ABC der Naturheilkunde
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Ernährung bei Rheuma
Auch heute ist die Bedeutung der Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen ebenso diskutiert wie umstritten. Zu den diätetischen Behandlungsmöglichkeiten des rheumatischen Formenkreises sind die Forschungsergebnisse nicht sehr umfangreich, und selbst diese wenigen Forschungsberichte kommen zu keinem einheitlichen Ergebnis. Überzeugende Daten, die für eine Heilung oder Linderung chronischer entzündlicher rheumatischer Erkrankungen durch eine spezielle “Rheuma-Diät” sprechen würden, liegen mir nicht vor. Das heisst jedoch nicht, dass diätetische Maßnahmen bei rheumatischen Erkrankungen völlig ohne Einfluss auf die Schmerzen und andere Symptome der Erkrankung sind. Es gibt eine fast unüberschaubare Fülle an Ernährungsempfehlungen, die bei rheumatischen Erkrankungen beachtet werden >sollten.
Bei der Beurteilung aller Aussagen über die Bedeutung der Ernährung ist es wichtig, dass aufgrund einer genauen Diagnose unterschieden wird, um welche Erkrankungsform des rheumatischen Formenkreises es sich handelt, damit die entsprechenden Ernährungsempfehlungen individuell abgestimmt werden können.
Die einzige rheumatische Erkrankung, bei der eine Diät oder Ernährungsumstellung unumstritten ist, ist die Gicht ( verschiedene Autoren zählen die Gicht allerdings nicht zu den rheumatischen Erkrankungen), da es sich um eine Stoffwechselerkrankung, bzw. um eine Stoffwechselentgleisung handelt. Die bei der Gicht empfohlene sog. purinarme Kost lässt sich bei den anderen Erkrankungsformen des rheumatischen Formenkreises nicht unmittelbar umsetzen.
Die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen der Bedeutung der Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen, liegen (Stand 2004) für die chronische Polyarthritis vor.
Die Kernaussagen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Symptome einer chronischen Polyarthritis lassen sich durch einen erhöhten Anteil an vielfach ungesättigten Fettsäuren abschwächen. (Ref.: de Deckere et al. 1998). Eine dänische Studie bewies, dass sich durch eine angepasste Energiezufuhr, mit einem erhöhten Anteil an Fischmahlzeiten und einem erhöhten Anteil an Antioxidantien die Morgensteifigkeit, die Anzahl der geschwollenen Gelenke, die Schmerzen aber auch die Medikamentenkosten senken liessen. Allerdings wurden die Laborwerte (Entzündungswerte im Blut) und die Funktionskapazität im Alltag nicht beeinflusst (Ref.: Hansen et al. 1996).
Eine schwedische Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Es wurde der Einfluss einer therapeutischen Gabe von hochdosiertem Fischöl (10g/Tag) auf die chronische Polyarthritis untersucht. Der Bedarf an cortisonfreien Entzündungshemmern (nicht-steroidale Antiphlogistika) konnte gesenkt werden, und es kam zu einer Verbesserung der global beurteilten Aktivität der Arthritis. Es kam jedoch zu keiner Minderung der Morgensteifigkeit und der Funktionskapazität. Auch bei dieser Studie blieben die biochemischen Marker der Entzündung im Blut unverändert (Skoldstam et al. 1992).
Durch die Kombination einer Fastenkur von 7-10 Tagen, mit einer anschliessenden Umstellung auf eine vegetarische Ernährung, konnte eine norwegische Studie nachweisen, dass es zu einer günstigen Veränderung der Blutwerte bei den Polyarthritis-Patienten kam (geringere Zahl der weissen Blutkörperchen = Leukozyten, Immunglobulin G = IgG, Komplementfaktoren C3 und C3, sowie der Rheumafaktor verbesserten sich). Daraus schlussfolgerten die Autoren, dass sich mit dieser Ernährungsumstellung die Krankheitsaktivität der chronischen Polyarthritis günstig beeinflussen lässt (Haugen et al. 1994, Kjeldsen-Kragh et al. 1995). Es wurde aber auch festgestellt, dass die Ernährungsumstellung nicht bei allen Patienten den dargestellten positiven Effekt hatte. Einer Gruppe von Patienten, die auf die Ernährungsumstellung ansprachen (Respondern), stand eine Gruppe von Patienten gegenüber, bei denen die Ernährungsumstellung nicht zu dem erwünschten Erfolg führte (Non-Responder). (Kjeldsen-Kragh et al. 1994).
Eine andere dänische Studie untersuchte die Ernährungsumstellung auf eine spezielle Eiweißdiät mit einem synthetischen Eiweißprodukt als Nahrungsergänzung zu der herkömmlichen Ernährung. Es kam zu einer vorübergehenden Verringerung des Schmerzes und des Körpergewichts, allerdings kam es nur bei einem Patienten der Diätgruppe zu einer klaren Remission der Erkrankung. Aufgrund der geringen Remissionsrate kamen die Untersucher zu dem Schluss, dass die spezielle Eiweißdiät nicht generell für alle Patienten mit einer chronischen Polyarthritis empfohlen werden kann, dass aber eine Untergruppe von Patienten durchaus von einer solchen Nahrungsergänzung profitieren kann.(Ref.: Holst-Jensen et al 1998).
Bestimmte Nahrungsmittel verstärkten bei einer Untergruppe von Patienten mit chronischer Polyarthritis die Symptome (Milch oder Milchprodukte, Mais, Getreide sowie Getreideprodukte [“Cerealien”] ) Die genaue Ursache dafür, ist nicht bekannt, es kann aber eine mögliche Nahrungsmittelallergie in Betracht gezogen werden. (Ref.: van de Laar und van der Korst 1991; Buchanan et al. 1991). Da die möglichen Auslöser bei jedem Patienten veschieden sind, lassen sich generelle Behandlungsempfehlungen daraus nicht ableiten.
Bei einer anderen Untergruppe von Patienten lässt sich durch den Verzicht auf tierische Eiweisse eine symptomatische Besserung der chronischen Polyarthritis erzielen, Durch diese Massnahme wird die Krankheitsaktivität selber, jedoch nicht beeinflusst. Erst kürzlich wurde eine Studie aud Finnland veröffentlicht, in der der Einfluss einer Ernährung mit ungekochten lactobazillenreichen (Milchsäure-Bazillenreichen), veganischen Nahrungsmitteln auf die chronische Polyarthritis untersucht wurde. Während der Phase der Ernährungsumstellung kam es zu einer subjektiven Verringerung der Krankheitssymptome, nach dem Wechsel auf die alte Ernährung trat wieder eine Verschlechterung ein. Durch die vegetarische Kost wurde die Krankheitsaktivität nicht beeinflusst, wenn man dafür die Funktionskapazität, Dauer der Morgensteifigkeit und den Schmerzindex sowie die Entzündungswerte im Blut als einzelne Beurteilungskriterium heranzieht. Da die Ernährungsumstellung von der Hälfte der Patienten nicht vertragen wurde – es traten vor allem Schwindel, Kopfschmerzen und Durchfälle auf – wurde die Untersuchung vorzeitig abgebrochen. (Nenonen et al. 1998).
Möglicherweise haben bestimmte Ernährungsgewohnheiten und der Konsum von bestimmten Genussmitteln einen Einfluss auf das Risiko, überhaupt an einer chronischen Polyarthritis zu erkranken. Bei Personen die sich mehr als die Kontrollgruppe mit gedünsteten oder gebackenen Fisch ernährten (die Ernährung mit anders zubereitetem Fisch war ohne Einfluss), zeigte sich – lt. einer amerikanischen Studie – ein geringeres Risiko an chronischer Polyarthritis zu erkranken. Allerdings ist die Ursache dieser Beobachtung bislang unklar. Es wird jedoch ein Einfluss Omega-3-Fettsäuren, die sich in Fischöl finden, angenommen. (Shapiro et al. 1996).
Bei einer chronischen Polyarthritis haben besonders Patienten mit einem schlechten Allgemeinzustand und einer Mangelernährung eine hohe Krankheitsaktivität. Bezeichnend ist bei ihnen ein zu niedriger Spiegel von Kalzium, Folsäure (speziell unter einer Therapie mit Methotrexat als sogenannten Folsäure-Antagonisten), Vitamin E, Vitamin C und Vitamin B6 (Pyridoxin). Es fehlen auch Spurenenlemente wie Zink, Kupfer, Magnesium und Selen (Stone et al. 1997, Kremer und Bigaouette 1996, Hernandez-Beriain et al. 1996). Auf ausreichende Substituierung der entsprechenden Substanzen sollte besonders geachtet werden. Es hängt jedoch vom Einzelfall ab, ob die zusätzliche Gabe von Multivitaminpräparaten sinnvoll und notwendig ist.
Folgende diätetische Gesichtspunkte sollten bei rheumatischen Erkrankungen beachtet werden:
Unbedingt Übergewicht vermeiden
Das gilt besonders dann, wenn gewichtstragende Gelenke betroffen sind. Weiterhin ist zu bedenken, dass sich Patienten mirt rheumatischen Erkrankungen wegen der Schmerzen weniger bewegen, dadurch weniger Kalorien verbrauchen und somit das Übergewichtsrisiko verstärkt wird.
Unbedingt Mangelzustände vermeiden
Natürlich muss im Umkehrschluss darauf geachtet werden, dass nicht zuviel Gewicht verloren geht. Entzündlich-rheumatische Erkrankungen sind oft schwere Allgemeinerkrankungen, die den Körper allgemein stark schwächen und sogar mit erheblichen Gewichtsverlusten einhergehen können. Problematisch können sog. Weglass-Diäten sein (z.T.: “kein Fleisch”, “kein tierisches Eiweiss”, “kein Zucker”, “kein Kakao”, “keine Schokolade” etc.), besonders bei Patienten bei denen das Risko einer Mangelernährung besteht. Der Verzicht auf Zucker, Kakao oder Schokolade ist dabei die geringste Schwierigkeit und im Regelfall unschädlich. Die Umstellung auf eine rein vegetarische Kost, ist vom medizinischen Standpunkt jedoch kritischer zu sehen, da sie eine hohe Kenntnis im Ernährungsaufbau erfordert, damit nicht Mangelzustände auftreten, die zu einem Muskelabbau, einer Schwächung des Immunsystems und einer Erhöhung der Infektanfälligkeit führen könnten.
Grundsätzlich sollte sich der Rheumapatient von Fachleuten für Ernährung beraten und eine für ihn geeignete – der ärztlichen Therapie entsprechenden – Diät individuell zusammenstellen lassen.