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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/1998

Praxisgründung

Cover

Wie komme ich zu Patienten und Klienten, und wie binde ich sie an meine Praxis? Marketingexperte Dieter H. Wirlitsch geht zentralen Fragen zur Praxisgründung mit eigener Systematik nach. Ein Beitrag, lesenswert auch für „alte Hasen”.

Wie kann erreicht werden, daß eine Praxis die entstehenden Kosten einspielt und wie kann erreicht werden, daß darüber hinaus ein Einkommen verdient wird, das den Inhaber oder die Inhaberin existentiell dauerhaft sichert und unabhängig macht?

Vor oder nach der amtlichen Überprüfung bzw. Zulassung stehen HeilpraktikerInnen genauso wie Psychologische BeraterInnen und LebensberaterInnen vor dem Problem, wie es denn gehen könnte – mit der eigenen Praxis.

  • Wie wird die Praxis in der Öffentlichkeit bekannt gemacht?
  • Was ist mit der Werbung?
  • Darf überhaupt geworben werden?
  • Wie kann die Praxis organisiert und ordentlich geführt werden?
  • Was muß ich als Freiberufler konkret tun, damit ich nicht in die Zwickmühlen von Finanzamt und Gewerbeamt komme?

Große Unsicherheit besteht meist bereits im Zusammenhang mit der Eröffnung selbst, aber auch später sind häufig noch große Zweifel und Ungewißheiten vorhanden. Im Idealfall kann eine etablierte und bereits eingeführte Praxis übernommen werden. Damit wird meist auch der reichhaltige Erfahrungsschatz des Vorgängers mit erworben. Aber nicht jeder Niederlassungswillige bekommt diese Möglichkeit. Daher sollten eigene Überlegungen angestellt werden, wie eine eigenständige freiberufliche Tätigkeit und damit das eigene „Unternehmen Praxis” gestaltet werden kann. Eine ganzheitlich orientierte Unternehmens- und Marketingkonzeption ist hierzu notwendig – denn nur so kann die Praxis systematisch und planmäßig „auf den Markt” gehen. Gerade auch Praxisinhaber, die bereits gegründet haben, dürfen ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen, sondern sollten sich nach außen hin öffnen.

In dieser Serie werden nicht die fachlichen Inhalte aus Medizin, Naturheilkunde, Psychologie und Beratung aufgezeigt. Hier werden vor allem Inhalte im Zusammenhang mit der freiberuflichen Selbständigkeit, der Existenzgründung und der Existenzsicherung selbst angesprochen. Die Idee des „Nutzen Bietens” und des „besten Problemlösers” als moderner Dienstleister werden mit den im Einzelfall gegebenen Möglichkeiten (insbesondere auch den finanziellen) angesprochen.


Sind Heilpraktiker, Psychotherapeuten, Psychologische Berater und Lebensberater Unternehmer?

Sich selbständig machen heißt, Verantwortung für sich und sein Tun zu übernehmen und die eigenen Visionen und Ideen mit Konsequenz in die Realität umzusetzen. Langfristige Weichenstellungen im strategischen Sinne gilt es daher möglichst bereits ganz am Anfang der eigenen selbständigen und freiberuflichen Praxis zu stellen, damit später nichts schief läuft. Zukünftige Unternehmer und Unternehmerinnen – und Heilpraktiker, Psychotherapeuten und Berater sind solche – sollten verstehen lernen, daß Kreativität, Innovationskraft und Kommunikationsfähigkeit die Basis der erfolgreichen Zukunft der eigenen Praxis sind. Gerade im Bereich der alternativen Behandlungs- und Beratungsmethoden sollte die freiberufliche Tätigkeit als unternehmerisches Tun verstanden werden. Kreativität und Innovationskraft der Praxis-Inhaber selbst sind die Basis dafür.

Praxis-Marketing bedeutet Zukunftssicherung

Sowohl Neugründungen, als auch eingeführte Praxen werden langfristige Sicherungskonzepte mit Hilfe von entsprechendem Marketing entwickeln müssen, um in Zukunft bestehen und erfolgreich wirken zu können. Konkret nachvollziehbare und praktische Marketingtechniken wurden daher speziell für die Zielgruppe der beratenden und alternativ behandelnden Berufe Lebensberatung/Psychologischer Berater, Psychotherapeut und Heilpraktiker entwickelt.

„Heilen” und „Beraten” sind sensible Bereiche

Innerhalb unseres Wirtschaftssystems nehmen die Branchen „Heilen” und „Beraten” sicherlich eine gewisse Sonderstellung ein. Maßnahmen der Werbung und des Marketings sollten hier nur mit kritischer und hoher Sorgfalt eingebracht und realisiert werden. Manche Methoden, die sonst von der Wirtschaft mit großem Erfolg praktiziert werden, sind in diesem Bereich nicht unbedingt angebracht.

Was erwarten Klienten von heute von ihrem Heilpraktiker oder Psychologischen Berater ?

Der „Gesundheitsmarkt” ist ein heiß umkämpfter Markt geworden. Besonders um den privat zahlenden Patienten und Klienten wird zunehmend aus verschiedenen Richtungen richtig gebuhlt. Der Markt wird enger, gesetzliche Vorgaben tragen ebenfalls nicht immer zur Verbesserung der Verhältnisse bei, der Konkurrenzdruck ist spürbar härter geworden.
Häufig wird das eigentliche Anliegen des Patienten dabei aus dem Auge verloren: daß er ein Problem hat, mit dem er zum Arzt, Heilpraktiker, Psychologischen Berater oder auch ins Seminar kommt und in irgendeiner Form konstruktive Hilfe erwartet.
Gerade in dieser Entwicklung des Marktes liegen aber auch die Chancen für den gesamten Bereich der Naturheilkunde, der alternativen psychologischen Beratung und der Lebensberatung. Gezielt sich zu profilieren und vom Massenbetrieb bewußt abzugrenzen ist aussichtsreich. Hier liegen auch die großen Chancen, wirklich ganzheitliche Ansätze in der eigenen Praxis verwirklichen zu können und ein wirklicher Dienstleister für den Patienten und Klienten zu sein.

Untersuchungsergebnisse machen deutlich, was heute Kunden – sprich Patienten oder Klienten – erwarten.

Werden Kunden beim Verlassen eines Geschäftes befragt, warum sie gerade dieses Produkt hier in diesem Geschäft gekauft haben, werden folgende Antworten gegeben:

  • Die häufigste Antwort: „Vertrauen” in das Unternehmen
  • Die zweithäufigste Antwort: Frage nach der „Qualität” des Angebotes
  • An dritter Stelle rangiert „Service und Freundlichkeit”
  • „Große Auswahl in diesem Geschäft” wird an vierter Stelle genannt, und nur für
  • vierzehn Prozent der Befragten war der Preis das wichtigste Kriterium (auf Platz neun in der abgefragten Skala von 10 möglichen Wertungen).

Die Antworten dieser Befragung zeigen deutlich, daß bewußtes, systematisches Marketing für die eigene Glaubwürdigkeit für jedes Unternehmen unabhängig von seiner Branchenzugehörigkeit unerläßlich geworden ist. Ganz besonders wird dies in Zukunft im „Gesundheitsmarkt” und im Bereich der Dienstleistung insgesamt wichtig werden, sollen sich solche Vertrauenskrisen bei Rat und Hilfe suchenden Patienten und Klienten nicht weiter ausdehnen, wie wir sie derzeit im Zusammenhang mit der sogenannten Gesundheitsreform erleben.

Von der Idee zum Realisierungs-Konzept: die Umsetzung in die tägliche Praxis – das ist Marketing

Marketing ist mehr als Werbung. Werbung ist nur ein kleiner Teil innerhalb einer Marketingkonzeption. Um eine Idee konkret in die praktische Tagesarbeit umsetzen zu können, wird planhaftes Vorgehen notwendig. Das berufliche Tun muß im wahrsten Sinne des Wortes tatsächlich auch an jemanden „verkauft” werden können, der entsprechende Bedürfnisse hat.
Die Zeiten, als es ausgereicht hat, ein Praxis-Schild mit der entsprechenden Berufsbezeichnung vor die Türe zu hängen, drei Eröffnungs-Annoncen in der Zeitung zu schalten, um dann auf Klienten warten zu können, sind schon lange vorbei. Heute muß sich ein Praxisinhaber oder Inhaberin durchaus um „Kunden” kümmern. Ein nützliches Instrument hierzu findet sich im systematischen Aufbau einer Marketingkonzeption.
Unter modernem Marketing wird eine kunden- und marktorientierte Führung des Unternehmens verstanden. Auch eine Ein-Mann (oder Frau)-Praxis ist ein Unternehmen, das sich auf dem Markt darstellen und bekanntmachen muß. Wenn die Praxis nicht bekannt ist und mögliche Interessenten/ Kunden/Patienten oder Klienten gar nicht wissen, daß es die Praxis überhaupt gibt, werden sie dorthin auch nicht den Weg finden können.
Hieraus wird bereits deutlich, daß es sich bei Marketing im Wesentlichen um Kommunikation handelt. Diese Kommunikation muß systematisch sein und soll strategisch geschickt die Inhalte der Arbeit des Praxisinhabers nach außen in den Markt hinein tragen und kommunizieren.
Marketing betreiben bedeutet, sich öffnen und sich der Öffentlichkeit mitteilen.

Der Marketingprozess

1. Bei der Umsetzung der Idee hilft Marktforschung

Wie wird erreicht und sichergestellt, daß die vorhandenen Ideen die Bedürfnisse und Wünsche von Patienten und Klienten befriedigen? Wie kann erreicht werden, daß Ideen eines Praxisinhabers oder Gründers draußen bekannt werden?
Um dies erfahren zu können, müssen die möglichen Kunden gefragt werden. Dies geschieht im Bereich der Naturheilkunde und Psychotherapie im Ansatz bereits dadurch, daß die veröffentlichten Berichte aus dem Gesundheitsmarkt aufmerksam zur Kenntnis genommen werden. Hier können bestimmte Inhalte dieser Aussagen durchaus im Sinne von Marktforschung gewertet werden. Im Bereich der Wirtschaft beschäftigen sich spezialisierte Unternehmen mit der Marktforschung. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden häufig veröffentlicht, so daß es durchaus möglich ist, hier für den eigenen Gebrauch wertvolle Informationen zu bekommen. Jede größere Tageszeitung gibt zum Beispiel zu bestimmten Themen alle Veröffentlichungen aus dem Archiv gesammelt ab, wenn diese dort angefragt werden. Dies bedeutet eine hervorragende preisgünstige Möglichkeit, selbst Marktforschung betreiben zu können.
Eine weitere interessante Möglichkeit ist, über Fragebögen und deren Auswertung bestimmte Zielgruppen zu bestimmten Themen zu befragen. Auch hier können interessante Ergebnisse erzielt werden, die Entscheidungen über das eigene Dienstleistungsangebot zulassen. Durch solche eigene Aktivitäten im Sinne von „Marktforschung” können mögliche Patienten und Klienten besser verstanden werden – und zugleich wird die eigene Praxis bei den Befragten ins Bewußtsein gebracht.

2. Die Marketingstrategie

Eine Strategie der Realisierung bildet eine Brücke zwischen den vorhanden fachlichen Kompetenzen, den praktischen und technischen Möglichkeiten (Ressourcen) der Praxis und den Bedürfnissen von Patienten und Klienten.
Es werden nicht nur die Ziele beschrieben, die ein Praxisinhaber erreichen will, sondern besonders die Art und Weise, in der diese Ziele erreicht werden sollen. Das heißt, es werden konkret die einzelnen Dienstleistungen des Praxisinhabers definiert und mit den möglichen Maßnahmen der Umsetzung in Einklang gebracht. Die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten werden gezielt analysiert, damit sie aussagekräftig kommuniziert werden können.

3. Marketingmittel „patientengerechte Konzeption”

Mit der Wahl und Gestaltung der Marketingmittel wird entschieden, wie die gefundene Strategie im Detail realisiert werden kann. Hierzu müssen folgende Fragen geklärt und entschieden werden :

Dienstleistung
Welches Dienstleistungsspektrum wird insgesamt angeboten?
Wie sieht die einzelne Dienstleistung oder Therapie konkret aus?
Welche Eigenschaften soll sie haben?
Welchen Umfang wird die einzelne Leistung haben?
Wie wird sie dem Patienten gegenüber argumentiert und erklärt?

Preispolitik (Honorare)
Auf welchem Preisniveau soll die Dienstleistung abgegeben werden?
Nach welchen Kriterien werden Honorare und Preise festgelegt?
Wie werden Leistungen berechnet, für die es keine Abrechenlisten und Kennziffern der Berufsverbände gibt?
Kommen die Kosten durch Miete, Energie und Betrieb der Praxis, sowie der Unternehmerlohn tatsächlich in den Honoraren und Preisen unter?

Distribution
Wie sieht die „Lieferbereitschaft” des Praxisinhabers aus?
Gibt es nur einen statischen Praxisbetrieb mit festen Öffnungs- und Sprechzeiten?
Gibt es Bereitschafts- und Notdienste?
Werden Hausbesuche angeboten?
Werden Angebote gemacht, die nur indirekt mit dem Praxisbetrieb zu tun haben?
Werden Vorträge, Seminare u. ä. als Dienstleistung angeboten?

Kommunikationspolitik
Wie und wo soll die Dienstleistung der Praxis bekannt gemacht werden?
Durch welche Mittel soll Patienten und Klienten der Nutzen einzelner Dienstleistungen (z.B. Therapien, bestimmte Verfahren) bekannt gemacht werden?
Wie werden Terminverschiebungen kommuniziert?
Wie sieht die Vorstellung der Praxis am Telefon aus?
Wie wird mit Beschwerden umgegangen?
Wie wird mit Empfehlungen umgegangen?

4. Erfolgskontrolle der Marketingaktivitäten

Die Bedürfnisse von Patienten und Klienten verändern sich beständig, sind teilweise Moden unterworfen und werden auch durch Berichte über besondere Formen der Behandlung in anderen Kulturkreisen verändert. Hier ist notwendig, regelmäßig die eigenen Aktivitäten zu überprüfen und die Zufriedenheit der Patienten und Klienten abzufragen. Es reicht nicht aus, sich vom Steuerberater die betriebswirtschaftlichen monatlichen Auswertungen vorlegen zu lassen.

Die Kontrolle über den Erfolg der Marketingmaßnahmen wird auf allen Stufen ausgeübt:

  • Kontrolle der betriebswirtschaftlichen Entwicklung
  • Kontrolle der Kostensituation
  • kommen genügend neue Klienten in die Praxis?
  • kommen Stammpatienten und Angehörige?
  • wie zufrieden sind die Klienten?
  • wie aktiv bringen sich Klienten und Patienten in das kommunikative Geschehen der Praxis ein?
  • Welche Veränderungen im Dienstleistungsangebot sind durch neue Entwicklungen notwendig?

Glaubwürdigkeit als Zukunftsmarketing – die Chance für die Zukunft der freien Praxis

Glaubwürdigkeit und Vertrauen, beziehungsweise Vertrauen bildende Maßnahmen sind Marketing-Werkzeuge, über die eine Botschaft zu den Patienten-Zielgruppen und der Gesellschaft allgemein transportiert werden kann. Der Aufbau eines positiven Potentials an Glaubwürdigkeit ist für eine Praxis nur im Laufe der Zeit möglich, daher ist sie ein kostbares Gut, das nicht ohne weiteres durch undurchdachte Werbemaßnahmen verspielt werden sollte.

Wie sehen die Botschaften aus, die Vertrauen transportieren?

Glaubwürdigkeit wird zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil der Heilpraktiker, Psychotherapeuten und Berater werden und muß daher zwingend in solche Marketingaktivitäten eingebunden werden, die nicht nur die Produkteigenschaften selbst (sprich: Behandlungsmethoden oder die Dienstleistung) als Botschaften vermitteln. Marketing einer Naturheil- oder Beraterpraxis sollte sich nach den neuen Inhalten des Denkens und Fühlens und den neuen Maßstäben der Menschen richten und deren zentrale soziale und gesellschaftlichen Bedürfnisse respektieren und befriedigen.
Klienten brauchen das sichere Gefühl, daß sie genau der Praxis oder dem Therapeuten, für den sie sich entschieden haben, auch wirklich vertrauen können!

Im zunehmenden Maße erwartet auch die Öffentlichkeit, daß sich zumindest Unternehmen und Praxen im Gesundheits- und Sozialbereich als integer und glaubwürdig erweisen und sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen, wenn es schon die Politik nicht macht. Ansonsten werden sie auf dem Markt abgestraft. Wie der extreme Fall des Shell-Boykotts wegen den Vorgängen um die Ölplattform Brent Spar zeigte, geht das bei der hoher Austauschbarkeit der Produkte oder Dienstleistungen auf einem immer enger werdenden Markt relativ einfach und kann verheerende Folgen für Image und Ruf (und damit für sämtliche Geschäftsgänge und Umsätze) selbst bei einem international tätigen Großunternehmen haben.
Trifft ein Verlust von Image und Ruf aber eine Naturheilpraxis, Beraterpraxis oder einen Seminarveranstalter, dann hat dies absolute existentielle und meist auch letale Folgen mit allen damit zusammenhängenden Problemstellungen.

Sogenanntes „Credibility Management” im Sinne von Marketing für die Glaubwürdigkeit muß daher die Gewißheit und das Gefühl vermitteln, daß Klienten und Öffentlichkeit sich jederzeit auf das Unternehmen verlassen können und sich in guten Händen befinden!

Unabhängig, auf welchem Geschäftsfeld sich konkret ein Praxisinhaber bewegt, ob Naturheilpraxis, Beratung oder Dienstleistung und Seminar, er muß neben der Angebots-, Leistungs- und Produktqualität auf die Qualität der sozialen und mentalen Beziehungen zu seinen Klienten und vor allem zur Öffentlichkeit allgemein achten. Nur eine solide Vertrauensbasis zu Klienten mit einem durch entsprechenden Mund-zu-Mund-Werbung unterstützten Bonus an Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit, kann in dem immer dynamischer werdenden Gesundheitsmarkt Bestand haben.
Zentrale Voraussetzung für Klientenbindungs-Marketing: Praxisinhaber müssen Ihre „Kunden” besser kennen und verstehen lernen.

Die jährlich vorgestellten „Kundenbarometer” – eine Untersuchung der Deutschen Marketinggesellschaft (DMV) – zeigt klar auf, daß der Negativtrend der Kundenunzufriedenheit sich jährlich weiter negativ entwickelt. An fast allen wichtigen Faktoren lassen sich diese Einstellungen der Kunden festmachen:

  • schlechte bis gar keine fachliche Beratung selbst in sogenannten „Fachgeschäften”
  • Unfreundlichkeit und Nichtinteresse des Personals – vor allem kurz vor Feierabend
  • Minderqualität des Beschwerdemanagements der Unternehmen – sofern es denn überhaupt ein solches gibt
  • Ruppiger und unfreundlicher Umgang mit Patienten – vor allem bei Krankenkassen, Behörden und Krankenhäusern
  • Zuständigkeiten sind nur sehr schwer auszumachen und herauszufinden
  • Kunden fühlen sich nicht ernst genommen mit den eigenen Problemen

Klienten und Patienten sind die Kunden der Praxis

Bereits vor der eigentlichen Behandlung eines Klienten liegt die große Chance eines Behandlers oder Beraters, eine solide Vertrauensposition zu bekommen. Gerade weil im Gegensatz zum schulmedizinischen Betrieb in einer Naturheil- oder psychologischen Praxis kein Massenbetrieb stattfindet, ergeben sich ganz spezielle Stärken als Dienstleister, die im Sinne von Marketing gezielt hervorgehoben werden sollten.

Erreichbarkeit
Der telefonische Kontakt ist ein Kommunikationselement und darf in keinem Fall zu einer Barriere für den Kontakt mit dem Klienten werden. Ist die Leitung dauernd belegt, assoziiert ein möglicher Klient nicht unbedingt den gefragten Therapeuten, bzw. Behandler, sondern eher eine gewisse Unfähigkeit, das technische Problem mit Hilfe eines Anrufbeantworters, einer Warteschleife oder Weiterschaltung zu lösen.
Eine Rückrufmöglichkeit des Praxisinhabers muß zwingend gegeben sein, denn jeder Kontakt mit einem potentiellen Klienten, der nicht mehr aufgenommen wird, ist in aller Regel auch ein verlorener Klient.


Wartezeiten
Stundenlanges Herumsitzen in Wartezimmern führt immer zu Verärgerung. Termintreue ist ein vorzügliches Mittel, Vertrauen auszulösen. Dauert die Wartezeit einmal tatsächlich doch etwas länger – und 30 Minuten werden von Klienten eventuell schon als sehr lange empfunden – sollte immer eine konkrete Information über den Grund der verlängerten Wartezeit gegeben werden.
Kennt ein Klient den Grund der Verzögerung, reagiert er in aller Regel mit großem Verständnis, denn in seinem Fall könnte ja auch einmal ein Beratungsgespräch über das vorgesehene Zeitlimit hinaus entstehen.

Verschwiegenheit
Vertrauliche Telefonate, Namen, Patienten- und Klientendaten offen am Telefon im Wartebereich oder auch im Behandlungszimmer in Anwesenheit von Klienten ausgetauscht, kann sich auf die Vertrauensbeziehung sehr risikoreich auswirken. Auch Unterhaltungen über einen „Fall” im Beisein von fremden Klienten wirkt nicht überzeugend. Daß vertrauliche Unterlagen über Patienten und Klienten in keiner Form für andere Klienten einsichtig sein sollten, ist ein Selbstverständlichkeit.
Vertraulichkeit und Diskretion hat oberste Priorität im Umgang mit Klienten.

Art, Dauer und Inhalte der Behandlung oder Beratung
In jedem Fall sollten die wichtigen Punkte in einem Therapie- oder Beratungsplan zur Sprache kommen, damit der Klient gut informiert ist und weiß, was auf ihn zukommen wird. Besonders die Zeitdauer (und damit auch die Kosten) bestimmter Behandlungs- und Beratungsformen sollten ohne Vorbehalte angesprochen werden. Gerade solche Punkte, warum gerade eine bestimmte Therapie oder Beratungsform dem Klienten vorgeschlagen wird, sollte offen erklärt und der genaue Ablauf geschildert werden.
Nur wenn der Klient Vertrauen in die Vorgehensweise entwickelt, wird er auch längere Behandlungs- und Beratungsperioden motiviert akzeptieren können.

Hausbesuche
Hier kann der Klient direkt in seiner Umgebung kennengelernt werden. Auch mögliche Empfehlungen bei Familienangehörigen und Nachbarn entwickeln sich hier relativ leicht. Besuchs- und Vorstellungstermine des Klienten für die Praxis können bei dieser Gelegenheit ganz offen und leicht verabredet werden.
Eine bessere Möglichkeit, Vertrauen und Zuverlässigkeit signalisieren zu können, als das Dienstleistungsangebot des Hausbesuches gibt es eigentlich nicht.

Unternehmenskultur in der Praxis
Die Stimme am Telefon, die den Termin annimmt oder Auskunft gibt, ist die Visitenkarte der Praxis. Wer läßt sich denn schon gerne als Ratsuchender patzig oder grantelnd angehen? Oder wer mag es, in herrischem Ton in der Anmeldung herumkommandiert zu werden?
Freundlichkeit, Höflichkeit und Diskretion gehören mit zu den wichtigsten Marketingmaßnahmen in der Praxis. Der Vorteil: sie kosten nicht einmal etwas!

Beschwerdemanagement
Klientenorientierte Praxisinhaber sind interessiert, zu erfahren, was Patienten und Klienten denken, was sie positiv oder negativ sehen und empfinden und was sie an der Praxis kritisieren. Mancher interessante Hinweis zur Verbesserung der Dienstleistung ist durch eine solche Klientenbefragung schon erreicht worden (Wird in einer der nächsten Folgen vorgestellt).
Mit dem Marketinginstrument „Klientenbefragung” kann vorzügliches Beschwerde-Management zum Vorteil und Nutzen von Praxisinhaber und Klienten eingeführt werden.

Marketinginstrument Kundenbindung

Positives und typisches Image wird in Zukunft mehr Bedeutung gerade für die freie Praxis haben, als Umsatzgrößen und Verdienst. Die verstärkte Orientierung zum einen am bestehenden Klientenkreis, zum anderen aber auch an einer Zielgruppe wird zum Kern des Beziehungs-Marketings. Nur über die Qualitäten der persönlichen Verbindung zum Klienten und Patienten und dem damit verbundenen Aufbau personifizierter, glaubhafter Beziehungen wird in der Zukunft des umkämpften Gesundheitsmarktes genügend Platz für das Angebot einer freien Praxis geschaffen.
Strategisches und in die Zukunft orientiertes Marketing der Klientenbindung verfolgt zwei Richtungen:
1. vorhandene Klienten langfristig zu binden
2. neue Klienten zur Loyalität zu bewegen.

Die Bedeutung der Klientenbindung

Patienten und Klienten, die im Sinne von „Stammkunden” wiederkommen oder mit ihren Angehörigen und Bekannten kommen, stellen die einzige relativ sichere Konstante für den Bestand und die Zukunft einer Praxis dar. Die emotionale Bindung solcher Stammpatienten darf nicht unterschätzt werden.

Von besonderer Bedeutung sind daher die Fragen:

  • ist die genaue Zahl der Klienten bekannt, die in den letzten drei Monaten aktuell neu gewonnen werden konnte?
  • Sie die Zahlen der Klienten bekannt, die im gleichen Zeitraum verloren wurden oder einfach nicht wiederkamen?
  • Sind diejenigen Klientenbeziehungen bekannt, die Gefahr laufen, zu einem Mitbewerber zu wechseln?
  • Sind die Gründe bekannt, warum eventuell gewechselt wird?
  • Ist dem Praxisinhaber bekannt, ob er überhaupt die „richtigen” Klienten verliert?

Das Bemühen, einmal angeworbene Klienten zu „Dauerkunden” zu machen, lohnt sich langfristig in hohem Maße. Marketingmaßnahmen sollten sich daher neben der Werbung um neue Klienten speziell auf die Festigung der Beziehungen zu Stammklienten bemühen.
Die Erhaltung und der Ausbau des Patientenstammes durch Klientenloyalität ist nicht nur Bestandsicherung, sondern die Chance für kontinuierliches Wachstum der Praxis.

Einige Punkte, die für die Bindung von Stammklienten sprechen, seien hier aufgeführt. Klientenbeziehungen werden erst nach einiger Zeit „profitabel”, denn:

  • Neue Klienten verursachen relativ hohe Akquisekosten für die Neuwerbung
  • Die ersten Behandlungen oder Beratungen verursachen einen relativ hohen Zeit- und Materialaufwand
  • Die Kosten für Erstbehandlungen und Beratungen sind höher als die Kosten für Folgetermine
  • Mund-zu-Mund-Werbung von Stammklienten ergibt die kostengünstigste Werbung
  • Stammklienten, die guten Service erhalten, tolerieren Preiserhöhungen eher

Beziehungsmarketing: Basis zur Klientenbindung

Vor diesem Hintergrund betrachtet erhält eine verstärkte Bindung von Klienten tatsächlich langfristige strategische Bedeutung. Ziel der Aktivitäten des Praxismarketings muß daher sein, Klienten nicht nur zu gewinnen, sondern sie auch zu langfristigen Nutzern des Dienstleistungsangebotes zu machen und sie entsprechend zu motivieren.

Nicht die Quantität, sondern die Qualität der Klientenbeziehung wird zum maßgebenden Kriterium erfolgreicher dauerhafter Klientenbindung. Serviceleistungen werden hier zum Erfolgsgaranten. Eine sehr erfolgreiche Serviceleistung ist unter anderem eine Nutzenbroschüre, in der der Praxisinhaber zu verschieden Methoden, Krankheitsbildern oder zu bestimmten gesundheitlichen Problemstellungen Stellung nimmt, Ratschläge gibt oder nützliche Verhaltensweisen aufzeigt. Über eine solche Nutzenbroschüre kann gezielt mit dem Klienten in den Dialog gegangen werden – mit dem Nebeneffekt, eine recht wirkungsvolle Werbemöglichkeit für Empfehlungen zu haben.

Ausblick auf die nächsten Folgen:

• Die Nutzenbroschüre – eine hervorragende Möglichkeit für die Pflege der Beziehung zu Patienten und Klienten, für die eigene Profilierung und zur Werbung.
• Corporate Identity (CI) – welche Bedeutung hat dies für die Praxis? Der Wiedererkennungseffekt als Möglichkeit emotionaler Bindung.

Dieter H. Wirlitsch, Am Straßland 6, 85551 Kirchheim

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