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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2014

5-Elemente-Medizin in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)

Cover

Teil 1: Das Feuer

© Elena Okhremenko I imaginando - Fotolia.comDie TCM stützt sich auf zwei große Säulen: Eine davon ist die Lehre von den fünf Elementen, oder besser den fünf Wandlungsphasen. Jede dieser fünf Wandlungsphasen ist einer Jahreszeit (Frühjahr, Sommer, Spätsommer, Herbst und Winter) zugeordnet. Im Wandel des Jahreszyklus lassen sich unterschiedliche Erscheinungen in der Natur beobachten, die auf unsere Gesundheit respektive die Abläufe in unserem Körper zu übertragen sind.

Diese Beobachtungen (empirische Medizin) fanden Eingang in ein System mit fünf großen Schubfächern, dem System der fünf Elemente oder fünf Wandlungsphasen. In diesem Artikel wird der Begriff Wandlungsphase beibehalten. Er stellt die sich ständig wandelnden zyklischen Abläufe in der Natur und ihre Auswirkungen auf den Körper dar und erscheint daher in der TCM als stimmigster Begriff.

Nach dem Beginn mit der Wandlungsphase Holz im Frühjahr haben wir bereits Mitte/Ende April einen Übergang zur Wandlungsphase Feuer und damit zum Element, das den Sommer regiert. In dieser Zeit beginnt in der Natur langsam nach dem Durchbruch des Frühlings die Zeit des Blühens und es kündigt sich schon die Zeit des großen Aufblühens der gesamten Natur und auch der Menschen an.

Die Zeit des Jahres, in der die Menschen am meisten Ja zueinander sagen, sich die Hand reichen, sich lieben, miteinander feiern – womit schon die zentralen Themen der Wandlungsphase Feuer angesprochen sind.

Welches Organ ist der Liebe, dem Ja, dem Einander-zugewandt-Sein gewidmet? Das liegt auf der Hand: das Herz sowie die Farbe Rot.

© Elena Okhremenko I imaginando - Fotolia.comDas Herz ist das Yin-Organ, so wie das Yang-Organ des Feuers der Dünndarm ist. Normalerweise hat jede Phase ein Yin- und ein Yang-Organ. Die Phase des Feuers ist jedoch so wichtig, dass sie gleich zwei Yin-Yang-Paare hat: das Kaiserliche, Herz und Dünndarm, und das ministerielle Feuer, Pericardium (Herzbeutel) und Dreifacherwärmer.

In der TCM wird oft der Körper als Kaiserreich gesehen, mit verschiedenen Funktionen der unterschiedlichen Organe. So wie die Gallenblase ein Beamter ist, der Dickdarm für die Müllabfuhr zuständig ist, ist eben der Kaiser bzw. die Kaiserin das Herz des Ganzen und auf Gedeih und Verderb hängt das gesamte Reich von ihrem Funktionieren ab. Auch hier wird es kaum Zweifel geben: Ist das Herz getroffen, stirbt der ganze Organismus.

Deshalb gibt es dem Herzen zugeordnet einen „Hüter des Herzens“, das Pericardium, der Herzbeutel. Eine bindegewebs- und sackartige Faszie rund ums Herz, die allzu heftige Erschütterungen vom Herzen abhält.

Der „Hüter des Herzens“ ist für die gesamte Traumabearbeitung von herausragender Bedeutung. Der Pericard-Meridian ist mit seinen wirkungsreichen Akupunkturpunkten, aber auch für jegliche Arbeit am emotionalen Gleichgewicht gut zu gebrauchen. Eingesetzt wird er bei Schwangerschaftsübelkeit über Essstörungen bis hin zum Loslassen ungesunder Beziehungen.

Eine Ebene tiefer liegt dann die Gesundheit des Herzens selbst. An allererster Stelle ist hier sicher die Fähigkeit zu lieben genannt. Sicher kann sie nicht einfach „herbeigenadelt“ werden, ebenso nicht wie die emotionale Unversehrtheit, aber sie kann wirkungsvoll durch eine Kombination aus Gespräch, Akupunktur und Empathie (Mitgefühl) unterstützt werden. Diese Qualität, die Empathie, wird für einen Therapeuten der TCM hoch angesehen. Sie ist unabdingbar für einen klaren Shen-Kontakt von Therapeut zu Klient.

© Evgenia Smirnova - Fotolia.comShen ist der Herz-Geist in der TCM. Ein klarer Shen drückt sich aus durch leuchtende Augen, die auch Kontakt mit dem Gegenüber aufnehmen können. Auch klare Kommunikation, Offenheit und die Fähigkeit sich mitzuteilen sind Qualitäten eines gesunden Herz-Geistes.

Ist die Kommunikation gestört, wird dies in der TCM als Shen-Störung gesehen, eine Trübung des Herz-Geistes. Dies ist mit der Definition der westlichen Medizin einer Geistesstörung vergleichbar.

Eine Vielzahl von sogenannten Geistesstörungen ist auf eine Trübung des Herz-Geistes zurückzuführen und wird über den Herz-Meridian behandelt, von allgemeinen Unruhezuständen über Schlafstörungen (hier ist ein Herz-Blut- oder Herz-Yin-Mangel mögliche Ursache) bis hin zu schweren Psychosen. Auch hier ist es unermesslich hilfreich, die wichtigen Akupunkturpunkte auf dem Herz-Meridian und an anderen Körperstellen zu kennen (wobei eine Einteilung der Erkrankungen nach anderen Kriterien als in der westlichen Medizin erfolgt).

Bereits vor zehn Jahren wurde auf Sozialpsychiatrie-Symposien der Wunsch von Patienten geschlossener Anstalten sowie von Angehörigen zum Ausdruck gebracht, Akupunktur als Alternative zu Dauermedikation von Psychopharmaka angeboten zu bekommen. Es ist sicher noch viel zu wenig ins Allgemeinwissen eingedrungen, welche große Unterstützung die TCM in diesem Bereich anzubieten hat, wenn sicher auch Psychopharmaka im Akutfall ihre Berechtigung haben.

Zu guter Letzt sei erwähnt, dass die Freude die Emotion des Herzens ist, und deshalb auch das, was das Herz erfreut, zur Heilung des Herzens beitragen kann. Diese Freude bleibt oft genug bei Überforderung auf der Strecke. Hier gilt es, die Ursachen wahrer Freude wieder zu entdecken, die bei jedem Menschen individuell sind, so einzigartig wie sein Herz. Des Weiteren gehört zur Wandlungsphase Feuer auch der Puls, chinesisch Mai, als Rhythmusgeber des Kreislaufs, also des Funktionskreislaufs, den das Herz ausführt. Fühlen wir in der TCM nicht nur den einfachen Herzschlag und Puls, sondern sechs verschiedene Pulse auf jeder Seite, so entspricht dies der genauen Abbildung des Zustandes der Organe. Für jedes Organ gibt es eine Puls-taststelle, die es ermöglicht, sehr nah am gesundheitlichen Zustand des Patienten zu sein. Die perfekte Basis für eine präzise Präventionsmedizin.

Fortsetzung folgt!


Johanna Stoll

Johanna Stoll
Heilpraktikerin, Dozentin an den Paracelsus Schulen

willkommen@tcm-stoll.de

Literatur

  • Dianne Connelly: Das Gesetz der fünf Elemente, 1995, 2. Auflage Verlag Bruno Endrich
  • Bob Flaws und Bärbel Steininger: Das Geheimnis der Chinesischen Pulsdiagnose, 1. Auflage, Verlag für Ganzheitliche Medizin, 2001
  • Andreas Noll, Udo Lorenzen: Die Wandlungsphasen der traditionellen chinesischen Medizin, 5 Bde., Bd.4,
  • Die Wandlungsphase Feuer, 1. Auflage, Verlag Müller und Steinicke München, 2000
  • Hans-Dieter Platsch: Die fünf Wandlungsphasen: Das Tor zur Chinesischen Medizin, 1. Auflage, Urban & Fischer, 2005
  • Elizabeth Rochat de la Vallée, Claude Larre: Heart Master/Triple Heater, Monkey Press 1992, re-editied 1998
  • Johanna Stoll, Perikardium: Hüter des Herzens, Diplom-Arbeit
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