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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2017

Risikofaktor Entzündungen

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© Kurhan I Fotolia.com

Chronische „Schwelbrände“ als Krankheitsursache

Können Sie sich vorstellen, dass es zwischen Zahnfleischbluten und einem Herzinfarkt, einer Zahnfleischentzündung und einem Schlaganfall, einer Sportverletzung und der AlzheimerErkrankung oder einem Infekt und Krebs einen Zusammenhang gibt? Was zunächst provokativ klingt, hat vermutlich einen berechtigten Hintergrund, da die genannten Ereignisse und Erkrankungen eine gemeinsame Schnittstelle haben: die Entzündungsreaktion. Diese steht im Verdacht, an der Entstehung chronischdegenerativer Krankheiten, wie z.B. Krebs, Herzinfarkt, Demenz und Diabetes mellitus, mitbeteiligt zu sein.

Eine Entzündung ist normalerweise ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses

Nahezu jeder von uns hat das schon mal erlebt: Man schneidet sich in den Finger, und sofort schießt Blut aus der Wunde. Schließlich kommt die Blutung wieder zum Stillstand, die verletzte Haut wird durch die Bildung von neuem Gewebe irgendwann wieder geschlossen. Was eigentlich nach einem banalen Vorgang aussieht, ist in Wirklichkeit ein hochkomplizierter Vorgang, der der Schadensbegrenzung und Reparatur dient. Ein wichtiger Teil dieses Reparatursystems ist die körpereigene Abwehr, die durch das verletzte Gewebe mobilisiert wird und die Entzündung auslöst. Durch die rasch einsetzende Blutung werden Bakterien und andere Keime weggespült, noch bevor sie über den Blutstrom in den Körper gelangen und dort eine Infektion hervorrufen können. Jedoch begnügt sich die „Körperpolizei“ damit nicht. Mit dem Blut werden weitere Immunzellen in das Wundgebiet geschickt, um die eventuell noch vorhandenen Keime unschädlich zu machen und die Zelltrümmer zu beseitigen. Durch die einsetzende verstärkte Durchblutung rötet sich die Haut und erwärmt sich im Bereich der Wunde. Schließlich erhöht sich die Durchlässigkeit der Wände der kleinen Blutgefäße, um den Durchtritt weiterer Abwehrzellen zu ermöglichen. Es bildet sich vermehrt Flüssigkeit, und das Gewebe schwillt an – ein verletzter Knöchel wird z.B. dadurch dick. Die Schwellung wiederum kann aber auf die empfindlichen Nervenenden in der Haut drücken, wodurch sich ein weiteres „Entzündungszeichen“ – der Schmerz – dazugesellt. So ist die Entzündung insgesamt ein komplizierter Prozess, der in unserem Körper als Antwort auf einen Reiz eingeleitet wird. Als Reize können Keime, Verletzungen (z.B. Knochenbrüche), extreme Kälte oder Hitze sowie körperfremde Eiweiße (Allergene) dienen.

Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs durch Entzündungen

Normalerweise kommt eine akute Entzündungsreaktion nach vollendeter Heilung wieder zum Erliegen. Allerdings können – völlig unbemerkt – kleine „Schwelbrände“ im Körper zurückbleiben, die langfristig erhebliche Schäden verursachen und Krankheiten begünstigen können. In diesem Fall spricht man von „niedriggradigen“ Entzündungen, die sich nicht durch die klassischen Entzündungszeichen (Rötung, Erwärmung, Schwellung, Schmerz) zu Erkennen geben.

So weiß man inzwischen, dass die Veränderungen in den Blutgefäßen, die zu Herzinfarkt oder Schlaganfall führen, viel mit diesen schwelenden, entzündungsbedingten „Brandherden“ zu tun haben und die „klassischen Risikofaktoren“ (z.B. erhöhter Cholesterinspiegel, Bluthochdruck, Rauchen, Übergewicht) nicht für alle Herz-Kreislauf-Todesfälle verantwortlich gemacht werden können. Auch Krebserkrankungen werden mit entzündlichen Prozessen in Verbindung gebracht, da Botenstoffe, die speziell bei Entzündungen freigesetzt werden, das Überleben von Tumorzellen, die tagtäglich in unserem Körper entstehen, erleichtern und dafür sorgen, dass diese weniger gut aufgespürt werden können.

Entzündungen auf einen Blick:
Welche Einflüsse fördern und welche hemmen die “Brandherde“?

Demenz: Wenn der Geist schwach wird, sind Entzündungen im Spiel

Demenz wird als eine (erworbene) Störung des Gedächtnisses und Denkvermögens angesehen, die das berufliche und private Aktivitätspotenzial erheblich einschränkt. Am weitesten verbreitet ist die Demenz vom Typ Alzheimer: Etwa 1,2 Million Betroffene gibt es inzwischen in Deutschland, täglich kommen 800 neudiagnostizierte Fälle hinzu – Tendenz steigend. Experten gehen davon aus, dass wir im Jahr 2030, in Folge der Überalterung der Bevölkerung, mit etwa 2 Millionen AlzheimerKranken rechnen müssen. Frauen und Männer sind gleichermaßen gefährdet. Bei dieser Erkrankung ist die Signalübertragung der Nervenzellen gestört. Gleichzeitig kommt es zu einer Störung des Eiweißstoffwechsels und einer krankhaften Ablagerung von Eiweißklumpen (Amyloid-Plaques) zwischen den Nervenzellen, die als typische Merkmale in den Gehirnen von Alzheimer-Patienten nachweisbar sind. Ebenso finden sich innerhalb der Nervenzellen falsch aufgebaute Eiweiße, wodurch deren Funktion massiv gestört wird. Diese Phänomene treiben den Zelltod weiter voran. Im Spätstadium von Alzheimer ist das Gehirn um bis zu 30% geschrumpft.

Obgleich die genauen Vorgänge, die für die Entstehung von Demenzen (z.B. Morbus Alzheimer) ausschlaggebend sind, derzeit noch nicht vollständig erforscht sind, gibt es Risikofaktoren, die inzwischen bekannt sind. Dazu gehören erbliche Einflüsse, Umweltfaktoren und vor allem entzündliche Prozesse, die zum Untergang der Nervenzellen beitragen können. Auch schädliche freie Radikale, die durch äu- ßere Einflüsse (z.B. Umweltgifte, Strahlung, Medikamente, Rauchen) im Körper entstehen können, sollen eine Rolle spielen. Freie Radikale sind kleine, sehr reaktive Teilchen, die mit den empfindlichen Zellbausteinen reagieren und diese schädigen können. Auch dadurch können Zellen (z.B. Nervenzellen) absterben.

Mit Polyphenolen gegen das „Vergessen“

Polyphenole sind bioaktive Pflanzeninhaltsstoffe, die reichlich in Superfrüchten (z.B. Acai-, Gojibeeren, Granatapfel) sowie in Gewürzpflanzen (Ingwer mit Gingerolen, Gelbwurz mit Kurkumin) enthalten sind. Aber auch Resveratrol (Rebstock) und OPC (aus dem Traubenkern) sind interessante Polyphenole. Wem die tägliche Beschaffung der genannten Früchte und Gewürzpflanzen zu mühsam ist, der kann auf polyphenolreiche Nahrungsergänzungsmittel (z.B. alles kombiniert in „plantazym“ enthalten) ausweichen. Diese Bioaktivstoffe wirken entzündungshemmend, gefäß- und nervenzellschützend. Inzwischen konnte in einer Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen gezeigt werden, dass Polyphenole aus Beerenfrüchten (besonders polyphenolreich sind Acai- und Gojibeeren) den altersbedingten Veränderungen im Hippocampus entgegenwirken und zur Erhaltung der geistigen Leistungsfähigkeit beitragen können. Eine fünfjährige Untersuchung mit über 1300 Personen hat ergeben, dass das Demenz-Risiko für jene Personen am höchsten war, die wenige Polyphenole zu sich nahmen. Wer hier auf eine regelmäßige und ausreichende Zufuhr achtet, für den besteht diesen wissenschaftlichen Studien zufolge eine geringere Gefahr für die Entwicklung einer Demenz. Sicherlich gehören auch die Empfehlungen, sich ausreichend zu bewegen, auf Normalgewicht zu achten und aufs Rauchen zu verzichten, zu den vorbeugenden Maßnahmen.

Entzündungshemmend: Obst ist nicht gleich Obst und Gemüse nicht gleich Gemüse

Der Ernährung kommt eine besondere Bedeutung zu, da in bestimmten Frucht-, Gemüse- und Gewürzsorten bioaktive Pflanzeninhaltsstoffe stecken, die Entzündungen entgegenwirken können. So enthalten z.B. Beerenfrüchte, wie die Acai-, die Goji- und die Heidelbeere, etwa 1000-mal mehr Zellschutzstoffe als Zitrusfrüchte (z.B. Orangen). Auch Resveratrol und OPC (Oligomere Proanthocyanidine aus dem Traubenkern) können im Kampf gegen Entzündungen hilfreich sein. Resveratrol hat weiterhin, wie man inzwischen aus medizinischen Studien weiß, eine gefäßschützende Wirkung und gilt als echte „Antiaging-Substanz“, da sie den Zellstoffwechsel verlangsamt und Reparaturmöglichkeiten der Zelle erleichtert. Interessant ist die Kombination aus Resveratrol und Kurkumin, dem Inhaltsstoff der Gelbwurz. Dieses „Duo“ hat bei entzündlichen Gelenkerkrankungen einen besonders guten entzündungshemmenden Effekt gezeigt. Gegen den „Entzündungsstress“ können auch pflanzliche Enzyme aus Ananas (Bromelain) und Papaya (Papain) helfen. Diese wirken den „klassischen“ Begleiterscheinungen von Entzündungen (z.B. Wasseransammlungen, Schwellungen) entgegen und haben sich auch bei Sportverletzungen bewährt. Schließlich sind auch in Gemüsesorten interessante entzündungshemmende Stoffe enthalten. Besonders empfehlenswert sind Zwiebeln, Knoblauch, Brokkoli und weitere Kohlarten. Da all die genannten entzündungshemmenden bioaktiven Pflanzeninhaltsstoffe am besten im „Konzert“ agieren, ist eine breite Vielfalt dieser Obst-, Gemüse- und Gewürzpflanzen in der Ernährung empfehlenswert. Wem die Beschaffung der genannten Lebensmittel zu mühsam ist, der kann auf einen auf Polyphenole standardisierten Aktivkomplex aus Obst, Gemüse, Gewürzpflanzen und pflanzlichen Enzymen ausweichen.

Prof. Dr. rer. nat. Michaela DöllProf. Dr. rer. nat. Michaela Döll
Dipl.-Biologin, Expertin für Fitness, Gesundheit und Anti-Aging, Buchautorin

mail@prof.drmdoell.de

Buch-Tipp
Döll, Prof. Dr. Michaela:
Warum Papaya kühlt und Zucker heiß macht,
ISBN 978-3-7766-2728-2

Foto: © Kurhan I Fotolia.com

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