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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/2014

Psychologische Astrologie

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Königsweg der Selbsterkenntnis

2014-06-Psycho1Würde man auf der Straße eine repräsentative Umfrage starten und die Menschen befragen, was sie unter Astrologie verstehen, bekäme man mit Sicherheit Antworten wie: „Das sind doch diese Horoskope aus der Zeitung?“, „Hokuspokus!“, „Das hat doch irgendwas mit Kartenlegen zu tun, ne?“, oder gar: „Alles Voodoo!“ All dem ist gemeinsam, dass Astrologie nach wie vor bedauernswerterweise als unwissenschaftlich, unseriös bis hin zu verrucht-skandalös gilt. Dabei kann sie tatsächlich eine unverzichtbare Hilfe sein – sei es zur Selbsterkenntnis, zum besseren Verständnis der Mitmenschen oder zur Unterstützung therapeutisch-beratender Tätigkeiten. Und übrigens: Ein Horoskop hat nur sehr begrenzt etwas mit dem zu tun, was Sie unter diesem Namen aus den Zeitungen kennen. Doch was ist nun Astrologie? Und wie ist sie entstanden?

Astrologie ist die Lehre der Zusammenhänge zwischen den Planetenkonstellationen am Himmel (s. Abb.) und den Vorkommnissen auf Erden – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Menschen. Sie entstand ca. 2500 v. Chr. in Mesopotamien durch Beobachtung der Bewegungen der Planeten am Firmament und der zeitgleichen Aufzeichnung dessen, was im Land geschah. Gemäß dem alchimistischen Grundsatz „Wie oben, so unten“ geht die Astrologie davon aus, dass das, was sich am Himmel abspielt, eine Entsprechung in den Geschehnissen auf Erden findet.

Stellen Sie sich also einen Hof-Astrologen vor, der nachts auf den Dächern des Palastes steht und den Lauf der Gestirne beobachtet. Dabei fällt ihm auf, dass jedes Mal, wenn der Mars rot am Himmel leuchtet, eine kriegerische Auseinandersetzung bevorsteht, oder dass ein Königspaar heiratet, wenn Venus und Jupiter zusammen am Himmel stehen. Er beginnt nun, Aufzeichnungen darüber zu führen, ordnet den Planeten gemäß dem Geschehen auf Erden gewisse Qualitäten zu (Mars: kriegerisch, aggressiv; Jupiter: Glück, Wohlstand; Venus: Liebe, Ehe) und tauscht seine Erfahrungen mit anderen Astrologen aus. Auf diese (hier natürlich sehr vereinfacht dargestellte) Weise entstand im Laufe der Jahrtausende in allen großen Kulturen der Welt ein reiches Erfahrungswissen, das zunächst nur auf die Geschicke eines Landes und seine Herrscher angewendet wurde, später jedoch zunehmend auch auf das „gewöhnliche Volk“, d.h., es entstand die astrologische Deutung für Einzelpersonen, wie wir sie heute kennen. Seit letztem Jahrhundert wurde die Astrologie zudem um die Perspektive der Psychologie erweitert, woraus sich die Psychologische Astrologie entwickelte.

Was ist die Psychologische Astrologie?

Die Psychologische Astrologie beleuchtet das Wesen eines Menschen, seinen Charakter, seine Stärken und Schwächen, Entwicklungspotenziale, Neigungen, Problemfelder u.v.m. Sie enthüllt und erklärt das komplexe innerpsychische Geschehen sowie die Erfahrungen, die eine Person in ihrem Leben macht. Die Basis der astrologischen Deutung ist dabei das Horoskop, welches eine Momentaufnahme der Planetenkonstellationen zum exakten Zeitpunkt der Geburt darstellt. Aus dem recht unübersichtlich anmutenden Gewirr von Symbolen und Linien lässt sich, man mag es kaum glauben, die Persönlichkeit einer Person erkennen, ihr Energiemuster, wie sie gestrickt ist, ihre grundsätzliche Einstellung zum Leben, die Art zu denken und zu fühlen, sich durchzusetzen und abzugrenzen, ihre Interessen, berufliche Eignungen, Partnerschafts- und gesundheitliche Themen, das Verhältnis zu Geld, zu Religion/Spiritualität etc. Zudem zeigt ein Horoskop die größten Schwachstellen und Knackpunkte eines Menschen, mögliche Traumata und Empfindlichkeiten. Wie sich unschwer erkennen lässt, offenbart eine solch bunte Zeichnung also weit mehr als vielen bewusst (oder lieb) ist, sodass von Beraterseite Verantwortung und Fingerspitzengefühl im Umgang mit diesen Informationen geboten sein müssen.

Im Gegensatz zur Psychotherapie, die womöglich erst nach langen Sitzungen zum Kern eines Problems vordringt, wirft ein Blick ins Horoskop (meist) sofort ein klares Licht auf die zugrunde liegende Thematik und bietet somit eine ausgezeichnete Ausgangsbasis und Hilfestellung für die therapeutische oder beratende Arbeit sowie zur Selbsterkenntnis. Denn alles, was sich in einem Horoskop befindet, gehört zum Wesen eines Menschen, stellt Teilaspekte seiner Persönlichkeit dar. Oft bereiten jedoch gewisse Anteile der eigenen Persönlichkeit Schwierigkeiten – sei es, dass man schon früh zu hören bekam, dass „man“ dies oder jenes nicht tut, „man“ sich nicht auf diese Weise benimmt, oder dass manche Seiten einem selbst unheimlich sind und verdrängt werden. Man „delegiert“ sie vielleicht an andere, projiziert sie nach außen und wundert sich, warum einen immer wieder dieselben Themen einholen. Daher kann die Astrologie Antworten auf Fragen geben wie: „Warum ziehe ich immer wieder die gleiche Sorte Mann/Frau an?“, „Warum habe ich immer mit dominanten Chefs zu kämpfen?“ etc. und die möglichen Hintergründe transparent machen, sodass ein bewussterer Umgang damit stattfinden kann.

Die Astrologie ist unglaublich vielschichtig und komplex und man lernt als Astrologe ein Leben lang von jedem einzelnen Klienten. Fachwissen, Erfahrung mit der Materie, Lebenserfahrung, Eigenprozesse sowie Supervisionen sind hierbei wichtig und geben den astrologischen Beratungen eine größere Tiefe und Weite. Die astrologische Deutung ist daher so gut wie die Erfahrung, das Fingerspitzengefühl und das Wissen des Astrologen. Jeder Astrologe deutet immer aus seiner eigenen subjektiven Linse und seinem eigenen Weltbild heraus. Daher besteht eine der großen Herausforderungen darin, einigermaßen objektiv zu bleiben und den Klienten nicht die eigenen Meinungen und Lösungen überzustülpen. Auch finden in jeder Beratungssituation Übertragungen statt, denn das Horoskop des Klienten interagiert mit dem Horoskop des Astrologen. Daher betrachte ich meist vorher, was das Horoskop des Klienten in meinem auslöst, was es bei mir aktiviert. Manchmal vergesse ich es aber auch, und hinterher wird mir dann so manches klar … Dass in der Beratung eine respektvolle Haltung, Seriosität und Diskretion dazugehören, versteht sich von selbst.

Doch wie so vieles ist auch die Psychologische Astrologie kein Allheilmittel. Aus einem Horoskop lässt sich z.B. nicht herauslesen, auf welcher Ebene (von sehr unbewusst bis sehr bewusst) eine Person ihre Anlagen lebt, welche Anteile sie als zu sich gehörig empfindet und welche nicht, ob es sich beim Horoskopeigner um eine Frau oder einen Mann handelt, wann jemand stirbt, ob der Lottogewinn nächste Woche ins Haus steht oder wann endlich der Ritter auf dem weißen Pferd naht – auch wenn viele sich das sicherlich sehr wünschen würden.

Definitive Vorhersagen sind also nicht möglich – wohl aber zeigen die laufenden Planeten, die sich nach der Momentaufnahme bei der Geburt munter weiter um das Horoskop herum bewegen, welche Grundthemen eines Menschen gerade Aufmerksamkeit erfordern und worum es dabei jeweils gehen könnte. Daher ist die Astrologie ein überaus wertvolles und hilfreiches Diagnoseinstrument, um aufzudecken, was in einem Menschen angelegt ist und wie er die mitgebrachten Qualitäten auf bestmögliche und bewusste Weise ausleben kann – und um Menschen auf ihrem Weg zu begleiten und ihnen aufzuzeigen, was die Themen sind, die jetzt gerade oder im nächsten Jahr für sie anstehen. Ein gefährliches Terrain stellen dabei unheilvolle Prognosen dar, die gemäß dem Prinzip der sich selbst erfüllenden Prophezeiung beim Klienten einigen Schaden anrichten und große Ängste schüren können. Die Linie ist hier jedoch sehr fein, denn es zeigen sich natürlich gewisse Dinge in einem Horoskop, vor allem in Kombination mit den aktuellen Planetenbewegungen. Doch wie bereits erwähnt: Die sogenannte Aussagegrenze besagt, dass wir nicht wissen können, auf welcher Ebene sich die Dinge tatsächlich verwirklichen werden. Eine Konstellation kann z.B. auf eine größere Veränderung im Leben, einen Unfall und/oder eine Zeit der verstärkten geistigen Aktivität und der plötzlichen Eingebungen hinweisen. Daher ist es wichtig, der Klientin das Metathema mitzuteilen, also worum es bei dieser Konstellation auf einer übergeordneten Ebene geht, sodass sie die stattfindenden Prozesse (zumindest zum Teil – die gute alte Determinismusfrage) aktiv mitgestalten kann. In meiner Praxis erlebe ich immer wieder, wie erleichtert Menschen sind, wenn sie die Hintergründe der aktuellen Themen verstehen lernen, wenn ihnen bestätigt wird, was sie letztlich schon immer gefühlt haben und sich möglicherweise nie zu leben trauten, oder wenn sie eine Erklärung dafür erhalten, warum gewisse Dinge in ihrem Leben oder Wesen einfach so sind, wie sie sind – und wie sie damit vielleicht etwas konstruktiver umgehen können.

Astrologie bietet also keine definitiven Lösungen an und ersetzt keine Therapie, liefert jedoch kostbare Zusatzinformationen, die gerade in therapeutischen oder beratenden Berufen gewinnbringend genutzt werden können, z.B. von Therapeuten, Coaches, Heilpraktikern, Heilpraktikern für Psychotherapie, Psychologischen Beratern und Wellnesstrainern. Daher gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass die Astrologie bald wieder aus der Ecke der räucherstäbchenumwölkten Jahrmarktszelten herauskommt und den ihr zustehenden Platz einnimmt: als wertvolle Begleitung und wegweisende Unterstützung auf dem Weg zur Selbsterkenntnis und Selbstakzeptanz, zum besseren Verständnis der Mitmenschen sowie als tragende Säule in therapeutisch-beratenden Kontexten. Denn wie Goethe in seinen Orphischen Urworten sagte:

„Wie an dem Tag, der dich der Welt, verliehen, die Sonne stand zum Gruße der Planeten, bist alsobald und fort und fort gediehen nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So musst du sein, dir kannst du nicht entfliehen,
so sagten schon Sibyllen, so Propheten, und keine Zeit und keine Macht zerstückelt geprägte Form, die lebend sich entwickelt.“

Melanie Paul Melanie Paul
Diplom-Astrologin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Heilpraktikerin

info@melaniepaul.de

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