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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2017

Prävention gegen Alterserkrankungen

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© DN6 I Fotolia.comAnti-Aging-Strategien mit dem Mikronährstoff Ubiquinol

Auf der südjapanischen Inselgruppe Okinawa leben mehr 100-Jährige als irgendwo sonst auf der Welt. Über 900 der 1,3 Millionen Menschen dort sind 100 Jahre und älter – ein Wert, der selbst unter Japanern einzigartig ist. Prognosen 1) zufolge wird Japans Alterungsrate im Jahr 2060 auf 40% ansteigen (das Verhältnis der Anzahl von Menschen im Alter von 65 oder höher zur Anzahl derer im Alter von 15 bis 64).

Auch in der EU wird sich dieser Wert bis zum Jahr 2060 von 27,8% auf etwa 50% erhöhen 2). Mit dem „Best Ager“-Boom wächst auch der Wunsch nach mehr Lebensqualität im Alter. Unter diesem Blickwinkel rückt der Mikronährstoff Ubiquinol zunehmend in den Fokus der Forschung. Die bioaktive Form von Coenzym Q10 offenbart in verschiedenen Studien ihre Anti-Aging-Eigenschaften.

Energielieferant

In der Atmungskette der Mitochondrien sind das oxidierte Coenzym Q10 und das reduzierte Ubiquinol unverzichtbare Elektronenüberträger zur Herstellung von Adenosintriphosphat (ATP). Mehr als 95% der Energie wird mit Hilfe von Ubiquinol freigesetzt. Organe wie Herz, Gehirn und die Muskulatur benötigen viel Energie und sind auf große Mengen Ubiquinol angewiesen. Fehlt der Mikronährstoff, ist die zelluläre Energiegewinnung beeinträchtigt. Ein Mangel kann sich in verschiedenen Beschwerden wie Müdigkeit, Muskelproblemen, geschwächter Immunabwehr sowie in beschleunigten Alterungsprozessen äußern. Der Körper kann Ubiquinol zwar selbst herstellen, doch mit zunehmendem Alter, ab etwa 30 Jahren, und bedingt durch Krankheiten oder Medikamente sinkt die Produktion. Über die normale Ernährung können im Schnitt nur 10% 3) des täglichen Bedarfs abgedeckt werden.

Daher bietet sich eine Nahrungsergänzung an. Zur Supplementation ist Ubiquinol besser geeignet als Coenzym Q10, denn es muss vom Körper nicht erst umgewandelt und kann zwei- bis viermal besser absorbiert werden 4, 5).

Lebensqualität

Ähnlich der Inselgruppe Okinawa ist Kamijima, 700 km westlich von Tokio, eine Hochburg der „Super-Alten“. Laut Zensus betrug die Alterungsrate 2010 hier 37,7%. Die Stadt wurde für eine Langzeitstudie 6) über die Wirkung von Ubiquinol als Anti-Aging-Supplement ausgewählt; 124 Einwohner im Alter von 22 bis 86 Jahre nahmen daran teil. Jeder von ihnen erhielt täglich 100 bis 120 mg Ubiquinol über einen Zeitraum von 6 oder 12 Monaten. Jeweils zu Beginn und am Ende der Studie bestimmten die Wissenschaftler den Ubiquinol-Spiegel im Blutserum sowie die subjektive Lebensqualität der Teilnehmer (anhand des Fragebogenbasierten QOL-Scores). Das Ergebnis: Bei den Frauen erhöhten sich die Werte für Vitalität, körperliche Rollenfunktion, soziale Funktionsfähigkeit und mentale Gesundheit signifikant. Insbesondere bei den Teilnehmerinnen mit niedrigen und mittleren Ubiquinol-Spiegeln verbesserten sich die psychischen QOL-Scores deutlich. Bei den Männern konnten keine signifikanten Änderungen festgestellt werden, was u.a. an ihren bereits zu Beginn der Untersuchung hohen Ubiquinol-Spiegeln und QOL-Scores liegen könnte.

Dies ist die erste großangelegte Langzeitstudie an Mitgliedern einer Gemeinde, die die Wirkung von Ubiquinol auf die Lebensqualität gesunder Menschen untersucht, statt an Personen mit Vorerkrankungen. Für die Entwicklung präventiver Strategien werden solche Untersuchungen künftig an Bedeutung gewinnen.


Abb. 1: Ubiquinol-Abnahme im Gewebe mit zunehmendem Alter

Sarkopenie vorbeugen

Ein stetiger Abbau der Skelettmuskelmasse gehört ebenfalls zu den Kennzeichen des Alterns. Die Sarkopenie stellt angesichts des demografischen Wandels ein schwerwiegendes Gesundheitsproblem dar. Sie schränkt nicht nur die Mobilität älterer Menschen ein, sondern erhöht auch das Risiko für Stürze und Folgeverletzungen. Neueste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass niedrige Ubiquinol-Spiegel im Blutplasma mit einem erhöhten Sarkopenie-Risiko assoziiert sind 7): Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität von Kiel haben den Zusammenhang zwischen der Muskelkraft in der Hand und dem Ubiquinol-Status an 967 gesunden Personen untersucht (Durchschnittsalter: 53 Jahre). Die europäische Arbeitsgruppe für Sarkopenie bei älteren Menschen (EWGSOP) empfiehlt die Griffkraft als aussagekräftiges Maß für die Muskelstärke im Oberkörper. In der Studie wiesen Probanden mit niedrigen Ubiquinol-Spiegeln eine geringere Griffkraft auf als solche mit ausreichend hohen Spiegeln. Eine entsprechende Supplementation könnte demnach präventiv wirken.

Ubiquinol als Antioxidans

Neben seiner Rolle als Energielieferant ist Ubiquinol auch das einzige im Körper hergestellte fettlösliche Antioxidans. Es trägt zur Elastizität der Zellmembranen bei und schützt sie vor Schäden durch freie Radikale. Innerhalb der inneren Mitochondrienmembran ist dieser Schutz besonders wichtig, denn während der Energieproduktion treten hier viele reaktive Sauerstoffverbindungen auf. Bei der Alterung und der Entstehung zahlreicher Krankheiten spielen die Akkumulation oxidativer Schäden und Mitochondrienstörungen eine zentrale Rolle.

Einfluss auf die Mitochondrien

Die antioxidativen Eigenschaften von Ubiquinol dienen Wissenschaftlern der Shinshu-Universität in Nagano, Japan als Basis für ihre Untersuchungen. Sie erforschen den menschlichen Alterungsprozess und die Wirkung von Ubiquinol auf altersbedingte Stoffwechselvorgänge. Die Alterung höher entwickelter Organismen ist ein komplexer Vorgang und vom Zusammenspiel genetischer, umweltbedingter und pathologischer Faktoren abhängig.

Mit einem eigens entwickelten Testmodell können die Wissenschaftler den Alterungsprozess studieren und schnell zu Ergebnissen kommen, die für den Menschen nutzbar sind.

Sie fanden heraus, dass Ubiquinol die Mitochondrienfunktion durch erhöhte Genexpression bestimmter Sirtuine (SIRT1 und SIRT3) und intrazellulärer Rezeptoren (PGC-1a) verbessern kann 8). Diese verlangsamen das Fortschreiten der Alterung und altersbedingter Schwerhörigkeit.

Zudem beeinflusste der Mikronährstoff die altersbedingte Abnahme der Mitochondrienfunktion und -zahl positiv. Nach vergleichender Gabe von Coenzym Q10, Ubiquinol und eines Placebos wurde darüber hinaus festgestellt, dass Ubiquinol am wirksamsten war: Die Supplementation führte bei den Forschungsstämmen zu einer signifikanten Abnahme des Vergreisungsgrades und der Seneszenz im mittleren Alter 9). Coenzym Q10 wirkte weniger stark als Ubiquinol. Diese Ergebnisse entsprechen denen einer spanischen Forschergruppe, die gezeigt hat, dass Ubiquinol besser bioverfügbar ist und effektiver von den Geweben aufgenommen werden kann als Coenzym Q10 10).

Nerven- und Augengesundheit

Auch im Hinblick auf kognitive Funktionen liefert Ubiquinol vielversprechende Resultate: Es kann das Gedächtnis und die Lernfähigkeit verbessern und sogar das Fortschreiten von neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson 11) oder Alzheimer 12) im Anfangsstadium verzögern. Darüber hinaus ist der Mikronährstoff wichtig für die Augengesundheit 13). Die Retina ist sehr anfällig für freie Radikale und enthält daher große Mengen an Antioxidantien wie Vitamin C und E. Hier regeneriert Ubiquinol die Vitamine und schützt die Netzhaut vor Oxidation und Glykierung.

Fazit

Um die Befunde zu bestätigen und daraus Therapieempfehlungen sowie neue Behandlungsmöglichkeiten abzuleiten, sind weitere Untersuchungen mit einer größeren Teilnehmerzahl und Langzeitstudien notwendig. Vorläufig lässt sich jedoch sagen, dass die vorbeugende Einnahme von ca. 1 bis 2 mg Ubiquinol pro kg Körpergewicht ab etwa 30 Jahren sinnvoll ist, weil man den Bedarf schlecht nur über die Ernährung abdecken kann. Ubiquinol hat außerdem keinerlei Nebenwirkungen. Die Unbedenklichkeit des Mikronährstoffs wurde in zahlreichen Studien wissenschaftlich belegt. Zudem beeinträchtigt die Nahrungsergänzung nicht die körpereigene Produktion von Ubiquinol.

Sandra SchulzeSandra Schulze
Ernährungswissenschaftlerin

schulze@akp-pr.de

Literatur

  • 1) National Institute of Population and Social Security Research: Population projections for Japan (2011-2060)
  • 2) 2015 Ageing Report, Europäische Kommission
  • 3) Weber, C.: Dietary intake and absorption of coenzyme Q. In: Kagan, V. E./Quinn, P. (Hg): Coenzyme Q: Molecular mechanisms in health and disease, CRC Press, 209-215, 2000
  • 4) Hosoe, K.: Study on safety and bioavailability of ubiquinol after single and 4-week multiple oral administration to healthy volunteers. Regul Toxicol Pharmacol; 47(1):19-28, 2007
  • 5) Ikematsu, H.: Safety assessment of coenzyme Q10 in healthy subjects: a double-blind, randomized, placebo-controlled trial, Regul Toxicol Pharmacol; 44, 212–218, 2006
  • 6) Kinoshita, T.: The Effects of Long-Term Ubiquinol Intake on Improving the Quality of Life of Community Residents. Functional Foods in Health and Disease; 6(1): 16-32, 2016
  • 7) Fischer, A.: Coenzyme Q10 Status as a Determinant of Muscular Strength in Two Independent Cohorts. PLoS ONE 11(12), 2016
  • 8) Tian, G.: Ubiquinol-10 supplementation activates mitochondria functions to decelerate senescence in senescence accelerated mice. Antioxid Redox Signal; 20(16):2606-20, 2014
  • 9) Yan, J.: Reduced coenzyme Q10 supplementation decelerates senescence in SAMP1 mice. Exp Gerontol; 41(2):130-40, 2006
  • 10) García-Corzo, L.: Ubiquinol-10 ameliorates mitochondrial encephalopathy associated with CoQ deficiency. Biochim Biophys Acta; 1842(7):893-901, 2014
  • 11) Yoritaka, A.: Randomized, double-blind, placebo-controlled pilot trial of reduced coenzyme Q10 for Parkinson’s disease. Parkinsonism Relat Disord; 21(8):911-6, 2015
  • 12) Durán-Prado, M.: Coenzyme Q10 protects human endothelial cells from β-amyloid uptake and oxidative stress-induced injury. PLoS One; 9(10), 2014
  • 13) Parisi, V.: Effects of coenzyme Q10 on retinal-evoked and cortical-evoked responses in patients with open-angle glaucoma. J Glaucoma; 23(6):391-404, 2015

Foto: © DN6 / Fotolia.com

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