Übersicht dieser Ausgabe    Alle Paracelsus Magazine

aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2012

Cantharidenpflaster – ein “Allzweck-Heilmittel”

Cover

© olly - Fotolia.comAusleitende Therapieverfahren haben auch in der modernen Naturheilpraxis einen hohen Stellenwert. Trockenes oder blutiges Schröpfen ist dabei ebenso beliebt wie Baunscheidtieren. Etwas in Vergessenheit geraten ist allerdings das altbewährte Cantharidenpflaster. Ganz zu Unrecht, denn der wichtigste Inhaltsstoff dieses Pflasters, das Cantharidin, kann enorme Heilkräfte entwickeln.

Cantharidin ist ein aus der Spanischen Fliege gewonnenes natürliches Arzneimittel, das eine sehr stark hautreizende Wirkung hat. Die fertigen Cantharidenpflaster gibt es in der Apotheke zu kaufen und sollten nur nach Absprache mit einem Therapeuten verwendet werden. Sie können aber auch selbst hergestellt werden, insbesondere wenn eine bestimmte Größe benötigt wird.

Wirkungsweise

Kaum ist das Pflaster aufgeklebt, kommt es so zu einer sehr starken Durchblutung des behandelten Gebietes und damit zu einer Erweiterung der Blutgefäße. Die Folge davon ist eine verstärkte Giftstoffausscheidung aus dem Lymph- und Blutkreislauf in das behandelte Gebiet und dadurch eine Quaddelbildung auf der Haut. Bleibt das Pflaster dann weiterhin auf dieser Hautstelle kleben, entsteht durch die Ansammlung von Lymphflüssigkeit nach etwa 24 Stunden eine große, mit Lymphe gefüllte Blase. Nur bei empfindlichen Patienten, vor allem bei Menschen mit roten oder blonden Haaren, tritt die Blasenbildung schon früher ein. In der Regel merkt der Patient selbst, wann es soweit ist, denn er spürt die Blasenbildung durch ein leichtes Brennen und Ziehen auf der Haut. Jetzt sollte das Pflaster aber noch einige Zeit kleben bleiben. Je länger es einwirkt und je größer die Flüssigkeitsansammlung in der Hautblase ist, desto besser ist die Heilwirkung.

Schon Paracelsus, der berühmte Arzt des Mittelalters, sagte sinngemäß: „Wo die Natur Schmerzen erzeugt, deutet sie an, dass sie schädliche Stoffe ausleeren will.“ Genau das ist die Wirkung des Cantharidenpflasters. Durch die extreme Hautreizung und die verstärkte Durchblutung werden Schadstoffe aus dem Gewebe abgezogen und gleichzeitig vermehrt Nährstoffe hintransportiert. Zusätzlich hat die Hautreizung eine anregende Wirkung auf das Nerven- und Kreislaufsystem, wodurch es schnell zu einer schmerzstillenden und krampflösenden Wirkung im behandelten und umgebenden Körpergebiet kommt. Weiterhin werden Blut- und Lymphstauungen aufgelöst, sodass die lebensnotwendige Körperenergie wieder ungestört fließen kann.

Anwendungsgebiete

Diese umfassende Wirkung des Cantharidenpflasters erklärt letztlich auch seine große Einsatzfähigkeit. So kann es bei rheumatischen Erkrankungen direkt über das schmerzende Schulter-, Hüftoder Kniegelenk geklebt werden. Auch bei Beschwerden an der Wirbelsäule platziert man es am besten direkt auf den schmerzenden Stellen. Bei Ischiasschmerzen, insbesondere wenn sie schon chronisch sind, können einige kleine Pflaster, die auf die typischen Druckschmerzpunkte im Lendenwirbel- und Sakralbereich, auf der betreffenden Gesäßbacke, auf dem äußeren Fußknöchel oder Schienbeinköpfchen geklebt werden, schon bald spürbare Linderung verschaffen.

Auch Kopfschmerzen, Migräne, Ohrensausen, Schwerhörigkeit, Schwindel und sogar Trigeminusneuralgien lassen sich positiv beeinflussen, wenn das Pflaster hinter das jeweilige Ohr oder im Bereich des Nackens aufgeklebt wird.

Klebt man es dagegen auf die Kieferwinkel, lassen sich chronische Mandelentzündungen oder Mandelabszesse gut behandeln.

Selbst bei Beschwerden im Brustraum hat sich das Pflaster bewährt. Wird es zum Beispiel über dem linken Schulterblatt angelegt, können Angina-Pectoris-Beschwerden gebes sert werden. Seine krampflösende Wirkung macht sich auch beim Asthma bronchiale oder hartnäckigem Husten positiv bemerkbar. Hierzu wird es allerdings nicht direkt über die Bronchien, sondern auf die Rippengegend des Rückens oder den Unterschenkel gesetzt. Therapeutisches Ziel dabei ist, die Blutüberfüllung im Bereich von Lunge und Bronchien abzuleiten, um so eine Atmungserleichterung zu erreichen.

Aber nicht nur bei schmerzhaften Erkrankungen, chronischen Entzündungen oder Neuralgien lässt sich das Cantharidenpflaster erfolgreich einsetzen. Selbst bei nervlichen Störungen wie Depressionen, der vegetativen Dystonie oder dem heute so oft zitierten Burnout- Syndrom sollte man einen Versuch wagen. Hier hat es sich bewährt, ein etwa 10 x 10 cm großes Pflaster über dem vierten und fünften Lendenwirbel aufzukleben, und zwar genau da, wo meist eine tast- oder sogar sichtbare Erhebung zu erkennen ist. Möglicherweise lässt sich hier die Wirkung dadurch erklären, dass eine bessere Versorgung und Entgiftung der unteren Energiezentren des Körpers erreicht und somit eine Regulierung des Hormonhaushalts bewirkt wird.

Besonderheiten der Therapie

Natürlich muss das Pflaster äußerst vorsichtig entfernt werden, möglichst ohne die Hautblase zu verletzen. Nach der Desinfektion der Blase kann sie mit einer sterilen Nadel aufgestochen werden, sodass die Flüssigkeit abläuft. In meiner Praxis hat es sich jedoch als wirkungsvoller erwiesen, die Blase mit einer sterilen Injektionskanüle anzustechen und den Blaseninhalt mit einer Spritze aufzusaugen. Etwa 1 bis 2 ccm davon wird dann dem Patienten in den Gesäßmuskel injiziert. Der Sinn davon ist, im Körper des Patienten eine zusätzliche Stoffwechselanregung zu erreichen, um so die Abwehrkräfte zu mobilisieren.

Die Blasenhaut sollte möglichst nicht entfernt werden, sondern erhalten bleiben. So bietet sie einen guten Schutz vor Infektionen. Nach der Behandlung wird der Blasenbereich dann mit einer sterilen Wundgaze abgedeckt.

Niemand darf jedoch erwarten, dass bereits nach einer Anwendung eine langfristige Besserung eintritt. Es ist daher sinnvoll, die Therapie mehrfach zu wiederholen. Sie sollten allerdings mit dem Aufkleben eines neuen Pflasters immer so lange warten, bis die alte Behandlungsstelle vollständig abgeheilt ist. Wichtig ist auch, den Patienten darauf hinzuweisen, dass nach der Anwendung des Pflasters auf der behandelten Hautfläche für einige Zeit eine bräunliche Pigmentierung zurückbleiben kann, die nur langsam verblasst. Bei Patienten mit sehr empfindlicher Haut kann es auch passieren, dass diese schwache Verfärbung nie mehr ganz verschwindet.

Bei bestehenden Blasen- und Nierenreizungen ist die Anwendung des Pflasters ebenfalls tabu, gleiches gilt für geschädigte, sehr sensible Haut. Generell sollte es auch niemals auf Schleimhäute oder im Bereich der Nieren aufgeklebt werden, da es zu einer Nierenreizung führen kann. Bei meinen Patienten habe ich es mir deshalb angewöhnt, parallel zur Pflaster- Behandlung pflanzliche oder homöopathische Mittel zur Anregung der Blasen- und Nierenfunktion einzusetzen, da diese nicht nur diese wichtigen Ausscheidungsorgane schützen, sondern zusätzlich auch die Körperentgiftung unterstützen.

Manfred Backhaus
Manfred Backhaus
Heilpraktiker, Journalist und Autor naturmedizinischer Ratgeberbücher
service@provital-online.de

zurück zur Übersicht dieser Ausgabe
Paracelsus SchulenWir beraten Sie gerne
Hier geht's zur Paracelsus Schule Ihrer Wahl.
Menü