Übersicht dieser Ausgabe    Alle Paracelsus Magazine

aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2014

Herbstkur

Cover

© drubig-photo - Fotolia.comDer Herbst ist die Zeit der Abgrenzung nach außen und der Einkehr nach innen, so wie wir es in der Natur auch beobachten können. Die Laubbäume verlieren ihre Blätter, die im Frühling und Sommer den Baum mit Nährstoffen versorgt und seine Atemfunktion über die Abgabe von Wasserdampf durch die Spaltöffnungen an der Blattunterseite sichergestellt haben. Dadurch schützen sich die Laubbäume vor dem Austrocknen und Absterben, da der Boden im Winter gefroren ist und kein Wasser mehr hergibt. Die Energie verdichtet sich und zieht sich zurück in Richtung Erde und Wurzeln.

Die Herbstzeit ist nach der TCM der Metall-Zeit (23. September bis 30. November) und somit den Schleimhäuten zugeordnet, wobei Metall das Element ist, das der Erde bleibt, Bestand, Struktur, Wert und Qualität besitzt.

Auf Grundlage alter Auffassungen der Humoralpathologie oder (Vier-)Säftelehre der traditionellen Medizin, die auf Hippokrates (460-377 v. Chr.), zurückzuführen ist, wird die herbstliche Jahreszeit dem Element Erde und der Schwarzgalle sowie dem melancholischen Temperament zugeordnet. Sie gilt daher als kalt und trocken mit kühlendem und trocknendem Einfl uss auf den Organismus.

Wie die Natur im Herbst eine Ruhepause einlegt, so schaltet auch unser Körper einen Gang zurück, allen modernen Technologien wie z.B. künstliches Licht und Temperaturen zum Trotz. Dies zeigt sich in der Erniedrigung des kalorischen Grundumsatzes, der Stoffwechsel wird zurückgefahren und häufig kommt es zu einem Energieverlust, was als mögliche Erklärung für die allgemein erhöhte Infektanfälligkeit im Herbst angesehen werden kann.

Die jahreszeitlich verringerte Wärme zeigt ihre Auswirkungen am meisten an den aktiven Stoffwechselorganen Leber, Magen, Nieren, Kreislauf und Haut. Die Funktionseinschränkung dieser Organe ist verantwortlich für eine trägere Blutbewegung, woraus eine veränderte Reinigung des Bindegewebes und des Blutes resultiert. Die Viskosität des Blutes nimmt zu, was zu Stauungen der Kreislauf- und Lymphbewegungen sowie venösen Erkrankungen führen kann.

Des Weiteren kann die Trägheit der Stoffwechselorgane u.a. verminderte Leber- und Nierenabsonderungen sowie Verdauungsstörungen in Form von Obstipation bedingen. Schwer verdauliche Nahrung wird schlechter vom Körper resorbiert und Nährstoffe werden generell langsamer verstoffwechselt. Auch machen sich Leiden, die auf eine zu starke Trocknung zurückgehen, wie z.B. Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises oder Nierensteine, jetzt besonders bemerkbar.

Oftmals leidet die Psyche mit Stimmungsschwankungen und Tendenz zur Melancholie, da sich die Lichtintensität ändert und die Sonnenscheindauer deutlich abnimmt.

Nach Aktivierung des Stoffwechsels im Frühjahr und dem Erreichen des Energiemaximums im Sommer ist nun die Zeit gekommen, um wieder in sich zu gehen, unser Inneres durch Stärkung des Immunsystems zu schützen und alle angesammelten Schlackenstoffe auszuleiten.

Eine Herbstkur bietet unseren Patienten in der heutigen schnelllebigen und oberflächlichen Zeit die Möglichkeit, den ursprünglichen Rhythmus der Natur wiederzufinden und das Auftreten zahlreicher Beschwerden zu verhindern, indem der Körper mit einer Entgiftung aktiv unterstützt und somit optimal auf den Winter vorbereitet wird. Ein entsprechendes Konzept sollte daher in keiner ganzheitlich orientierten Naturheilpraxis fehlen. Alle blockierenden Therapieschritte, wie z.B. die Einnahme von Antibiotika etc. oder herkömmliche Grippeschutzimpfungen sollten nur bei strenger Indikationsstellung durchgeführt werden.

Hiermit ist der Therapeut aufgefordert, seine Patienten im Rahmen der Eigenverantwortung zu motivieren, denn letztendlich ist jeder für sich, seine Gesundheit und sein Leben selbst verantwortlich.

Therapeutisches Konzept

Die Herbstkur besteht, entsprechend der traditionellen Medizin, aus verschiedenen Maßnahmen zur Befeuchtung und Erwärmung des Organismus sowie zur Anregung des Stoffwechsels. Sie kann sinnvoll in den normalen Alltag integriert werden, dauert ca. vier bis sechs Wochen und ist für alle Menschen ab dem 40. Lebensjahr zu empfehlen. Selbstverständlich ist die Kur nach der individuellen Konstitution, dem Temperament und Beschwerdebild des einzelnen Patienten auszurichten.

Allgemeine befeuchtende, erwärmende und stoffwechselanregende Maßnahmen

Ernährung
© andrewhagen - Fotolia.comZu empfehlen ist leicht verdauliche Kost mit erhöhter Flüssigkeitszufuhr aufgrund der beschriebenen Energieminderung, die gut gekaut und schonend zubereitet werden sollte. Die Zufuhr an natürlichen Vitaminen kann durch Obst, Nüsse und Früchtetees erreicht werden. Fette und schwer verdauliche Lebensmittel sind sparsam zu verzehren. Zu vermeiden sind tote und raffinierte Nahrungsmittel, zumal diese immer Säuren bilden. Eine Traubenkur mit Früchten der Weinrebe (Vitis vinifera), wobei täglich mindestens 500 g Trauben über den Tag verteilt gegessen werden, wirkt befeuchtend durch Anregung der Säfteproduktion und Verbesserung der Ausscheidungen. Zudem enthalten die Traubenkerne oligomere Proanthocyanidine (OPC), die als starke Antioxidantien wirken. Kerne und Haut sind ebenfalls Quelle für das Antioxidans Resveratrol. Wenn eine Gewichtsreduktion angestrebt wird, sollte diese auch im Herbst erfolgen, da der Körper im Winter vorbeugend Fettreserven speichert, um sich physiologisch vor Hunger und Kälte zu schützen.

  • Ausreichend Schlaf, der auf natürliche Weise befeuchtet. Zu beachten ist hierbei, dass die wertvollste Schlafphase vor Mitternacht liegt.
  • Lauwarme Bäder nach einer kleinen Mahlzeit gelten nach Hippokrates als befeuchtende Maßnahme.
  • Melissentee (Melissa offi cinalis) hellt die Stimmung auf und befeuchtet mild.
  • Johanniskrauttee (Hypericum perforatum) wirkt gegen melancholische Stimmung und erwärmt.
  • Genügende und anstrengende Bewegung an der frischen Luft bei jedem Wetter zur Verbesserung der kalorischen Grundfunktion sind zu empfehlen.
  • Bürstungen und Güsse sind gut zur Stabilisierung der Blutzirkulation.
  • Regelmäßige Saunagänge regen die Kreislauftätigkeit an.

Basensalzbad
Pro Woche sollte ein Bad mit einem pH-Wert von 8,5-9 und 2-3 Esslöffeln Himalaya-Salz durchgeführt werden. Die Verweildauer sollte eine Stunde in entspannter Atmosphäre betragen. Durch den hohen pH-Wert und dem Salzgehalt des Wassers werden die Schlackenstoffe über die Haut in das Badewasser hineingezogen.

  • Verbesserung der Atemfunktion durch Atemübungen und Atemtherapie.

Medikamentöse Unterstützung zur Mesenchymaktivierung und Entgiftung

Unterstützt wird die Herbstkur mit homöopathischen, spagyrischen oder pflanzlichen Arzneipräparaten. In meiner Praxis hat sich hierzu das Phönix-Ausleitungskonzept mit spagyrischen Arzneimitteln zur Stärkung des Leber- und Nierenstoffwechsels sowie zur Aktivierung von Haut, Schleimhäuten und Geweben bewährt. Begonnen wird über drei Tage mit dem Lebermittel Silybum spag., 3 x täglich 60 Tropfen, dann wird über weitere drei Tage das Nierenmittel Solidago spag. in gleicher Dosierung gegeben und abschließend über drei Tage das Mittel Urtica-Arsenicum spag. als Aktivator von Haut, Schleimhaut und Gewebe verabreicht. Das letztgenannte Mittel sollte nur in einer Dosierung von 3 x 20 Tropfen täglich angewendet werden, da bei einem zu hohen Freisetzen von Giftstoffen mit Nebenwirkungen gerechnet werden muss. Die Einnahme beginnt jetzt wieder mit dem Lebermittel Silybum spag. und wird im gleichen Rhythmus fortgesetzt. Der Zyklus ist bis zu einer Gesamtdauer von 45 Tagen zu wiederholen. Parallel dazu wird das Lymphmittel Thuja-Lachesis spag. zum Abtransport der Schlackenstoffe mit 3 x täglich 20 Tropfen über die gesamte Kur verabreicht. Meinen Patienten empfehle ich, die gesamte Tagesdosis morgens in ca. 1,5 Liter stilles Wasser zu geben und gleichmäßig über den Tag verteilt zu trinken. Damit ist sichergestellt, dass eine ausreichende Flüssigkeitsmenge aufgenommen wird, um die gelösten Stoffe aus dem Körper auszuleiten. Die Einnahme bei Kindern liegt bei jeweils 1 Tropfen pro Kilogramm Körpergewicht, außer bei Urtica-Arsenicum spag. mit ca. 0,3 Tropfen pro Kilogramm Körpergewicht.

Darmsanierung

80% unseres Immunsystems sind von einer gesunden und intakten Darmflora abhängig. Das Darmmilieu wird durch den Zustand der Darmschleimhaut und ihren Bakterienbesatz bestimmt. Daher liegt es nahe, das Milieu gerade in dieser Zeit aufzufrischen und zu stabilisieren.

Der Aufbau des Darms erfolgt mit einer Kost aus zellulosehaltigen Nahrungsmitteln, insbesondere feingeraspelter Rohkost. Zudem gebe ich Pilzpräparate der Firma Sanum. Begonnen wird mit der Einnahme von Notakehl D5 Tropfen, 3 x 8 Tropfen täglich sublingual für eine Woche. Anschließend wird mit Pefrakehl D5 Tropfen weiterbehandelt bei einer Gabe von ebenfalls 3 x 8 Tropfen täglich unter die Zunge, insgesamt über sieben Tage.

Fallbeispiel

Im Oktober vergangenen Jahres konsultierte mich erstmalig eine 61-jährige Frau. Sie ließ sich die letzten Jahre immer gegen Grippe impfen und hatte nun wieder eine telefonische Aufforderung ihres Hausarztes zu einer erneuten Grippeschutzimpfung erhalten. Diesmal wollte sie sich nicht impfen lassen, da sie die letzte Impfung sehr belastet und sie diese schlecht vertragen hatte. Zudem war sie trotz der Impfung immer wieder an Infektionen des oberen Respirationstraktes erkrankt, die antibiotisch behandelt wurden. Sie sei eigentlich den ganzen letzten Winter mehr oder weniger krank gewesen und fühlte sich auch im März noch nicht so richtig fit. Erst mit Einsetzen der warmen Jahreszeit ging es ihr allmählich besser. Nun wollte sie eine alternative naturheilkundliche „Grippevorbeugung“ versuchen, um diesmal besser über den Winter zu kommen.

Neben allgemeinen Ernährungsrichtlinien und einem auf sie zugeschnittenen Bewegungsprogramm an der frischen Luft, begann ich mit einer Darmsanierung mittels Bakterienpräparaten der Firma Sanum, gefolgt von einer Entgiftungskur anhand des Phönix-Ausleitungskonzeptes nach beschriebenem Einnahmeschema. Die gesamte Therapie erstreckte sich über einen Zeitraum von acht Wochen. Im März diesen Jahres erhielt ich den Anruf einer sehr zufriedenen Patientin, die schon lange nicht mehr so gut über den Winter gekommen sei und zukünftig regelmäßig eine Herbstkur durchführen möchte!

Fazit

Um meinen Patienten eine immunologisch stabile Ausgangssituation für den Herbst und Winter zu geben, führe ich regelmäßig naturheilkundliche Aufbaukuren im Herbst durch. Auf diese Weise können wir und unsere Patienten in vollem Bewusstsein mit dem Prinzip der Achtsamkeit die Zeit des Wandels und der Passivität in ihrer ganzen Farbpalette, die die Natur uns zu bieten hat, wahrnehmen und genießen.

Susanne Rothörl Susanne Rothörl
Heilpraktikerin, Biologin B.Sc., Buchautorin, Dozentin

susannekriegerhp@yahoo.de

Literatur

  • Humoralpathologie: http://de.wikipedia.org/wiki/Humoralpathologie, 9.9.2011
  • Susann Krieger: Pathologie Lehrbuch für Heilpraktiker. 6. Aufl ., Stuttgart, Haug Verlag, 2011
  • Phönix Laboratorium GmbH: Phönix Ausleitungskonzept, 2010
  • Thomas Rau: Die Infektanfälligkeit – Ursachen und Therapie, In: SANUM-Post 39/1997: S. 2-5, 1997
  • Stefan Silbernagel: Despopoulos Agamemnon: Taschenatlas der Physiologie. 4. Aufl ., Stuttgart, Georg Thieme Verlag, 1991
  • TCM: http://de.wikipedia.org/wiki/Traditionelle_chinesische_Medizin, 9.9.2011
  • Ben-Erik Van Wyk, Coralie Wink, Michael Wink: Handbuch der Arzneipflanzen, 2. Aufl ., Stuttgart, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, 2004
zurück zur Übersicht dieser Ausgabe
Paracelsus SchulenWir beraten Sie gerne
Hier geht's zur Paracelsus Schule Ihrer Wahl.
Menü