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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2014

Gemeinsam und trotzdem einsam?

Cover

© rangizzz - Fotolia.comSabine Weeke im Interview

Wie können wir in der Partnerschaft dauerhaft glücklich sein? Die Scheidungsraten belegen deutlich, wie schwierig sich das für die meisten Paare darstellt. Wo liegen die Gründe und wo sind Ansatzpunkte oder sogar Erfolgsfaktoren für eine glückliche Beziehung? Antworten dazu gibt uns die erfolgreiche Autorin und Lebensglücktrainerin Sabine Weeke.

Paracelsus: Jeden Monat werden in Deutschland viele Tausend Ehen und Partnerschaften beendet. Viele der bestehenden Beziehungen sind nicht wirklich erfüllt von Liebe, Freude und Geborgenheit. Was sind aus Ihrer Erfahrung die häufigsten Gründe dafür, wenn es nicht funktioniert?

Nun, wenn nach ca. sechs bis neun Monaten die Verliebtheit bzw. der Hormoncocktail im Körper abnimmt, dann ist der Zeitpunkt der Wahrheit gekommen. In den ersten Monaten der Hochphase fühlen wir uns großartig, unschlagbar und glücklich. Einfach nur dadurch, dass wir an den anderen denken, mit ihm zusammen sind und spüren, dass wir für jemanden extrem wichtig sind. In dieser Zeit kann es leicht passieren, dass wir unser Glücklich-Sein mehr und mehr von dem anderen abhängig machen. Wir übertragen sozusagen die Verantwortung für unser Glück auf den anderen. „Du machst mich so glücklich!“ Wer hat diesen Satz nicht schon einmal zu seinem Partner gesagt?

Dann aber kommt der Zeitpunkt, an dem wir wieder klar sehen – und was sehen wir? Alles das, was uns am anderen nicht gefällt und was von der rosaroten Brille verdeckt war. So, wie der andere in der Verliebtheitsphase unsere Schokoladenseiten gespiegelt hat, spiegelt er uns jetzt nach und nach auch unsere Schattenseiten. Aus dem ursprünglichen „Du machst mich so glücklich!“ wird jetzt ganz schnell der Satz: „Du solltest mich glücklich machen!“ Mit dieser Erwartung an den Partner wird die Beziehung mehr und mehr zum Krampf. Jeder kämpft nun um die Liebe, die Aufmerksamkeit und um dass, was er glaubt, was ihm in der Beziehung zusteht – und da wird sich nichts geschenkt!

Kann das Glück der ersten Verliebtheit dann überhaupt diese Phase überstehen? Wie wird aus Verliebtheit Liebe?

Ja, dieses Glück kann bleiben und es kann sogar noch wachsen! Dafür bedarf es aber, dass wir bewusst und achtsam mit diesen alten Einstellungen umgehen. Wenn wir unsere Perspektive einmal wechseln, unseren Horizont erweitern und neue Entscheidungen für uns treffen, können wir gemeinsam in der Beziehung wachsen.

Eine ganz wichtige Erkenntnis für das dauerhafte Gelingen einer Beziehung ist: Niemand schuldet mir etwas – auch nicht in der Beziehung! Aus welchem Grund sollte jemand anderes dafür die Verantwortung tragen, dass es mir gut geht? Diese Erwartung kann niemand wirklich erfüllen. Unser Glücklich-Sein hängt einzig und allein von unserem eigenen Denken und Beurteilen der Dinge und Geschehnisse um uns herum ab. Jede andere Sichtweise lässt uns automatisch in eine Opferrolle schlüpfen. Wenn wir die Ohnmacht, die diese Opferrolle mit sich bringt, spüren, fühlen wir uns schlecht und aus Ohnmacht erwächst häufig Wut! Wenn wir das, was der andere uns gibt, immer wieder als Geschenk ansehen, so wird uns das Gefühl der Dankbarkeit sehr viele Glücksmomente bescheren.

Wenn aber immer nur einer gibt, ist das nicht gerade etwas, was glücklich macht.

Das ist der Gedanke des alten Tauschgeschäftes „Geben und Nehmen“, welches eine Beziehung zur gegenseitigen Bedürfnis-Befriedigungs-Gemeinschaft degradiert. Nichts was wir tun, denken oder sagen bleibt ohne Auswirkung! Der andere kann gar nicht anders, als auf mein Denken, Sprechen und Tun zu reagieren. Sende ich die Energie von Erwartungen an den anderen, so wird er sich zwangsläufig bedrängt fühlen. Druck erzeugt Gegendruck. Wenn ich mich freimache von allen Erwartungen und aus meinem Herzen heraus gebe, was ich zu geben bereit bin, ohne etwas dafür zu erwarten, so kann und wird sich der Partner beschenkt fühlen und aus diesem Gefühl heraus seinerseits Geschenke geben. Das muss nicht immer 1:1 ausgeglichen sein.

Was fangen wir aber mit den Macken und Eigenschaften an, die uns beim anderen so auf die Nerven gehen? Muss man sich in einer Beziehung nicht auch anpassen?

Genau das ist die Chance, das Geschenk, welches wir für uns in jeder Beziehung – egal ob privat oder beruflich – finden können. Das, was uns am anderen stört, was uns nervt und auf die Palme bringt, sind nämlich die Dinge und Eigenschaften, mit denen wir selbst im Krieg sind. Alles das, was wir in uns ablehnen und kritisieren, was wir uns selbst verbieten und nicht zugestehen wollen, können wir beim anderen nur schlecht ertragen. Viele fangen jetzt an, dies zu ihrem ersten Hobby zu erklären: „Den/Die schnitz ich mir schon zurecht!“ Wir fangen an, den anderen zu bevormunden und verändern zu wollen. „Du bist nicht gut, so wie du bist!“ – das ist die Botschaft, die wir damit an den anderen aussenden. Wenn wir uns aber bewusst sind, dass das, was mich nervt, in erster Linie mein eigenes Problem ist, können wir uns dieses Thema bei uns selbst anschauen. Die Schlüsselfrage dazu könnte lauten: „Bin ich auch manchmal so? Wenn ja: Inwieweit bin ich mir selbst gegenüber so und in wieweit bin ich manchmal anderen gegenüber so? Wenn nein: Kann es sein, dass ich mir nicht zugestehe, so zu sein, weil ich den Glaubenssatz habe: So darf man nicht sein?“ Wenn ich diese Eigenschaft auf solche Weise auch in mir entdecke, darf ich anfangen, dies in mir anzunehmen und zu integrieren. Wenn ich das erfolgreich tue, bin ich mit dieser Eigenschaft im Frieden und kann sie auch meinem Partner zugestehen.

Das hört sich aber nach harter Arbeit an … Ist so etwas denn umsetzbar bzw. wie?

Es ist eine neue Art, mit diesen Dingen umzugehen. Es ist mit Sicherheit nicht schwieriger, als der hoffnungslose Versuch, den anderen auf Dauer zu verändern und dann noch zu erwarten, dass die Beziehung glücklich ist. Dieser Ansatz ist einfach nur neu und ungewohnt. Wir haben aber jederzeit, in jedem Alter, die Möglichkeit, neue Wahrheiten für uns zu entdecken, neue Dinge zu lernen und neue Entscheidungen zu treffen. Das ist Entwicklung und das ist Mensch-Sein.

Vielen Dank, Frau Weeke, für diese spannenden Gedanken!

Sehr gerne – und über Feedback und Fragen Ihrer Leserinnen und Leser freue ich mich!

Sabine Weeke Sabine Weeke
Lebensglück- und Erfolgscoach, Buchautorin, Dipl. Persönlichkeitstrainern (PF), Transformationstherapie nach Robert Betz
sabine.weeke@e-motion-concept.de

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