnte Welt eintaucht. Wie es dazu kam? Hier meine Geschichte:

2010-04-Paraguay1Ich war in meinem früheren Leben viele Jahre als Unternehmensberater tätig. Seit meiner Kindheit litt ich unter starker Migräne. Vor 10 Jahren habe ich während eines Türkei-Aufenthalts zufällig eine Migränetherapie kennen gelernt, die es in dieser Form in Deutschland nicht gibt. Ich nahm spontan an dieser Therapie teil und habe seitdem nie wieder an Migräne zu leiden gehabt.

Ich wollte diese Therapieform auch in Deutschland etablieren und stellte mir ein Behandlungszentrum für Migränekranke vor. Jahrelang kämpfte ich gegen Windmühlen, da mein Vorhaben in höchstem Maße unerwünscht war. Vertreter der Pharma-Industrie erklärten mir, dass man keine Therapie dulde, die das Geschäft mit Migräne-Medikamenten zerstören könnte.

Schlusspunkt war, dass mir von der Fördermittelbank gesagt wurde, dass ich ein solches Behandlungszentrum als Verwaltungsleiter nicht leiten könne, weil ich ja selbst keine Ahnung von Medizin hätte. Welch ein Blödsinn! Als ob der Verwaltungsleiter eines Krankenhauses Ahnung von Medizin hat …

Das war aber die ausschlaggebende Aussage, die mich zwei Wochen später dazu brachte, mich an der Paracelsus Schule Dresden zum Heilpraktiker-Vollzeitstudium anzumelden. Während des Studiums, das für mich ursprünglich zum Ziel hatte, Migränetherapie selbstständig durchführen zu können, entwickelte ich ein starkes Interesse an psychologischen Behandlungsmöglichkeiten und machte diverse Zusatzausbildungen im Bereich der Psychotherapie.

Im Laufe des Studiums erkrankte meine Frau schwer an Burnout. Eine Besserung war, bedingt durch ihre Selbstständigkeit mit viel Arbeit und Stress, nicht zu erwarten. Es stand unweigerlich die Entscheidung an, unser Leben vollständig umzukrempeln, um sie heilen zu können.

Durch eine Auswanderersendung im Fernsehen stießen wir auf Paraguay. Die Landschaft gefiel uns auf Anhieb, und wir entschlossen uns, dorthin zu reisen, um uns Land und Leute anzusehen. Nach der Reise stand für uns fest: Das ist das Land, das wir uns für einen Neuanfang vorgestellt hatten. Auch die Einwanderungsbedingungen waren akzeptabel. Wir planten 4 Jahre an der Auswanderung und beschafften uns so viele Informationen wie möglich über dieses faszinierende Land.

© Hannes Eichinger - Fotolia.comParaguay zählt zu den 60 größten Ländern der Erde und ist etwa so groß wie Deutschland, Österreich und die Schweiz zusammen. Das Land teilt sich in zwei verschiedene Klimazonen. Der Südosten ist subtropisch. Ein sehr angenehmes Klima mit Durchschnittstemperaturen um 25 Grad und niedriger Luftfeuchtigkeit. Alles grün und Wasser im Überfluss. Im Winter liegen die Tagestemperaturen bei etwa 15 Grad.

Der Nordwesten des Landes (Chaco) ist eine tropische Palmensavanne, die im Sommer sehr heiß wird, bis 50 Grad. Es ist sehr trocken dort und es mangelt an Niederschlägen. Im Chaco befinden sich einige deutsche Kolonien wie Filadelfia, Fernheim oder Neuland.

Darüber hinaus gibt es im Nordosten das Pantanal, eine schier unendliche Wasser- und Dschungellandschaft, die als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist. Es gibt auch andere ausgedehnte Dschungelgebiete in Paraguay. Sie befinden sich nördlich des Chaco, der dort in den bolivianischen und brasilianischen Dschungel übergeht. Im Süden des Landes liegen einige große Dschungelgebiete, die bis zur argentinischen Grenze reichen, sowie alte Jesuitenreduktionen, die zur Missionierung der Indianer im 16. Jahrhundert errichtet wurden. Deutsche Kolonien sind hier u. a. Hohenau oder Obligado.

Durch Paraguay fließen zwei große Flüsse, der Rio Paraguay und der Rio Parana. Mit über 4.000 km Länge ist der Rio Parana der zehntlängste Fluss der Welt. Durch das Anstauen des Flusses entstanden Tausende von Quadratkilometern an Wasserlandschaften mit ausgedehnten Dschungelgebieten und Mangrovenwäldern.

Sonnenuntergang über der PalmensavanneIn Paraguay leben ca. 6,3 Millionen Menschen, davon etwa 600.000 Deutsche, Deutschstämmige, Österreicher und Schweizer. Die Landessprachen sind Spanisch und Guarani, eine Indianersprache, die von vielen Indianerstämmen Südamerikas gesprochen wird. Das Guarani kennt über 300 Worte aus der Sprache der Wikinger, was beweist, dass die Wikinger schon lange vor den spanischen Eroberern im Gebiet des heutigen Paraguay gelebt haben. Offiziell zählt Paraguay zu den ärmsten Ländern der Erde.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn diese Zahlen beziehen sich auf das Pro-Kopf- Einkommen der Bevölkerung. Da aber die meisten Paraguayer Selbstversorger sind und die Regierung als Eigentümer der größten Wasserkraftwerke der Erde auf Einkommensteuern verzichtet, sieht die Außenhandelsbilanz im Vergleich zu anderen Staaten in Südamerika eher düster aus. Dennoch muss in Paraguay niemand hungern. Die Natur bietet vieles im Überfluss. Die Menschen sind mit dem zufrieden, was sie zum Leben haben.

Aus unserer Sicht leben die Paraguayer auf dem Land sehr ärmlich. Das Haus muss nicht schön sein, es muss auch keine Toilette haben – da reicht ein Loch in der Erde. Da kann man ein Loch graben. Wichtig sind ein Handy, ein Moped und ein Fernseher.

Der Paraguayer ist ein freundlicher, fröhlicher und sehr hilfsbereiter Mensch, der niemals unhöflich sein wird. Das ist tabu. Man begegnet Fremden (insbesondere Deutschen) mit Zurückhaltung und Achtung. Ein Paraguayer wird einen Ausländer niemals zuerst grüßen, was bei uns zuerst für Missverständnisse sorgte. Historisch bedingt durften Einheimische die Kolonialherren nur ansprechen, wenn sie von ihnen zuerst angesprochen wurden. So entstehen Sitten und Gebräuche.

Im Land gibt es nur wenige Asphaltstraßen. Viele Wege zwischen den Orten sind sogenannte „Erdstraßen“. Sie werden einmal im Jahr mit einer Planierraupe begradigt und festgewalzt. Auf ihnen kann man bis zu 80 km/h fahren. Nebenstraßen werden jedoch nur selten gepflegt. Sie sind teils in erbärmlichem Zustand, was natürlich an der niedrigen Bevölkerungsdichte liegt. Daher obliegt es jeder Ortschaft selbst, die Straßen in befahrbarem Zustand zu halten, was bedeutet, dass man auf etlichen abgelegenen Straßen nur im Schritttempo vorankommt.

Anerkennung der Ausbildung

In Paraguay gibt es verschiedene Formen der Zulassung von Medizinern. Zum einen die des Doktors – mit Universitätsabschluss und Doktorarbeit. Dann die des Medico. Die Ausbildung entspricht der des Doktors – nur ohne Promotion.

Weiterhin gibt es den Heilpraktiker. Die letzte Form sind die Medico Naturalista. Das sind die Heiler (Medizinmann, Schamane).

Um in Paraguay eine Zulassung zu erhalten, musste ich sämtliche Ausbildungszertifikate der Paracelsus Schule von einem Notar in Deutschland beglaubigen, dann vom Oberlandesgericht überbeglaubigen lassen. Das ist notwendig, damit aus den Dokumenten einer privaten Einrichtung staatlich beglaubigte Dokumente werden, die einem Staatsabschluss gleichgestellt sind. Diese Dokumente sandte ich dann der paraguayischen Botschaft zur Legalisierung zu. In Paraguay wurden diese Dokumente dann von den zuständigen Stellen bewertet.

Es gibt zwei Möglichkeiten der Zulassung: Zum einen kann man als Heilpraktiker zugelassen werden, sofern man eine erneute Prüfung (in spanischer Sprache) ablegt und ein Praktikum von mindestens 3 Monaten in einem staatlichen Krankenhaus nachweist. Zum anderen kann die Registrierung als Medico Naturalista erfolgen. Hier dürfen alle in den Ausbildungsnachweisen bestätigten Tätigkeiten ausgeführt werden. Es bedarf dann keiner besonderen Zulassung mehr. Man registriert sich beim Gesundheitsministerium, meldet eine Firma an, wartet, bis die Steuernummer vorliegt, und fängt an zu arbeiten.

Medizin in Paraguay

20 Kilometer zum Patienten: 3 Stunden FahrzeitDas Gesundheitswesen unterscheidet sich wesentlich vom deutschen System. Es ist für jeden Paraguayer kostenlos. Allerdings sind die staatlichen medizinischen Leistungen viel bescheidener als in Deutschland. Ich würde es eine medizinische Grundversorgung nennen. In abgelegenen Gebieten verrichten reisende Ärzte ihren Dienst, weil es sich bei einer Bevölkerungsdichte von durchschnittlich nur einem Einwohner pro Quadratkilometer nicht lohnt, medizinische Stationen einzurichten. Aber hier liegt auch das Problem: Zum einen weigern sich die Indianer, die paraguayische Staatsangehörigkeit anzunehmen. Sie haben meist noch nicht einmal einen Personalausweis. Dementsprechend sind sie automatisch vom Gesundheitssystem ausgeschlossen. Irgendwie genauso wie in Deutschland … Zum anderen machen die unvorstellbaren Entfernungen eine flächendeckende medizinische Versorgung schlicht unmöglich. Ein System der „Flying Doctors“ wie in Australien gibt es nicht. Selbst wenn man ein Rezept vom Arzt bekommt, könnte die nächste Apotheke 50 Kilometer entfernt sein. Das kann mit einem Jeep auf schlechten Straßen eine Anfahrt zur Apotheke von 6 Stunden oder mehr bedeuten.

Nach einem Regenguss sind Straßen wie die abgebildete überhaupt nicht mehr befahrbar. Dann muss auf Arzt oder Medikament verzichtet werden, bis die Straßen wieder halbwegs trocken sind.

Die Krankenwagen der großen Krankenhäuser fahren diese Strecken überhaupt nicht. Sie fahren grundsätzlich nur bis zu der Stelle, wo die Erdstraße auf Asphalt trifft. Da ist der Patient gefordert, irgendwie selbst an den Asphalt zu gelangen. Manch ein Schwerverletzter kommt ums Leben, nur weil er 90 Kilometer vom Asphalt entfernt wohnt.

Insbesondere in dieser Hinsicht stellt das Land ganz andere Anforderungen. Im Gegensatz zu Deutschland sind neben dem Willen, den Patienten zu versorgen, in erster Linie logistische Probleme zu lösen. Wie kommt man hin, welche Zeit braucht man dafür, was wird einen erwarten …

Eine sehr große Hilfe ist Google Earth, wo man sich die Wegstrecke vorher ansehen und auch ausdrucken kann. Besonders wichtig sind gute Landkarten und ein Kompass im Auto, weil man sehr schnell die Orientierung verliert. Vor allem in den ersten Monaten muss man sich in den Kopf hämmern, dass die Sonne nicht im Süden am höchsten ist. Wir befinden uns auf der Südhalbkugel, wo die Sonne mittags im Norden am höchsten steht. Auch unser deutsches GPS-Navigationsgerät im Auto hilft weiter. Es gibt zwar keine Karten von Paraguay, aber es zeigt die aktuelle Position an. Da braucht man nur in die Landkarte zu blicken, um zu wissen, wo man sich gerade befindet.

In den dichter besiedelten Gebieten Paraguays – wir reden hier von durchschnittlich 45 Einwohnern pro Quadratkilometer – geht alles etwas einfacher. Deutlich mehr Asphaltstraßen und ein relativ engmaschiges Netz an ärztlicher Versorgung und Apotheken sind vorhanden. Und es gibt auch private Krankenversicherungen, die selbst Krankenhäuser und Apotheken betreiben.

Diese Krankenhäuser sind erstklassige 5-Sterne-Einrichtungen mit hervorragend ausgebildeten Ärzten und einem Personal, das einem alle Wünsche von den Augen abliest. Wegen der großen Entfernungen ist es üblich, dass Angehörige mit im Krankenzimmer schlafen können und auch versorgt werden. Das ist im Krankenkassenbeitrag enthalten. Es gibt verschiedene Tarife, zwischen denen gewählt werden kann. Wer – wie ich – einen relativ umfassenden Tarif wählt, zahlt etwa 60 Euro monatlich. Nicht enthalten sind ambulant verschriebene Medikamente und Zahnbehandlungen. Die Krankenkasse zahlt aber stationär notwendige Medikamente und hat Rahmenverträge mit Zahnärzten. Das heißt, dass man hohe Rabatte erhält, wenn man den Zahnarzt auf die Mitgliedschaft in der privaten Krankenversicherung hinweist.

Aus deutscher Sicht sind die Behandlungen und Medikamente sehr preiswert. Eine Blinddarm-Operation kostet 150 Euro, eine Konsultation beim Arzt mit allem, was dazu gehört, 7 Euro, eine Vollprothese (Gebiss) nach dem Ziehen der Zähne zwischen 70 und 200 Euro.

Medikamente gibt es frei zu kaufen. Das Rezept ist eigentlich nur ein „Einkaufszettel“, was der Patient bekommen soll. Man könnte das Medikament auch frei erwerben – zu teilweise sehr niedrigen Preisen.

Was ich als sehr positiv empfinde, ist das Fehlen des Standesdünkels unter den Ärzten. Alle Mediziner – egal ob Schamane, Medizinmann, Medico oder Doktor – nehmen den jeweils anderen ernst und unterstützen ihn in seinen Bemühungen um den Patienten. Eine derartige Zusammenarbeit gibt es in Deutschland leider nicht.

Arbeit in Paraguay

Da ich mich auf Psychotherapie spezialisiert habe, ist die Arbeit noch recht einfach. Die Patienten kommen überwiegend zu mir, nur in seltenen Fällen mache ich Hausbesuche.

2010-04-Paraguay5Ich habe ein Haus angemietet, in dem ich auch praktiziere. Dafür habe ich einen entsprechend ausgestatteten Raum nebst eigenem Bad und eine überdachte Terrasse für Patientengespräche.

Das Haus mit dem angrenzenden Areal befindet sich auf einem Hügel mit sehr schöner Aussicht (s. Foto).

Meine Spezialisierung liegt im Bereich der Angsttherapie. Ich behandele Patienten mit allen Arten von Ängsten: von allgemeinen Ängsten über Phobien bis hin zu Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Insbesondere die PTBS stellen immer wieder eine Herausforderung dar. Zu meinen Patienten zählen viele Opfer von Verbrechen und häuslicher Gewalt sowie durch Unfälle oder andere Ereignisse traumatisierte Menschen. Der große Abstand zu Deutschland hilft diesen Menschen, sich im Rahmen einer Urlaubssituation zu entspannen und macht die Behandlung oftmals um einiges effektiver und schneller. Angesichts einer völligen Abkehr vom Alltag und Erlebnissen wie tropischen Sonnenuntergängen oder Spaziergängen in unberührter Natur fällt es ihnen leichter, die Traumata zu verarbeiten.

Die für die Behandlungen von mir angewendeten Therapiemethoden sind EMDR, Hypnose, Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung und Verhaltenstraining.

Abrechnung mit Patienten

Die Abrechnung der Leistungen erfolgt mit dem Patienten direkt. Als Besonderheit ist anzumerken, dass Privatversicherte und gesetzlich versicherte Patienten mit einer privaten Zusatzversicherung meine Rechnungen zur Begleichung bei ihrer privaten Krankenkasse einreichen können. Da die meisten Privatversicherer im weltweiten Ausland leisten, kann der Patient seine Behandlung in Paraguay durchführen lassen. Er erhält neben der paraguayischen Rechnung eine Ausfertigung in deutscher Sprache, die die Ziffern nach GOÄ und GebH enthalten. Insofern ist diese Situation für beide Seiten positiver als in Deutschland, obwohl natürlich nicht sehr viele Patienten den Weg nach Paraguay auf sich nehmen.

Ich kann wirklich jedem empfehlen, sich Paraguay einmal anzuschauen. Es ist ein so schönes Land mit traumhafter Natur, ein Paradies für jeden, dem Deutschland zu hektisch geworden ist. Wir fühlen uns pudelwohl hier und genießen das Leben. Für meine Frau war es genau das Richtige, ihr Burnout loszuwerden und sich komplett zu regenerieren. Und über Gästebesuch freuen wir uns jederzeit sehr!

Dieter Wanner Dieter Wanner
Medico Naturalista
mail@therapie-infos.de

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