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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 1/2014

Notfall

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Als Heilpraktiker kennen Sie sich natürlich bestens aus mit Erkrankungen und Heilmethoden. Gleichwohl ergeben sich bei einem akuten Notfall viele besondere Herausforderungen, die allerschnellste Reaktionen erfordern, in der täglichen Praxis aber nur höchst selten geübt werden.

© Schlegelfotos - Fotolia.comJederzeit können Sie Zeuge eines Notfalls werden. Das Schicksal eines Menschen wird dann gerade von Ihnen abhängen. Haben Sie Angst, sich zu gefährden? Niemand erwartet eine Hilfeleistung von Ihnen, wenn Sie sich selbst dabei in Gefahr bringen. Oberstes Gebot ist, den Unfallort so abzusichern, dass eine Eigen- und Fremdgefährdung ausgeschlossen werden kann. Mit der Darstellung der Erste-Hilfe-Maßnahmen möchte ich Sie anregen, die Handgriffe immer wieder zu üben, um gerade als Heilpraktiker für den Ernstfall gerüstet zu sein.

Was ist ein Notfall?

Ein Notfall liegt vor, wenn bei einem Menschen Kreislauf, Atmung oder Bewusstsein gestört oder bedroht sind. Herzerkrankungen, Blutverlust oder Schock können Kreislaufstörungen zugrunde liegen. Durch Verlegung oder Verengung der Atemwege, z.B. nach Insektenstichen, bei Asthma, Verletzungen oder Infektionen der Lunge, kann es zu einer Behinderung der Atmung kommen. Bei einem getrübten Bewusstsein liegen möglicherweise Verletzungen, Blutungen oder Infektionen am Gehirn selbst vor. In leichten Fällen ist der Patient verwirrt, in schweren Fällen muss man mit einer Bewusstlosigkeit rechnen. Auch Krampfanfälle und plötzliche Lähmungen weisen auf eine Gehirnstörung hin.

Allein Hilfe zu leisten ist in vielen Fällen schwierig. Daher sollte schnell eine Reihe wirkungsvoller Maßnahmen umgesetzt werden. Diese sogenannte Rettungskette besteht aus folgenden Gliedern: Sofortmaßnahmen, Notruf, Erste Hilfe, Transport, Klinik.

Die Feststellung des Notfalls ist in der Regel eindeutig. Der Verunglückte ist in seinem Bewusstsein getrübt oder bewusstlos, ggf. ist seine Atmung beeinträchtigt. In Zweifelsfällen ist eine kurzes Ansprechen sinnvoll, z.B.: „Wie heißen Sie?“ Wenn auch nach dem Berühren der Schulter keine Reaktion erfolgt, muss man von einem schwerwiegenden Notfall ausgehen.

In der eigenen Praxis muss sich der Ersthelfer nicht in Sicherheit bringen. Anders bei Unfällen im Straßenverkehr, im Haushalt, bei auslaufenden Gefahrgütern, bei Stromunfällen usw. Eigenschutz und Absicherung der Unfallstelle gehen jeder Hilfeleistung voraus, ebenso die Rettung des Verunglückten aus der Gefahrenzone. Mithilfe des „Rautek-Rettungsgriffs“ kann man liegende und sitzende Patienten aus der Gefahrenzone ziehen.

Rautek-Rettungsgriff

  • Der Helfer umgreift von hinten die Brust des Verletzten,
  • legt den Unterarm des Verletzten vor dessen Bauch,
  • greift unter die Achseln des Verletzten durch und umschließt dessen Unterarm und Handgelenk;
  • die Daumen liegen oben,
  • der Verletzte wird rückwärts aus dem Gefahrenbereich gezogen.

Nie auszuschließen ist eine Verletzung der Halswirbelsäule. Alle Rettungsmaßnahmen sollten ohne Beugung oder Drehung der Halswirbelsäule erfolgen. Sobald verfügbar, wird dem Verletzten eine Halskrawatte angelegt.

Motorradhelme werden immer abgenommen, wenn der Verunglückte erbricht oder bewusstlos ist. Auch hier der Hinweis: Vorsichtig handeln, denn das Rückenmark könnte beschädigt sein, Helmabnahme also ohne Verdrehung oder Abknickung des Kopfes.

Das Absetzen des Notrufs 112 sollte schnellstens erfolgen. Jede Minute zählt. Oft genug bildet sich ein Kreis Schaulustiger. Jeder muss Hilfe leisten, so steht es im Gesetz. Im Mobilfunk-Zeitalter kann jeder einen Anruf tätigen. Wichtige inhaltliche Punkte des Notrufs sind:

  • Ist der Verunglückte bei Bewusstsein oder bewusstlos?
  • Wo ist der Unfallort? (Genaueste Angabe von Ort, Straße, Hausnummer, Gebäudeeingang, Stockwerk usw.)
  • Was geschah? (Verkehrsunfall, Stromunfall, Vergiftung, Verätzung, Sonnenstich usw.)
  • Wie viele Personen sind verletzt?
  • Wenn ersichtlich: Welche Art der Verletzung liegt vor?
  • Warten auf Rückfragen und Bestätigung seitens des Rettungsdienstes.

Das Absetzen des Notrufs 112 ist von allen Telefonen und Handys aus kostenfrei. Er kann auch von Handys ohne SIM-Karte abgesetzt werden. Die Nummer ist überall in Europa gültig und man erreicht damit direkt die nächste Notrufstelle. Ein Notruf kann auch bei der Polizei abgesetzt werden: Deutschland 110, Österreich 133 und Schweiz 117.

Der Ersthelfer übernimmt bei einem bewusstlosen Patienten die Kontrolle der Atmung. Weil die Muskulatur bei einem Bewusstlosen erschlafft, fällt die Zunge zurück und blockiert die Atemwege. Durch Überstreckung des Kopfes werden blockierte Atemwege wieder frei.

Die Überprüfung des Karotispulses gibt weitere Hinweise. Ein Puls am Handgelenk ist nicht immer feststellbar.

Beugt nun der Ersthelfer seine Wange über Mund und Nase des Verunglückten und schaut gleichzeitig auf den Brustkorb, so kann man das Atmen hören, fühlen und auch sehen. Die Atmung gilt als ausreichend effektiv, wenn sich der Brustkorb in 10 Sekunden zwei- bis dreimal sichtbar hebt und die Atemgeräusche nicht auffallend sind.

Bewusstlose, deren Atmung vorhanden ist, werden in die stabile Seitenlage gebracht:

  • Der Verunglückte liegt auf dem Rücken.
  • Der Ersthelfer kniet an seiner Seite.
  • Der ihm zugewandte Arm wird nach oben abgewinkelt.
  • Der andere Arm wird vom Helfer über die Brust des Verunglückten gelegt, der Handrücken an die Wange gepresst und festgehalten.
  • Der Ersthelfer greift das entfernte Bein und zieht den Verunglückten auf die Seite.
  • Das leichte Überstrecken des Halses hält die Atemwege frei.
  • Wenn möglich, den Verunglückten mit einer Rettungsdecke (im Autoverbandkasten!) zudecken.
  • Vitalzeichen kontrollieren.

Bewusstlose ohne Atmung müssen sofort reanimiert werden.

Eine ordnungsgemäße Widerbelebung setzt voraus, dass der Verunglückte auf dem Rücken liegt und der Untergrund hart ist (Fußboden). Die kardiopulmonale Reanimation beim Erwachsenen besteht aus 30 Herzdruckmassagen und zwei Atemspenden:

  • Der Oberkörper des Notfallpatienten wird vollkommen entblößt.
  • Der Druckpunkt für die Herzmassage liegt auf dem unteren Drittel des Brustbeins.
  • Mit gestreckten Armen muss das Brustbein 4-5 cm tief eingedrückt werden. Nach 30 Druckmassagen wird der Vorgang für zwei Atemspenden unterbrochen.
  • Die Atemspenden sind nur dann effektiv, wenn die eingeblasene Luft auch in die Lungen gelangt.
  • Die Atemwege müssen frei sein, d.h., der Kopf ist zu überstrecken.
  • Bei der Mund-zu-Mund-Beatmung dichtet der Ersthelfer die Nase mit Daumen und Zeigefinger ab und bläst seinen Atem in den Mund des Verunglückten.
  • Es ist auch möglich, die Atemspende durch die Nase zu geben, dabei wird der Mund abgedichtet, indem man das Kinn nach oben anhebt.
  • Eine Beatmung ist effektiv, wenn sich der Brustkorb während des Beatmens anhebt.
  • Zum Eigenschutz sollte man bei der Mund-zu-Mund-Beatmung eine Mundmaske (Life-Key, gibt es als Schüsselanhänger) o.Ä. verwenden.

Das Herz sollte möglichst schnell wieder allein arbeiten. Häufig ist es aber so, dass das durch Sauerstoffmangel geschädigte Organ durch einen viel zu schnellen Rhythmus arbeitsunfähig ist. Das sogenannte Kammerflimmern kann nur durch einen Stromstoß von außen (extern) unterbrochen werden. Das geschieht mit einem externen Defibrillator. Inzwischen stehen die Geräte an manchen öffentlichen Plätzen, Polizeistationen, Flughäfen, Bahnhöfen zur Benutzung bereit. Die neuen Defibrillatoren erkennen über ein integriertes EKG-Gerät, ob ein Kammerflimmern vorliegt. Ein Sprachprogramm vereinfacht die Bedienung, auch Laien können es anwenden. Allerdings sollte der Gebrauch in entsprechenden Kursen trainiert werden. Die Handhabung:

  • Gerät einschalten.
  • Folgen Sie den Anweisungen des Gerätes.
  • Die selbstklebenden Elektroden auf den trockenen Brustkorb aufkleben.
  • Entdeckt das Gerät einen defibrillierbaren Rhythmus, wird der Defibrillator aufgeladen, die Energiemenge stellt sich automatisch ein.
  • Die Helfer dürfen den Patienten nicht mehr berühren und müssen einen Sicherheitsabstand einhalten.
  • Die Auslösung des Stromstoßes wird über die Sprachausgabe bekannt gegeben: „Achtung, Defibrillation.“
  • Danach wird der Patient nach Anweisungen des Defibrillators weiter reanimiert, bis der Notarzt kommt.
  • Zeigt der Patient Lebenszeichen (Bewegung, Husten, Atmung), wird die Defibrillation abgebrochen.
  • Die Gabe verschreibungspflichtiger Medikamente ist dem Arzt oder den Rettungskräften vorbehalten. Sauerstoff darf auch vom Heilpraktiker gegeben werden.

Wichtiges zum Thema Schock

Schock bedeutet Lebensgefahr. Hier muss rasch gehandelt werden. Kennzeichen eines Schocks:

  • Zunächst rast der Puls (über 100 Schläge pro Minute), später ist er kaum noch tastbar. Parallel dazu sinkt der systolische Blutdruck auf unter 80 mmHg.
  • Die Haut ist blass, kalt und feucht. Der Patient entwickelt ein starkes Durstgefühl. Er ist teilnahmslos bis hin zur Bewusstlosigkeit.
  • Liegt eine starke Blutung zugrunde, muss diese selbstverständlich mittels eines Druckverbandes gestillt werden.
  • Die Lagerung bei Schock, wenn Atmung und Bewusstsein vorhanden sind: Oberkörper flach, Beine hoch.
  • Die Lagerung bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage, Vitalzeichen kontrollieren.

Weitere wichtige Notfallmaßnahmen

Krampfanfall: Notruf 112

  • Epileptischer Anfall: Patienten vor Verletzungen schützen
  • nach dem Anfall: stabile Seitenlage, Vitalzeichen kontrollieren

Homöopathie: Cuprum metallicum C30 – Wiederholung alle 3 Minuten (nur bei Patienten, die bei Bewusstsein sind)

Schlaganfall: Notruf 112

  • Patient hat ggf. Sprach- und Schluckstörungen und weitere neurologische Ausfälle
  • Lagerung bei Bewusstsein: mit erhöhtem Oberkörper
  • Lagerung bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage, Vitalzeichen kontrollieren

Homöopathie: bei Verdacht auf Bluthochdruck und Hirnblutung: Arnica C200 einmalig; bei Blässe, Schwindel, Fazialisparese: Aconitum C30 einmalig

Akute Hypoglykämie: Notruf 112

  • Ggf. Blutzucker messen – Bewusstlosigkeit bei ca. < 40 mm/dl
  • Bei erhaltenem Bewusstsein: Glukosegabe (Traubenzucker, gesüßte Getränke)
  • Bei Bewusstlosigkeit: venösen Zugang legen, stabile Seitenlage

Diabetisches Koma: Notruf 112

  • Blutzucker messen > 400 mg/dl
  • venösen Zugang legen
  • Volumenersatz
  • Lagerung bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage, Vitalzeichen kontrollieren
  • Patient atmet tief und schnell (Kussmaul- Atmung)
  • Der Atemgeruch ist süßlich, Azetongeruch

Schädel-Hirn-Trauma: Notruf 112

  • Bei erhaltenem Bewusstsein: Lagerung mit leicht erhöhtem Oberkörper
  • Bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage, Vitalzeichen kontrollieren
  • offene Wunden keimfrei bedecken

Asthmaanfall: Notruf 112

  • Bei schwerer Atemnot und ausbleibender Besserung
  • Patient hat Beschwerden bei der Ausatmung, expiratorischer Stridor
  • Maßnahmen: Atemanleitung, Lippenbremse

Homöopathie:

  • Anfall plötzlich auftretend nach Aufregung mit Husten und großer Angst: Aconitum C30, nach 10 Minuten wiederholen
  • Große Mengen Schleim, die nicht abgehustet werden können: Antimonium tataricum C30, nach 10 Minuten wiederholen
  • Bei Anfällen in der Nacht: Arsenicum album C30, nach 10 Minuten wiederholen
  • Rasselnde Atmung, sehr viel Schleim, der zum Würgen oder Erbrechen führt: Ipecacuanha C30, nach 10 Minuten wiederholen
  • Hinweis: Wenn nach der zweiten Gabe keine Besserung erfolgt, Mittel wechseln

Insektenstich im Mundraum: Notruf 112 sofort bei Atemnot!

  • Wenn sichtbar, Stachel entfernen
  • kalte Umschläge, Eiswürfel zum Lutschen
  • Patienten beruhigen

Homöopathie: Apis C200; Wiederholung nach 5 Minuten, wenn sich der Zustand nicht wesentlich verbessert hat

Herzinfarkt: Notruf 112

Häufigste Todesursache in den Industrieländern

  • Sauerstoffmangel durch völligen Verschluss eines Herzkranzgefäßes
  • Plötzlich einsetzender stechender oder brennender Schmerz mit Todesangst und Atemnot
  • Lagerung mit erhöhtem Oberkörper
  • Vitalfunktionen überprüfen
  • Verabreichung von Nitroglycerinspray, vorausgesetzt Wirkung, Nebenwirkung und Kontraindikation sind dem Heilpraktiker bekannt, es ist kein Arzt in der Nähe oder die Medikamentengabe ist unumgänglich, um schwere Schäden vom Patienten abzuwenden. Achtung: Nur verabreichen, wenn der systolische Blutdruck über 110 mmHg liegt.

Hypertensive Krise: Notruf 112

  • Blutdruck ist höher als 230/130 mmHg
  • Lagerung mit erhöhtem Oberkörper, Vitalfunktionen überprüfen

Homöopathie: Glonoinum C30 – wiederholen nach 10 Minuten

Anaphylaktische Reaktion: Notruf 112

  • Allergenzufuhr stoppen
  • Schocksymptomatik beobachten
  • Hochlagerung des Oberkörpers bei Atembeschwerden
  • venösen Zugang legen, Infusion
  • Gabe von Antihistaminika, ggf. Epinephrin und/oder Sauerstoff

Homöopathie: geschwollen rosig glänzende Haut, brennende Schmerzen: Apis C200

Akutes Abdomen: Notruf 112

  • Lagerung nach Wunsch
  • venösen Zugang legen, zügige Infusion

Homöopathie:

  • Plötzlich einsetzende Schmerzen, Blässe, Schwindel: einmalig Aconitum C30
  • Brennende Schmerzen: Arsenicum album C30 – wiederholen nach 10 Minuten
  • Kolikartige Schmerzen: Colocynthis C30 – wiederholen nach 10 Minuten

Vergiftungen: Notruf 112

  • Lagerung vorsichtshalber in stabiler Seitenlage (Patienten werden oft sehr schnell bewusstlos)
  • Blutzucker kontrollieren, eine begleitende Blutzuckerentgleisung kann weitere schwerwiegende Folgen haben
  • Professioneller Rat kann eingeholt werden bei der Giftnotrufzentrale

Rechtliche Grundlage § 323c: Unterlassene Hilfeleistung

Wer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten ist, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Unfallschutz

Kommt ein Nothelfer beim Einsatz zu Schaden, tritt die gesetzliche Unfallkasse des entsprechenden Bundeslandes ein. Weitere Infos unter www.ukbw.de (Pfad: Versicherte g Nothelfer).

Antonia Rose Antonia Rose
Heilpraktikerin mit Schwerpunkten: Schmerzen im Bewegungsapparat, Diabetes Mellitus 2, Ernährungsberatung, Psychotherapeutische Beratung sowie Kinderheilkunde. Dozentin an den Paracelsus Schulen.

antonia.rose@t-online.de 

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