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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2013

Prävention und Satutogenese: Der Heilpraktiker als Gesundheitsspezialist

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© frank peters - Fotolia.comExperten-Tipp

Vorbeugen ist besser als Heilen, heißt es. Doch wo und wie fängt man damit an? Und woher weiß man, dass es geholfen hat? Der Patient wird dann ja vielleicht gar nicht krank. Und ist er dann überhaupt ein Patient? Und wie soll ich das abrechnen?

Der Heilpraktiker diagnostiziert und behandelt kranke Menschen mit einem passenden Therapiekonzept. Unser Berufsbild bietet aber noch mehr: Prävention (Krankheitsvorbeugung) und Salutogenese (Wissen um die Entstehung von Gesundheit). Im Folgenden geht es um Chancen für die eigene berufliche Entfaltung und den wirtschaftlichen Erfolg mit einer deutlicheren Präsentation des Gesundheitsangebotes.

Kulturell scheinbar tief verankerte Krankheitssichtweise der Neuzeit

Die im ICD-10 aufgeführten Diagnosen definieren den Versicherungsfall Krankheit. Nur dann kann eine Behandlung von einem Kostenträger erstattet werden. Der Heilpraktiker kennt dieses Krankheits-orientierte Weltbild (Symptome beseitigen statt Gesundheit herstellen) und arbeitet damit. Aber, und das ist seine Stärke, er ist gleichzeitig in einem anderen Weltbild zu Hause. Er denkt systemisch, indem er innere, äußere und Mehrfachursachen, vielfältige Wechselwirkungen und den Faktor Zeit bei Pathogenese (Krankheitsentstehung) und Therapie einbezieht. Sein prozessorientierter Blick auf das Lebendige lässt ihn entstandene Abweichungen von der gesunden Mitte frühzeitig, also auch vor Beginn einer Erkrankung, erkennen – seien diese durch interne, externe oder wie so oft miteinander verknüpfte Stressfaktoren in Körper, Psyche, Umwelt und Kultur ausgelöst.

In unserer Welt darf man eher nicht krank sein, gerade nicht im psychischen Bereich. Und gleichzeitig: Lieber Angst haben vor der genetisch angelegten als vor der (wahrscheinlicheren) erworbenen chronischen Erkrankung. Verdrängen, bis es nicht mehr geht. Wird man wirklich krank, wenn man nicht aufhört, dies oder jenes zu tun? Kann man Gesundheit beeinflussen? Wenn man es nur sicher wüsste …

Ein systemischer Ansatz, der möglichst viele Variablen, auch Denken und Alltagsverhalten abfragt und sanft korrigiert, kann die Gesundheit eines Menschen bewahren – wenn dieser mitmacht. Das ist in beiden Weltbildern bekannt. Generell ist das Verhalten von nicht-linearen Systemen wie dem Menschen langfristig kaum zu prognostizieren. Deshalb darf mit Gesundheit nicht geworben werden.

Der Heilpraktiker ist da in einer Art Dilemma: Er darf keine Angst vor einer zukünftigen Krankheit erzeugen und muss zugleich einen Weg finden, seinem Patienten ein seelischgeistiges oder körperliches Handlungskonzept zu vermitteln, das dieser selbst bezahlt. Denn die ganzheitsmedizinisch mit verschiedenen Methoden feststellbare Abweichung von der gesunden Mitte ist im ICD-10 nicht gelistet.

Auch der Patient ist in einem Dilemma. Trotz unauffälliger schulmedizinischer Parameter medizinische Maßnahmen durchführen? Kennt oder versteht er das prozess- und gesundheitsorientierte systemische Weltbild des Heilpraktikers nicht, investiert er nicht in eine Behandlung – er ist ja gesund. Es fehlt an Aufklärung, dass z.B. kleine, sich anhäufende und gegenseitig beeinflussende negative Reize zu Milieuveränderungen führen, die den Boden für verschiedenste Erkrankungen bereiten. Dies gilt für Körper, Geist und Psyche. Moderne Menschen kennen oft kaum noch die vielen wertvollen Traditionen unserer Vorfahren: Sei es über Träume zu sprechen und emotionales Erleben für wahr zu halten, (im Rahmen religiöser Riten) durch Fasten Körper und Geist zu reinigen oder mit Kräutermischungen, die einst selbst gesammelt wurden, die Leistungsfähigkeit der Organe bis ins Alter fit zu halten. Im Gesundheitswesen hat das therapeutische Gespräch, das Hinhören und Wirkenlassen von Worten keinen hohen Stellenwert mehr als heilsame Informationsmedizin.

Arbeit an der Gesundheitskultur

Medizinische Maßnahmen, die dem Erhalt der Gesundheit dienen, können eingesetzt und nach GebüH in Rechnung gestellt werden. Wird dieses nicht verwendet oder liegt das Honorar darüber, ist ein Behandlungsvertrag (mit wirtschaftlicher/medizinischer Aufklärung) sinnvoll. Wellness, Anti-Aging und Coaching werden steuerrechtlich nicht als medizinische Leistung anerkannt und sind umsatzsteuerpflichtig.

Altes Wissen – moderne Erklärungen

Der Heilpraktiker kann sich bei der Gesundheitsvorsorge auf drei Konzepte berufen:

Prävention

Sie beruht auf der bekannten WHO-Gesundheitsdefinition (völliges körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden). Medizinische Maßnahmen, die dies fördern, wirken präventiv. Aus naturheilkundlicher Sicht ist ein Mensch in seiner Mitte (ausgewogene körperliche, seelisch-geistige Parameter und Energieflussbalance) gesund. Ordnungstherapie, Beratung, Homöopathie, Phytotherapie, Akupunktur, Kinesiologie und viele weitere stressreduzierende medizinische Ansätze stehen dem Heilpraktiker zur Verfügung, um seinen Patienten (im eigentlichen Wortsinn als „Geduldiger“, nicht „Kranker“) zu unterstützen.

Salutogenese

Es handelt sich dabei um ein geistig-seelisches Konzept. Gesundheit entsteht im Kopf. Der Medizinsoziologe A. Antonovsky ermittelte das Kohärenzgefühl (Stimmigkeit) als Bedingung für Gesundheit. Drei Aspekte, nämlich verstehen können, was passiert (1.), damit umgehen (2.) sowie einen Sinn im Ganzen sehen können (3.), generieren eine Haltung von Zuversicht, der Zukunft gewachsen zu sein. Stimmigkeit erzeugt Ordnung. Laut Chaostheorie strebt ein lebendes System hin zu höherer Ordnung, der Quelle von Selbstregulation und -heilung. Psychologische, kinesiologische und weitere Verfahren zur Arbeit am Selbstbild und Behandlung einschränkender Glaubenssätze und innerer Versagensprogramme stehen zur Verfügung. Einige Nahrungsmittel erzeugen Stress, Übersäuerung und beeinträchtigen die psychische Gesamtsituation des Organismus.

Grundregulation

Generationen Naturheilkundiger folgen dem überlieferten Prinzip: Reinigen, Ausleiten und Regulieren zum Erhalt des feinen lebendigen Fließgleichgewichts, das Gesundheit ausmacht und auf einem funktionierenden Grundregulationssystem beruht. Die Ärzte A. Pischinger und H. Heine erforschten, dass Zelle und Extrazelluläre Matrix (Zwischenzellraum) die Funktionseinheit der Grundregulation bilden. Dieses zentrale Milieu reguliert den Stoff- und Informationsaustausch in Körper und Psyche und bildet die Basis für Gesundheit. Diese Forschungsergebnisse belegen die gesundheitsfördernde Wirkungsweise z.B. der Akupunktur, Bioenergetik und psychologischer Verfahren.

Es ist auch an uns Heilpraktikern, als Freiberufler mit gesamtgesellschaftlicher Verantwortung den wertvollen Kulturschatz der Ganzheitsmedizin zur Bewahrung von Gesundheit in der Öffentlichkeit selbstbewusst zu vertreten. Dies fördert die finanzielle Entlastung des Gesundheitssystems. Werbung sollte naturheilkundliche Prinzipien bewerben statt Gesundheit. Ein Patient, der den Wert ganzheitlicher Gesundheitsvorsorge verstanden hat und bereit ist, danach zu handeln, kann sicher sein, dass sich seine Investition auszahlt. Ist die Selbstregulation in Körper, Geist und Psyche optimiert, kann der Mensch Keime und Stressphasen leichter verkraften. Der Heilpraktiker ist beim Erkennen und Bereinigen innerer und äußerer Stressfaktoren ein verlässlicher ganzheitlicher Begleiter.

Literaturempfehlung

  • Pischinger, Alfred, Das System der Grundregulation, Heidelberg, 1990
  • Heine, Hartmut, Lehrbuch der biologischen Medizin, Stuttgart, 2007
  • Goswami, Amit, Das bewusste Universum, Bielefeld, 2013

Swantje KallenbachSwantje Kallenbach
Heilpraktikerin und Coach

praxiskallenbach@email.de

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