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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/1999

Formen und Ursachen der Angst

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Was ist Angst?

Sinnvolle Angst ist ein Alarmsystem des Körpers, das warnt und vor unüberlegtem Handeln schützen soll. Sie fördert die Leistungsfähigkeit des Menschen, indem sie Wachheit und Vorsicht und sämtliche Funktionen des Organismus aufs höchste steigert. In diesen Krisensituationen werden zusätzliche Energien freigesetzt, um auf die bestehende Situation angemessen handeln zu können. Doch das System funktioniert nicht immer richtig. Übersteigt die Angst ein gewisses Maß an Erregung, sinkt die Leistungsfähigkeit zu sinnvollem und vorsichtigem Handeln. Die Angst schützt nicht mehr, sondern blockiert, engt ein und kann krankmachen. Auch eine zu schwache Reaktion auf das Alarmsystem Angst kann zur Gefährdung werden: Unfälle im Straßenverkehr zeigen z.B. oft an, das durch einen zu schwachen Angstmechanismus ein Überholmanöver nicht objektiv der Gefahrensituation angepaßt wurde. Das Risiko ist nicht als Wagnis erkannt worden.

Körperliche Reaktion bei Angst

Mindestens eins der zahlreichen körperlichen Veränderungen im Angstzustand ist jedem bekannt: Änderung der Hautfarbe (Blässe, Röte), -feuchtigkeit, beschleunigter Herzschlag, Anstieg des Blutdrucks und der Atemtätigkeit, Zittern, Schwindelgefühl, Übelkeit oder Durchfall. Das System funktioniert folgendermaßen: Von den Sinnesorganen werden die Reize aufgenommen und an die Hirnrinde weitergemeldet und damit „Gefahr” assoziiert. In einem Teil des Zwischenhirns, dem Hypothalamus, entstehen Angstemotionen, die an die Hirnanhangsdrüse, der Hyphophyse, gemeldet werden. Jetzt wird von dort das Hormon Adrenocorticotropes in die Blutbahn ausgeschüttet. Dadurch beginnt die Nebennierenrinde, insbesondere das Adrenalin auszuschütten, wodurch der Organismus in höchste Kampf- und Fluchtbereitschaft versetzt wird. Gleichzeitig wird über den Hypothalamus das vegetative Nervensystem aktiviert: die beschriebenen körperlichen Veränderungen können dadurch bewußt wahrgenommen werden. Der Zustand der Erregung wird an das Stammhirn gemeldet, dessen Teilsystem, die reticuläre Formation, Impulse zur Großhirnrinde aussendet. Als Folge werden alle Umweltreize verschärft wahrgenommen und verarbeitet. Der Körper hat so in kürzester Zeit alle notwendigen Energien bereitgestellt, um auf die Situation optimal zu reagieren.

Individuelle Angst

Menschen reagieren individuell auf Angst durch ihr autonomes Nervensystem. Es ist verantwortlich für alle Organe, die von selbst funktionieren (Herz, Atmung, Verdauung). Daher spüren manche Menschen bei Angst z.B. Magenbeschwerden, andere haben Schwierigkeiten mit Herz- oder Kreislauf. Individuell verschieden ist auch die Gewöhnung des Organismus auf immer wiederkehrende Außenreize: während manch einer Gefahrensignale übersieht, weil er sich an sie gewöhnt hat, kommt es bei manch anderen auch nach ständig wiederkehrenden gleichen Reizen zu keiner Gewöhnung daran. Die Fähigkeit auf bestimmte Reize nach einiger Zeit neutral zu bleiben, nennt sich Adaption. Ohne sie wären wir ständig alarmiert und kämen nie zur Ruhe. Wer sich zu schnell an Gefahrensignale gewöhnt, lebt gefährlich (z.B. Im Straßenverkehr). Wer sich nur langsam oder gar nicht daran gewöhnt, neigt durch ein zu hohes Erregungsniveau und zu geringer Adaptionsfähigkeit zu erhöhter Angstbereitschaft.

Gelernte Angst

Im Laufe des Lebens können ursprünglich neutrale Gegenstände oder Situationen in Verbindung mit unangenehmen Reizen (Konditionierung) angstauslösend wirken. Der Gegenstand (z.B. Spinnen) oder die Situation (fahrstuhlfahren) wird dann in Zukunft gemieden und kann sich u.U. dadurch noch verstärken. Ein andere Entstehungsmechanismus von Angst kann im Beobachtungs-Lernen von Kindern liegen, die das ängstliches Verhalten Erwachsener in ihrer Umgebung imitieren. Chronische Überforderung, die den Organismus ist einen dauernden Alarmzustand versetzt, kann einen Menschen schon bei geringsten Anlässen aufs äußerste erregen. Auch diese emotionalen Reaktionen haben oft den Charakter von Angstzuständen. Ebenso können körperliche Erkrankungen wie z.B. Leberkrankheiten oder Mangel an Vitamin B 1 plötzlich auftretende Angstzustände verursachen.

Alltagsstrategien gegen Angst

Ständiges Vermeiden von angstauslösenden Situationen kann bis zur Einengung wesentlicher Lebensbereiche führen. Außer der Löschung durch das wiederholte Aufsuchen angstmachender Situationen (Verhaltenstherapie) führt auch die Ablenkung der Gedanken auf positive Gefühle oder die wiederholte Vorstellung der furchtauslösenden Situation oftmals zur Überwindung einer Erwartungsangst.
Entspannung: zur Dämpfung von Erregungs- und Angst-zuständen empfiehlt sich das Erlernen der progressiven Muskelentspannung nach E. Jacobson (s. PARACELSUS- Report 6/98) oder von autogenem Training. Es kann auch zur Minderung von Erwartungsangst (z.B. vor Prüfungen) angewandt werden. Im Entspannungszustand sollte hier gleichzeitig mit einer langsamen Steigerung der Vorstellung an der angstempfundenen Situation gearbeitet werden.

Unangemessene Angst in sozialen

Bei Unsicherheit und Angst im Umgang mit anderen Menschen sollte das Erlernen von angemessenen Forderungen an Mitmenschen und Umwelt im Vordergrund stehen. Selbstbewußter aufzutreten, Kritik zu üben, Gefühle spontan auszudrücken und sich zur Wehr setzen, wenn andere sich unangemessen verhalten, sollte stufenweise erlernt und immer wieder im Alltag geübt werden.

Ursula Gruschka
Heilpraktikerin für Psychotherapie

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