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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 1/1998

Glutenfreie Ernährung bei Zöliakie / Sprue

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r9801_gl2 Die einzige gesicherte Diagnose ist die Dünndarmbiopsie. Sie muß vor Beginn der glutenfreien Ernährung durchgeführt werden, da sich die atrophierten Zotten bei strenger Einhaltung dieser Diät schnell erholen. Die einzige Therapie ist die glutenfreie Diät. So lange der Darm noch nicht vollständig regeneriert ist, ist es sinnvoll, ein B-Vitamin-Präparat zu substituieren. Ebenso kann ein Spurenelemente-Mangel vorliegen.
Wurde per Dünndarmbiopsie eine Zöliakie, wie die Erkrankung beim Kind oder Sprue, wie sie bei Diagnose des Erwachsenen genannt wird, erkannt, muß eine strenge glutenfreie Diät lebenslang eingehalten werden. Bei Diätfehlern ist das Lymphom-Risiko erheblich erhöht.

Verboten sind die glutenhaltigen Getreidesorten: Weizen, Roggen, Hafer, Gerste, Dinkel, Grünkern und alle daraus hergestellten Lebensmittel, auch wenn der Anteil nur sehr gering ist.

Gluten hat gute Eigenschaften und ist unschädlich für Gesunde. Es fällt an bei der Herstellung von Weizenstärke und wird gerne als Lebensmittelzusatz verwendet, ohne daß es deklariert werden muß. So findet sich Gluten versteckt in vielen Fertiglebensmitteln. Es ist ein guter Emulgator zum Verbinden von Wasser und Fett (z. B. Magerkäse, Joghurt und Wurst). Im Geschmacksverstärker und in Aromen kann es ein Trägermaterial sein. Stärke und modifizierte Stärke kann Sekundarstärke aus Weizen sein mit einem Resteiweißgehalt von 5,0%. Selbst die glutenarme Primarstärke enthält bis zu 0,5% und sollte wegen des Malignomrisikos nicht gegessen werden. Auch wenn einige Firmen “glutenfreie” Lebensmittel mit dieser Weizenstärke herstellen und sie als glutenfrei bezeichnen dürfen: Ich habe Menschen kennengelernt, die sich, nachdem sie solche Backwaren nicht mehr gegessen haben, wesentlich gesünder gefühlt haben. Sie sind selbst nicht auf die Idee gekommen, daß ihre unspezifischen Beschwerden in Zusammenhang mit dem weizenstärkehaltigen Brot standen.

r9801_gl3 Ein Beispiel für verstecktes Gluten sei hier an Joghurt dargestellt: Öffnet man ein naturbelassenes Joghurt, schwimmt auf der festen Masse eine wasserähnliche Flüssigkeit und die Früchte sind unten. Wurde ein Emulgator beigefügt, ist alles zusammen eine homogene Masse. Dieser Emulgator kann Gluten sein.
Aber nicht nur im Joghurt kann Gluten enthalten sein. Alle Fertiglebensmittel, Wurst, Magerkäse, Milchfertigprodukte, Süßigkeiten und einfach alle Lebensmittel, die nicht selbst hergestellt werden, können glutenhaltig sein.
Um erlaubte Lebensmittel zu erkennen, muß man beim Kauf aller Lebensmittel stets in der Liste der glutenfreien Lebensmittel nachschlagen (DZG).

In vielen Medikamenten ist Gluten meist im Hilfsstoff enthalten, ohne daß dies deklariert ist. Der Blick in die “Rote, Gelbe oder Grüne Liste” reicht leider nicht aus. Steht das Medikament nicht in der “Liste der glutenfreien Arzneien” der DZG, muß bei der Herstellerfirma angefragt werden.

Erlaubt sind alle glutenfreien Lebensmittel, die als solche deklariert sind, oder von Natur aus glutenfrei sind. (Liste unten). Außer daß das Wort “glutenfrei” auf der Verpackung stehen kann, gibt es dafür auch ein Symbol. Es ist eine durchgestrichene Ähre in einem Kreis.

Eine gute Mehlgrundlage ist Vollkornreis. Mit dem Zusatz von 1% Verdickungsmittel (z.B. Guarkernmehl oder Johannisbrotkernmehl) läßt sich dieses Mehl recht gut zu Backwaren verarbeiten. Der Teig muß geschmeidig sein und nicht so fest wie ein glutenhaltiger Brotteig. Rezepte finden Sie z.B. in meinem Buch: “Leben ohne Gluten” (Dr. W. Jopp Verlag, Wiesbaden).
Das Vollkornreismehl darf allerdings nicht einfach im Naturkostladen oder Reformhaus gemahlen werden, da in diesen Mühlen vorher meist ein glutenhaltiges Getreide gemahlen wurde. Diese Getreidereste reichen aus, um erneut heftigen Durchfall auszulösen. Wird eine Getreidemühle gekauft, muß ausdrücklich eine “glutenfrei eingemahlene” bestellt werden. Die Hersteller der Mühlen bestätigen das auf der Rechnung.

Der Einkauf im Lebensmittelhandel darf nie ohne die Liste der “glutenfreien Lebensmittel” (DZG) erfolgen.
Im Reformhaus gibt es von “neuform” ein Heft mit einer Auflistung glutenfreier Lebensmittel. Einige Reformhäuser haben eine große Auswahl glutenfreier Backwaren. Leider sind diese meistens sehr teuer und mit einem hohen, nährstoffarmen Maisstärkeanteil. Die Anschaffung einer guten Getreidemühle und einem Sack Reis (reicht fast ein Jahr) amortisiert sich schnell und ist gesünder.
Im Naturkosthandel kann man fragen, ob der Großhändler des Ladens eine Deklaration in der Warenliste hat. Einige Firmen stehen aber auch in der Liste der “glutenfreien Lebensmittel”.

Die Krankenkassen erkennen diese Diät leider nicht als Heilmittel an. Es gibt also keine Kostenerstattung für Lebensmittel. Das Versorgungsamt erkennt etwa 30% Behinderung an.
Falls nach kurzer Zeit keine Verbesserung eintritt, könnte zusätzlich eine Laktoseintoleranz vorliegen.

Dies herauszufinden ist sehr einfach. Der Patient oder die Patientin darf 1-2 Wochen keinerlei Milchprodukte essen oder trinken. Kommt es dann nach einem Glas Milch erneut zu Durchfall und Bauchschmerzen, liegt eine Laktoseintoleranz vor, d.h. es fehlt das Enzym Laktase zur Laktoseverdauung. Es muß also zusätzlich zu der glutenfreien Diät auf alle Milchprodukte verzichtet werden. (Laktose kann auch in Medikamenten sein). Selbstverständlich kann auch ein Laktoseintoleranztest gemacht werden. Dieser Blut- oder Atemtest nach Laktosegabe führt aber zum selben Ergebnis.
Nach einigen Monaten Diät kann langsam mit dem Versuch, laktosearme Lebensmittel zu essen, begonnen werden (Hartkäse und Sahne).In vielen Fällen bildet sich die Laktase wieder. Ist dies nicht der Fall, muß weiterhin, vielleicht sogar lebenslang, eine laktosefreie Diät eingehalten werden. Mehr Informationen zu dieser Diät finden Sie in meinem Buch: Milchfrei leben – Glutenfrei Leben (Dr. W. Jopp Verlag, Wiesbaden).

Last not least: Leider kann auch Lippenstift Gluten enthalten!

Nora Kircher Nora Kircher ist Studentin an der Paracelsus Schule in Hannover und ist selbst von dem Problem betroffen. Sie hat festgestellt, daß weder Heilpraktiker noch Mediziner mit der glutenfreien Diät bei Zöliakie vertraut sind. Nora Kircher hält Vorträge und gibt Seminare zur glutenfreien Ernährung. Sie ist Autorin der Bücher: “Milchfrei leben – Glutenfrei leben” sowie “Leben ohne Gluten” (plus 3 weitere Themen), alle erschienen im Dr. Werner Jopp Verlag, Wiesbaden.

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