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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2018

LOGOPÄDIE – Wenn´s mit dem Sprechen nicht richtig klappt

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© kasto I fotolia.comKommunikation ist alles – ob in der Liebe, im Job oder im Alltag. Und das wohl wichtigste Kommunikationsmittel des Menschen ist die Sprache. Wenn diese nicht mehr funktioniert, kann das für den Betroffenen einen großen Verlust seiner Lebensqualität bedeuten. An diesem Punkt kann die Logopädie große Abhilfe schaffen.

Was genau ist Logopädie?

Die meisten Menschen denken bei Logopädie nur an lispelnde Kinder, jedoch umfasst sie umfangreiche Störungen und Krankheiten in den Bereichen Sprache, Sprechen, Stimme, Schlucken und Hören. Konkret geht es darum, diesen Störungen vorzubeugen, die Patienten und deren Angehörige zu beraten, Diagnostiken durchzuführen und den Betroffenen zu behandeln.

Die Klientel ist vielfältig und umfasst alle Altersgruppen vom kleinen Baby mit Fütterstörung bis hin zum Uropa mit Morbus Parkinson. Bei Patienten im Kleinkindalter versucht der Therapeut, die Defizite oder falsch erlernten Muster spielerisch zu korrigieren, während es bei älteren, schwerkranken Patienten oft darum geht, die bestehenden Fähigkeiten und Ressourcen zu erhalten.

An vorderster Front: junge Patienten

In der klassischen Logopädiepraxis trifft man meistens auf Kinder, die aufgrund von Störungen in ihrer Sprachentwicklung behandelt werden. Diese Auffälligkeiten können auf den Ebenen des Wortschatzes, der Grammatik oder Phonologie (einzelne Laute oder Lautverbindungen werden verändert, ausgelassen oder ersetzt) auftreten.

Aber auch im Bereich des Sprachverständnisses kommt es oft zu Defiziten. Häufig kann hier mithilfe umfangreicher Diagnostiken eine auditive Verarbeitungsstörung (auditive Stimuli werden trotz intakten Hörens zentral falsch verarbeitet) festgestellt und durch gezielte Übungen zur auditiven Wahrnehmung verbessert werden.

Sehr häufig zeigen die kleinen Patienten aber auch Probleme in der Artikulation und beim Schlucken. Dem einher geht meistens eine myofunktionelle Störung, also ein Ungleichgewicht der Mund- und Zungenmuskulatur. Der Therapeut führt zur Behebung dieser Defizite mundmotorische Übungen durch, die den Zweck haben, die Muskulatur zu eutonisieren, also eine gesunde Grundspannung zu erzeugen. Auch das falsche Schluckmuster muss therapiert werden, damit es nicht zu Zahnfehlstellungen kommt, weil die Zunge gegen die Zähne drückt. So kann eine spätere kieferorthopädische Behandlung vermieden werden.

Ein weiteres wichtiges Behandlungsfeld sind Redeflussstörungen. Am häufigsten tritt das Stottern auf, das durch Dehnung, Wiederholung oder Blockierung der sprachlichen Äußerungen gekennzeichnet ist. Stottern manifestiert sich in den Bereichen Atmung, Stimmgebung und Artikulation. Diesen Patienten muss der Logopäde mit viel Feingefühl entgegentreten, da sie oft mit psychischem Druck zu kämpfen haben. Die Therapie erfolgt entweder direkt, also mithilfe von Sprechhilfen wie Atemtechniken, oder indirekt durch Identifikation mit der Störung und Aufbau des Selbstbewusstseins. Vom Stottern abzugrenzen ist das Poltern, das eine Störung der Sprach- und Sprechverarbeitung darstellt. Das Sprechen wirkt zu schnell, unrhythmisch, unorganisiert und oft auch unverständlich. Die Schwerpunkte der Therapie des Polterns liegen bei Sprechplanung, Rhythmus, Betonung und Selbstwahrnehmung.

Eine relativ neue Klientel sind Schulkinder, die Probleme im Schriftspracherwerb (Legasthenie) zeigen. Diese resultieren oft aus einer früheren Sprachentwicklungsstörung und sind durch häusliches Üben nicht zu beheben. Der Therapeut testet die Patienten mit standardisierter Diagnostiken, um den Ursprung der Störung festzustellen und dann dort therapeutisch ansetzen zu können.

Jedes 3. Kind betroffen

Laut neuester Studien zeigt jedes dritte Kind im Vorschulalter Probleme beim Sprechen. Die Schuld liegt dabei sicher nicht alleinig bei den Eltern oder den Medien. Die Sprachentwicklung ist ein komplexer Prozess, bei dem mehrere Faktoren stimmen müssen. Die wichtigsten Voraussetzungen sind ein stabiles, kommunikatives, soziales Umfeld, eine korrekte Anatomie (z.B. intaktes Hörvermögen) und eine stimmige sensomotorische Integration, also Wahrnehmung, Fein- und Grobmotorik sowie kognitive Fähigkeiten. Eltern und Angehörige können ihren Schützlingen einen guten sprachlichen Start ermöglichen, wenn sie viel mit ihnen reden, keine Babysprache benutzen, ihnen vorlesen und sie nicht vor Fernseher oder Tablet parken.

Erwachsene entwickeln oft falsche Gewohnheiten

Vermehrt begeben sich aber auch immer mehr Erwachsene in Behandlung, die eine Beeinträchtigung ihrer Stimme feststellen. Diese Patienten kommen meist aus Berufen, in denen viel gesprochen wird, also Lehrer, Erzieher, Therapeuten. Oftmals gebrauchen sie ihre Stimme zu viel oder falsch, indem sie sie z.B. viel zu hoch einsetzen. Auf Dauer entwickeln sie dann Heiserkeit oder verlieren ihre Stimme gänzlich und können ihren Beruf nicht mehr voll ausüben. Durch gezielte Stimm- und Atemübungen, aber auch durch eine gute Stimmhygiene kann der Patient seine Stimme zurückgewinnen. Allerdings können Stimmstörungen auch psychischer oder organischer Natur sein, etwa durch Operationsschäden, Tumoren oder Lähmungen.

Logopädie ist ein großes Behandlungsfeld

Seltener im Praxisbetrieb, aber v.a. in Kliniken und Seniorenheimen, trifft man Patienten mit neurologischen Schäden. Der Logopäde behandelt dort Menschen, die an einer Aphasie, also einer Sprachstörung nach abgeschlossenem Spracherwerb, aufgrund eines Schlaganfalls oder Unfalls leiden. Diese zeigen meist umfangreiche Symptome, die ihnen das Leben und das Sprechen erheblich erschweren. Nicht selten haben die Betroffenen auch eine Schluckstörung, die der Logopäde ebenfalls behandelt. Aber auch andere neurologische Krankheiten wie Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Demenz oder Alzheimer können zu Sprech-, Sprach-, Stimm- oder Schluckstörungen führen.

Tipps

Abschließend einige Tipps für Sie, liebe Eltern, wie Sie Ihren noch ganz kleinen Kindern dabei helfen können, gut und richtig sprechen zu lernen und somit logopädische Störungen zu umgehen.

Do´s

  • Langes Stillen stärkt die Mundmuskulatur
  • Kauen stärkt ebenso, also geben Sie Ihrem Kind Rohkost zu essen
  • Reden Sie von Anfang an viel mit Ihrem Baby, hören Sie zu und halten Sie Blickkontakt
  • Lesen Sie Ihrem Kind schon frühzeitig vor
  • Zeigen Sie Ihrem Kind altersgerechte Bilderbücher und gehen Sie neue Wörter immer wieder durch
  • Wiederholen Sie fehlerhafte Äußerungen, ohne das Kind zum Nachsprechen aufzufordern
  • Benutzen Sie einfache, kurze Sätze und sprechen Sie deutlich
  • Ermöglichen Sie Ihrem Kind regelmäßigen Kontakt zu anderen Kindern

Dont´s

  • Zu langes Trinken aus der Flasche und übermäßiger Schnullerkonsum wirken sich negativ auf Mundmuskulatur und Zahnstellung aus
  • Babysprache ist wenig hilfreich, sagen Sie z.B. „Hund“ statt „Wau Wau“
  • Zwingen Sie Ihr Kind nicht zum Sprechen, denn das kommt von ganz allein
  • Vermeiden Sie übermäßigen Konsum von Fernsehen und anderen Medien
  • Ermahnen Sie Ihr Kind nicht zum „ordentlichen“ Sprechen
  • Sprechen Sie nicht für Ihr Kind, auch wenn es manchmal schwer fällt; das Kind sieht sonst keine Notwendigkeit zum Sprechen
  • Vermeiden Sie zu viele Informationen in einem Satz
  • Bestrafen Sie Ihr Kind nicht, wenn es Probleme beim Sprechen zeigt

Steffi RichterSteffi Richter
Staatlich geprüfte Logopädin mit Schwerpunkten Kindersprache und Stimmtherapie; Fachausbildungen in Craniosacraler Logopädie und Autismustherapie
steffirichter0202@gmail.com

CD-Tipp

Steffi Richter: Logopädischer Mundsport für Kinder. Lippen- und Zungenübungen für eine klare Sprache – mit Lotta, der Logoraffe. ViaNaturale Verlag

Foto: © kasto / fotolia.com

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