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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/2012

Traumabehandlung mit Psychosomatischer Kinesiologie®

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Teil 2
© elavuk81 - Fotolia.comDie besonderen Möglichkeiten der kinesiologischen Vorgehensweise

Die Psychosomatische Kinesiologie® wurde von mir in den letzten 15 Jahren als eine Synthese verschiedener kinesiologischer Richtungen entwickelt. Sie umfasst die Test- und Balancierungsmethoden, die sich in meiner psychotherapeutischen Praxis am besten bewährt haben. Ich teile aber die Grundüberzeugungen und Erfahrungen aller Kinesiologen, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:

Grundüberzeugungen der Kinesiologie

  • Körper, Seele und Geist sind eine untrennbare Einheit. Das tiefste Unbewusste ist der Körper.
  • Im Körper ist alles gespeichert, was wir jemals erlebt haben. Er weiß am besten über uns Bescheid.
  • Über die Sprache des Körpers und der Muskeln bekommen wir Zugang zu diesem inneren Wissen.
  • Was uns bewusst wird, können wir verarbeiten und integrieren. Wir kommen wieder ins Fließen.

© CARTAGENA - Fotolia.comWir wollen und können also die Ganzheit des Organismus berücksichtigen und – nach Möglichkeit – wiederherstellen, wenn sie durch traumatische Erfahrungen verletzt oder zerstört wurde. Solche Erfahrungen schlagen sich nämlich auf verschiedenen Ebenen des Organismus nieder und hinterlassen dort ihre Spuren in Form von Blockaden, Symptomen oder Funktionseinschränkungen. Um sie zu ermitteln und zu verstehen, hat sich die Grundfigur des „Dreiecks der Gesundheit“ bewährt, die schon von Dr. George Goodheart – dem Gründervater der Kinesiologie – entwickelt worden ist. Zumindest begrifflich können wir darin die strukturelle (Organ-)Ebene von der biochemischen (Stoffwechsel-)Ebene und der psychisch-mentalen Ebene unterscheiden, die unser Menschsein in besonderer Weise qualifiziert. Als das alle Seiten verbindende Element wird dabei in der Kinesiologie das Meridiansystem angesehen, auf dem die Akupunkte liegen, die wiederum zum Abbau von Stress und Angst im Sinne der Klopfakupressur genutzt werden können.

Jeder massive Stress, jedes Trauma bringt das „Dreieck der Gesundheit“ aus dem Lot in eine Schieflage, die mehr oder weniger lange bestehen bleiben kann. Das Ziel einer kinesiologisch-psychotherapeutischen Behandlung besteht demgegenüber darin, die Selbstheilungs- und Selbstentfaltungskräfte des Klienten so zu stärken, dass er wieder zu seiner Mitte zurückfindet und sein Dreieck der Gesundheit wieder in Balance kommt.

Vor diesem Hintergrund können wir nun auch besser verstehen, wenn in der kinesiologischen Arbeit mit Klienten von „Balancen“ gesprochen wird. Dies geschieht in der Regel in mehreren Schritten:

Grundvorgang einer kinesiologischen Balance

  • Was ist das Anliegen, Problem oder Symptom des Klienten? Und was ist sein Ziel? Wie möchte er sich verändern?
  • Wo und wie fühlt er sich blockiert? Was sind die beteiligten Auslöser, Gefühle, Ängste und Muster?
  • Was können wir tun, um diese Blockaden aufzulösen und den freien Fluss der Lebensenergie und die Selbstentfaltung zu fördern?
  • Mit welchen Methoden und Techniken unterstützen wir die Selbstheilung des Organismus (Körper – Seele – Geist)?

Übertragen auf das spezifische Vorgehen bei Traumata und unter Berücksichtigung all der Vorsichtsmaßnahmen, die wir im ersten Teil des Artikels aufgeführt haben, ergeben sich folgende besondere Möglichkeiten: Auch wenn ich hier die diagnostische und therapeutische Phase unterscheide, fließen die Schritte im praktischen Ablauf oft ineinander, z.B. weil man erst eine bestimmte Angst auflösen muss, bevor man das Unbewusste zu bestimmten Zusammenhängen oder beteiligten Personen befragen kann.

Diagnostische Phase der Traumaverarbeitung

Der Muskeltest als Kommunikationsbrücke zum Unbewussten und Körper erlaubt ein spezifisches Vorgehen – je nach Stand und Wunsch des Klienten:

  • Wunsch, wissen zu wollen/Gewissheit zu haben
  • Wunsch nach Symptomfreiheit/Verstehen der Ursachen
  • Wunsch nach Veränderung/persönlicher Weiterentwicklung
  • Wunsch nach Verarbeitung und Integration (hinter sich lassen)

Dabei ist das diagnostische Vorgehen mit dem Schälen einer Zwiebel vergleichbar: Es wird Schicht um Schicht erforscht und abgeblättert – stets parallel mit Stärkungs- und Sicherungsmaßnahmen. Oder umgekehrt: Der permanente Stressabbau mit kinesiologischen Mitteln erlaubt in der Regel erst die Bewusstwerdung bestimmter Zusammenhänge und deren Verarbeitung. So ist es am Anfang oft erforderlich, erst einmal bestimmte Erlaubnisse zu erarbeiten, z.B. die Erlaubnis

  • alles sehen, hören, fühlen, wahrnehmen und erinnern zu dürfen, was zum Thema/Trauma dazugehört
  • über alles sprechen zu dürfen, was damals geschah, und die Redeverbote vonseiten des Täters/der Familie aufzuheben
  • die Vergangenheit hinter sich lassen und ein neues freies Leben beginnen zu dürfen
  • die Täter zu benennen, die Verantwortung an sie zurückzugeben und sich von Schuldübernahmen zu befreien

Therapeutische Phase der Traumaverarbeitung

  • „Muskelcoaching“ am ganzen Körper bezieht das implizite Nervensystem und Körpergedächtnis mit ein
  • Geprägte Triggerreize werden entstresst und neutralisiert
  • Sinnesfunktionen und natürliche Reflexe werden wieder aktiviert und integriert
  • Wahrnehmungs- und Redeverbote, vom Täter oder Familienangehörigen verhängte Tabus werden aufgehoben
  • Abgespaltene Persönlichkeitsanteile und seelische Funktionen werden reintegriert, wieder zugänglich und verfügbar gemacht
  • Introjekte wie „Identifikation mit dem Aggressor“ werden aufgespürt und aufgelöst
  • Ängste und Zwänge, Schmerzen und psychosomatische Störungen werden aufgelöst
  • Persönliche Abwertungen, Selbstvorwürfe und Selbstbestrafungsmuster werden verändert bzw. aufgehoben
  • Weitere Entwicklungsschritte werden ausgetestet, besprochen und für die praktische Umsetzung vorbereitet

Spezifische Methoden der Psychosomatischen Kinesiologie®

Der Organismus ist eine Einheit, das tiefste Unbewusste ist der Körper. Die Psychosomatische Kinesiologie ® ist eine Form der Körperpsychotherapie, die dies berücksichtigt und deshalb einen ganzheitlichen Ansatz hat. Muskeln, Nerven, Organe, Meridiane, Funktionen, Emotionen, Engramme beeinflussen sich ständig gegenseitig. Über den kinesiologischen Muskeltest haben wir Zugang zu diesen Kreisläufen und können mit den Techniken zum Stressabbau Impulse zur Normalisierung und Harmonisierung geben.

Dabei gehen wir vom jeweiligen Anliegen/ Symptom des Klienten aus. Dann fragen und testen wir jeweils

  • ob wir die Erlaubnis für die Arbeit an diesem Thema haben
  • ob der Klient alles sanft und liebevoll mit sich selbst umsetzt
  • welche Ressourcen er aktivieren und welche Fähigkeiten er sich zurückholen kann
  • welche auslösenden Trigger wir mit welchen Techniken entschärfen können
  • welche Selbsthilfe-Methoden der Klient am besten für sich nutzen kann usw.

Es würde hier zu weit führen, die möglichen Behandlungstechniken im Detail vorzustellen, wie z.B. Panik-Erinnerungen in der Amygdala gelöscht oder organbezogener Stress mit Augenfolgebewegungen (ähnlich wie beim EMDR) minimiert werden kann. Die folgenden Selbsthilfe-Techniken geben wir aber gerne an Sie weiter:

Nothilfe-Techniken für Trauma-Betroffene

1. Reframing (= Um-Rahmung)

Den Dingen einen anderen Rahmen geben, lässt sie in der Regel in einem anderen Licht erscheinen und schafft emotional Abstand zum Erlebten. Dabei ist es unterstützend sehr hilfreich, wenn Stirn und Hinterkopf mit den Händen sanft gehalten werden. Durch die Berührung der „Positiven Punkte“ (Reflexpunkte in Höhe der Stirnbeinhöcker) und der visuellen Zentren am Hinterkopf oberhalb des Haaransatzes lernen wir, die Dinge wieder so zu sehen, wie sie vor der emotionalen Bewertung („Bedrohung“) registriert wurden. Der Vorgang geht am besten so:

  • Wenn sich Dir Bilder aufdrängen, die Angst oder Stress machen, halte Stirn und Hinterkopf, schließe die Augen und wage innerlich einen Blick darauf: Was und wen kannst Du erkennen? Wo warst Du und wer war noch dabei? – (Man braucht hier nicht ins Detail gehen; weniger Schlaglichter oder „Überschriften“ reichen aus!)
  • Mache einen Schnappschuss von diesem Bild und gib in Deiner Fantasie einen Rahmen darum. Lass Dir einfallen, ob er rechteckig ist, rund, oval usw. Konzentriere Dich dann auf andere Einzelheiten des Rahmens: Welche Farbe haben die Leisten? Aus welchem Material sind sie (Holz, Metall, Plastik, rahmenloser Bildhalter?), wie breit sind die Leisten? Sind sie glatt oder verziert usw.
  • Tausche nun in Deiner Fantasie den Rahmen aus! Lege einen anderen Rahmen um Dein Bild und beobachte wieder ganz genau die Details: Form und Größe, Material, Farbe usw.
  • Schaue jetzt noch einmal auf das Bild im neuen Rahmen: Was hat sich verändert? Wie fühlst Du Dich jetzt angesichts der Situation?
  • Falls der Stress schon deutlich nachgelassen hat, kannst Du die Selbsthilfe-Übung beenden. Falls nicht, lass Dir noch einen weiteren Rahmen einfallen oder ggf. noch einen vierten. Am Ende sollte sich die Wahrnehmung verändert haben – und das hat sie in aller Regel auch, z.B. ist das Bild dann leer oder geschrumpft. Oder die Szene auf dem Bild hat eine andere Ausstrahlung bekommen …

2. Licht auf die Stirn und Gehirnpunkte klopfen

In der Mitte zwischen den Augenbrauen ist eine kleine Vertiefung – der sogenannte Glabella-Punkt. Von hier gibt es eine Nervenverbindung zur Epiphyse (Zirbeldrüse), die für unsere Reaktionen auf Licht und Dunkelheit, den Tag-Nacht-Rhythmus usw. zuständig ist. Wenn wir „dunkle Momente“ haben, wenn die Gegenwart von vergangenen Ereignissen und Gefühlen „überschattet“ wird, bringt uns eine Portion Licht, auf die Glabella gegeben, wieder in die Gegenwart und in das heutige Erleben zurück – einschließlich aller Fähigkeiten, die wir inzwischen in unserer Lebensgeschichte gewonnen haben.

Durchführung

Nutze eine kleine Taschenlampe und gib punktförmig Licht auf den Glabella-Punkt. Klopfe parallel dazu die „Gehirnpunkte“ (= Endpunkte des Nierenmeridians links und rechts vom Brustbein, direkt unter dem Schlüsselbein). Die Kombination dieser beiden Maßnahmen bringt Dich wieder in die Gegenwart zurück, wenn Du in die Vergangenheit „abgetaucht“ warst, löst Ängste auf und macht Dir Deine heutigen Kompetenzen wieder bewusst. Die Übung eignet sich auch nach Albträumen oder überhaupt jeden Morgen nach dem Aufwachen.

3. Tapas-Technik

2012-06-Trauma3Diese Technik wurde von der amerikanischen Akupunkteurin Tapas Fleming entwickelt und eignet sich hervorragend zur Selbstbehandlung.

Man hält mit Daumen und Ringfinger einer Hand die Akupunkte Bl 1 (im inneren Augenwinkel) und mit dem Mittelfinger das Dritte Auge (Glabella-Punkt). Gleichzeitig konzentriert man sich auf das Problem und seine verschiedenen Aspekte und hält jede Pose 1 bis 4 Minuten oder so lange, bis eine Veränderung eintritt:

1. Input: Ich richte meine Aufmerksamkeit auf mein Problem.

2. Input: All dies ist zwar passiert, es ist aber vorbei und ich bin okay!

3. Input: Ich bin dankbar dafür, dass jetzt alle Ursprünge dieses Problems heilen.

4. Input: Ich bin dankbar dafür, dass jetzt alle Stellen in meinem Körper, meiner Seele und in meinem Leben heilen, an denen dieses Problem gespeichert war.

5. Input: Ich bin dankbar dafür, dass jetzt alle Teile von mir heilen, die irgendeinen Gewinn oder Vorteil von diesem Problem hatten.

6. Input: Ich verzeihe allen, die ich wegen dieses Problems angeklagt habe – einschließlich Gott und mir selbst.

7. Input: Ich bitte jeden um Verzeihung, dem ich durch mein Problem oder das Festhalten daran wehgetan habe.

Dr. paed. Werner Weishaupt Dr. paed. Werner Weishaupt
Dozent, Heilpraktiker für Psychotherapie und Kinesiologe, Leiter der „Praxis im Zentrum“ in Salzgitter, Präsident des VFP e.V.
kinesiologiesz@aol.com.de

2012-06-Trauma5

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