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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2010

Alles, was Recht ist

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Die Berufshaftpflichtversicherung – verzichtbar oder nicht?

© sgursozlu - Fotolia.comHeilpraktiker mag es Ihnen vielleicht auf den ersten Blick nicht so wichtig erscheinen, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Im Gegensatz zu Ärzten und Chirurgen behandeln Sie Ihre Patienten mit Naturheilmitteln, die überwiegend als nebenwirkungsfrei gelten, und Sie führen auch keine Operationen durch. Doch Vorsicht: Eine falsche Therapie infolge einer Fehldiagnose kann zur Verschlechterung des Gesundheitszustandes Ihres Patienten führen und diesen dazu veranlassen, Schadenersatzansprüche an Sie zu stellen. Ein Personenschaden (Körperverletzung oder sogar Körperverletzung mit Todesfolge) kann schnell Ihre berufliche und private Existenz bedrohen, denn nach Bürgerlichem Gesetzbuch § 823ff. haften Sie aus Ihrer Berufstätigkeit in unbegrenzter Höhe für alle Schäden, die Sie Ihren Patienten/Klienten schuldhaft zufügen.

Selbst bei Körperverletzungen, die nach relativ kurzer Zeit wieder ausheilen, müssen Sie mit Schadenersatzforderungen rechnen. Dabei geht es nicht nur um Schmerzensgeld, das Hauptaugenmerk liegt auf den Regressforderungen der Sozialversicherungsträger und Krankenversicherungen, die für die Heilbehandlung und den Verdienstausfall der verletzten Person aufkommen müssen. Beispielsweise nimmt ein Arbeitgeber bei krankheitsbedingtem Ausfall seines Angestellten Regress hinsichtlich der Lohnfortzahlung.

Immer wieder kommt es vor, dass Patienten – begründet oder unbegründet – zivil- und strafrechtlich gegen ihren Heilbehandler vorgehen. Ohne eine bedarfsgerechte Berufshaftpflichtversicherung tragen Sie das Risiko der eventuell anfallenden Prozesskosten alleine und müssen Ihren guten Ruf auf eigene Kosten teuer verteidigen.

Durch den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung können Sie dagegen Vorsorge treffen. Eine Berufshaftpflichtversicherung für Heilpraktiker

  • leistet bei begründeten Schadenersatzforderungen wegen einfacher, aber auch grober Fahrlässigkeit
  • lehnt unbegründete Schadenersatzforderungen ab, ist somit zusätzlich eine „passive Rechtsschutzversicherung“

Damit entfällt für Sie das gesamte Prozesskostenrisiko, da der Versicherer auch Ihre Verteidigung vor Gericht übernimmt.

Die Berufshaftpflichtversicherung sollte auch die Strafrechtsschutzversicherung beinhalten, da Rechtsanwälte bei Körperverletzungen häufig dazu tendieren, parallel zur zivilrechtlichen Schadenersatzforderung auch strafrechtliche Anzeige zu stellen. Erfahrungsgemäß kann ein gewonnener Strafprozess automatisch die Forderung im Zivilprozess erhöhen. Da die Staatsanwaltschaft in diesen Fällen verpflichtet ist, bei angezeigter Körperverletzung zu ermitteln, sollte auch für diesen Fall Vorsorge getroffen werden.

Im Anschluss einige Beispiele aus der Praxis der Schadenregulierung, die zeigen, wie wichtig die Berufshaftpflichtversicherung für den Heilpraktiker ist.

  • Heilpraktiker Gerd S. unterspritzt eine alte Operationsnarbe seines Patienten mit Procain. Noch während der Behandlung erleidet der Patient einen anaphylaktischen Schock und muss mit Rettungswagen und Notarzt ins nächste Klinikum gebracht werden. Gerd S. hatte schlicht vergessen, den Patienten vor der Behandlung nach bekannten Allergien zu befragen.
  • Frau G. sucht wegen einer andauernden Erkältungskrankheit die Praxis von Heilpraktikerin Katharina N. auf. Im Gespräch klagt Frau G. auch über schmerzhafte Verspannungen im HWS-Bereich. Hierauf wendet Frau N. bei der Patientin einen chiropraktischen Griff an, bei dem es zu einer Nerveneinklemmung kommt. Der Fehler, der ihr vom Anwalt der Patientin zu Recht vorgeworfen wird, bestand darin, dass sie chiropraktisch an der HWS der Patientin tätig wurde, ohne sich vorher einen Überblick über die knöchernen Strukturen (z.B. Röntgenaufnahme) verschafft zu haben.
  • Das Grundstück des Heilpraktikers Andreas G. liegt an einem Hang. Die Treppen, die zur Straße führen, sind normalerweise bei Dunkelheit beleuchtet. Die Ehefrau weiß nicht, dass ihr Mann noch eine Patientin hat, und schaltet die Beleuchtung gerade zu dem Zeitpunkt aus, als die Patientin auf halbem Wege nach unten ist. Diese erschrickt, stürzt 7 Stufen hinunter und bricht sich das linke Schienbein.
  • Heilpraktikerin für Psychotherapie Angela A. führt mit ihrem Patienten eine Gesprächstherapie durch, um dessen Aggressionsverhalten positiv zu beeinflussen. Nach der Sitzung, bei der der Patient sehr aufgewühlt erscheint, verursacht er mit seinem Pkw einen Auffahrunfall, bei dem er und der Insasse des anderen Pkw leicht verletzt werden. Der Anwalt macht hierfür Angela A. haftbar: Sie habe den Patienten nicht davon abgehalten, direkt nach der Sitzung das Auto zu benutzen, obwohl sie den Zustand des Patienten kannte.
  • Während einer Autogenes-Training-Gruppenübung schläft ein Teilnehmer ein, ohne dass es der Übungsleiter bemerkt. Der Patient fällt vom Stuhl, zieht sich leichte Prellungen zu und bricht sich das Handgelenk. Da es sich um die erste Gruppenübung handelte und der Übungsleiter der Meinung war, dabei könne so etwas nicht passieren, hatte er die Teilnehmer zur Übung nicht auf den Boden platziert, wie es beim autogenen Training normalerweise üblich ist, sondern ihnen im Sitzen die ersten Grundübungen erklärt.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie von solchen „Schadenfällen“ in Ihrer Praxis verschont bleiben. Sollte es Sie trotzdem einmal treffen, hoffe ich, dass Sie – vielleicht durch diesen Artikel überzeugt – für ausreichend Versicherungsschutz mit einer Berufshaftpflichtversicherung vorgesorgt haben.

Robert Zellerer Robert Zellerer
Versicherungsexperte
zellerer@heilpraktikerservice.de

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