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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2013

Ganzheitliches Wohlbefinden durch die „Dynamische Atemtherapie“ nach Mathilde Zeidler

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© jd-photodesign - Fotolia.comDie Natur hat uns mit der Atmung als Träger der Lebenskraft ein wunderbares Geschenk gegeben. Unsere Atmung ist die einzige Stoffwechselfunktion, die wir willkürlich steuern können. Da sie hoch sensibel reagiert, ist es bei atemgymnastischen Übungen sehr gefährlich, falsche Atemmuster anzutrainieren. Unsere Atmung ist auch ein Spiegel unserer Seele, weil sie unser Grundgefühl in jedem Moment anzeigt, sowie ein Tor zu unserem inneren Sein, weil wir durch sie unser Befinden in eine gute Richtung verändern können.

Jedes Atemmuster ist Ausdruck der eigenen Biografie und eine entscheidende Einflussgröße auf die Atemtätigkeit. So können bereits traumatische Erlebnisse der Mutter auf das ungeborene Kind übertragen werden. Die Lebensumstände einer schwangeren Frau prägen das Ungeborene und wirken sich auch auf dessen Atmung aus – z.B. wenn wir Angst haben (Kurzatmigkeit) oder uns erschrecken (stockender Atem).

Nicht nur seelische und geistige Erfahrungen spiegeln sich im Atem wider. Auch Hitze, Regen, Sonnenschein, räumliche Umgebung, Leistungsdruck, Geborgenheit, Leben in der Stadt oder auf dem Land und berufliche Einbindung haben Einfluss auf unser Atemmuster. Schon ein Gedanke kann den Atemfluss verändern. Ein erfreuliches Ereignis lässt den Atem weit schwingen, schwierige Lebenslagen und seelische Belastungen engen ihn ein. In jeder Sekunde reagiert unser Bewusstsein mit unserem unbewussten Atem.

Atemprobleme entstehen in einem wachsenden schleichenden Prozess, der anfangs wenig beachtet wurde und sich irgendwann in Kurzatmigkeit, Schlafproblemen, Schmerzen, chronischen Verspannungen oder Blockaden ausdrückt und letztendlich in chronischen Krankheiten enden kann.

Wir leben in einer atemlosen, atemvergessenen Umgebung und füllen unsere Zeit mit Terminen und Beschäftigungen randvoll, die uns selten einen Moment zum Verschnaufen lassen. Dafür nehmen wir in Kauf, immer unbeweglicher zu werden. Je weniger wir uns bewegen, desto weniger atmen wir, je weniger wir atmen, desto kraftloser fühlen wir uns. Zugleich dreht sich die Mühle des Müssens und Wollens immer schneller, die Zeit wird in immer kleinere Häppchen zerhackt und zerschnitten wie die Actionfilme in den Kinos. Atemlos hecheln wir einer nicht kalkulierbaren Größe von Beschleunigung hinterher.

Es ist kein Wunder, dass viele Menschen in unserer Kultur darunter leiden. Konsumtempel verdrängen die kommunikativen Räume, die wir zum Leben benötigen. Vielen in unserer Gesellschaft wird bewusst, dass die schillernden Versprechen von Glück am Ende nur Enttäuschung erkennen lassen. Wie leicht zerbrechen wir an der Spannung von Vorstellung und Durchführbarkeit in unserer Leistungsgesellschaft. Neurotische und psychotische Symptome weiten sich aus, die Symptome, wie etwa beim Burnout-Syndrom, werden immer umfangreicher.

Vor mehr als 100 Jahren ist die moderne Psychotherapie entstanden mit dem Anliegen, die seelischen Leidenszustände zu lindern und die Räume für innere Erfüllung zu erweitern. Beginnen wir damit und bringen wir unsere Atmung, als Träger der Lebenskraft, zur vollen Entfaltung. Diesen Weg zeigt uns die „Dynamische Atemtherapie“: Über Wahrnehmungs-, Körper- und Stimmübungen nähern wir uns einem heilsamen und tiefen Atem. Auf diesem Weg löst sich das, was sich auf unserem Lebensweg angesammelt hat. Ist die Atmung im vollen Fluss, so ist alles im Fluss, die Körpersysteme, die Seele, der Geist. Wenn wir im Fluss sind, dann sind wir frei von den Beschränkungen unserer Konditionierungen und Programme, dann sind wir frei für die Fülle des Lebens.

Der Weg der Dynamischen Atemtherapie öffnet das Bewusstsein für diese Weltsicht, die dem Westen und der westlichen Psychotherapie zwar nicht unbekannt, aber noch lange nicht wirklich vertraut ist. Das berühmte Heraklit zugeschriebene Wort „Alles fließt“ erklingt zwar am Anfang der europäischen Geistesgeschichte, doch ist es noch viel zu wenig Teil unserer Selbstwahrnehmung und Welterfahrung geworden – eine Folge der Körper- und Atemvergessenheit, die unsere Kultur prägt.

Die Atemtherapie ist heute durch klinisch kontrollierte wissenschaftliche Studien von Kurzund Langzeiteffekten in vielen ihrer Maßnahmen wissenschaftlich gesichert. Der Neurologe und Mitbegründer von „Ärzte ohne Grenzen”, David Servan-Schreiber, hat im Jahre 2004 ein wegweisendes Buch, „Die neue Medizin der Emotionen, Stress, Angst, Depression: Gesund werden ohne Medikamente“, im Verlag Büchergilde Gutenberg 2004 erschienen, zur Therapie psychosomatischer Krankheiten herausgegeben. Der Inhalt ist weitgehend von dem Gedanken geprägt, dass die Mechanismen der Selbstheilung im menschlichen Gehirn angelegt sind. Die Atemtherapie zusammen mit Entspannungsübungen stabilisiert das autonome Nervensystem und schafft ein Gleichgewicht zwischen Sympathikus und Parasympathikus.

Die Dynamik ist eine Einflussgröße, die wir wahrnehmen lernen, die unsere Sinne beeinflusst und die wir in der Ruhe, Bewegung und Stimme als Einheit empfinden lernen. Mithilfe von Vorstellungsbildern, dem Visualisieren und unserer autosuggestiven Kraft dringen wir in die tiefen Schichten des Unterbewusstseins und lösen damit unseren Atem.

Ziel der Dynamischen Atemtherapie

Es werden seelische Prozesse ausgelöst, alte Atemmuster in neue, positive umgesetzt und somit lebensbejahendes und gesundes Verhalten gefördert. Lebendigkeit wird erfahren, Blockaden werden gelöst, Vertrauen in den eigenen Körper entsteht. Verspannungen der Atemmuskulatur, wie Zwerchfell, Zwischenrippen- und Bauchmuskulatur, werden elastisch sowie verstärkt mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Die Bauchorgane sind in einem dynamischen Prozess. Auch der Herzmuskel wird positiv beeinflusst. Die Dynamische Atemtherapie stellt eine Grundvoraussetzung für therapeutisches Arbeiten dar.

Mathilde Zeidler entwickelte die Dynamische Atemtherapie aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen, ganzheitlicher Sichtweise und auf der Grundlage des „Erfahrbaren Atems“ von Ilse Middendorf.

Literaturempfehlungen

  • Mathilde Zeidler: Ausbildungsskript Dynamische Atemtherapie
  • Dr. Wilfried Ehrmann: Handbuch der Atemtherapie, Param Verlag

Birgit Voigt Birgit Voigt
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Atemtherapeutin der Dynamischen Atemtherapie nach M. Zeidler, Dozentin an den Paracelsus Schulen

birvo@t-online.de

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