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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 2/2015

Masern … und das sollten Sie wissen!

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© Trueffelpix - Fotolia.comSeit in Berlin wieder ein Kind an den Folgen von Masern verstorben ist, ist die Diskussion bezüglich Masernimpfung nicht nur in Berliner Regierungskreisen neu entbrannt. Doch die Debatte scheint ihren Höhepunkt längst noch nicht erreicht zu haben.

Das sollten Sie über Masern wissen:
Übertragen wird das Virus einerseits durch den direkten Kontakt und andererseits durch Tröpfchen in der Atemluft. Dort können die Erreger bis zu zwei Stunden überleben. Dadurch kommt es bei fast 100% der Kontaktpersonen zu einer Infektion. In über 95% der Fälle kommt es zum Ausbruch der Krankheit mit Symptomen. Nach einer durchgemachten Infektion kommt es anschließend allerdings zu einer lebenslangen Immunität. Diesen Vorteil versuchen sich viele bei „Masernpartys“ zu Nutze zu machen, wenn auch mit sehr hohem Risiko. Das Masernvirus, aus der Familie der Paramyxoviren, kommt ausschließlich beim Menschen vor und ist eng verwandt mit dem Hundestaupevirus und dem Erreger der Rinderpest. Im Vergleich zu anderen Viren ist die Mutationsrate glücklicherweise gering, sodass die Ausbreitung geographisch schnell und gut nachvollzogen werden kann.

Die Maserninfektion läuft in zwei Phasen ab. Nach dem Eindringen in den Körper verbreiten sich die Viren über die regionalen Lymphknoten und breiten sich innerhalb von 48 Stunden über die gesamte Blutbahn aus. Die Inkubationszeit (Zeitraum zwischen Infizierung mit einem Erreger bis zum Auftreten der ersten Symptome) beträgt 10 bis 14 Tage. Im Prodromalstadium (Anfangsstadium) sind die Symptome uncharakteristisch. Schleimhautentzündungen im Nasen-/Rachenbereich (z.B. Schnupfen) sind typisch. Jedoch kann gleichzeitig genauso gut der mittlere Atemtrakt mit trockener Bronchitis betroffen sein. Ein weiteres mögliches Symptom ist die Konjunktivitis (Augenbindehautentzündung). In diesem Zusammenhang wird der Zustand dann häufig als verheult, verrotzt und verschwollen bezeichnet. Zweigipfliges Fieber bis 41° C (erster Gipfel während des Prodromalstadiums – zweiter Gipfel gegen Ende des Exanthemstadiums – dazwischen meist kurzzeitige Entfieberung), Übelkeit, Hals- und Kopfschmerzen kommen meist hinzu.

Die nicht immer auftretenden, jedoch nur bei Masern vorkommenden Koplikflecken (weiße, kalkspritzer-artige Flecken) an der Wangenschleimhaut gegenüber den vorderen Backenzähnen treten kurz vor dem (Ausschlags-) Exanthemstadium auf, das ca. am 12. bis 13. Tag beginnt. Man muss wissen: Die Ansteckungsgefahr beginnt meist schon fünf Tage vor Beginn des Ausschlags und bis zu vier Tage danach. Dann ist der Rachen ebenfalls entzündet. Ungefähr am 14. oder 15. Tag kommt dann ein großflächiger, knotiger Ausschlag, typischerweise hinter den Ohren, zum Vorschein. Innerhalb nur eines Tages breitet sich dieser dann über den gesamten Körper aus und bildet sich in der Regel nach weiteren vier bis fünf Tagen wieder zurück. Kurzzeitig kann eine Schuppung zum Ende der Erkrankung eintreten. Nebenbei kommt es häufig zu Lymphknotenschwellungen.

Bei Säuglingen läuft in den ersten vier bis sechs Lebensmonaten eine Maserninfektion meist abgeschwächt ab, da die Säuglinge noch über den „Nestschutz“ (begrenzter, natürlicher Infektionsschutz bei gestillten Neugeborenen, sofern die Mutter Antikörper auf das Kind übertragen hat) verfügen. Ganz anders sieht es bei Erwachsenen aus. Bei ihnen verläuft die Krankheit meist schwer, da Masern bei dieser Personengruppe nicht so leicht diagnostiziert werden und sich der Behandlungsbeginn somit verzögert. Besonders trifft das auf immunschwache Patienten mit HIV, bösartigen Tumoren oder Patienten unter immunsuppressiver Therapie zu. Bei dieser Gruppe kann der Ausschlag sogar ganz fehlen. Folge ist ein oft zäher Krankheitsverlauf mit erhöhter Sterblichkeit. Bei bis zu 30% der Masernerkrankungen kommt es zu Komplikationen wie z.B. Durchfall, Mittelohrentzündung oder einer Masernpneumonie (Lungenentzündung). Dabei zerstören die Viren die Flimmerhärchen und das Epithel des Atemtraktes. Diese Schäden bilden dann einen geradezu idealen Nährboden für bakterielle Superinfektionen. Gefürchtet ist ebenfalls die Gehirn- bzw. Hirnhautentzündung (Meningoenzephalitis). Dabei treten Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Fieber, schwere epileptische Anfälle bis hin zum Koma auf. Diese Komplikation ist zwar selten, verläuft aber in ca. 20% der Fälle tödlich. In bis zu 40% der Fälle bleiben irreparable Schäden zurück. Noch bis zu zehn Jahre nach einer Maserninfektion kann die Subakute Sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) auftreten. In diesem Fall sind das gesamte Gehirn und die Nerven betroffen. Diese schweren Schäden enden immer tödlich.

Im Herbst 2012 erschien im Fachjournal Entropy eine Übersichtsarbeit. Darin wird die Impfung erneut mit Autismus in Zusammenhang gebracht. Die Wissenschaftler Seneff, Davidson et al. stellten fest: „Wir beobachteten außerdem einen enormen Zusammenhang zwischen der Mumps/Masern/Röteln-Impfung und Autismus.“ Eine gezielte Therapie gegen das Masernvirus steht jedenfalls nicht zur Verfügung. Zum Einsatz kommen schulmedizinisch höchstens fiebersenkende Mittel und Hustenmittel sowie Antibiotika bei eventuellen bakteriellen Superinfektionen. In Anbetracht der angespannten Masernlage Ende 2014/Anfang 2015 rät der Bundesverband der Deutschen Kinder- und Jugendärzte den Eltern von Säuglingen sogar mit Nachdruck davon ab, ihre Kinder momentan in die Öffentlichkeit mitzunehmen.

© Astrid Gast - Fotolia.comDaraufhin muss die Frage gestattet sein: Ist denn wieder Krieg? Allein in Berlin wurden von Oktober 2014 bis Ende Februar 2015 über 630 Masernfälle gemeldet. Mittlerweile ist die Wochenzahl auf über 80 Neuerkrankungen gestiegen, berichtete Radio Berlin Brandenburg in Anlehnung an das Landesamt für Gesundheit und Soziales. Aufgrund der jüngsten Masernwelle ist die Nachfrage nach Impfstoff deutlich gestiegen. In Berlin um ca. 250%. Aber auch aus anderen Teilen Deutschlands wird von steigendem Impfstoffbedarf berichtet. Das Ergebnis einer Emnid-Meinungsumfrage für „Focus“ kam zu folgendem Ergebnis: 76% der Bundesbürger stimmten mit einem klaren „Ja“ für die Impfpflicht. In den östlichen Bundesländern waren es sogar 90%. Über Presse, Funk und Fernsehen treten mittlerweile Eltern von todkranken Kindern mit Hirnhautentzündung mit dem Appell an andere Eltern an die Öffentlichkeit, eine fehlende Impfung schnellstens nachzuholen. „Dabei kann man von keiner Impfmüdigkeit sprechen“, berichtet Prof. Thomas Löscher, Infektionsexperte der tropenmedizinischen Ambulanz der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Die Impfquoten sind besser als zuvor“, stellt Löscher fest. Die Masern-Erstimpfungsquote liegt bundesweit immerhin bei 96,7%, wenn die Kinder eingeschult werden. Und die Masern-Zweitimpfungsquote liegt noch bei 92,4%. Doch auch wer zwei Mal geimpft ist, kann nicht sicher sein, dass der Schutz anschließend auch wirklich greift. Ein Grund, den Impfgegner immer wieder vorbringen. Ein anderer Grund ist, dass der Masernimpfstoff in Kulturen embryonaler Hühnerzellen gezüchtet wird. Reste von Hühnereiweiß könnten ein zukünftiger Allergieauslöser sein. Zudem wird der Masernimpfstoff normalerweise mit verschiedenen anderen Impfstoffen gleichzeitig verabreicht. Diese Mischimpfungen enthalten abgeschwächte Lebendviren, die zu einer Immunsuppression und in Folge zu einer Infektion mit anderen Erregern führen können. Entscheidet man sich für eine Impfung, dann sollte der Blick vielleicht doch mehr in Richtung Einzelimpfung gehen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) strebt die Ausrottung des Masernvirus schon lange an. Tatsächlich konnten die Masernfälle in den letzten 35 Jahren weltweit um 95% eingedämmt werden. Was die völlige Ausrottung allerdings unmöglich machen könnte, ist die Tatsache, dass gerade Migranten diesbezüglich weiterhin ein nicht unerhebliches Risiko darstellen. In Berlin begann das Masern-Dilemma vergangenen Oktober nämlich mit den Zuwanderern aus Bosnien- Herzegowina und Serbien. Und dann haben bei dem ganzen Desaster wohl auch noch die Fledermäuse ein Wörtchen mitzureden. Wissenschaftler der Universität Bonn fanden nämlich heraus, dass Fledermäuse u.a. auch Masernviren übertragen können. Inzwischen droht die schwarz-rote Regierung sogar mit Impfpflicht. Gesundheitsminister Hermann Gröhe kritisierte: „Die irrationale Angstmacherei mancher Impfgegner ist verantwortungslos. Wer seinem Kind den Impfschutz verweigert, gefährdet nicht nur das eigene Kind, sondern auch andere, und das kann zu schweren Gesundheitsschäden führen.“ Auch Jens Spahn (CDU) denkt über eine Impfpflicht nach. Und Karl Lauterbach (SPD) kritisierte: „Seit Jahren ist klar widerlegt, dass als Folge von Nebenwirkungen nach einer Masernimpfung Autismus bei Kindern auftreten kann.“ Pro und contra as usual.

Tatsache ist wohl, dass man auf wirklich aussagefähige Studien und Zahlen bis heute nicht zurückgreifen kann. Nicht wegzudiskutieren ist allerdings, dass z.B. die Pocken seit 1976 durch Impfungen weltweit ausgerottet sind. Und man darf natürlich nicht vergessen, dass wir die Angst vor Infektionskrankheiten fast völlig verloren haben, weil es sie fast nicht mehr gibt. Somit fällt es heute natürlich leicht, das Thema lediglich auf Nebenwirkungen zu begrenzen. Am Ende sind viele Bürger weiterhin verunsichert und wissen wie immer nicht mehr als vorher. Doch nur um das Immunsystem zu trainieren, muss man durch Masernpartys keine Masern durchmachen. Man fängt ja auch nicht heute schon Krieg an, nur weil es demnächst vielleicht zum Krieg kommen könnte, in der Hoffnung, dann verschont zu bleiben. Zugegeben, ein kleines bisschen hinkt der Vergleich am Schluss. Doch der Leser wird den Wink verstehen. Auch unsere Politiker können keine wahren Argumente liefern. Sie sind in der Regel keine Ärzte, sondern Rechtsanwälte, Lehrer etc. und wechseln nicht selten ihren Aufgabenbereich mehrmals. Vorgestern Gesundheit, gestern Arbeit und Soziales und heute Verteidigung. Letztendlich sind sie ebenfalls auf die Aussagen von Wissenschaftlern angewiesen. Bloß, auch hier gibt es wie immer zwei Lager.

Aktuell sorgt eine neue Studie für Zündstoff. Man hat die Impfraten des medizinischen Personals untersucht und gerade bei diesem Fachkreis riesige Impflücken festgestellt. Dabei ist die Ansteckungsgefahr besonders in Arztpraxen und Kliniken um ein Vielfaches erhöht. Der Patient kommt mit Erkältung und geht mit Masern. Also ein echtes Geschäft. Immerhin hat der Patient nach dem Arztbesuch mehr als vorher. Fatal! Frau Prof. Sabine Wicker (Betriebsärztlicher Dienst der Universitätsklinik Frankfurt/Main) berichtet, dass laut Studie bis zu 45% der Masernfälle gerade nosokomial (in Krankenhäusern und Arztpraxen) erworben werden. Und das Ergebnis einer Umfrage in 2014 lautet: Nur jeder fünfte Medizinstudent kennt seinen Impfstatus. Der Phantasie sind also wirklich keine Grenzen gesetzt. In diesem Zusammenhang würde jetzt nur noch interessieren, wie viele Politiker wirklich geimpft sind. Tatsache bleibt: Nicht in jedem Fall greift der Impfschutz. Diese Sicherheit ist auch bei einer Zweifach-Impfung nicht gegeben. Dadurch können andere Menschen trotzdem angesteckt werden. Und das ist die weiterhin große Gefahr. Allein über die Impfpflicht nachzudenken, dürfte somit ebenfalls der falsche Weg sein.

Horst Boss Horst Boss
Heilpraktiker, Medizinjournalist

horstboss@t-online.de

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