Übersicht dieser Ausgabe    Alle Paracelsus Magazine

aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/1998

Ganzheitliche Pflege zu Hause

Cover

Dank der Pflegeversicherung ist es heute vielen Familien möglich, alte und/oder kranke Familienmitglieder daheim zu pflegen. Dies geschieht dann oft mit der Hilfe der ambulanten Pflegedienste. Ob es sich bei dieser Hilfe um Grundpflege und/oder Behandlungspflege (Verbände, Insulin spritzen) handelt, liegt im Ermessen des behandelnden Arztes und der Angehörigen. In einer Krankenschwester/einem Pfleger findet die pflegende Person dann Unterstützung und Beratung bei der anfallenden Pflege.

Fallbeispiel:
Ein 85jähriger Patient wird nach einem Oberschenkelhalsbruch aus dem Krankenhaus entlassen. Er hat noch einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus und vom langen Liegen eine kleine offene Druckstelle an der Ferse. Zu Hause betreut ihn die Schwiegertochter mit Hilfe eines Pflegedienstes. Der Hausarzt verordnet Grundpflege und Behandlungspflege. In diesem Fall: 2 x täglich Insulin zu spritzen und 1 x täglich einen Verbandswechsel an der Ferse vorzunehmen. Es kommt also ein/e Schwester/Pfleger, die/der den Patienten wäscht, Insulin spritzt und den Verband wechselt. Von der Schwiegertochter wird er mit Wäsche und Nahrung versorgt.

Was ist aber ganzheitliche Pflege?

Es gab in letzter Zeit eine erfreuliche Entwicklung, nämlich die der Rückkehr zu einer umfassenden, ganzheitlichen Sicht der Gesundheit des Menschen. Das Kennzeichen dieser neuen Entwicklung ist vor allem die Wiederaufnahme alter humanistischer Werte, somit ist die Wechselwirkung von Geist, Körper und Umgebung wichtig.

Dieser Zustand des Gleichgewichts kann erreicht werden durch:

  • ein neues Pflegeverständnis der Ganzheitlichkeit (Wer Impulse der Ganzheitlichkeit setzt, lebt und verwirklicht schon Ganzheitlichkeit. Wer sich bemüht, den Menschen zu verstehen, ihn in seinen Möglichkeiten und Grenzen sieht, ist schon ein Träger der Ganzheitlichkeit.)
  • Förderung und Erhaltung der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit eines alten und/oder kranken Menschen
  • Einbeziehung der mit der Pflege betrauten Personen (Angehörige, Freunde, usw.) in die Arbeit und deren Unterstützung durch Gespräche oder Ratschläge
  • Naturheilkunde mit sanften Mitteln zur Prophylaxe und Therapie.

Der Pflegedienst, in dem ich als Krankenschwester tätig bin, arbeitet in der Pflege und Pflegeplanung nach dem Konzept von Nancy Roper. Dieses Model, arbeitet mit den noch zu aktivierenden Ressourcen, also mit der Aufforderung, sich nicht mit dem Kranken als Patient allein, sondern ebenso sehr mit dem Gesunden in ihm zu beschäftigen und untergliedert sich in 12 Punkte:

  • Kommunikation
  • Bewegung
  • Vitalfunktionen
  • Körperpflege
  • Ernährung
  • Ausscheidungen
  • Bekleidung
  • Schlaf
  • Beschäftigung
  • Intimsphäre
  • Umgebung
  • Soziale Kontakte

Diese 12 Punkte umfassen sowohl den Körper und den Geist, als auch die Umgebung eines alten und/oder kranken Menschen. Somit wird dieses Konzept ein Teil der ganzheitlichen Pflege. Dazu gehört aber auch die Naturheilkunde, die im wesentlichen einen wichtigen Beitrag zur Wiederherstellung und zur Erhaltung der Gesundheit beitragen kann.
Ich möchte hier auf einige Punkte eingehen und mit deren Hilfe ganzheitliche Pflege deutlich machen. Unter den Punkt Vitalfunktionen fallen Atmung, Puls, Blutdruck und Temperatur. Sehen wir uns einmal die Atmung an:

Bedeutung des Atems

Atmen macht den Körper lebendig. Atem wird zur Energiegewinnung gebraucht. Die optimale Sauerstoffversorgung der Zellen garantiert effektives Arbeiten aller Gewebe und Organe. Atem hat einen Einfluß auf das Sprechen und eine enge Beziehung zu Puls und Blutdruck.

Atempflege bei alten und/oder kranken Menschen durch Atem fördernde Möglichkeiten:

  • Auffordern zum tiefen Durchatmen (Eigenaktivität).
  • Hände der Schwester, die auf dem Brustkorb oder der Bauchdecke des Patienten liegen, wegatmen.
  • Oberkörper hoch lagern.

Atmung unterstützen durch

  • Befeuchten der Luft und der Atemwege im häuslichen Bereich, z.B. durch Aufhängen nasser Tücher im Raum.
  • Inhalieren; hier werden bestimmte Stoffe zu therapeutischen Zwecken in die Luftwege gebracht.
  • Heilkräuter mit therapeutischer Wirkung im Atembereich: Thymian: schleimlösend, entzündungshemmend Salbei: entzündungshemmend Lungenkraut: schleimbildend, auswurffördernd und andere als Tee, Sirup, Inhalations- und Badezusätze

Als nächstes betrachten wir den Punkt Schlaf

Bedeutung des Schlafes

Schlafen ist ein vorwiegend nächtlicher physiologischer und psychischer Erholungszustand. Die Bedeutung des Schlafes für die Körpervorgänge ist nicht eindeutig geklärt. Jedenfalls stellen wir nach einer ungestörten Nachtruhe fest, daß sich unsere Leistungsfähigkeit und unser Wohlbefinden gebessert haben.

Schlafförderung durch:

  • Vorbereitung des Patienten auf die Nacht
    – die Pflegebedürftigen sollen sich wohlfühlen
    – sie müssen physiologisch richtig liegen
    – es dürfen keine Schmerzen verursacht werden
    – die Atmung darf nicht behindert sein
    – die Ausscheidung muß evtl. durch einen Abendspaziergang ermöglicht werden
  • Natürliche Maßnahmen und pflanzliche Mittel
    – warme Milchgetränke oder warmes Bier
    – Duftkissen mit Lavendel – Tees aus: Johanniskaut, Baldrian, Hopfen, Hafer, Melisse
    – Wechselfußbäder
    – Fußmassagen
    – Entspannungsübungen

Das waren zwei Beispiele, die den Körper betrafen, jetzt wenden wir uns dem Geist zu und sehen uns den Punkt Kommunikation an.

Bedeutung der Kommunikation

Für diese Menschen bedeutet Kommunikation besonders viel. Sie können ihr Selbstwertgefühl nicht mehr aus ihren beruflichen, familiären und gesellschaftlichen Leistungen beziehen, sondern sind auf ihre Person zurückgeworfen. Kommunikation macht den Menschen zum Mitmenschen. Kommunikation kann den Betroffenen geistig fit halten und ihn vor emotionalerVerarmung schützen.Ohne Kommunikation beginnt auch ein Rückzug von der Gesellschaft und somit die Isolation.

Hilfe durch Angehörige und Pflegepersonen

Bereitstellung funktionierender Hör- und Sehhilfen, Zahnprothesen, Telefon, Fernseher, Kassetten, Zeitungen; Motivation zum Gebrauch der Hilfen, Anleitung zum Umgang geben. Viel mit alten Menschen sprechen und vorlesen.

Bleibt jetzt noch die Umgebung und hierzu sehen wir uns die “Sichere Umgebung” an

Umgebung – Bedeutung von Sicherheit

Alle Menschen streben für ihr Wohlbefinden und ihre Lebensgestaltung eine sichere Umgebung an. Das Alter wirkt sich besonders auf die Möglichkeit, selbst für Sicherheit sorgen zu können, aus. Wenn bei alten Menschen Sinneswahrnehmungen, Reaktionsgeschwindigkeit und Bewegungsfähigkeit abnehmen, heißt es für “Sicherheit sorgen”.

Sicherheit schaffen durch:

Sichere Pflege und Verläßlichkeit, spezielle Pflegebetten, Anleitung zum sicheren Umgang mit Hilfsmitteln, Sicherheit durch Überwachung der Medikamenteneinnahme, Notrufsysteme.

Ganzheitliche Pflege daheim hat Zukunft. Die Bewegung für mehr Gesundheits- und Krankenpflege zuhause wird sich durchsetzen, wenn auch mit Rückschlägen und Verzögerungen. In der Gesundheitspolitik braucht man einen langen Atem.

Andrea Okorom
Karlstraße 140
76137 Karlsruhe
Krankenschwester/HPA

Schlaftee:

10 g Melissenblätter
10 g Baldrian
10 g Lavendelblüten
5 g Malvenblüten
5 g Orangenblüten

2 Teelöffel mit einer Tasse Wasser aufkochen, dann abseihen, mit Honig süßen, abends 1 Tasse trinken

Pflegeverständnis:

Altes Paradigma

Neues Paradigma

Pflege und Behandlung orientieren sich an Symptomen

Gepflegt wird der ganze Mensch. Die Zusammenhänge zwischen Lebensproblemen und aktueller Krankheitssituation werden berücksichtigt

Das Pflegekonzept läuft auf dem Hintergrund des Musters: “Diagnose, Symptome,Therapie und Pflege”

Das Pflegekonzept ist ganzheitlich. Ausgangslage ist die Situation des Kranken. Der Prozeß umschließt denken, handeln, fühlen: “Situation, Probleme und Ressourcen, Ziele, Pflegemaßnahmen”

Die Pflegeperson pflegt intuitiv-unbewußt oder rational / analytisch

Die Pflegeperson verbindet ihre intuitiven und rationalen Fähigkeiten. Sie entwickelt ein integrales Verständnis: denken, fühlen, handeln

zurück zur Übersicht dieser Ausgabe
Paracelsus SchulenWir beraten Sie gerne
Hier geht's zur Paracelsus Schule Ihrer Wahl.
Menü