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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/1998

Tibetische Kräuterpillen und Padma 28 bei westlichen Patienten

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Der bemerkenswerte Dokumentarfilm “Das Wissen vom Heilen” von Franz Reichle und eine Fernsehsendung von Pastor Fliege haben ein unerwartet großes Echo ausgelöst, und es sieht so aus, als ob die Medien das Thema “Tibetische Medizin” in nächster Zeit fortsetzen werden. Rund 20 000 Anfragen haben eine große Unsicherheit und Unkenntnis deutlich gemacht, wie tibetische Ärzte diagnostizieren, nach welchen Kriterien sie Medikamente verschreiben und wie man sie überhaupt findet. Es werden keine Unterschiede zwischen tibetischen Heilmitteln aus der Apotheke des Dalai Lama und Padma 28, der Kräuterpille aus der Schweiz gemacht und schon gar nicht sind die Indikationen bekannt, bei welchen Krankheiten diese Medikamente nützlich sein können. Ob Padma 28 oder tibetische Juwelenpillen – beide werden unterschiedslos als Allheilmittel, und tibetische Ärzte manchmal als Wunderheiler angesehen.

Für den Leser soll sich aus diesem Artikel die Möglichkeit ergeben, tibetische Medizin und Padma 28 zu unterscheiden. Es ist ein Versuch, die Indikationen jeweils ab- und einzugrenzen, um eine sinnvolle Behandlung selbst durchführen oder aber anfragenden Patienten einen fundierten Rat geben zu können. Es wäre schade, wenn das aufkeimende große Interesse an der tibetischen Medizin in einer chaotischen Pillengläubigkeit endet.

Die tibetische Medizin geht von drei feinstofflichen Körperenergien aus

Über die theoretischen Grundlagen der tibetischen Medizin und die Pharmakalogie der Tibeter ist in dieser Zeitschrift bereits berichtet worden (1). Die tibetische Medizin geht von drei feinstofflichen Körperenergien aus, die abhängig von Konstitutionstyp und Alter in verschiedenen Proportionen im Körper zirkulieren und im Laufe des Tages und des Jahres zu- und abnehmen, also pulsieren. Sie beinflussen sich gegenseitig, modulieren alle physiologischen Prozesse des Körpers und sind mit der Psyche vernetzt. Ihre Verteilung im Körper und ihre krankhaften Veränderungen können an den Pulsen abgelesen werden.

Die tibetischen Symptom- und Krankheitsbezeichnung entsprechen kaum jemals den unsrigen. Wer unbedingt Gleichsetzungen finden will, tappt in eine Falle. Aber selbst die tibetischen Ärzte, die im Exil ständig mit westlicher Medizin konfrontiert werden, verwenden gegenüber westlichen Patienten immer häufiger unsere Krankheits- und Organbezeichnungen. Das wird ihnen umso leichter gemacht, als diese meistens fertige Diagnosen mitbringen. Das Gespräch läuft dann etwa so ab:”Ich habe Asthma, aber mein Arzt kann mir nicht mehr helfen, ich möchte nun tibetische Medizin probieren”. Darauf wird der tibetische Arzt den Puls fühlen und vielleicht sagen: ,,lhre Lungen haben keine Energie mehr, nehmen Sie diese Medizin für 2 Monate”. Wer wäre nicht von einer solchen Aussage begeistert, die endlich alles erklärt, was die Ärzte bisher nicht gefunden haben. Dabei ist sie nur eine vage Umschreibung der entsprechenden Pulsdiagnose, die sehr viel komplexer ist und sich keineswegs nur auf das Organ Lunge beschränkt.

Oder ein Patient mit einer multiplen Sklerose kommt zu einem tibetischen Arzt, der natürlich inzwischen diese Krankheitsbezeichnung und vielleicht auch die Symptome einer MS kennt. Er hat aber in seinem eigenen System keine Entsprechung und natürlich auch kein spezifisches Medikament – nur weiß das der Patient nicht. Hinter unserer Diagnose verbergen sich für den Tibeter individuell sehr verschiedene krankhafte Verschiebungen der Körperenergien, die er an den Pulsen diagnostiziert und entsprechend therapiert. Das gilt grundsätzlich für alle Krankheiten.

Tibetische Ärzte haben eine von der unsrigen grundverschiedene Anatomie gelernt, sie befassen sich nicht mit den physiologischen, pathophysiologischen und biochemischen Prozessen, die im Körper ablaufen. Sie haben eine andere Betrachtungsweise, die sich mit den dynamischen Veränderungen der Energien im feinstofflichen Körper befaßt. Das kann durchaus zu Mißverständnissen führen, wenn sie westliche Kranke behandeln.

Behandelt ein tibetischer Arzt eine tibetischindische Klientel in seiner Ambulanz, so ist der Praxisablauf in gar keiner Weise anders als bei uns: Kurze Fragen, Pulsdiagnose, Rezept. Arbeitet er im Westen, dann hat er nur wenige Patienten und dementsprechend auch viel Zeit, Ratschläge zum Beispiel zur Ernährung zu geben (empfehlenswert: 2) – davon profitieren die Patienten natürlich, wissen aber nicht, daß es zwischen Theorie und Praxis im Alltag eines tibetischen Arztes eine ebenso große Kluft gibt wie bei uns.

Wir müssen immer bedenken, daß unsere Patienten eine ganz andere Denkweise haben als Tibeter oder Inder. Sie sprechen zwar von Ganzheitsmedizin und ganzheitlichem Denken, welches die tibetische Medizin kennzeichnet. Letztendlich besagt die tibetische Medizin, die ja eine buddhistische ist, daß die drei Gifte des Geistes: Neid, Habgier und Unwissenheit, also eine falsche Denkweise im Hintergrund jeder Krankheit stehen (3). Man muß nicht nur Medizin nehmen, sondern sein Denken ändern. Aber davon wissen die Patienten nichts. Für sie bedeutet die Diagnose einer “Windkrankheit” eine rein somatische Krankheit und sie hoffen, daß die Juwelenpillen, die sie von dem Tibeter erhalten haben, ihnen die Hilfe bringt, die ihnen ihr eigener Doktor nicht hat geben können. Sie sehen keine Notwendigkeit, ihr Verhalten zu ändern und machen auch nicht selten mit tibetischen Ärzten ein regelrechtes Doktorhopping. Das ist psychologisch verständlich, aber nicht immer hilfreich.

Man muß sich natürlich fragen, ob die Pulsdiagnose immer ausreichend ist.Tibetische Ärzte meinen, sie könnten jede Krankheit – im tibetischen Sinne – mit der Pulsdiagnose erfassen,die ganz sicher das Rückgrat der tibetischen Diagnostik ist.

Aus meiner Sicht kann ich dem nicht ganz zustimmen. Schon aufgrund der geringen Zahl der Exiltibeter (100 000 ca.) und der schwierigen existentiellen Bedingungen,unter denen sie in Indien leben, kommen bei ihnen bestimmte Wohlstandkrankheiten mit schweren organischen Veränderungen garnicht oder sehr selten vor. Sie zu übersehen kann für westliche Patienten gravierende Folgen haben.

Ein Beispiel dafür ist das metabolische Syndrom, dieses tödliche Quartett von Übergewicht, Hochdruck, hohen Blutfetten und Diabetes mellitus, das zur arteriosklerotischen Gefäßkrankheit führt. 15-30% der Bevölkerung in den Industrienationen sollen davon betroffen sein. Unter den Tibetern ist es selten. Niemand weiß, ob die tibetischen Kräuterpillen – immer zusammen mit einer Änderung der Eßgewohnheiten und körperlichem Training – die Stoffwechsel-Verschiebungen wirklich ausreichend beeinflussen können und ob sie überhaupt ausreichend sicher mit der Pulsdiagnose erfaßbar sind. Zugegeben, auch bei uns weiß niemand absolut sicher, ob unsere Medikamente gegen Bluthochdruck und Stoffwechselveränderungen letztendlich lebensverlängernd wirken.

Ein anderes Beispiel: Ich habe in meiner Praxis viele Fälle gehabt, die lediglich über ein vages Unwohlsein klagten oder auch Patienten ohne besondere Beschwerden, die zu einem Routine-Check kamen: Ein Belastungs-EKG zeigte mehr oder weniger deutliche Veränderungen, und bei nochmaliger Befragung ließen sich dann äußerst diskrete Brustschmerzen herausfragen. Mit einer Koronarangiographie waren massive koronare Verschlüsse nachweisbar, die eine sofortige kardio-chirurgische Intervention notwendig machten.

Ein anderes Beispiel sind Patienten mit einer einmaligen rektalen Blutung, die sie überhaupt nur auf Befragen erinnert haben und bei denen dann die Endoskopie ein Dickdarm-Malignom aufzeigte. Diese Liste läßt sich noch erweitern.

Ich bin abrsolut überzeugt davon, daß die tibetische Medizin im medizinischen Alltag genauso gut ist wie unsere. Ich bin sicher und das ist auch belegt (4), daß Patienten mit psychosomatischen Beschwerden von tibetischen Medikamenten subjektiv profitieren. Sie sind ja in unseren Praxen sehr häufig schwierig zu therapieren, auch Psychotherapeuten scheitern nach meiner Erfahrung in den meisten Fällen, wenn denn der Vorschlag, sich psychotherapeutisch behandeln zu lassen, überhaupt akzeptiert wird.

Man kann die Krankheiten, die von der tibetischen Heilkunde profitieren können, in 4 Gruppen einteilen:
Die erste Gruppe bilden definierte Krankheiten, die mit tibetischen Standardpräparaten allein gut behandelt werden können. Das sind chronische Magen- und Darmprobleme, einschließlich chronischen Geschwüren – vor oder nach einer Helicobakter-Eradikation, die sicher viel zu häufig vorgenommen wird -, Heuschnupfen, allergische und andere Hautkrankheiten, chronische Muskel- und Gelenkschmerzen, chronische Kopfschmerzen (Migräne und Spannungskopfschmerzen), Asthma und chronische Bronchitis, sowie funktionelle gynäkologische und urologische Probleme.

In die zweite Gruppe gehören die vielen Kranken mit unbestimmten, überwiegend psychosomatischen Symptomen, die sich nicht in ein definiertes Krankheitsbild einpassen lassen. Sie stehen oft unter großem Leidensdruck. In diese Gruppe gehören auch das chronische Müdigkeitssyndrom und leichte Depressionen, besonders im Klimakterium. Hier ist ein Versuch mit tibetischen Heilkäutern immer zu empfehlen. Die energetische Sichtweise der tibetischen Medizin kann hier durchaus zu besseren Resultaten führen, die aber mehr als in der ersten Gruppe vom Können des Arztes – der Beherrschung der Pulsdiagnose, einer schwer erlernbaren Kunst – abhängig ist.

Die Kräuterpillen haben den Vorteil, weitgehend nebenwirkungsfrei zu sein, wenn man die angegebene Dosierung befolgt. Sie sind so zusammengestellt, daß etwaige Nebenwirkungen der wichtigsten Wirkstoffe durch den Zusatz anderer Kräuter neutralisiert werden. Insofern kann man ruhig zu einem Versuch raten oder auch – wie in der folgenden Gruppe – zu einer Einnahme zusätzlich zu allopathischen Medikamenten.

Die dritte Gruppe bilden schulmedizinisch definierte Krankheiten, bei denen westliche Medikamente nicht oder nicht ausreichend gewirkt haben und bei denen ein Versuch mit tibetischen Pillen zusätzlich zur allopathischen Medizin empfohlen werden kann: Bei einem schlecht einstellbaren Diabetes kann man zusätzlich zur westlichen Medikation, die nie weggelassen werden sollte, einen Versuch mit tibetischen Heilkräutern machen, nicht aber bei hohen Blutfetten. Entsprechende Anfragen erreichen mich nicht eben selten. Hier wie bei allen Krankheiten, die eine Dauermedikation erfordern, sollte man aber immer bedenken, daß kein tibetischer Arzt, der westliche Kranke behandelt, einen prompten Nachschub an Medikamenten garantieren kann. Das ist ein großes Problem, um das wir uns in Zukunft zusammen mit den Tibetern kümmern müssen.

Ein Versuch mit tibetischer Medizin ist durchaus empfehlenswert

Bei Herz- und Gefäßerkrankungen (Hochdruck, Koronarsklerose, Herzinsuffizienz, peripherer Gefäßverschluß) würde ich zusätzlich zur allopathischen Medizin tibetische Medikamente nur dann empfehlen, wenn ein Patient darauf besteht. Dies ist keine Domäne der tibetischen Medizin (für Padma 28 – siehe weiter unten – gelten andere Kriterien). Unsere Medikamente wirken schneller und zuverlässiger – die Wirkstoffe tibetischer Pillen sind nicht standardisiert. Wenn ein allopathisches Präparat bei diesen Indikationen Nebenwirkungen hat, kann man immer auf ein anderes ausweichen.

Definierte psychiatrische und neurologische Krankheiten müssen in jedem Fall schulmedizinisch abgeklärt sein. Lediglich wenn die Behandlung hier erfolglos oder der Effekt unzureichend ist, sollte ein Patient zusätzlich tibetische Pillen versuchen. Dies gilt besonders für die Epilepsie. Wahrscheinlich bin ich nicht ganz unschuldig daran, daß relativ häufig Epileptiker einen tibetischen Arzt konsultieren, weil ich immer referiert habe, daß die Tibeter hier eine Überlegenheit ihrer Drogen gegenüber westlichen Medikamenten postulieren. Aber tibetische Ärzte tendieren manchmal dazu, westliche Arzneien abzusetzen. Wenn dann der Nachschub nicht klappt, häufen sich die Anfälle mehr als zuvor.

Die vierte Gruppe ist besonders problematisch. Das sind Krebskranke, Patienten mit einer amyotrophischen Lateralsklerose und mit ähnlichen Erkrankungen, die schulmedizinisch ausbehandelt sind. Schon allein um solchen Kranken nicht ihre letzte Hoffnung zu nehmen, rate ich ihnen zu einer Behandlung mit tibetischer Medizin, auch wenn die Erfolgschancen gering sind. Auch hier ist belegt, daß sie sich dadurch subjektiv besser fühlen (4).

Diesen Schwerkranken empfehle ich aber, nur besonders erfahrene tibetische Ärzte zu konsultieren, die meistens mehrmals jährlich nach Deutschland kommen. Es sind dies der Leibarzt des Dalai Lama, Dr. Lobsang Wangyal – Dr. Choedrak praktiziert nicht mehr – und Dr. Trugawa Rinpoche (Kontaktadressen sind durch die Informationsstelle für Tibetische Medizin, Lindenstr.7, 73119 Zell u.A.,Tel.07164-14273, Fax 07164-14419 erhältlich). In diesen Fällen kommt auch, sofern die Patienten eine Reise unternehmen und sich einen russischen Dolmetscher besorgen können, der russisch-burjatische Amchi Chimit-Dorzhi Dugarov in Ulan Ude/Burjatien (Tel.007-30122-73749) infrage, der allerdings schwer zu erreichen ist (Kontaktaufnahme gfs. durch die Padma-AG in Zollikon/Schweiz,Tel.0041-1-391 95 55, Fax 0041-1-39198 18 ).

“Normalen” Fällen – also aus den ersten drei Gruppen – empfehle ich in erster Linie die Zweigstelle des Tibetan Medical Institute (Dharamsala) in Amsterdam (Tel. 0031-578620030, Fax 0031-20-6242810 ),die ständig mit einem tibetischen Arzt besetzt ist und den großen Vorteil hat, aufgrund der anderen Gesetzgebung in Holland – siehe weiter unten – die tibetischen Medikamente ständig vorrätig zu haben. Die Adressen anderer durchreisender oder in der Schweiz und in Italien praktizierender tibetischer Ärzte, kann man durch die o.a. Informationsstelle für Tibetische Medizin erfahren. Ich habe mich bei der vorstehenden Einteilung auf die Krankheiten beschränkt, die nach meiner Erfahrung besonders häufig zu Anfragen führen, ob ein Patient einen tibetischen Arzt konsultieren soll oder nicht. Sie ist sicher subjektiv geprägt- aber es gibt keine objektiven Kriterien, nach denen man vorgehen kann. Meines Wissens ist ein derartiger Indikationskatalog für westliche Patienten bisher noch nicht veröffentlicht worden.

Der Import tibetischer Heilmittel ist ein anderes Kapitel, das problemreich ist und erklärt, warum es bei uns keine einheimischen Ärzte oder Heilpraktiker gibt, welche die tibetische Medizin praktizieren – einmal ganz abgesehen von den Schwierigkeiten, die tibetische Medizin zu erlernen, die in jedem Fall tibetische Sprachkenntnisse voraussetzt. Die diversen Kurse, die in Deutschland angeboten werden, auch in Dharamsala, sind Schnupper-Kurse, ausreichend, um einen Eindruck von der tibetischen Medizin zu bekommen. Sie sind in gar keiner Weise geeignet, die tibetische Medizin nebenbei zu erlernen, so wie man hierzulande Naturheilverfahren erlernt: Es dauert allein Jahre, bis man die Pulsdiagnose beherrscht.
Aufgrund der Gesetzgebung in den deutschsprachigen Ländern ist es unmöglich, die traditionellen tibetischen Medikamente offiziell zu registrieren. Theoretisch besteht aber die Möglichkeit, sie legal zu importieren, wenn ein Arzt oder Heilpraktiker eine gewisse Anzahl von Medikamenten für eine Reihe von Patienten für drei Monate verschreibt. Diese Sammelbestellung kann durch eine Apotheke, welche die nötigen Zollformalitäten erledigt, durchgeführt werden. Weil dietibetischen Heilmittel in Indien nicht nach europäischem Arzeimittelstandard hergestellt werden und es keine Qualitätskontrolle gibt, käme ohnehin nur ein besonders zuverlässiger Hersteller, wie das Tibetan Medical & Astro Institute in Dharamsala infrage. Das Haftungsproblem bleibt immer bei dem verschreibenden Arzt. Das Institut versorgt aber 37 Zweigstellen in ganz Indien – und die in Holland – und sieht sich mit zunehmenden Engpässen in der Beschaffung der Rohmaterialien konfrontiert: Es lehnt kategorisch eine Belieferung sowohl tibetischer Ärzte, die nicht zum Institut gehören, wie natürlich auch westlicher Ärzte ab.

Kürzlich hat das Tibetan Medical Institute drei “Over-the-counter” Pillen herausgebracht, die allein aufgrund ihrer Indikation von jedem Patienten eingenommen werden können, ohne einen tibetischen Arzt vorher zu konsultieren, also ohne Pulsdiagnose:

Men-Chik stärkt die Verdauungskräfte und hilft bei Anämie und niedrigem Blutdruck. Men-Nee ist bei Magenbeschwerden, Verstopfung, Bauchkrämpfen, Aufstoßen und Erbrechen. also eher bei akuten Beschwerden wirksam.
Men-Soom hilft bei Magen-Darm-Beschwerden, Magengeschwüren, Asthma und Husten.
Die Medikamente müßten über einen Apotheker – wie oben beschrieben – vom Tibetan Medical Institute einzuführen sein. (Adresse: Tibetan Medical & Astro Institute, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176 215 (H.P.), Indien. Telefon: 0091-1892-22618 oder23113,Fax: 0091-1892-24116)

Hier wird schon eine Tendenz deutlich, die wahrscheinlich im nächsten Jahrzehnt die Praxis der tibetischen Medizin vor allem im Westen verändern wird, nämlich die Medikamente ohne Pulsdiagnose nur nach ihrer Indikation abzugeben, aufgrund der Beschwerden oder einer schulmedizinischen Diagnose. Also genauso, wie bei uns die Akupunktur gehandhabt wird. In dem großen tibetischen Hospital in Lhasa, dem früheren Men-Tsee-Khang, wird seit Jahren bei jedem Patienten eine westliche Diagnose unter Einbeziehung westlicher Medizintechnik gemacht und nicht mehr allein aufgrund der Pulsdiagnose therapiert. Dies wird der Weg der Zukunft sein, auch wenn man dies bedauern mag.

In dieselbe Richtung weist die Therapie mit Padma 28: Die Kräuterpille wird von der Padma AG in der Schweiz nach einem burjätischem Rezept entsprechend den Schweizer Normen für Arzneimittelherstellung und Arzneimittelsicherheit hergestellt. Das Rezept ist bereits im vorigen Jahrhundert aus Burjatien, das zum tibetisch-mongolischen Kulturkreis gehört, nach St. Petersburg gekommen und bis in die 70erJahre in den Händen dergleichen Heiler-Familie geblieben.

Padma 28 wird aufgrund einer westlichen Diagnose genommen und erfordert keine vorherige Pulsdiagnose. Das Mittel ist in der Schweiz auch zu den Kassen zugelassen, aber nicht in Deutschland. Es kann aber hier auf Privatrezept über jede Apotheke bezogen werden. Die Dosierung beträgt anfangs dreimal zwei Tabletten täglich, sieht man nach einigen Wochen einen Erfolg – der sich wie bei allen Kräutermitteln erst langsam einstellt – kann die Dosis auf zweimal zwei reduziert werden. Die Pille kann allein oder zusätzlich zu anderen Medikamenten genommen werden, Nebenwirkungen treten nicht auf.

Ich möchte darauf hinweisen, daß die Padma AG neben einem Laxativum nach tibetischem Rezept lediglich Padma 28 herstellt. Die in dem Buch “Das Wissen vom Heilen” (5) angegebenen anderen Rezepturen sind dort nur der Vollständigkeit halber angeführt worden, werden aber derzeit nicht produziert. Auch hierzu kommen immer wieder Anfragen.

Padma 28 ist ein Gemisch aus 22 Einzelsubstanzen, davon 20 Kräutern. Jedes der verwendeten Pflanzenteile enthält zahlreiche Naturstoffe, so daß das Präparat insgesamt aus Hunderten von Inhaltsstoffen zusammengesetzt ist (6).Wie in allen Kräutergemischen wirken die Einzelkomponenten auf verschiedenen Ebenen gleichsinnig zusammen, können aber auch unerwünschte Wirkungen haben. Tibetische Kräutergemische sind aber, wie schon weiter oben erwähnt, so komponiert, daß bestimmte Nebenwirkungen der Haupt-Bestandteile durch andere Zusätze neutralisiert werden. Das gilt auch für die Zusammensetzung von Padma 28. Es gibt inzwischen eine Fülle von Forschungsberichten aus westlichen Ländern zur Wirkungsweise von Padma 28 (Literaturangaben bei 6). Seine beeindruckendste und am besten dokumentierte Wirkung hat Padma 28 beim intermittierenden Hinken oder Raucherbein als Folge-einer Arteriosklerose der Beinarterien. Hier scheint es den marktgängigen Mitteln überlegen zu sein. Wenn ein Patient auf seinem Weg von der U-Bahn in meine Praxis, eine Strecke von 250-300 m, vor der Einnahme von Padma 28 zweimal stehenbleiben mußte, diese Strecke aber schmerzfrei bewältigt, nachdem er Padma nur eine Woche lang eingenommen hat, dann ist das schon sehr beeindruckend und erscheint dem Kranken fast wie ein Wunder. Natürlich ist diese Wirkung nicht bei jedem Patienten zu erwarten.

Eine andere Indikation ist die chronische Bronchitis bei Kindern, die ein schwaches Immunsystem haben und daher infektanfällig sind. Hier kann man nach einer Behandlung von 1-6 Monaten, wenn nicht eine Heilung, so doch eine erhebliche Reduzierung der akuten Schübe sehen. Auch läßt sich eine wesentliche Einsparung allopathischer Mittel erreichen, besonders von Antibiotika, die ja ihrerseits das Immunsystem belasten. Aber auch bei Erwachsenen – ohne Emphysem – kann ein Therapieversuch durchaus lohnen, ebenso bei der chronischen Sinusitis.

Eine seltene Indikation ist die chronische Hepatitis B. Hier wendet die Schulmedizin derzeit Alpha-Interferon an, mit einer 50:50 Chance einer Überführung der Virusinfektion in eine leberunschädliche Phase. Padma 28 hat hier sicher keine größere Chance, die Langzeitbehandlung kostet aber nur einen Bruchteil einer Interferon-Behandlung und greift weniger massiv in das Immunsystem ein. Ich muß allerdings sagen, daß ich eine Normalisierung der Transaminasen – ohne leberbioptische Kontrolle vor- oder nachher – nur einmal gesehen habe. Andere Autoren haben über günstigere Ergebnisse berichtet.

Schließlich habe ich Patienten mit einer HIV-Infektion, die noch symptomlos waren, Padma 28 regelmäßig gegeben. Es besteht der Eindruck, daß dadurch das Immunsystem so gestärkt wird, daß sich das volle Krankheitsbild erst Jahre später entwickelt. Dies war in den Jahren, bevor man den heute üblichen Cocktail spezifischer Mittel gegeben hat. Im Einzelfall kann vielleicht mit Padma 28 der Zeitpunkt, von dem an ein Patient die nebenwirkungsreichen allopathischen Mittel nehmen muß, hinausgeschoben werden: Immunologische Untersuchungen bei Aids-Kranken haben gezeigt, dass durch Padma spezielle Teilsysteme des Immunsystems aktiviert werden, sodaß dadurch das GIeichgewicht zwischen eingedrungenen Viren und der Immunantwort des Körpers stabilisiert wird und die Viren sich nicht ungehemmt in den Immunzellen vermehren können.

Es ist experimentell in vitro nachgewiesen worden, daß die schwache Biostrahlung der sogenannten Freßzellen (Leukozyten) des Immunsystems durch Hinzufügen von Padma 28 verstärkt wird. Diese Zellen leuchten heller in Anwesenheit von Padma. Die Pille verändert also das Lichtfeld im menschlichen Organismus: Licht bestimmter Wellenlänge stößt aber gewisse Prozesse im Immunsystem an, die Entzündungen bekämpfen.

Freßzellen bauen Schadstoffe in ihrem Inneren ab, dabei entstehen kurzlebige Sauerstoffverbindungen, sogenannte peroxydierende Radikale. Bei einer chronischen Entzündung sind diese Zellen ständig aktiviert und geben die giftigen Radikale in den Körper ab. Dadurch wird eine Streßsituation des gesamten Immunsystems ausgelöst, die biologisch nicht mehr sinnvoll ist: Auch hier wirkt Padma 28 sich positiv aus. Die darin enthaltenen Gerbstoffe (Tannine, Flavonoide) haben eine Sauerstoffradikal-bindende Wirkung, die sehr viel stärker ist, als die der marktgängigen antioxydativ wirkenden Vitamine.

Ursachen für den oxydativen Streß sind falsche Ernährung, falsche Lebensweise, Umweltverschmutzung, Rauchen und Leistungsstreß, verbunden mit einer genetischen Disposition: Das alles sind Faktoren, die auch die tibetischen Ärzte für das Zustandekommen eines Ungleichgewichtes der Körperenergien verantwortlich machen. Dadurch kommt es am Endothel der Arterien zu bestimmten Veränderungen, zu Ablagerungen und vorzeitiger Alterung, die möglicherweise durch den antioxydativen Effekt von Padma 28 verhindert oder verlangsamt werden.

Andere in-vitro Untersuchungen haben einen deutlichen Einfluß auf die Thrombozyten-Aggregation und die Fibrinolyse gezeigt, sie verhindern also die Verklumpung von Thrombozyten. Über eine moderate Senkung der Blutfette ist ebenfalls berichtet worden: auch das sind Faktoren, die bei der Entstehung arteriosklerotischer Gefäßveränderungen eine Rolle spielen.

Es spricht nach meiner persönlichen Einschätzung und Erfahrung nichts dagegen, die nachgewiesene, gefäßprotektive und fibrinolytische Wirkung von Padma 28 zur Vorbeugung der Arteriosklerose allgemein und gezielt auch nach operativen, gefäßöffnenden Interventionen am arteriellen Gefäßsystem der Beine, der Nieren und des Herzens einzusetzen. Eine Re-Stenosierung kann damit möglicherweise verhindert werden. Auch Patienten mit einem entsprechenden Risikoprofil – “tödliches Quartett” – sollte man vorbeugend, gegebenenfalls zusätzlich zu anderen Medikamenten, Padma 28 geben. Klinische Studien zu diesem Indikationsbereich liegen aber nicht vor und sind in absehbarer Zeit schon aus Kostengründen kaum zu erwarten.

In dem Film “Das Wissen vom Heilen” und in der erwähnten TV-Sendung des Pastors Fliege kommen und kamen zwei Patienten zu Wort, die von einer fast wunderbaren Befreiung von ihrer Angina pectoris bei einer Koronarsklerose durch Padma 28 berichtet haben. Dementsprechend haben mich eine Reihe von Patienten gefragt, ob sie die vorgesehene Bypass-Operation oder gar eine Herztransplantation lassen und stattdessen Padma nehmen sollten. Diesen Kranken habe ich mit gutem Gewissen nur sagen können, daß sie ihrem Kardiologen vertrauen und die vorgesehene Operation durchführen lassen sollen. Diese zwei Fälle sind Einzelfälle und nicht gut dokumentiert.

Eine andere Indikation ergibt sich für mich aufgrund der immunmodulierenden Wirkung von Padma 28,die aber ebenfalls nicht durch Studien belegt ist: Das ist der Einsatz von Padma nach einer operativen und/oder chemotherapeutischen Behandlung eines Malignoms. Ist bereits eine Metastasierung eingetreten, wird man von Padma keine Wirkung erwarten dürfen.

Die Wirkungsweise von Padma 28 ist im Einzelnen nicht geklärt und wird vielleicht auch nie zu klären sein – wie bei allen derart komplexen Kräutermischungen. Vieles bleibt spekulativ, auch bei dieser Indikationsliste, die meiner eigenen Erfahrung seit 1984 entspricht und durch zahlreiche Studien zu Einzelfragen untermauert wird. Jedenfalls gehört Padma 28 zu den wenigen Naturheilmitteln, die intensiv untersucht worden sind. Es ist kein Allheilmittel, aber richtig eingesetzt könnten viele Patienten davon profitieren.

Literatur:

  1. Asshauer, E.: Tibetische Medizin. Medizinlehre und Pflanzenheilkunde der Tibeter. Paracelsusreport 6, Heft 6, 1997
  2. Qusar, N. u. J.- C. Sergen t: Tibetische Medizin und Ernährung. KnaurVerlag 1997
  3. Asshauer, E.:Tibets sanfte Medizin. Heilkunst vom Dach der Welt. Herder Spektrum Bd.462. Verlag Herder 1997
  4. Jork, K.: Mündliche Mitteilung 1997
  5. Reichle, F. (Herausgeber): Das Wissen vom Heilen. Haupt Verlag 1997
  6. Stiller, R., O.Kristof, J.Reichling: Padma 28 – ein traditionelles und modernes Phytotherapeutikum. Z. Phytotherapie 18, Heft 6, 1997

Copyright 1998 Dr.Egbert Asshauer
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Dr. Egbert Asshauer 

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