aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 2/2010
Ayurveda
Heike Seegebarth nimmt Sie mit auf eine Reise in die Welt der Ayurveda-Kuren und gibt hilfreicheTipps zur innerlichen Vorbereitung, zur Durchführung und Nachbehandlung dieser überaus wirksamen Heilmethode für Körper, Geist und Seele.
Was ist Panchakarma?
Die wörtliche Übersetzung aus dem Sanskrit heißt „Fünf Handlungen“. Damit gemeint sind die fünf Wege der Reinigung und Entgiftung: Einläufe (Vasti), Abführen (Virechana), therapeutisches Erbrechen (Vamana), therapeutische Reinigung über die Nase (Nasya) oder Aderlass (Rakta Moksha).
Damit eine effektive Ausleitung durchgeführt werden kann, ist eine gute Vorbereitung notwendig:
1. Schritt: Innerliche Vorbereitung (Amapachana)
Je besser die Vorbereitung, umso besser ist die Wirkung der Kur. Daher ist es wichtig, dass die Person vor Kurbeginn zur ausführlichen Erstdiagnose kommt, um alle Symptome, Erscheinungsbild, Alter etc. betrachten zu können. Die Kräuter und die Zubereitungsform werden entsprechend ausgewählt.
- In Nordindien werden Ghee-Tage zur Vorbereitung angewandt. Die Natur in Nordindien ist meist trocken, die Menschen haben dort eher Probleme durch zu viel Trockenheit. Deshalb ist für die Mobilisierung von Ama (Schlackenstoffe,Toxine) ein öliges Medium zu verwenden. Ghee wird mit verschiedenen Kräutern aufbereitet. Dosis und Anzahl der Tage werden nach Trockenheit (rooksha) der Person gewählt.
- Kräuterabkochungen (Kashaya): Der Landstrich Kerala in Südindien ist sehr fruchtbar und feucht, viele Gewürze wachsen dort. In so einer Landschaft brauchen die Menschen zur Vorbereitung eher etwas, das austrocknend wirkt, wie es bei Kräuterabkochungen der Fall ist. Diese Dekokte werden über einen bestimmten Zeitraum getrunken, bevor mit den Massagen angefangen werden kann. Der Zeitraum ist individuell unterschiedlich zwischen einer und mehreren Wochen. In den ayurvedischen Texten wird das Trinken von Ghee bei sämtlichen Erkrankungen beschrieben, aber in den letzten Jahrhunderten wurde das Ayurveda weiterentwickelt. So werden nur bei speziellen Erkrankungen und Stadien wie z. B. Magengeschwüren, Geisteskrankheiten und Myomen Ghee-Tage zur Vorbereitung verschrieben. Normalerweise werden Kräuterabkochungen vorbereitend gegeben.
In Deutschland ist die Natur feucht und fruchtbar wie in Kerala, deshalb wirken hier Kräuterabkochungen in der Vorbereitungszeit effektiver.
2. Schritt: Äußerliche Vorbereitung – Poorvakarma (Snehana und Swedana)
Nach der inneren folgt die äußere Vorbereitung für die Ausleitung, also die Massagen. Vor jeder Ausleitung müssen die dazu passenden Massagen durchgeführt werden. Wichtig ist, dass das Öl immer auf ayurvedische Art mit Pflanzen aufbereitet wird. Werden nicht passende Öle ausgesucht, kann es zu Verschlimmerungen oder neuen Symptomen kommen.
Wichtig in der Vorbereitungszeit ist, dass an jedem Tag dieselben Massagen durchgeführt werden. Durch die Kräuter und die Massagen werden die Schlackenstoffe (Ama), die zu den Beschwerden führen, in Bewegung gesetzt und über die Lymph- und Blutgefäße zum Verdauungstrakt transportiert. Dort können sie dann ausgeleitet werden.
3. Schritt: Das Herzstück: „5 Handlungen“ (Panchakarma)
Nach 5-9 Tagen Massage folgt das passende Ausleitungsverfahren. Danach stehen ein paar Tage der Erholung mit leichtem Essen auf dem Programm, bis wieder mit den Massagen zur Lösung weiterer Schlacken begonnen wird. Dann wieder 5-9 Tage massieren bis zum nächsten Ausleitungsverfahren u.s.w. Es ist also ein langer Prozess, bis alle „5 Handlungen“ durchgeführt werden können. Die Gesamtdauer kann 50-100 Tage betragen.
Wenn von Einläufen mit nur 60 ml Öl oder vom „ambulanten“ Erbrechen mit Salzwasser gesprochen wird, handelt es sich nicht um ein Panchakarma, sondern um eine besänftigende Maßnahme (Samana) oder eine Anwendung zur Gesunderhaltung, wie sie im Yoga durchgeführt wird (Shatkarma).
Im ayurvedischen Text „Ashtangha Hrdayam“ werden die Wirkungen der Ausleitung wie folgt beschrieben:
- ein klarer Verstand
- Kraft aller Sinnesorgane
- stabile Körpergewebe Dhatus (Blut, Muskel, Knochen etc.)
- verbesserte Verdauungskraft Agni
- regulierter Alterungsprozess („Verjüngung“)
Diese Zeichen treten auf, wenn die Reinigungsbehandlung richtig und ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
4. Schritt: Nachbehandlung = Wiederaufbau, Verjüngung (Paschatkarma)
Nach den intensiven Reinigungen folgt die Phase des Aufbaus. Die Schwachstellen gilt es zu kräftigen und in gesundes Gewebe umzuwandeln, so dass die Erkrankung nicht mehr wieder kommen kann.
- Nach einer Reinigungs-Kur sollte man sich für die gleiche Anzahl an Tagen ausruhen, um wieder zu Kräften zu kommen. Das ist immer wichtig, auch bei kurzen Kuren! Der Wiederaufbau ist genauso wichtig wie die Reinigung selbst.
- Ein geregelter Lebensstil nach der Kur spielt eine wesentliche Rolle, um die maximale Wirkung der Panchakarma-Kur zu erzielen. Für eine gewisse Zeitspanne sollte eine strenge Lebensweise befolgt werden. Dazu gehört auch die tägliche Selbstmassage.
- Es sollte erst langsam wieder auf normales Essen umgestellt werden. Peyadikrama ist die Bezeichnung für eine leichte Kost, die während und nach der Kur empfohlen wird. Sie kann langsam und Stufe für Stufe schwerer werden, bis „normales“ Essen wieder verdaut werden kann.
- Aufbauende und verjüngende Präparate (Rasayanas) werden gegeben, sobald das Verdauungsfeuer wieder gut brennt.
Bei schweren oder chronischen Erkrankungen sollte die Kur mindestens 3 x im Abstand von einem Jahr durchgeführt werden.
Dr. P.M. Unnikrishnan: „Es ist sichtbar, dass wenn man die oben beschriebenen Schritte betrachtet, Panchakarma eine klar verständliche Methodik von Anwendungen hat, die sehr zu unserem Wohlbefinden beitragen kann. Teilbereiche werden durch den Gesundheitstourismus ausgenutzt und als Panchakarma bezeichnet. Dies geschieht z. B. dann, wenn der „Gesundheits-Tourist“ die Anwendungen selbst bestimmen kann oder keine Ausleitung gemacht wird. Die meisten der Panchakarma-Techniken verlangen spezielle Fähigkeiten und tiefes Wissen, daher ist die Rolle eines erfahrenen Arztes oder Therapeuten notwendig.“
Es gibt große Unterschiede!
Manchmal werden Kuren im Namen von Panchakarma ohne Ausleitungen angeboten. Eine 3-wöchige Kur ohne Ausleitung ist keine Panchakarma-Kur! Dabei würden die Schlackenstoffe nur mobilisiert, von den Schwachstellen, an denen sie vorher saßen, gelöst und zum Verdauungstrakt befördert werden. Dort angekommen, ist es notwendig, sie auszuleiten. Ein normaler Stuhlgang reicht hierfür nicht aus, auch nicht kleine Einläufe mit 60 ml Öl. Es ist eine Frage der Zeit, bis die Schlackenstoffe wieder an ihre Schwachstellen zurückkehren und wieder Krankheitssymptome hervorrufen – manchmal sogar mit größerer Kraft als zuvor.
Selbst in Indien oder Sri Lanka werden heute nur noch selten richtige Panchakarma-Kuren durchgeführt. Genannt werden die Reinigungskuren aber trotzdem so. Auch in Indien werden heutzutage Kuren mit einer oder zwei unterschiedlichen Reinigungen als Panchakarma bezeichnet. Das ist o.k., wenn ein oder zwei intensive Ausleitungen durchgeführt werden, mit der notwendigen Vorbereitung und Nachbehandlung.
Eine 5-tägige Kur kann effektiver sein als eine 3-wöchige. Diese kann, wenn sie nach oben genannten Prinzipien durchgeführt wurde, als „Panchakarma-Kur“ bezeichnet werden. Bei schwereren Erkrankungen ist es allerdings notwendig, die „kurze Kur“ bereits nach 6 Monaten zu wiederholen. Bei einer 3-6-wöchigen Kur wird sie nach einem Jahr wiederholt. In der Zeit dazwischen kann es weiterhin zur Verbesserung der Gesundheit kommen.
Check-Liste:
Wie finde ich eine gute Panchakarma-Kur? schiedlichen Öle nicht, oder es wird versucht, die hohen Materialkosten er
- Sie müssen Vertrauen zum Therapeuten haben und sich am Ort der Kur wohl fühlen. Wenn auf der körperlichen Ebene etwas in Bewegung kommt, dann auch auf der psychischen. Daher ist es wichtig, sich gut aufgehoben zu fühlen.
- Ein ayurvedisch erfahrener Arzt oder Heilpraktiker ist vor Ort.
- Individuelle Vorbereitung vor der Kur (Ernährungsrichtlinien, Kräuterabkochungen, Ghee-Zubereitungen) sind getroffen worden.
- Es werden nur reine ayurvedische Kräuteröle verwendet. Werden die Anwendungen mit reinem Sesamöl gemacht, oder die ayurvedischen Öle damit verdünnt, reduziert sich die Effizienz der Kur. In vielen Zentren im Westen ist das eine große Schwachstelle. Gründe mögen sein: Der Therapeut kennt die Wirkungen der unterschiedlichen Öle nicht, oder es wird versucht, die hohen Materialkosten erheblich zu reduzieren.
- Es werden genaue Anweisungen gegeben, was man während der Kur machen darf, und was nicht.
- Es wird kein Touristenprogramm in Form -von Ausflügen während der Kur angeboten. Wichtig ist, sich während der Kurzeit und die gleiche Anzahl der Tage da nach zu schonen.
- Es wird leichte ayurvedische Kost angeboten. Während der Panchakarma-Kur und danach darf kein Fisch, Fleisch und mit Käse Überbackenes verzehrt werden. Auch Eis und in Fett Gebackenes muss vom Speiseplan gestrichen werden. Keine Rohkost. Alkohol ist tabu. Keine zu scharfen, bitteren, herben und sauren Geschmäcker.
- Intensive Reinigung: Entsprechend der Dauer der Kur können 1, 2 oder sogar alle 5 Ausleitungen durchgeführt werden. Einläufe finden erst zum Schluss der Behandlungsabfolge statt.
- Gute Nachbetreuung nach der Kur.
- Der Therapeut nimmt sich Zeit für wichtige Fragen.
Wenn der Kurort im Ausland ist, suchen Sie sich auch zu Hause einen Ayurveda-Therapeuten, der mit den Behandlern dort zusammenarbeitet und die Vorbereitung und die Nachbehandlung durchführen kann. Dadurch wird Ihre Kur viel effektiver!
Eine Panchakarma-Kur hilft bei vielen chronischen Erkrankungen, bei denen es in der Schulmedizin keine wirkliche Verbesserungsmöglichkeit gibt, wie z. B. Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises.
Verhaltensregeln während und direkt nach der Kur:
- Nur mit warmem Wasser duschen bzw waschen. Kaltes Wasser während der Behandlung ganz vermeiden. Nicht schwimmen gehen.
- Verzicht auf sexuelle Aktivitäten.
- Nicht länger als 23:00 Uhr wach bleiben.
- Keine Anstrengungen.
- Gefühlsausbrüche, Ärger und Streitgespräche während der Kur vermeiden.
- Keiner direkten Sonneneinstrahlung aussetzen. Kontakt mit Staub, Regen, Nebel und Wind meiden.
- Lange Reisen direkt nach den Behandlungen vermeiden.
Nicht übermäßig viel grübeln, reden oder lesen. - Keine ausgedehnten Spaziergänge machen und nicht zu viel sitzen.
- Tagsüber nicht schlafen.
- Täglich zur selben Zeit essen.
- Zeiten der Medizineinnahme strikt einhalten.
Der Rest des Tages sollte in angenehmer Atmosphäre, in Ruhe und mit netten Menschen verbracht werden.
Heike Seegebarth
Heilpraktikerin mit Schwerpunkt Ayurveda
Kontakt: info@traditionelles-ayurveda.de