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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2018

Forscher finden neuen möglichen Auslöser für Depressionen

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© fotoliaxrender I fotolia.comDepressionen sind eine Volkskrankheit. Die Deutsche Depressionshilfe-Stiftung schreibt: „Das Risiko, als Erwachsener irgendwann im Laufe des Lebens an einer Depression zu erkranken, liegt nach neueren Studien für Frauen bei 21-23% und für Männer bei 11-13%. Das heißt, etwa jede vierte Frau und jeder achte Mann ist betroffen.“

Seit Jahrzehnten werden die medizinischen Hintergründe von Depressionen erforscht. Dennoch waren die körperlichen Ursachen bislang ungeklärt. Fehlerhafte Ausschüttungen von Botenstoffen im Gehirn – z.B. des Glückshormons Serotonin – galten als Auslöser. Häufig wird die Krankheit von medizinischen Laien und Betroffenen als psychologisches Problem verstanden, und nicht als ein körperliches.

Nun haben Forscher der Universität Ulm in einer aktuellen Studie eine völlig neue Sichtweise auf die Ursachen von Depressionen gefunden.1)

© crevis I fotolia.comDiese Studienergebnisse legen nahe, dass die Ursachen einer Depression tief in unserem Körper verborgen sind – genauer: in den Kraftwerken unserer Zellen, den Mitochondrien.

Depressionen: Kombination aus Anlage und Energiemangel?

Stellen Sie sich vor, Sie hätten die Möglichkeit, gleichzeitig einen Kindergarten und ein Seniorenheim zu beobachten.

Was würde Ihnen zuerst auffallen? Wahrscheinlich der Lärm und die Aktivität, die von den Kindern ausgeht. Ein dauerndes Durcheinander und alle paar Sekunden ein Schwarm von begeisterten Bälgern, die ein neues Objekt ihrer Aufmerksamkeit entdecken und dann alle zusammen in chaotische Aktivität ausbrechen.

Im Seniorenheim hingegen geht es sehr ruhig zu (wenn der Fernseher leise gestellt ist). Die meisten Aktivitäten, die Sie beobachten können, gehen vom Pflegepersonal aus.

Was ist der Grund für diesen Aktivitätsunterschied? Gelenkschmerzen oder Behinderungen bei den Alten? Oder liegt der Hauptunterschied eher in einer anscheinend überschießend zur Verfügung stehenden Energie bei den Kleinen und in einem Energiemangel bei den Alten?

Die Energie, von der ich hier spreche, ist klar definiert. Es handelt sich um den Stoff Adenosintriphosphat (ATP). Wir benötigen täglich ca. 60 Kilo davon.2)

Das Allermeiste davon produzieren wir in unseren Zellkraftwerken, den Mitochondrien. Je älter wir werden, desto weniger ATP produzieren wir. Wir werden ruhiger. Aber nicht nur das: Wir altern. Das Altern ist nichts anderes als eine Ansammlung von „Schäden“, die nicht beseitigt werden können, weil die Energie (ATP) dazu fehlt!

Energiemangel und Depressionen

Die Forscher der Universität Ulm untersuchten 22 Menschen mit schweren Depressionen und verglichen diese mit gesunden Probanden.1)

Sie fanden heraus, dass die Mitochondrien von depressiven Menschen „weniger leistungsfähig“ sind als die gesunder Menschen. Daraus resultiert ein von den Zellen ausgehender Energiemangel, der sich in körperlichen Symptomen wie Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen, körperliche Ermattung, Desinteresse und einem Gefühl von Traurigkeit äußert. Generell zeigte sich: Je geringer die Leistung der Mitochondrien, desto schwerer ausgeprägt war die depressive Verstimmung.

Die Forscher untersuchten dann die Aktivität der Mitochondrien in den Blutzellen und stellten fest, dass die Symptome am schlimmsten ausgeprägt waren, wenn die Aktivität sehr niedrig war, d.h. wenn nur wenig Energie produziert wurde. Welche Rückschlüsse können wir daraus ziehen?

Wir alle haben Defizite in der Energieproduktion

Muss man erst die Diagnose „Depression“ genannt bekommen, um an Antriebsschwäche, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen zu leiden? Nein – das kennen wir alle. Wenn uns nur die Untersuchungsmethoden der Ulmer Forscher zur Verfügung stünden, dann könnten wir sehen, dass bei uns auch weniger Energie in den Mitochondrien produziert wird. Es ist wie beim Dimmer, der die Helligkeit unserer Wohnzimmerlampe regelt. Voll aufgedreht ist es hell und wir haben überschießende Energie wie die Kleinen im Kindergarten; ganz heruntergedreht ist es dunkel und wir sitzen nur herum wie die Alten. Wenn wir aber noch nicht alt genug sind für das Heim, der Dimmer aber trotzdem heruntergedreht ist, dann stellen sich frühzeitig Symptome ein und wir suchen medizinische Behandlung.

Das Glückshormon Serotonin führt noch nicht zu einer verbesserten Energielage

Die Medizin verschreibt gegen Depressionen Medikamente. Diese erhöhen z.B. den Serotoninspiegel im Gehirn und wir fühlen uns wie frisch verliebt. Das Hochgefühl hat jedoch einen Preis: Wir stecken die neu gewonnene Lebensfreude in unseren normalen Alltag. Durch die Abläufe unseres normalen Alltags sind wir aber erst in den Zustand des Energiemangels geraten. Gleichzeitig werden die Serotonin-Rezeptoren im Gehirn durch den dauernd erhöhten Serotoninspiegel unempfindlich. Die Konsequenz: Nach einer gewissen Zeit funktionieren die Medikamente oft nicht mehr wie zu Anfang und der Energiemangel ist während der Medikamenteneinnahme meist noch schlimmer geworden.

Warum werden die Mitochondrien schwach?

Die Energiegewinnung in unseren Zellkraftwerken ist kein ungefährliches Geschäft. Hochenergetische Substanzen werden entlang der inneren Mitochondrienmembran in der Elektronen-Transportkette weitergereicht. Das Ziel ist die Gewinnung von ATP. Dabei entstehen immer wieder freie Radikale, die reihenweise Schäden an den Strukturen der Mitochondrien anrichten. Stark beeinträchtigte Mitochondrien entlassen ganze Wolken von freien Radikalen, was im Normalfall zum Abbau dieser defekten Mitochondrien führt. Läuft der Prozess der Schädigung jedoch langsam ab und werden keine hohen Ansprüche an den Energiebedarf gestellt, dann leben und vermehren sich die geschwächten Mitochondrien weiter. Es kann ein Zustand folgen, unter dem 70-80% der Mitochondrien einer Zelle nicht mehr ausreichend Energie produzieren können. Diese Zellen – egal ob Nerven-, Muskel- oder Drüsenzellen – funktionieren dann nicht mehr normal. Entweder sie sterben ab oder, noch schlimmer, sie leben als „seneszente“ Zellen weiter und schwächen Organe und Regelsysteme (z.B. das Immunsystem).

Die Natur hat hier Gegenmaßnahmen eingebaut. Hunger, Kälte und Erschöpfung führten im Lauf unserer Entwicklungsgeschichte immer wieder zu einer Überprüfung und zum Abbau schwacher Organellen. Die freigesetzten Bausteine werden für die Vermehrung frischer Mitochondrien verwendet. Heute erleben wir aber weder Hunger noch Kälte oder totale Erschöpfung. Das war das Ziel unserer gesamten Entwicklung als Zivilisation. Jedoch sind unsere Körper noch ältere Modelle aus der Zeit vor diesem zivilisatorischen Gewinn. Wie können wir heute diese eingebauten Programme zur Verjüngung unserer Mitochondrien nutzen, ohne auf unsere modernen Errungenschaften zu verzichten?

Wie bekomme ich fitte Mitochondrien?

Wenn Sie die Anzahl Ihrer Mitochondrien erhöhen möchten, müssen Sie einen Reiz bereitstellen, um Ihrem Körper einen Grund zu geben, mehr gesunde Mitochondrien herzustellen. Der wichtigste Reiz zur Bildung neuer und besserer Mitochondrien heißt PGC1alpha.

Wie komme ich an PGC1alpha?

Wenn wir Sport treiben oder flüssiges Magnesiumlaktat, also quasi „Sport aus der Flasche“ einnehmen, erhöht sich der Laktatspiegel z.B. in der Muskulatur. Sobald dieser Wert ansteigt, wird ein Faktor freigesetzt, der die enzymatische Umwandlung von Laktat in den Mitochondrien-Treibstoff Pyruvat ankurbelt: PCG1alpha. Dieser Faktor regt auch die Aktivität und Neubildung von Mitochondrien an. Mitochondrien-Aktivator wäre also ein weit besserer Name für diesen Faktor gewesen als die kryptische Bezeichnung, die er heute hat. Die Anregung der Mitochondrien führt zu vermehrter ATP-Produktion und damit steht mehr Energie z.B. für die Muskelarbeit zur Verfügung. Die Masse der vorhandenen Mitochondrien wird durch regelmäßige Anschwemmung von Laktat und Anregung von PCG1alpha erhöht bis zu verdoppelt! Damit ist dieser Mechanismus einer der wichtigsten Anpassungsprozesse unseres Körpers.2)

PCG1alpha hat auch noch andere Wirkungen auf unseren Körper. So beruhigt es Entzündungen, regelt den Schlaf-Wach-Rhythmus, baut freie Radikale ab, kurbelt die Verbrennung unserer Fettdepots an und verbessert die Zuckerverwertung. Somit ist dieser Stoff alleine für so viele positive Effekte verantwortlich, dass man ihn auch Verjüngungs- und Regenerationsfaktor nennen könnte. Andere Reize, die PCG1alpha anregen, sind auch heute noch Kälte und Hunger!

Wie bei so vielen Dingen ist auch hier „mehr“ nicht gleich „besser“! Je älter wir werden, desto leichter frieren wir. Grund ist die verringerte Energie- und Wärmeproduktion in unseren Zellkraftwerken. Die Produktion von Wärme ist eine Fähigkeit, die nicht allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung steht. Mitochondrien haben ihre eigene DNA und zeigen im Gegensatz zur DNA unserer Zellkerne eine regionale Variabilität. Diese Variationen in den Genen der Mitochondrien erlaubten Menschen, sich an verschiedene Umweltfaktoren anzupassen, z.B. große Höhenlagen und Kälte, und ihre Energie aus der Nahrung entweder mehr für die Herstellung von ATP oder die Wärmeproduktion zu verwenden.3)

Die Fähigkeit für Letzteres entstand durch das Auswandern einzelner Menschengruppen aus der Urheimat Afrika in kältere Zonen.

Wissenschaftler nennen dies „Entkopplung“. Wir Europäer haben allesamt diese Anpassung zu einem gewissen Grad von unseren (weiblichen) Vorfahren erhalten. Afrikaner der subäquatorialen Zonen verfügen nicht darüber und stellen nur ATP aus der Nahrung her – sie frieren bei uns auch im Sommer. Dafür schlagen sie uns Europäer in Sportarten, bei denen die volle ATP-Ausbeute benötigt wird und Wärmeproduktion auf Dauer stört (z.B. Marathonlauf bei Hitze).

Für uns Europäer ist es wichtig, die Mitochondrien durch Kälte-Reize zu aktivieren. Dabei sollten Sie sich nicht unterkühlen! Es ist ausreichend, z.B. morgens nach dem Duschen kalt nachzuduschen. Dabei kann man erst mit lauwarmem Wasser die Arme und Beine duschen, später die Temperatur senken und die geduschte Körperoberfläche vergrößern.

Ähnlich ist es mit dem Hunger. Lange Phasen von Unterernährung und Hunger schaden dem Körper und zehren ihn aus. Eine Fastenwoche wirkt andererseits oft Wunder. Schwache Mitochondrien werden abgebaut und vitale Mitochondrien vermehren sich! Alternativ können Sie aber auch beginnen, indem Sie die nächtliche Fastenzeit verlängern. Das Weglassen von Frühstück oder Abendessen ergibt eine 16-stündige „Fastenzeit“, die sich positiv auf die Energieproduktion auswirkt.

Welche anderen Krankheiten (außer Depressionen) sind mit schwachen Mitochondrien assoziiert?

© Henrie I fotolia.comWährend der letzten 10 Jahre haben sich jede Menge neue Erkenntnisse über die Rolle der Mitochondrien bei der Entstehung verschiedenster chronischer Erkrankungen und auch als Ursache des Alterungsprozesses angehäuft.4) Zu den Erkrankungen, die auf eine Störung der Mitochondrien zurückzuführen sind, gehören: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Adipositas, Krebs, Diabetes Typ 2, chronische Entzündungen, degenerative Erkrankungen des Nervensystems wie Alzheimer und Parkinson. Aber auch alle „Zipperlein“, die wir mit fortschreitendem Alter assoziieren, sind Folge einer geringeren Aktivität unserer Zellkraftwerke. Dazu gehören: hartnäckiges Übergewicht, Osteoporose, Immunschwäche, Hormonmangel, trockene Haut, dünne Haare, Kälteempfindlichkeit, Konzentrationsstörungen, Lustlosigkeit, Gelenkschmerzen und -entzündungen, erhöhte Cholesterin- und Blutdruckwerte, Sehschwäche, Muskelverhärtungen, Nachlassen von Gedächtnis und Merkfähigkeit, Schwäche und Müdigkeit.

Mit folgenden einfachen Schritten können Sie Ihre Zellkraftwerke aktivieren:

• Meiden Sie Brot, andere Mehlprodukte und Zucker.

Entzündungen und Insulinresistenz sind die größten Dämpfer des PCG1alpha. Die Hauptursache für chronische Entzündungen ist wiederum ein ständig erhöhter Insulinspiegel. Zusätzlich fördern Klebereiweiße wie das Weizen-Gluten bei sehr vielen Menschen entzündliche Prozesse. Deshalb erzielen Anwender bessere Ergebnisse, wenn Sie Alkohol, Zucker und Mehlprodukte meiden. Wollen Sie wissen, ob Sie erhöhte Insulinwerte haben? Teilen Sie doch den Triglycerid-Wert Ihrer letzten Blutprobe durch den HDL-Cholesterin-Wert. Kommt mehr als drei heraus, haben Sie zu hohe Insulinwerte und eine Insulinresistenz. Die Reduktion von Kohlehydraten in Ihrer Ernährung ist die Heilung dieses Prozesses, der sonst zu Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen führt.

• Ersetzen Sie gelegentlich das Abendessen durch eine klare Brühe oder lassen Sie das Frühstück aus (= Minifasten).

• Duschen Sie jeden Tag kalt nach (langsam auf fünf Minuten steigern).

• Bewegen Sie sich möglichst viel (mindestens 30 Minuten spazieren gehen).

• Nehmen Sie flüssiges Magnesiumlaktat („Sport aus der Flasche“).

Was sind Mitochondrien?

Mitochondrien sind die Kraftwerke unserer Zellen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Nährstoffe, die wir essen, in Energie umzuwandeln. Die Energie in unserem Körper heißt Adenosintriphosphat (ATP). ATP wird von unseren Zellen verwendet, um eine ganze Reihe von Körperfunktionen von der Atmung über das Denken bis hin zu jeder Bewegung, die wir machen, zu bewerkstelligen.

Wofür brauchen wir fitte Mitochondrien?

Damit unsere Zellen genügend ATP zur Verfügung haben, um alle chemischen Prozesse anzutreiben, die sie aufbauen, entgiften, schützen und die ihre Funktion für den Organismus aufrechterhalten. Sie spielen eine Rolle in der Herstellung von Steroidhormonen und im Calcium-Stoffwechsel. Außerdem stehen sie in dauernder Kommunikation mit dem Zellkern und sind verantwortlich für das Auslösen des natürlichen Zelltods wie auch für die Vermeidung von Krebsentwicklungen.

Unser Gehirn hat einen enormen Energiebedarf. Fehlt diese Energie, können je nach Veranlagung z.B. Depressionen oder Demenz auftreten. Wenn das Herz zu wenig Energie erhält, können Herzinsuffizienz und Rhythmusstörungen entstehen. Werden die Nieren unterversorgt, entwickelt sich eine Niereninsuffizienz usw. Generell entstehen Schäden durch freie Radikale und unbrauchbare Zucker-Eiweiß-Verbindungen als Folge eines Energiemangels, wodurch alle Zellen in ihrer gesunden Funktion gestört werden.

Zwei Drittel der Energie, die wir produzieren, wird für die Aufrechterhaltung der körperlichen Funktionen gebraucht. Das letzte Drittel steht uns für unser Leben zur Verfügung und erlaubt Aktivitäten, die Spaß machen sollen. Was Spaß macht, ist das, was wir bei den Kleinen im Kindergarten beobachten: Begeisterung, Bewegung, Interaktion.

Milchsäure macht keinen Muskelkater!

Wir haben zwei verschiedene Typen von Muskelfasern. Früher nannte man sie „schnelle“ und „langsame“ Muskelfasern bzw. „weiße“ und „rote“. Heute unterscheidet man „glykolytische“ und „oxidative“ Muskelfasern. Die schnellen, weißen, glykolytischen Muskelfasern verfügen vermehrt über Enzyme, welche die Glykolyse, also den Abbau von Zucker zu Laktat, ermöglichen. Dieser Prozess benötigt keinen Sauerstoff und zeichnet sich durch große Robustheit und Geschwindigkeit aus. Der Brennstoff für die schnellen Muskelfasern ist der in der Muskulatur vorhandene „Speicherzucker“ (Glykogen). Die Verwendung von Zucker oder Kohlenhydraten aus der Nahrung (Nudeln, Kartoffeln, Brot) ist nicht direkt möglich. Unser Verdauungssystem baut sie erst zu Glukose ab und transportiert diese über das Blut zu den Zellen, wo sie mithilfe des Hormons Insulin aufgenommen wird.

Die schnellen, weißen Muskelfasern stellen aus Glukose Laktat her. Pro Molekül Glukose entstehen im Rahmen der Glykolyse nur zwei ATP-Moleküle. Dieser Prozess läuft mit großer Geschwindigkeit ab. Das Endprodukt der Glykolyse, das Laktat, wird von den schnellen Muskelzellen in benachbarte langsame Muskelzellen transportiert. Diese oxidativen Muskelzellen sind darauf spezialisiert, aus dem Laktat über die Mitochondrien den Energieträger ATP herzustellen. Dieser Prozess läuft langsamer ab und benötigt unbedingt Sauerstoff. Man könnte sagen, dass wir nur für unsere Mitochondrien atmen. Aus einem Molekül Laktat stellen die Mitochondrien 36 ATP-Energieträger her.

Das Interessante ist, dass die schnellen Muskelfasern durch die Produktion von Laktat nicht übersäuern, sondern entsäuern. Dies geschieht so: Wenn wir schnell laufen oder schwer heben, bildet sich in den weißen Muskelfasern vermehrt Laktat aus der vorhandenen Glukose. Bei dieser enzymatischen Aufspaltung entsteht aber kein Säure-Ion. Vielmehr werden durch die Arbeit, die in den schnellen, weißen Muskelfasern geleistet werden muss, jede Menge Energieträger verbraucht, und das erzeugt ADP, Phosphat und ein Säure-Ion (H+).

ATP -> ADP + P + H+ + Arbeit

Die schellen Muskelfasern haben zahlreiche „Türen“, die das Laktat nur hinaustransportieren (MCT4-Transporter). Dabei nimmt jedes Laktat-Molekül ein Säure-Ion mit. So wird eine Übersäuerung der schnellen Muskelfasern verhindert und wir bleiben länger leistungsfähig. Erst wenn die ATP-Produktion nicht mehr hinterherkommt, ermüdet der Muskel.

Die langsamen, roten Muskelfasern haben sehr viele Mitochondrien. Auch haben sie viele „Türen“, die das Laktat nur hereinlassen (MCT1-Transporter). Hieraus wird viel ATP produziert. Dieses gelangt dann zurück in die schnellen Muskelfasern. Je mehr Sport wir treiben oder je öfter unsere Muskelzellen mit Laktat in Kontakt kommen, desto mehr Mitochondrien entstehen in den langsamen Muskelfasern und desto mehr „Türen“ für das Laktat werden gebildet. George Brooks sagt: „Die Mitochondrienmasse kann sich so verdoppeln und die Zahl der MCT1-Transporter verzehnfachen!“5)

Peter RohsmannPeter Rohsmann
Allgemeinmediziner mit Schwerpunkten Funktionelle Medizin, Stoffwechseldiagnostik und Orthomolekulare Medizin
peter.rohsmann@orange.fr

Literatur

1) www.swp.de/ulm/lokales/ulm_neu_ulm/energiemangel-macht-depressiv-10143048.html

www.nature.com/tp/journal/v4/n6/full/tp201444a.html?foxtrotcallback=true

2) J Physiol. 2009 Dec 1; 587(Pt 23): 5591– 5600. Cell-cell and intracellular lactate shuttles. George A. Brooks, www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2805372

3) www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2821041/pdf/nihms5688.pdf

4) Mitochondria in Ageing and Diseases: The Super Trouper of the Cell. Giuseppe Coppotelli, Jaime M. Ross, www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4881533/

5) www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3523107, Med Sci Sports Exerc. 1986 Jun;18(3):360-8 The lactate shuttle during exercise and recovery. Dr. George Brooks

Fotos: © fotoliaxrender / fotolia.com, © crevis / fotolia.com, © Henrie / fotolia.com

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