Kinesiologie bei chronischen Hauterkrankungen - Paracelsus, die Heilpraktikerschulen
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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 2/2014

Kinesiologie bei chronischen Hauterkrankungen

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Teil 1

Die Kinesiologie („Lehre von der Bewegung und der Bewegungsenergie im menschlichen Organismus“) ist eine non-apparative Untersuchungs- und Behandlungsmethode. Im Mittelpunkt steht der Mensch, Hauptarbeitsmittel ist der kinesiologische Muskeltest. Dieser dient als Bio-Feedback-Instrument des Körpers und identifiziert Stress wie ein Detektor.

Muskeln stehen auf mehrfache Art und Weise (willkürlich und unwillkürlich) mit unserem Nervensystem in Verbindung, und dieses wiederum speichert alle Lebensereignisse, alle Erfahrungen, die wir jemals gemacht haben, auf verschiedenen Ebenen unseres Bewusstseins und unseres Körpers ab.

Bewusstseinsebenen

Aktualbewusstsein – Hintergrundbewusstsein
Tagesbewusstsein – Unterbewusstsein
Bewusstes – Vorbewusstes – Unbewusstes

Körperbewusstsein – Körperebenen – Elektromagnetische Felder

Im Grunde genommen besitzt jede unserer Körperzellen ein Gedächtnis. Verdrängte Bewusstseinsinhalte können bis auf die Körperebene abrutschen, und sogenannte Recall-Phänomene holen sie wieder hervor. Dafür genügt eine Berührung, eine Bewegung, ein Geruch, ein Geschmack, ein Geräusch, ein visueller Reiz, und der Schleier des Vergessens hebt sich – und zuvor nicht Dagewesenes integriert sich wieder in unser Leben.

Körperebenen nach Klinghardt – Energiefelder

  • Physischer Körper – Strukturfeld
    Masse des Körpers = Körpermechanik und Biochemie
  • Elektrischer Körper – Energiefeld
    Nervensystem, Meridiane, Chakren, Biophotonen, Aura (= Gesamtheit des elektromagnetischen Spektrums)
  • Mentalkörper – Gedankenfeld
    Gedanken, Einstellungen, innere Haltungen, Glaubenssätze, Verstand
  • Traumkörper – Intuition
    das Unbewusste, No-Mind
  • Seelenkörper – Geist
    höheres Bewusstsein, Spiritualität

Das vegetative Nervensystem ist in der Lage, unmittelbar, sprich autonom, auf Stress zu reagieren. Sind wir akut gestresst, wird es in Alarmbereitschaft versetzt und setzt eine Kaskade von Stressbewältigungsmechanismen in Gang. Innerhalb von Millisekunden schätzt das Unbewusste ein, ob ein Reiz uns in Stress versetzt oder nicht. An allererster Stelle reagieren die Muskeln! Bevor sie aktiviert werden, um in einer Situation zu kämpfen oder zu flüchten, verlieren sie für einen Augenblick ihre Spannung (Schrecksekunde bzw. vagotone Phase) und ein zuvor gespannter Muskel wird auf Testdruck eines geschulten Therapeuten schwach – er schaltet ab. Da der Säbelzahntiger, mit dem der Urmensch zu tun hatte, heute eher der Chef, der Kollege, die Nachbarn, die Eltern oder die Kinder sind, fällt die eigentliche Kampf- oder Fluchtphase, die sich in den Möglichkeiten „Säbelzahntiger erledigen“ oder „Beine in die Hand nehmen“ umsetzt, aus. Folglich bleibt der Stress in unserem Körper, in unserem Nervensystem stecken. Der kinesiologische Muskeltest spürt diesen Stress auf und macht ihn behandelbar.

Das Anpassungssyndrom nach Seyle

  • Alarmreaktion bei akutem Stress
    – Schockphase
      Schreckreaktion/Schrecksekunde
      vagotone Spannungslage
    – Kampf- oder Fluchtphase (Bereitstellungreaktion)
      – Ausschüttung von Stresshormonen
        Nervaler Weg (Sympathikus – Nebennierenmark)
        80% Adrenalin (0,5 bis 1,5 Minuten)
        20% Noradrenalin (3 bis 4 Minuten)
      – Endokriner Weg (CRH – Hypophyse – ACTH – Nebennierenrinde)
        Cortisol + andere Glukokortikoide (etwas verzögert und länger wirksam)
  • Widerstandsstadium (Anpassungsstadium)
    (Zeit, in der die Aktivierung des Körpers andauert, abhängig von der belastenden Situation)
    – Nervaler Weg
    – Gegenregulation durch den Parasympathikus
    – Endokriner Weg
    – Cortisol
    stoppt physiologisch die Mobilmachung
    Stress wird bewältigt
    bei Dauerstress: erhöht oder erniedrigt
  • Erschöpfungsphase (parasympathische/ vagotone Spannungslage)
    – Erholung

Stressspeicher Haut

Stress spielt sowohl bei chronischen entzündlichen Hauterkrankungen als auch bei kanzerösen Entartungen der Haut eine erhebliche Rolle. Denn der bevorzugte Speicherort ist: die Haut! Diese besitzt ein eigenes „Gedächtnis“ und speichert Informationen entsprechend Aufbau und Funktion in den Ebenen Epidermis (Oberhaut), Dermis (Lederhaut) und Subcutis (Unterhaut) ab.

Wissen macht Ah!

Wenn wir also über den Aufbau und die Funktion der Haut genau Bescheid wissen und wie wir mithilfe des Muskeltests Zugang zu den „Testebenen der Haut“ finden, dann haben wir mit dem kinesiologischen Muskeltest ein hervorragendes Instrument, Stress in der Haut, ob physisch oder emotional, Schicht für Schicht und Ebene für Ebene abzulösen. Damit schließen wir die Haut wieder an die Selbstheilungskräfte des Körpers an, ermöglichen wieder Regulationsprozesse, und im Idealfall springt dabei Symptomfreiheit heraus.

Entscheidender Faktor für den Erfolg kinesiologischer Testungen ist, salopp gesagt, das, was der Tester im Kopf hat. Wenn er nicht Bescheid weiß, weiß er nicht, was er fragen soll – und auf die richtige Fragestellung kommt es in der Kinesiologie (wie bei jeder Wissenschaft und Therapie) einfach an.

Aus diesem Grund lade ich Sie dazu ein, sich im Folgenden mit der Vielschichtigkeit und den vielfältigen Funktionen der Haut zu beschäftigen. Die Mühe lohnt sich!

Zuerst betrachten wir den Ursprung der Haut, denn dann verstehen wir, warum Haut und Nervensystem in einem engen Zusammenhang zu sehen sind.

Die Haut – viele Schichten, viele Ebenen, vielschichtige Krankheitsbilder

Ursprung

Unsere Haut (Integumentum communis) ist bekanntermaßen das größte Organ unseres Körpers. Mit einer Fläche von 1,5 bis 2 m² (Größe eines Spannbettlakens) bildet sie unsere Körperoberfläche (Hautdecke) und ummantelt unseren gesamten Körper sowie alles, was in ihm verborgen ist. Sie grenzt innen von außen ab und schützt unsere Integrität. So vielschichtig unsere Haut ist, so vielfältig sind ihre Funktionen.

Haut steht in engem Zusammenhang mit dem Nervensystem, denn während der Embryogenese entwickeln sich die Epidermis, die Hautanhangsgebilde und das Nervensystem aus dem gleichen Keimblatt, dem Ektoderm. Die Haut weist eine Fülle von freien Nervenendungen und Sinnesrezeptoren auf und die Kommunikation in der Haut und im Nervensystem findet mit den gleichen Neurotransmittern statt.

Unsere Dermis, der „Haaraufrichtungsmuskel“ (M. arrector pili) sowie unsere Gefäße – und diese sind reichlich in der Lederhaut enthalten – entstammen alle dem mittleren Keimblatt, dem Mesoderm.

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Zwei Gefäßplexen

  • Oberflächlicher Plexus: zwischen Stratum papillare (Papillarschicht) und reticulare (Netzschicht) mit Kapillarschlingen bis in die Papillenspitzen
  • Tiefer Plexus: an der Grenze der Subcutis, dazwischen zahlreiche Anastomosen (Verbindungen)

Somit besteht ein besonderer Bezug zum vegetativen Nervensystem, dem Teil des Nervensystems, der weitgehend unserer willkürlichen Kontrolle entzogen ist.

Innerviert bzw. funktionell versorgt werden die Blutgefäße, der winzige Haaraufrichtungsmuskel und die ekkrinen („nach außen hin absondernden“) Schweißdrüsen nämlich über den Truncus sympahticus, einer Kette von 22 bis 23 knotenförmige Ansammlungen von Nervenzellkörpern, die auf beiden Seiten neben der Wirbelsäule verläuft.

Aktivierung des Sympathikus: Kampf oder Flucht?

Der Sympathikus hat eine Aufgabe: unser Überleben zu sichern. Übergeordnete Instanz ist der Hypothalamus, unser Überlebenszentrum im Zwischenhirn. Bei vitaler Bedrohung schlägt es Alarm und aktiviert die Sympathikuskerne im Rückenmark.

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Wie kann eine solche Bedrohung aussehen?

Eine vitale Bedrohung geht z.B. von extremer Kälte oder Hitze aus. Wenn wir eine Gänsehaut bekommen, ist das Aufrichten der Haare ein Mechanismus, um eine lebensbedrohliche Unterkühlung abzuwehren. Stellen sich die Körperhaare auf, bauen sie ein wärmendes Luftpolster auf. Gleichzeitig drückt der M. arrector pili die prall gefüllten Talgdrüsen zusammen, sodass ihr fettreiches Sekret (Sebum) an die Hautoberfläche abgegeben wird. Je fetter die Haut und umso mehr Fell, desto besser der Kälteschutz.

Das körpereigene Hitzeschutzsystem basiert auf Verdunstungskälte. Bevor wir etwa durch unerträgliche Hitze innerlich ausdörren, aktiviert der Sympathikus die knäuelförmigen Schweißdrüsen in der Lederhaut. Diese produzieren dann Kühlwasser und schleusen kontinuierlich kleinste Tropfen über die Poren der Haut hinaus. In Extremsituationen: bis 1 Liter pro Stunde (maximal 10 Liter).

Gänsehaut und Schweißausbrüche können jedoch auch aus anderen Gründen auftreten: Unser Sympathikus ist emotional reizbar.

So beobachteten japanische Wissenschaftler nach dem schweren Erdbeben von Kobe 1995, dass sich bei fast 40% der ca. 1500 Neurodermitikern, die in der Region lebten, der Hautzustand massiv verschlimmerte.

Ist der Sympathikus gereizt, reizt er auch die immunkompetenten Zellen in der Haut. Die Folge: Langerhans-Zellen und Mastzellen laufen Amok.

Stress versetzt Körper und Seele gleichermaßen in Alarmreaktion, schwächt das Immunsystem und fördert direkt entzündliche Prozesse in der Haut.

Es muss kein Erdbeben sein, das eine Stresskaskade in unserem Organismus auslöst. Gewöhnlich sind es die hässlichen kleinen Dinge des Alltags („daily hassles“), aber auch sogenannte Life Events (Tod eines Partners, Scheidung, Trennung, Tod einer nahestehenden Person, Haftstrafe etc.), die uns ständig in Kampf- oder Fluchtbereitschaft versetzen. Irgendwann läuft das berühmte Fass über und unsere Stressbewältigungsmechanismen sind erschöpft. Das kann zu Funktionsstörungen (z.B. psychogener Juckreiz) und, weil der Stress in der Haut stecken bleibt, schließlich zu psychosomatischen Hauterkrankungen führen.

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Auslöser von Psoriasis

(Quelle: www.psoriasis-netz.de/ausloeser.html)

  • Ärger (z.B. am Arbeitsplatz)
  • Angst
  • Aufregung
  • bevorstehende Prüfungssituationen
  • anhaltende, schwelende Konflikte
  • Depressionen
  • Einberufung zum Militärdienst
  • emotionaler Stress – zu wenig Arbeit, zuviel Müßiggang
  • Erschöpfungszustände
  • Familienstreitigkeiten
  • finanzielle Belastungssituationen
  • Hektik
  • Krankheit
  • Kriegserlebnisse
  • Liebeskummer
  • positiver Stress wie Heirat
  • Operation
  • Schicksalsschläge
  • seelische Traumata
  • Tod eines Angehörigen
  • Trennung vom Partner
  • Ãœberlastung
  • Unfälle
  • Unzufriedenheit
  • Verantwortungsdruck
  • Vertrauensverlust
  • Verzweiflung

Als psychosomatisch gilt heute eine Reihe von Hauterkrankungen. Allen voran die Neurodermitis, aber auch die Psoriasis, Rosacea, Vitiligo u.a. Dennoch sind sie nicht allein psychisch bedingt. Vielmehr liegen hier multifaktorielle Krankheitsbilder vor, deren Verlauf schlicht psychischen Einflüssen unterliegt.

Auf Grundlage einer genetischen Disposition, häufig mit Fehlregulationen des Immunsystems verknüpft, sind multifaktorielle Dermatosen gekennzeichnet durch einen chronischrezidivierenden Krankheitsverlauf. Die endogenen und exogenen Trigger sind individuell. Häufig liegt eine deutlich eingeschränkte Lebensqualität vor.

Funktionsstörungen und Trigger Schicht für Schicht testen

Will man Betroffenen chronisch-entzündlicher Hauterkrankungen helfen, ist es wichtig, den psychosomatischen Anteil vor dem Hintergrund der genetischen, immunologischen oder umweltbedingten Funktionsausfälle und Strukturstörungen der Haut zu verstehen. Das ergibt eine klare Entscheidungshilfe dahingehend, was wir von unseren Patienten in der Therapie erwarten können, an welchen Stellen wir sie in der Krankheitsbewältigung unterstützen und uns auf die Linderung von Leid konzentrieren müssen. Ziel der Behandlung sollte sein, Menschen mit chronischen Hauterkrankungen zu mündigen Patienten zu machen, die den Umgang mit der Hauterkrankung gut meistern.

Ist z.B. das an der Herstellung von Hautfett beteiligte Enzym Delta-6-Desaturase bei einem Neurodermitiker vermindert, können wir nicht verlangen „Deine Haut muss lernen, sich von innen her zu regenerieren!“ und seine therapeutische Hautpflege absetzen. Somit vergrößern wir nur das Leid und der Betroffene gerät in einen Teufelskreis, da er sich die Frage stellt, warum eine Besserung ausgerechnet bei ihm nicht funktioniert, sodass er sich dann noch selbst als psychisch instabil einstuft.

Der kinesiologische Muskeltest hilft uns, strukturelle, funktionelle und psychosomatische Anteile einer Hauterkrankung genau zu differenzieren. Dafür führen wir in der Kinesiologie sogenannte Challenges („Herausforderungen“) durch. Jede Schicht und jede Ebene der Haut kann durch eine gezielte Challenge aktiviert werden. Folge ist, dass die Haut sich „öffnet“ und ihre individuelle Geschichte „erzählt“.

Fortsetzung in Paracelus 03/2014: Reise in die Haut

Sonja Kohn Sonja Kohn
Heilpraktikerin und Kinesiologin, Dozentin an den Paracelsus Schulen,
Freie Redakteurin, Mitglied AG Haut

hpsonjakohn@t-online.de

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