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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2017

Große Persönlichkeiten der Naturheilkunde

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© CPN I fotolia.comHildegard von Bingen

Benediktinerin, Äbtissin, Dichterin, Komponistin und Universalgelehrte.

Geboren im Jahr 1098 in Bermersheim vor der Höhe (Ort der Taufkirche) oder in Niederhosenbach. Ihr Geburtstag lässt sich anhand von Angaben in einer ihrer Schriften, der Scivias, auf den Zeitraum zwischen 1. Mai und 17. September 1098 eingrenzen.

Ihr Vater war der Edelfreie Hildebert von Bermersheim, ihre Mutter Mechthild von Bermersheim. Hildegard war das zehnte Kind ihrer Eltern und sollte aus diesem Grund (das Zehnte sollte Gott gewidmet werden) ihr Leben der Kirche weihen. Im Alter von 8 Jahren wurde sie in damals üblicher Weise Gott übergeben, um ihm fortan zu dienen. Ihre Erzieherin war Jutta von Sponheim.

In ihrer Autobiografie schrieb sie dazu: „In meinem achten Jahr aber wurde ich zu geistlichem Leben Gott dargebracht (oblata) und bis zu meinem fünfzehnten Jahr war ich jemand, der vieles sah und mehr noch einfältig aussprach, sodass auch die, welche diese Dinge hörten, verwundert fragten, woher sie kämen und von wem sie stammten.“

Hildegard von Bingen gilt als erste Vertreterin der deutschen Mystik des Mittelalters. Sie hatte eine große Anhängerschaft, zu deren Leitung sie sich auf Visionen berief, die nach eigener Aussage ab 1141 unwiderstehlich stark wurden. Diese Visionen gab sie auch als Begründung für die von ihr in Latein niedergeschriebenen Texte an. Da sie selbst aber in lateinischer Grammatik nicht sonderlich sattelfest war, ließ sie alle Texte von ihrem Schreiber korrigieren.

Als Universalgelehrte verfasste sie nicht nur Werke über Religion, sondern auch über Medizin, Musik, Ethik und Kosmologie. Ihr Hauptwerk Scivias Domini („Wisse die Wege des Herrn“, kurz: Scivias) entstand innerhalb eines Zeitraums von 6 Jahren und enthält 35 Miniaturen.

Ihre große Anerkennung und Weisheit führte dazu, dass sie zur Beraterin vieler Persönlichkeiten wurde und in ihren Ermahnungen auch vor hochstehenden Zeitgenossen nicht Halt machte. Sie gilt als eine Person, die durch eigene Denkansätze für ihre Zeit neue Impulse gesetzt hat. Dadurch eröffneten sich neue und umfassende Blickwinkel.

© Branko Srot I fotolia.comZwischen 1147 und 1150 gründete Hildegard das Kloster Rupertsberg in der Nähe von Bingen am Rhein (daher auch der Name Hildegard von Bingen). 1165 erwarb sie das leerstehende Augustinerkloster in Eibingen und gründete dort ein Tochterkloster, in das Nichtadelige eintreten konnten (im Kloster Rupertsberg waren nur Adlige zugelassen). Hier setzte sie eine Priorin ein.

Schon zu ihren Lebzeiten wurde sie von vielen Menschen als Heilige betrachtet. Grund dafür ist, dass sie sich für ihre theologischen und philosophischen Aussagen immer wieder auf Visionen berief. Während einer Synode 1147 in Trier erteilte ihr Papst Eugen III. die Erlaubnis zur Veröffentlichung ihrer Visionen.

Zwischen 1150 und 1160 verfasste Hildegard auch medizinische Abhandlungen. Im Gegensatz zu ihren religiösen Schriften sind aber dafür keine zeitnahen Nachweise erhalten geblieben. Alle zitierten Texte stammen aus der Zeit des 13. bis 15. Jahrhunderts. Es gibt heute 13 Schriften, die Hildegard als Verfasserin nennen, was aber nicht immer zweifelsfrei erwiesen ist.

Der Begriff „Hildegard-Medizin“, heute in aller Munde, ist keiner aus der damaligen Zeit, sondern eine Marketing-Erfindung, die ab 1970 in den Sprachgebrauch eingeführt wurde.

Interessant für Biologie und Medizin sind Hildegards Abhandlungen über Pflanzen und Krankheiten. Nach 1150 hat sie das Liber subtilitatum diversarum naturarum creaturarum verfasst (Das Buch von den Geheimnissen der verschiedenen Naturen der Geschöpfe). Später wurde das Werk in zwei eigenständige Schriften aufgeteilt. Das Buch Causae et curae (Ursachen und Heilungen) handelt von der Entstehung und Behandlung verschiedener Krankheiten. Das zweite naturkundliche Buch heißt heute Physica.

Die Leistung Hildegards ist u.a. darin zu sehen, dass sie das damalige Wissen über Krankheiten und Pflanzen aus der griechisch-lateinischen Tradition mit dem der Volksmedizin zusammenbrachte und v.a. deutsche Pflanzennamen verwendete. Dadurch verhalf sie z.B. dem Lavendel zu seinem Stellenwert in der Volksmedizin.

Als Joseph Ratzinge Professor in Bonn war (1959-1963), hat er sich intensiv mit dem Leben und den Schriften Hildegards beschäftigt. Am 10. Mai 2012 hat er dann als Papst Benedikt XVI. die Verehrung der Hl. Hildegard auf die ganze (römisch-katholische) Kirche ausgedehnt und sie in das Verzeichnis der Heiligen eingeschrieben. Am 7. Oktober 2012 erfolgte ihre Erhebung zur Kirchenlehrerin. Nicht nur in der römisch-katholischen Kirche wird sie als Heilige und Kirchenlehrerin verehrt, auch in der anglikanischen und evangelischen Kirche wird mit Gedenktagen an sie erinnert.

Die Hildegard-Forschung hat mittlerweile weltweite Bedeutung gewonnen. In Deutschland und dem übrigen Europa befassen sich zahllose Diplomarbeiten, Forschungsgruppen und Hildegard-Gesellschaften mit ihren Schriften und ihrem Wirken.

Hildegard-Kongresse in den USA und in Asien zeigen das Interesse am Thema der Nonnenklöster im Allgemeinen und an Hildegard im Besonderen auf der ganzen Welt.

© laufer I fotolia.comHildegard von Bingen starb am 17. September 1179 mit 81 Jahren im Kloster Rupertsberg. Ihre Reliquien befanden sich bis 1631 im Kloster Rupertsberg bei Bingen. Sie wurden im Dreißigjährigen Krieg vor der Vernichtung gerettet und befinden sich seit 1641 in der Kirche des alten Klosters, der heutigen Pfarrkirche St. Hildegard und St. Johannes d. T. von Eibingen.

Dr. rer. nat. Frank HerfurthDr. rer. nat. Frank Herfurth
Heilpraktiker, Lebensmittelchemiker, Dozent der Paracelsus Schulen

fh@herfurth.org

Fotos: © CPN / fotolia.com, © Branko Srot / fotolia.com, © laufer / fotolia.com

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