Der weltbekannte Biologe Rupert Sheldrake beantwortet Fragen zur therapeutischen Beziehung zwischen Mensch und Tier.

Von Christian Salvesen

Viele Haustierbesitzer können bestätigen, dass ihre Hunde, Katzen, Pferde und andere Tiere oft erstaunliche Verhaltensweisen zeigen, so als hätten sie telepathischen Kontakt zu ihren Haltern. Der britische Biologe Rupert Sheldrake sammelte Tausende von Berichten aus aller Welt, um seine These zu belegen, dass es tatsächlich unsichtbare, “übersinnliche” Bande zwischen Tieren und Menschen gibt. Von der traditionellen Wissenschaft bisher ignoriert, lassen sich derartige telepathische (“fern-fühlende”) Verbindungen – so Sheldrakes These – nur durch besondere “soziale” oder “morphische” Felder erklären.

Die Theorie der morphischen Felder sprengt in ihrem holistischen Ansatz den Rahmen der herkömmlichen Wissenschaft. Sie provoziert eine Einstellung zur Natur, die auch für die Medizin Folgen hat. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass Tiere mit ihrem enormen Einfühlungsvermögen im medizinisch-therapeutischen Bereich wertvolle Dienste leisten können.

In seinem Buch: Der siebte Sinn der Tiere schreibt Sheldrake: “Die alten Griechen glaubten, dass Hunde Krankheiten heilen konnten, und hielten sie in ihren Heiltempeln als Co-Therapeuten. Asklepios, der oberste Gott der Heilkunst, übertrug seine Heilkraft durch heilige Hunde. Sie haben zwar in der modernen Medizin nicht mehr eine so anerkannte Funktion, doch in den von ehrenamtlichen Helfern betreuten PAT-Programmen spielen sie heute wieder eine Rolle als Heiler.” Ein Muster-Beispiel ist Chad, ein Golden Retriever, der für seine verdienstvollen Einsätze in Pflegeheimen mit dem PAT-Preis „Hund des Jahres” ausgezeichnet wurde (PAT = pet as therapy, Haustier als Therapie).

Chads Halterin berichtet: “Er weiß anscheinend, welche Patienten wirklich arm dran sind, verglichen mit anderen, für die er den Clown spielt. Dann sitzt er einfach so da, den Kopf auf ihrem Schoß oder auf dem Bett, oder er steht still neben ihnen. Da war eine bestimmte Dame, der er sehr nahe stand, ja und dann wurden wir eines Abends um zehn Uhr angerufen und hörten, dass sie sterben würde – und dass sie Chad bei sich haben wolle. Und er stand bei ihr, drei Stunden lang, und hatte den Kopf auf das Bett gelegt, während sie starb.”

Etliche neuere wissenschaftliche Studien belegen, dass Menschen, die Haustiere halten, nach Operationen besser genesen. Ältere Menschen, die eine Katze aufnahmen, fühlten sich nach einem Jahr seelisch und körperlich deutlich besser als solche ohne ein Haustier. Die Heilkräfte von Haustieren sind nur ein Aspekt von Sheldrakes Forschung. Andere Aspekte betreffen den Orientierungssinn von Zugvögeln, das Vorausahnen von Erdbeben oder epileptischen Anfällen u. a. Der Heilaspekt ist jedoch, wie Sheldrake im folgenden Interview erläutert, ein elementarer Faktor in der Theorie morphischer Felder. Schließlich weist diese integrative Feldtheorie auf die der Natur zugrunde liegende Einheit hin, in der Kommunikation zugleich Heilung bedeutet.

Quelle: Mensch & Sein – Ausgabe 05/02