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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 2/1999

Heilung

Cover
r9902_he1Ist der Zauber, in den Wissenschaft, Forschung und überlieferte Behandlungsmethoden den Menschen gebannt haben, die Illusion einer Gesundheitsgarantie? Entbindet dieser Zauber den Menschen von seiner Verantwortung, die eigene Gesundheit in seiner geistigen Einstellung zu sich selbst zu suchen?

Ist es überhaupt möglich, sich einfach auf Einwirkungen von außen zu verlassen, die uns immer wieder “retten” sollen, und dabei von Heilung zu sprechen? Wenn man davon ausgeht, daß jede Bewegung, jede Handlung, jede Idee Magie ist, weil sie bemerkt oder unbemerkt äußerliche Veränderungen herbeiführen, die oberflächlich gehaltene Reaktionen auf äußere Erscheinungsformen darstellen, ergibt sich nur noch die Frage, ob z.B. Pillen, Nadeln, Operationen oder auch eine Verhaltenstherapie lediglich die jeweils aktuelle äußere Erscheinungsform einer tiefer sitzenden, ignorierten Krankheit beseitigen und ob das nicht lediglich eine bewußter eingesetzte und raffiniertere Art der Wahrnehmungsmanipulation ist: Die Magie der Wissenschaft.

Liegt im Gegensatz zum Begriff “Magie” in dem Begriff “Heilung” nicht sehr viel mehr als eine zwar willkommene, jedoch recht kurzfristige oder von der Gefahr der Symptomverschiebung überschattete Symptombeseitigung? Magie heilt, so gesehen, die eigentliche Krankheit nicht. Sie kann im besten Fall zu einer Pause vom Leid führen, die vom Menschen zu einem geistig-seelisch-körperlichen Veränderungsprozeß genutzt oder als Alibi mißbraucht werden kann.

Der Arzt, Heilpraktiker oder Psychologe sollte sich dessen bewußt sein, daß alles, was er von der Wissenschaft gelernt hat, keineswegs eine objektive, allgemeingültige und definitive Heilkraft besitzt. Seine Gedanken über das, was er in seiner persönlichen Wahrnehmungswelt an Manipulationsmöglichkeiten gelernt hat, geben seinem Traum von der “machbaren” Heilung Macht. Er wird Magier. Er glaubt also daran, daß Heilung von ihm produziert werden muß, und nicht daran, daß Heilung nur gefunden werden kann, wo sie wirklich ist: in jedem Menschen selbst, tief unter der Schuttschicht seiner willkürlich gewählten “Ausdrucksweisen”, die Symptome genannt werden. Es ist menschenunwürdig, diese Hilferufe der Seele zu beseitigen, ohne danach zu fragen, wozu sie dienen.

Erzwingen kann er nicht, daß der leidende Mensch seine geistige Einstellung und Ausrichtung erkennt und ändert, aber er könnte ihm den Gedanken anbieten, daß seine Symptome eine Ausdrucksweise sind, eine Sprache der Seele, eine Nachricht, ein Hilferuf. Der Helfer könnte den Hilfesuchenden dabei unterstützen, wirkliche Heilung zu erlangen, wenn er selber wüßte, wo Heilung und Gesundheit sind. Sein Einverständnis mit dem außenfokussierten “Machen”, mit dem Be-Handeln der äußeren Zeichen menschlicher Irrtümer mit den Zaubermitteln seiner Welt, ist ein Ausdruck seiner Angst davor, seine eigene Ganzheit und demzufolge auch die wirkliche Quelle von Gesundheit zu erkennen und zu vermitteln. Innerhalb von Wahrnehmung entspricht diese Angst der Normalität. Solange eine Seele es nötig hat, wird sie Informationen über all das sammeln, was nicht als wirkliche Heilung angesehen werden kann.

Der Patient, der Hilfesuchende: Er tendiert dazu, die Verantwortung für seine Gesundheit einem anderen Menschen zu übergeben. So haben wir es in unserer “Normalität” gelernt, indem wir vor der eigentlichen Problematik der mangelnden Eigenzuwendung die Augen der Seele verschließen und verlangen, daß irgend jemand anderer doch irgend etwas tun solle, um das eigene Leiden zu beenden. Wenn sich ein seelischer Schmerz somatisiert, tendiert der Mensch dazu, nur noch das offensichtlichste, äußere Zeichen als Ursache für sein Unwohlsein anzuerkennen und unterliegt oft der Versuchung, diese Zeichen vernichten lassen zu wollen, ohne das eigentliche Problem bewußt ansehen zu wollen. In diesem Augenblick verleugnet er seine Ganzheit, die er trotz seiner Krankheiten, die manchmal dem Tod die Hand reichen wollen, immer noch in sich trägt. Die zur Schau gestellte Zuwendung eines anderen Menschen, der sich ausschließlich auf seine oberflächlichen, auf Veränderung körperlichen Materials ausgerichteten, magischen Lösungen zur Symptombeseitigung verläßt, ist für den Hilfesuchenden ohne geistige Ausrichtung ein Zeitverlust, in manchen Fällen eine Hilfe zur Selbstzerstörung. Tun ist immer Magie, daher ist es sehr wichtig, vor jeder Handlung nach dem “Wozu” zu fragen. Ist die Antwort nicht wirklich eindeutig für Heilung, gilt das Motto “Weniger ist Mehr”. Wunderbar wäre die Vermittlung des Gedankens einer trotz allem unzerstörbaren Ganzheit als geistige Quelle der Gesundheit von Seele und Körper. Wunderbar wäre die wahre Zuwendung eines Menschen, der sich zuerst an sein Innerstes gewandt hat und durch Übung gelernt hat, daß dieser Geisteszustand, den er in sich gefunden hat, alles bereitstellt, ausströmt, hilft und auch heilt.

Sind “Arzt” und “Patient” nicht zu den gleichen inneren Schritten aufgefordert? Die “Göttlichkeit”, die der Patient vom Arzt erwartet, steckt in ihm selbst wie in jedem Menschen. Aber erst wenn er wirklich glaubt und sich darauf verläßt, daß es so ist, kann er Hilfe und Unterstützung erfahren. Das Fordern der Göttlichkeit von einer anderen Person, indem man seine eigene verleugnet, ist ein Mißtrauensakt in genau das Göttliche, das man will und hat. Zweifel und Mißtrauen an der eigenen Ganzheit heilen nichts und niemanden, sondern bilden eine Mauer gegen das eigene Selbst. Jedoch kann jeder Mensch Vertrauen in das Wahre, Gute und Heilende in sich finden. All das steht ihm von seinem natürlichen Wesen her zu. Und jeder, der das anerkannt hat, wird mit dem Herzen Heilung erfahren und vermitteln.

Autor
Maria Teresa Cicuttini Herwig
Psychotherapeutin

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