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Naturheilkunde
Lesezeit: 9 Minuten

Das Organ der Wandlung: die Leber

WIE WIR UNSERER STOFFWECHSELZENTRALE GUTES TUN KÖNNEN

Die Leber ist ein faszinierendes Organ. Sie beeinflusst jeden Stoffwechselprozess in unserem Körper und ist nicht nur für die Verarbeitung von Nährstoffen, sondern auch für die Neutralisierung schädlicher Substanzen verantwortlich. Als Schaltstelle wandelt sie Nährstoffe, Hormone, Medikamente und Toxine um, produziert die Gallenflüssigkeit, speichert Vitamine und Spurenelemente. Ihre Funktion als Entgiftungsorgan ist für unsere Gesundheit von entscheidender Bedeutung. 

 

Dabei arbeitet die Leber still im Hintergrund – Tag für Tag. Aus naturheilkundlicher Perspektive wird sie als Organ der Wandlung, Veränderung und Erneuerung gesehen: auf körperlicher, sowie seelischer Ebene. Belastungen und Stress können die Leber blockieren, umgekehrt kann eine überforderte Leber unser emotionales Gleichgewicht beeinflussen. 

 

 

STOFFWECHSELZENTRALE

Die Leber wiegt durchschnittlich 1,5 kg und ist das schwerste unserer inneren Organe. Sie steuert den Kohlenhydrat-, Fettund Proteinstoffwechsel, produziert lebenswichtige Eiweiße (z. B. Gerinnungsfaktoren und Albumin), speichert Glykogen, Eisen sowie die Vitamine A, D, E und B12. Essenziell ist die Produktion der Gallenflüssigkeit, die nicht nur die Fettverdauung, sondern auch die Ausscheidung fettlöslicher Toxine und Cholesterin ermöglicht. 

 

Anatomisch ist die Leber in Läppchen unterteilt, winzige Funktionseinheiten, die den Austausch zwischen Blut und Leberzellen organisieren. Die Leber wird aus zwei Quellen versorgt: 

der nährstoffreichen Pfortader und der sauerstoffreichen Leberarterie. In den Sinusoiden, den Kapillarsystemen der Leberläppchen, findet der Stoffwechsel statt, bevor das Blut über die Zentralvene wieder in den Körperkreislauf gelangt. 

ENTGIFTUNG

Die körpereigene Entgiftung verläuft in drei Phasen: Modifikation, Neutralisation und Ausscheidung. 

 

Phase I: Modifikation 

Hier werden fettlösliche Substanzen, u. a. Umweltgifte, Medikamente oder Alkohol, mithilfe von Cytochrom-P450-Enzymen biochemisch umgebaut. Dadurch entstehen oft hochreaktive Zwischenprodukte, reaktive Sauerstoffspezies (ROS), welche die Leberzellen schädigen können. Ohne ausreichende antioxidative Kapazität drohen Zellschäden bis hin zu Leberentzündungen. 

 

Damit Phase I funktioniert, benötigt die Leber zahlreiche Mikronährstoffe als Co-Faktoren. Die B-Vitamine (B2, B3, B6, B12 und Folat), Magnesium, Zink und Eisen spielen zentrale Rollen. Antioxidantien (z. B. Vitamine C und E, Quercetin oder Silymarin) schützen die Leberzellen während dieser risikobehafteten Umwandlungsprozesse. 

 

Phase II: Neutralisation 

In dieser Phase werden die entstandenen toxischen Zwischenprodukte unschädlich gemacht. Hierbei werden die Metaboliten über verschiedene Reaktionen in wasserlösliche oder zumindest leichter ausscheidbare Moleküle überführt, sodass sie über Galle, Nieren oder Haut ausgeleitet werden können. Für diese Prozesse sind v. a. Schwefelverbindungen (z. B. aus Knoblauch, Zwiebeln, Brokkoli, MSM), Glutathion, Aminosäuren und Methylspender (z. B. Vitamin B12, Betain, Folsäure) erforderlich. Kritisch wird es, wenn Phase I schneller abläuft als Phase II. Dann sammeln sich aggressive Zwischenprodukte an, welche die Leberzellen schädigen und systemischen oxidativen Stress verstärken können. 

 

Phase III: Ausscheidung 

Die in Phase II löslich gemachten Toxine werden je nach Größe und Struktur über verschiedene Wege ausgeschieden: 

  • die Galle in den Darm (und weiter mit dem Stuhl) – v. a. fettlösliche Substanzen und konjugierte Metaboliten
  • über die Nieren (mit dem Urin) – kleinere, gut wasserlösliche Moleküle
  • über die Haut (Schweiß) – geringe Mengen an fett- und wasserlöslichen Stoffen
  • über die Lunge (Ausatmung) – v. a. flüchtige Substanzen wie Alkohole, Lösungsmittel und Ketone

 

Hier zeigt sich die Bedeutung eines gut funktionierenden Verdauungstraktes, der Aufnahme von ausreichend Flüssigkeit und regelmäßiger Bewegung, denn erst die Ausscheidung macht die Entgiftung komplett. 

 

 

DETOX-MYTHEN

Die Begriffe „Detox“ und „Entgiftung“ werden im Alltag oft inflationär gebraucht und suggerieren, dass der Körper regelmäßig externe Unterstützung braucht, um sich von Schlacken oder Giftstoffen zu befreien. Tatsächlich ist die Leber ein Organ, das durch seine permanente Stoffwechsel- und Entgiftungsarbeit darauf ausgelegt ist, den Körper täglich und ununterbrochen zu entgiften. 

 

Detox, Fastenkuren oder radikale Saftdiäten setzen häufig auf die plötzliche Reduktion der Kalorienzufuhr oder stark entwässernde Substanzen. Dies kann jedoch zu einer Mobilisierung von in Fettdepots gespeicherten, lipophilen Toxinen (z. B. Schwermetalle oder Umweltgifte) führen. Wird die Leber gleichzeitig nicht mit den notwendigen Mikronährstoffen versorgt, kann dies die Leber belasten und zu einer Überforderung der zweiten Entgiftungsphase führen. 

 

Echte Entgiftung passiert täglich und dauerhaft. Was die Leber braucht, ist eine kontinuierliche Versorgung mit den richtigen Co-Faktoren, nicht kurzfristige Extreme. Entscheidend sind der Schutz der Leberzellen, die Unterstützung aller Entgiftungsphasen und die sichere Ausscheidung. 

© Sasint I adobestock.com

DIE LEBER IST DAS ORGAN DER WANDLUNG, VERÄNDERUNG UND ERNEUERUNG 


WICHTIGE WIRKSTOFFE FÜR DIE LEBER

Eine gesunde Ernährung ist langfristig der wirkungsvollste Ansatz zur Unterstützung der Entgiftungsleistung und Stoffwechselfunktion der Leber. Dabei sollte auf leberbelastende Faktoren wie Alkohol, Zucker, hochverarbeitete Lebensmittel und Transfette weitgehend verzichtet werden. Sie führen zur Erhöhung des oxidativen Stresses und begünstigen die Entwicklung einer Fettleber und chronische Lebererkrankungen. 

 

Neben vollwertiger Ernährung spielen bestimmte pflanzliche Inhaltsstoffe und Mikronährstoffe eine zentrale Rolle, da sie die natürlichen Prozesse der Leber unterstützen, ohne zu überfordern oder einseitig zu stimulieren. 

 

Mariendistel 

Ihr Wirkstoff Silymarin zeigt in Studien eine schützende und regenerierende Wirkung auf Leberzellen, stabilisiert die Zellmembranen und fördert die Regeneration geschädigter Hepatozyten. Zudem beeinflusst es Phase I der Leberentgiftung, indem es die Bildung Freier Radikale begrenzt. 

 

Artischocke 

Sie unterstützt die Leber mit Bittersubstanzen und ihrem Wirkstoff Cynarin. Dieses fördert die Gallensaftproduktion, verbessert die Fettverdauung und trägt zur Cholesterinregulation bei. So werden fettlösliche Toxine besser ausgeschieden, die Verdauung wird entlastet. 

 

Löwenzahn 

Er bewirkt eine Anregung des Gallenflusses und unterstützt durch seine Bitterstoffe die Verdauung. Diese Eigenschaften fördern den Leberstoffwechsel und die Ausleitung. 

 

Cholin 

Cholin ist essenziell für den Fettstoffwechsel und die Membranstruktur der Leberzellen, damit ein zentraler Baustein der Lebergesundheit. Es unterstützt Transport und Abbau von Fetten, was einer Überlastung der Leber durch Fetteinlagerungen entgegenwirkt. Cholinmangel wird mit der Entstehung einer nicht-alkoholischen Fettleber (NAFL) in Verbindung gebracht. 

 

Traubenkernextrakt 

Reich an Proanthocyanidinen birgt Traubenkernextrakt starke antioxidative Eigenschaften. Diese natürlichen Pflanzenstoffe können die Leberzellen vor oxidativem Stress schützen, der v. a. in Phase I der Entgiftung entsteht. So werden die Zellen während der Umwandlung von unerwünschten Substanzen in hochreaktive Zwischenprodukte vor Schäden bewahrt. 

 

B-Vitamine 

B6, B12 sowie Folsäure sind wesentlich für die Phase-II-Entgiftung und spielen entscheidende Rollen als Co-Faktoren für die Methylierung und andere Konjugationsprozesse, durch die Toxine wasserlöslich gemacht und für die Ausscheidung vorbereitet werden. Eine gute Versorgung mit diesen Vitaminen unterstützt die Funktion dieser Stoffwechselwege nachhaltig. 

 

Schwefelhaltige Pflanzen 

Vertreter dieser Pflanzengruppe, z. B. Zwiebeln und Brokkoli, liefern wichtige Bausteine für die Sulfatierungsreaktionen in Phase II und fördern die Produktion von Glutathion (für Zell- und Leberschutz). 

© vefimov I adobestock.com

Aminosäuren 

Eine ausreichende Zufuhr an Aminosäuren (v. a. Glycin und Cystein) ist ebenso bedeutsam. Glycin, u. a. in Knochenbrühe enthalten, unterstützt die Bindung von Toxinen und deren Ausscheidung. Gemeinsam mit der Aminosäure Cystein ist es entscheidend für die Bildung von Glutathion. 

 

 

ENTSCHEIDENE LEBERWERTE

Die Beurteilung der Leberfunktion in der klinischen Praxis geht oft nicht über die bekannten Transaminasen GPT (ALT) und GOT (AST) sowie Gamma-GT hinaus. Diese Werte sind wichtige Marker, geben jedoch primär Aufschluss über akute Leberschäden oder entzündliche Prozesse. GPT und GOT steigen an, wenn Leberzellen geschädigt werden und Enzyme ins Blut gelangen – etwa bei akuter Hepatitis, Fettleber oder toxischer Belastung. Doch diese Werte allein liefern kein umfassendes Bild der Lebergesundheit. So kann die Leber lange kompensieren und bereits schwer geschädigt sein, ohne dass die Transaminasen auffällig werden. Deshalb ist es entscheidend, weitere Laborparameter zu betrachten: 

 

Bilirubin 

Bilirubin gibt Auskunft über den Abbau von Hämoglobin und die Funktion des Gallensystems. Ein Anstieg deutet auf eine Störung des Gallenabflusses oder vermehrte Zellzerstörung hin. Leichte Erhöhungen können auch bei funktionellen Störungen (z. B. Gilbert-Syndrom) auftreten. 

 

Cholinesterase (CHE) 

CHE ist ein Marker für die Eiweißsyntheseleistung der Leber. Sinkt der Wert, spricht das für eine eingeschränkte Funktionsreserve, z. B. bei chronischer Leberschädigung, Leberzirrhose oder starker Mangelernährung. Niedrige CHE-Werte sind oft ein Hinweis auf eine chronische Schädigung. 

 

Alkalische Phosphatase (AP) 

AP ist bei cholestatischen Prozessen erhöht, wenn der Abfluss der Galle gestört ist. Auch Knochenerkrankungen können den Wert beeinflussen, daher ist die Kombination mit Gamma- GT entscheidend. 

 

Glutamatdehydrogenase (GLDH) 

Ein Anstieg dieses Markers für mitochondriale Schäden in der Leber zeigt tiefergehende Zellbelastungen, z. B. durch Medikamente oder Toxine. 

 

Lactatdehydrogenase (LDH) 

Dieser Wert ist weniger leberspezifisch, kann aber bei massiver Zellschädigung oder hämolytischen Prozessen erhöht sein. Die Betrachtung all dieser Parameter im Gesamtbild ist entscheidend. Nur so lässt sich differenzieren, ob eine akute Zellschädigung, ein Gallenabflussproblem oder bereits eine Einschränkung der Syntheseleistung vorliegt. Gerade bei chronischen Prozessen sind es oft Cholinesterase, Bilirubin und AP, die erste Hinweise liefern, während die Transaminasen noch unauffällig sein können. 

 

Eine ganzheitliche Leberdiagnostik hilft also, frühzeitig Belastungen zu erkennen und zielgerichtet zu therapieren, bevor irreversible Schäden entstehen. 

 

 

ORGAN DER (UM)WANDLUNG

In der Naturheilkunde wird die Leber nicht nur als zentrales Stoffwechsel- und Entgiftungsorgan verstanden, sondern auch als ein Organ tiefgreifender Wandlung auf mehreren Ebenen des Menschseins. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) bringt den freien Fluss von Qi und Blut mit der Leber in Verbindung. Hier ist sie eng mit der emotionalen Ebene verbunden und wird als Sitz von Wut, Zorn und gestauten Emotionen gesehen. Ein gestörtes Leber-Qi kann sich daher nicht nur körperlich, sondern auch seelisch in Form von Gereiztheit oder depressiven Verstimmungen zeigen. 

 

Physisch steuert die Leber über ihre Stoffwechselfunktion die Bereitstellung von Energie und die Entsorgung von Giftstoffen. Psychisch beeinflusst sie unsere Stressverarbeitung und emotionale Stabilität. Aus naturheilkundlicher Sicht ist die Leber auch für die Verbindung von Körper, Geist und Seele von zentraler Bedeutung. Ihre Funktion spiegelt sich in unserem Umgang mit innerem und äußerem Druck wider. Gleichzeitig hilft sie, belastende Eindrücke zu verarbeiten und zu transformieren. 

 

Auch die moderne Forschung stützt diese traditionelle Sicht: So zeigt z. B. die Psychoneuroimmunologie, wie eng Leber, Nerven-, Hormon- und Immunsystem miteinander vernetzt sind. Chronischer Stress und emotionale Belastungen aktivieren die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse), erhöhen dauerhaft den Cortisolspiegel und beeinflussen so die Glukose- und Lipidstoffwechselwege der Leber. Dies fördert nicht nur die Entstehung einer Fettleber und Insulinresistenz, sondern auch chronische Entzündungen, welche wiederum die Leber belasten. 

 

Zudem produziert die Leber selbst Immunfaktoren und ist in die Regulation von Entzündungsprozessen eingebunden. Über diesen Mechanismus hat sie direkten Einfluss auf Immunerkrankungen, Autoimmunprozesse sowie neuroendokrine Regelkreise. Eine geschwächte Leber kann somit psychosomatische Beschwerden, z. B. Müdigkeit, depressive Verstimmung oder Überforderung, fördern. 

 

 

FAZIT

Die Leber ist mehr als nur ein Entgiftungsorgan. Sie ist die Steuerzentrale des Stoffwechsels, der Immunregulation und emotionale Balance, wichtig für psychische und körperliche Resilienz. Wer sie schützt, stärkt nicht nur seine Gesundheit, sondern auch die innere Stabilität. Nachhaltige, vollwertige Ernährung, gezielte Mikronährstoffzufuhr und Stresskompetenz sind der Schlüssel zu einem gesunden Stoffwechsel und einer starken Lebensbasis. 

Matthias Baum

Heilpraktiker mit Schwerpunkten klinische Psychoneuroimmunologie, funktionelle Labordiagnostik, Mikronährstofftherapie, Ernährungsberatung, Darmgesundheit und Physiotherapie, Gesundheitswissenschaftler, Dozent und Speaker

baum@gesundheitspraxis-altona.de

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