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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2016

Glosse: Heia popeia

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© Monet I fotolia.comSchlafen − eine Tätigkeit, der ich sehr gerne nachgehe. Sowohl in der Nacht als auch am Tag. Nicht, dass ich jetzt an meinem Schreibtisch in einen tiefen Schlaf verfalle – nein; allerdings: so ein kleines Nickerchen um die Mittagszeit tut mir schon gut. Und das nicht nur am Wochenende.

Beim Thema Schlaf scheiden sich ja die Geister. Da sind die einen, die sich direkt von der Frühjahrsmüdigkeit in das Sommerloch schlagen, um dann im Winterschlaf zu enden. Die anderen, die pro Nacht maximal 5-6 Stunden dieser Tätigkeit nachgehen und dann am nächsten Morgen voller Kraft strotzen. In meinen Augen ein Ding der Unmöglichkeit.

Aber wie viel Schlaf ist denn nun nötig, und was passiert im Schlaf? Während wir schlafen, regeneriert sich unser Körper. Er erneuert in dieser Phase seine Zellen und schöpft Kraft für den neuen Tag. Jegliche Erfahrungen und Erlebnisse, die wir am Tag gehabt haben, werden in diesem Zustand verarbeitet. Weiterhin ist sich die Wissenschaft sogar darüber einig, dass wir schlafen müssen – dass dies wichtig ist, um zu überleben. Allein diese Aussagen empfinde ich als sehr wichtig und als das intensivste Argument für die Legitimation meines Schlafbedürfnisses. Nicht umsonst war und ist Schlafentzug eine der härtesten Foltermethoden überhaupt.

Jeder von uns hat seinen Rhythmus, sowohl in der Arbeit als auch im Training. Aber auch, wenn es um das Thema Schlafen geht. Und trotzdem handeln viele dann doch ganz anders.

Ich z.B. brauche mehr Schlaf als der Rest meiner Familie. Ich kann nicht erklären, warum das so ist, außer, dass es mir unheimlich gut tut, wenn ich auf meine 9 Stunden Nachtschlaf komme und an freien Tagen meinen Mittagsschlaf pflegen kann. Das ist so, als hätte ich ein kleines, süßes Haustier, das stetig gefüttert werden möchte. Wie ein kleines Souvenir, das immer dabei ist und ab und zu gesehen werden will. Ich selber finde das gar nicht schlimm, weil ich um die Wirkung weiß. Die Nachmittage sind dann voller Energie, die Abende nicht schon nach dem Sandmann zu Ende, und von dem wohlwollenden Morgen wollen wir gar nicht erst reden. Unausgeschlafene Mitmenschen sind unerträglich für mich. Wie gut, dass ich mich selber dabei immer nur passiv erlebe und an der Reaktion meiner Umwelt erahnen kann, was sie gerade durchmachen.

Aus all diesen Gründen fröne ich meiner Schlafleidenschaft. Nervig wird es nur, wenn ich auf Mitmenschen treffe, die das so gar nicht nachvollziehen können und mir das dann auch noch kundtun wollen. Unabhängig davon, dass ich es gar nicht wissen will. Weder ihren Schlafrhythmus kennenlernen will, noch die Argumente für ihre oder gegen meine Gewohnheiten.

Jedem Tierchen sein Pläsierchen, kann ich da nur sagen.

Dass Babys mehr Schlaf brauchen, weil sie wachsen und neue Erfahrungen verarbeiten – das ist jedem klar und auch verständlich. Dass Kinder ihre Ruhe benötigen, da sie in Kindergarten und Schule gefordert werden – da fühlen die meisten mit. Dass die Älteren vielleicht mehr Erholung brauchen, da sie körperlich nicht mehr so fit sind, um den Alltag zu bewältigen – auch das können immer noch viele nachvollziehen. Obwohl das alles schon sehr merkwürdig ist. Warum? Na ja, an meine Babyjahre kann ich mich nicht wirklich erinnern und somit auch nicht an meinen Schlafrhythmus. Wie sich Ältere fühlen, kann ich ebenso nicht nachvollziehen, da ich noch nicht in ihrem Alter bin. Ich empfinde es auch als anmaßend, über etwas zu urteilen, das ich selber nicht erlebt habe. Somit kann ich mich maximal in diese Situation hinein fühlen; doch am Ende fehlt mir die gemachte Erfahrung, um es wirklich nachempfinden zu können.

Was ich freilich gut wahrnehmen kann, ist meine Gegenwart. Das Hier und Jetzt. Die Erfahrungen, die ich hier mache. Den Alltag, den ich erlebe. Mein Bedürfnis nach Ruhe und Schlaf. Und obwohl ich über 30 Jahre alt bin, gibt es Menschen, die meinen, mein Bedürfnis besser zu kennen als ich.

Dass ich als Erwachsener auch neue Erfahrungen mache und diese mich Kraft kosten, da schauen viele immer ungläubig. Und dass ich diese kleinen Oasen der Regeneration benötige, das missverstehen viele. Sie sehen mich mit großen Augen an und glauben, dass ich faul in der Ecke liege und wichtige Aktivitäten unter den Tisch fallen. Besonders während der kurzen Momente der Ruhe am helllichten Tage. Nicht jeder benötigt diese Phasen oder gestaltet sie so wie ich. Ich kenne Menschen, die entspannen, wenn sie im Garten aktiv die Beete arrangieren oder 10 km mit dem Rad fahren. Andere lesen oder schauen in den Fernseher. Und wieder andere sitzen einfach nur so da. Sie meditieren − bewusst oder unbewusst − und genießen die Stille. Ich denke, alles ist erlaubt, solange es niemandem schadet. Und doch wird da ein Unterschied gemacht. Menschen wie ich, die bewusst ihren Mittagsschlaf pflegen, werden dafür belächelt oder kassieren einen blöden Spruch. „Wer zu viel schläft, stirbt früher“. Genau das vermeide ich allerdings mit meinem ausgewogenen Schlafrhythmus, auch wenn das die anderen in diesem Moment nicht verstehen oder verstehen wollen.

Ich habe schon öfters darüber nachgedacht, woran das liegen könnte. Vielleicht durften die Menschen in ihrer Kindheit nicht so viel schlafen. Vielleicht ist es in unserer heutigen Gesellschaft verpönt, sein Bedürfnis nach Ruhe zu befriedigen. Das ist dann auch der Grund, warum sich viele nicht trauen, ihr Bedürfnis aktiv zu leben (oder zu schlafen). Was passiert, wenn wir unser Bedürfnis nach Schlaf nicht wahrnehmen oder gar verdrängen? Abgesehen von der schlechten Laune und den daraus resultierenden Stirnfalten: Das Miteinander wird erheblich belastet. Kommunikationsstörungen können auftreten, Konflikte entstehen. Zusätzlich bilden sich körperliche Beschwerden heraus. Wer zu wenig schläft, hat ein erhöhtes Bedürfnis nach Zucker. Übergewicht kann entstehen. Die Kettenreaktion: Diabetes, Magenprobleme, Herzprobleme, Leberprobleme. Der Abbau von Stresshormonen wird gehemmt, das kann zu einem Burnout führen oder gar in einer Depression enden. Mit diesen Aussichten lohnt es sich doch, ein wenig auf das eigene Schlafbedürfnis zu schauen und dieses entsprechend anzupassen.

Jeder Tag hat 24 Stunden, und jeder von uns kann sich diesen einteilen, wie er oder sie es für richtig und wichtig hält. Die Gestaltung der Ruhephasen ist dabei ebenso individuell wie alles andere auch. Und ob nun jemand nur 4 Stunden Schlaf braucht oder ein anderer (so wie ich) ein bisschen mehr – das sollte jeder für sich entscheiden. Wichtig dabei ist, die Oase der Entspannung aktiv ins Leben einzubauen und jedem seine eigene Gestaltungsmöglichkeit zuzugestehen. Nach Beendigung dieses Artikels werde ich mir ein Päuschen gönnen und davon träumen, wie sie diesen Beitrag in ihren Alltag integrieren.

Sonnige Grüße
Ihre Jana Ludolf

Jana LudolfJana Ludolf
Geprüfte Psychologische Beraterin (VFP), Mediatorin und Familiencoach in Bad Blankenburg

info@Jana-Ludolf.de

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