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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2017

Glosse: Die Stille in dir

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© Andrey Kuzmin I fotolia.comUnser Alltag ist laut und bunt. An der einen oder anderen Stelle vielleicht auch mal leise und grau. Täglich hetzen wir von A nach B und sind dabei auf der Suche nach dem optimalen Zeitmanagement. Während wir unterwegs sind, wollen wir gleichzeitig unsere Liebsten beglücken. Sei es die Kinder von der Schule abholen und ihr Lieblingsessen kochen. Sei es den Partner mit einem Kurztrip überraschen oder die Eltern auf Kaffee und Kuchen einladen. Oft haben wir mehr Termine als Zeit und müssen dann auch noch nebenbei arbeiten gehen. Urlaub haben wir nur einmal im Jahr. Da wird dann aber auf Knopfdruck Entspannung gemacht. Und wenn das nicht klappt, dann versuchen wir uns im Wandern oder Surfen (je nach Urlaubsort), um unserem Körper etwas Gutes zu tun. Meist ist daran der Wunsch gekoppelt, nun doch endlich ein paar Pfunde loszuwerden. Irgendwie sind wir immer im Stress. Immer auf Abruf. Stets mit dem Außen verbunden. Wie eine Telefonleitung, bei der vergessen wurde, den Hörer zurück auf die Gabel zu legen. Mir geht es da ähnlich wie den meisten Menschen.

Da dieses Gehetze eher schädigend ist, habe ich vor einiger Zeit etwas ausprobiert. Dazu benötigte ich ein Kissen, eine Matte und Ruhe. Im Zusammenspiel der drei Utensilien sah das so aus, dass ich auf der Matte und dem Kissen saß, die Augen schloss und die Ruhe genießen wollte. In einer Zeitung las ich von der Meditation und dass es ein kraftspendendes Mittel sei. Ein paar Minuten am Tag sollten wohl reichen, um innerlich Druck abzubauen und wieder Oberwasser im hektischen Alltag zu finden. Diese Argumente gefielen mir, also ließ ich mich auf dieses Experiment ein.

Als ich da nun so saß, bin ich mir etwas blöd vorgekommen. Alleine auf dem Fußboden, die Augen geschlossen und atmend. Und das alles mitten am Tag bei schönstem Sonnenschein. Meine Gedanken von „Wie lange dauert das denn noch?“ über „Hoffentlich sieht mich niemand“ bis hin zu „Du musst aber auch jeden neumodischen Mist mitmachen“ – war alles dabei. Von der angeblichen inneren Ruhe spürte ich rein gar nichts. Eher machte sich Unzufriedenheit breit und der Druck, nun doch endlich mal zur Ruhe zu kommen. Als dann mein Timer das Ende der Sitzung einläutete, war ich froh und dankbar zugleich. Meine Entspannung setzte umgehend ein.

Im Anschluss habe ich viel gelesen über das praktizierende Rumsitzen. Sei es mit Musik oder ohne. Mit Anleitung oder ohne. Mit Menschen oder alleine. Das innere Zentrum finden und dort auftanken. Ich war gewillt, es noch einmal zu versuchen. Diesmal holte ich mir Unterstützung in Form einer CD. So altmodisch das klingt, so altmodisch war es auch. Hatte ich doch gar keinen CD-Spieler daheim. Wie gut, dass meine Tochter zum letzten Geburtstag so ein Ding geschenkt bekommen hatte. Das lieh ich mir aus und fand mich damit auf meiner Matte wieder.

Alles richtig hingezuppelt, auf Start gedrückt und los ging es. Eine sanfte Stimme sagte mir, dass wir uns auf eine Reise begäben und ich nun dieser Stimme lauschen und folgen sollte. Sie sprach von bunten Farben und sandigen Stränden. Als wir an diesem mystischen Ort waren, sollte ich in meinen Körper reisen und ihn spüren. Das einzige, was ich in diesem Moment wahrnahm, war der Krampf in meiner rechten Wade und Rückenschmerzen vom Sitzen. Zudem war meine linke Pobacke eingeschlafen und kribbelte. Also, nichts von der Leichtigkeit zu spüren, die mir die Stimme anbot. Ab diesem Zeitpunkt hoffte ich, dass sie nicht noch mehr Reisen mit mir machen würde.

Als wir dann wieder im Hier und Jetzt angekommen waren, dachte ich, dass ich eh nie weg war. Von daher brauchte ich auch nicht ankommen. Mein Experiment mit der Stille und der Meditation gestaltete sich schwieriger als gedacht. Und dabei kann ich sonst sehr lange stillsitzen und nichts denken. Zum Beispiel beim hundertsten Mikado-Spiel oder bei Meetings mit langweiligen Themen oder beim Warten in der Schlange. Warum also klappte das nicht bei mir daheim auf der Matte? Der Frust stieg.

Wie gut, dass einem das Leben da manchmal zur Hilfe eilt, damit man eben nicht so schnell aufgibt. Meine Unterstützung war ein Familienausflug ins Grüne. Die Sonne schien, wir schafften Meter um Meter und kamen bei einem Spielplatz an. Wer Nachwuchs hat, weiß um die Faszination dieses mystischen Ortes. Als also meine Süßen da turnten, saß ich in der Sonne und schloss meine Augen.

Und dann konnte ich es auf einmal hören: Diese Stille in mir. Wie alles zur Ruhe kam. Wie sich mein Körper entspannte und mein Gesicht ein Lächeln hervorzauberte. Ich vergaß die Zeit und hörte das Rauschen der Blätter und das Lachen meiner Kinder. So saß ich da. Einfach nur so. Sein im Hier und Jetzt. Das, was daheim nicht so richtig klappen wollte, gelang mir hier spielend leicht. Als ich wieder zu mir kam, die Augen öffnete und meine Liebsten wahrnahm, spürte ich meine Ausgeglichenheit. Mein Strahlen von innen.

Bei meiner nächsten Session daheim unterließ ich fremde Stimmen. Stattdessen versetzte ich mich mit meiner Fantasie zurück an diesen sonnigen Nachmittag. Ich konnte die Sonnenstrahlen förmlich spüren. Das Vogelgezwitscher hören. Das Lachen meiner Kinder. Die Zeit stand still, obwohl sie verging. Dann holte mich mein Timer zurück ins Jetzt. Nicht schön, aber effektiv.

Und dann erkannte ich den Sinn in der Stille. Erkannte die Meditation. Erkannte das Gute daran.

Seitdem sitze ich regelmäßig auf meinem Fußboden. Manchmal alleine. Manchmal in Begleitung meines Gatten. Und so schrecklich ich es am Anfang fand, so sehr genieße ich nun die stillen Augenblicke.

Entspannte Grüße
Ihre Jana Ludolf

Jana LudolfHeilpraktikerin für Psychotherapie, Mediatorin und Familiencoach in Bad Blankenburg

info@Jana-Ludolf.de

Foto: © Andrey Kuzmin / fotolia.com

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