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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2012

Mexihka Pactli

Eine alte Heilmethode aus Mexiko wird wiederentdeckt

Die Mexihka Pactli ist eine Jahrtausende alte, aus Mexiko stammende Heilmethode, die von der olmekischen Kultur gegründet und später von den Tolteken und Mexihkas weiterentwickelt wurde. Nach der Entdeckung Südamerikas durch die spanischen Kolonialmächte konnte sie nur noch im Geheimen praktiziert werden, da die Eroberer sie für Teufelswerk hielten. Es gelang den Mexihkas jedoch, einen großen Teil ihrer Kultur und ihres Heilwissens über 500 Jahre hinweg zu erhalten.

Der Weg nach Europa

Eine junge österreichische Ethnologin, Brigitte Rattay, setzte sich während ihres Studiums Ende der 1990er Jahre mit den alten Heilmethoden Mexikos auseinander und beschloss aufgrund dürftiger Literaturquellen, selbst nach Mexiko zu reisen. In der Nähe von Teotihuacan wurde sie von einer Heilerin als Schülerin aufgenommen, mit der sie nach der Ausbildung Seminare entwickelte, um das alte Wissen auch in Europa zu verbreiten. 2004 begannen sie in Wien, später auch in London, Salzburg und München mit der Vermittlung der traditionellen Praktiken.

Die Methode der Mexihka Pactli

„Verehre, was du hörst, aber ziehe es in Zweifel“ – mit diesen Worten ermutigt die Philosophie der Mexihkas jeden, alles Gesprochene kritisch zu hinterfragen, ohne die Achtung vor neuen und fremdartigen Dingen zu verlieren. Die Fremdartigkeit beginnt bereits in der Sprache: Die Mexihkas sprechen Nahuatl, eine Ursprache, die inzwischen nur noch in abgelegenen Regionen Mexikos gesprochen wird und übersetzt „Sprache des Universums“ bedeutet. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass man bereits mit dem Aussprechen von Worten nicht nur Sachen benennt, sondern zugleich mit ihnen in Kontakt tritt, sie herbeiruft und aktiviert. „Mexihka“ bedeutet „das Zentrum der Welt“ und meint damit das eigene Zentrum, die eigene Welt so zu definieren, wie man sie benötigt, um mit sich im Einklang zu sein. Es geht darum, die Individualität und Einzigartigkeit eines jeden zu aktivieren, den Menschen zu einem inneren Kontakt zu sich selbst finden zu lassen, um sich wieder zu spüren, Wünsche wahrzunehmen und sein Leben wieder individuell nach den eigenen Bedürfnissen gestalten zu können: sein Glück zu finden und dieses Glück zu leben.

Heilungsmöglichkeiten

In der Medicina Mexihka werden nicht Krankheiten behandelt, sondern der Mensch. Jede Krankheit hat eine Ursache, es gilt jedoch herauszufinden, welche Ebene des Menschen dabei betroffen ist. Die Mexihka-Tradition unterscheidet dabei vier Ebenen:

Die körperliche Ebene

Zur Behandlung der körperlichen Ebene wird eine spezielle medizinische Massage angewendet, die sogenannte Tlahuayotl. Ihre intensive Wirkung ist mehrschichtig. Zum einen wird jedes Organ mehrmals über Akkupressurpunkte stimuliert und gekräftigt. Eine Aktivierung von verschiedenen Energiebahnen löst Blockaden und Verhärtungen auf. Gleichzeitig hat sie eine entgiftende und entschlackende Wirkung und wirkt beruhigend auf die seelisch-geistige Ebene. Durch die Erwärmung der Muskulatur können Schritt für Schritt Schiefstellungen der Knochenstrukturen behoben werden.

Die mentale Ebene

Die Art zu Denken bestimmt nicht nur die Funktion der Organe und der Zellen. Sie ist auch ausschlaggebend für unsere Ausstrahlung z.B. dafür, was jeder Mensch in sein Leben zieht. Durch Unsicherheiten und Ängste geprägte Menschen beeinflussen ihren ganzen Organismus und ziehen zudem genau solche Situationen in ihr Leben, die sie vermeiden wollen. Mit Hilfe von Reinigungen, sogenannten Limpias, wird diese mentale Ebene behandelt. Dabei kommen verschiedene Naturprodukte zum Einsatz, die die negativen Energien aufnehmen und dafür ihre kräftigende und ausgleichende Essenz an den Menschen weitergeben. Auf der Ebene des Denkens kommen die Kräuter zum Einsatz, die die Aura reinigen und so zu einem positiven Magnetismus führen. Die Eier-Limpia arbeitet auf zellulärer Ebene. Das Ei, als eine große Zelle, ist in der Lage, aus den Zellstrukturen des Menschen negative Energien herauszuziehen. Zu diesen negativen Energien werden alle destruktiven, krankmachenden Gedanken und Emotionen gezählt, die sich u.a. auf der Zellebene verankern. Weitere Reinigungen sind die Feuer-Limpia und die Räucherungen, die zur Befreiung von Fremdenergien herangezogen werden.

Die seelische Ebene

Unter der seelischen Ebene verstehen die Mexihkas den Bereich, den man auch „Spirit“ nennt. Jenen Teil in uns, der uns mit Lebenskraft erfüllt. Nach Ansicht der Mexihkas kommen wir „beseelt“ auf die Welt, d.h., wir bringen alle Talente mit, um ein erfülltes und glückliches Leben zu führen. Traumatische Erlebnisse – physischer oder psychischer Art – führen zu einem seelischen Ungleichgewicht. Die Seele erleidet einen Schreck (spanisch „Susto“), zieht sich zusammen und lässt Platz für schwächende Strukturen. Zu diesen gehören Ängste, Zweifel, Minderwertigkeitskomplexe, Schuldgefühle o.ä. Oft äußert sich ein Susto durch fehlende Lebensfreude, Lustlosigkeit, Schlafstörungen etc. Nehmen diese fremden Strukturen den größten Seelenraum ein, steuern sie am Ende das Handeln der betroffenen Person. Zur Heilung dieser Ebene wird ein Susto-Ritual durchgeführt, bei dem die Seelenanteile zurückgerufen werden, die der Patient zum Augenblick der Behandlung am nötigsten hat. Diese Seelenanteile integrieren sich in der nachfolgenden Zeit und führen den Menschen Stück für Stück wieder in ein selbstbestimmtes Leben zurück.

Die Ebene der Aura

Die Aura ist die Hülle, die uns umgibt. Sie kann zwar nicht verloren gehen, aber sie kann aufgrund von Unfällen, Operationen und Missbrauch rissig und geschädigt werden. Durch ihre Durchlässigkeit verliert man einerseits leicht Energie und Kraft, andererseits wird man empfänglich für schwächende fremde Energien. Zur Heilung führt man ein spezielles Ritual durch, auf das der Patient durch vorherige Reinigungen und Behandlungen vorbereitet wird.

Diese vier Ebenen sind nie getrennt voneinander zu betrachten. Wie durch dünne Fäden sind sie miteinander verbunden und können von einer Ebene auf eine andere übertreten. Wichtig ist dabei, die ursächliche Ebene zu finden und diese zusammen mit der oder den anderen betroffenen Ebenen zu behandeln. Alle vier Ebenen können auf die emotionale Ebene Auswirkungen haben: Ein Beinbruch kann genauso wie ein Schicksalsschlag oder zu viele negative Gedanken zu einer Aggression oder zu einer Depression führen. Diese emotionale Ebene wird jedoch nicht separat, sondern immer als Folge eines anderen Ungleichgewichts betrachtet.

Eine weitere Anwendung ist das Temazcal – die traditionelle Schwitzhütte der Mexihkas. Sie besteht aus einem halbrunden Gerüst aus Ästen und wird mit Folien und Decken windgeschützt abgedeckt. Heiße Steine werden ins Innere hineingetragen und vermitteln eine wohlige Wärme. Das Temazcal symbolisiert die Gebärmutter – die Mutter Erde. Im Temazcal wird gesungen und gerasselt, gesprochen, gebetet und manchmal auch geschwiegen. An diesen Ort begeben wir uns, um Heilung zu finden. Krankmachende Strukturen wie körperliche Gebrechen, Sorgen, Ängste etc. werden an Mutter Erde abgegeben. Sie transformiert diese Strukturen in Liebe und erlaubt den Teilnehmern, das Temazcal wie neu geboren zu verlassen.

Unterstützend zu den Behandlungen wird der Tonalmaxiotl herangezogen, der Kalender der Mexihkas. Er gibt Auskunft über die Begabungen und Charaktereigenschaften der Menschen sowie darüber, welche Behandlungen an welchen Tagen vorteilhaft sind. Es ist daher ein gutes Mittel, um den Menschen in seiner Individualität besser einzuordnen und ihn in seiner Heilung zu unterstützen.

Die Medicina Mexihka ist eine Medizin, die es schafft, den Menschen in seine Mitte zu bringen. Von der Mitte aus ist der Mensch in der Lage zu bestimmen, was er benötigt, um innere Freiheit zu erlangen. Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, sein Leben entsprechend zu gestalten. Denn die Pflicht, die jeder Mensch im Leben hat, ist es, glücklich zu sein.

Renata Miguel Pérez
Heilpraktikerin, Dozentin an den Paracelsus Schulen Rosenheim und Freilassing
praxis@mexikanische-medizin.com