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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2017

Fallstudie aus der naturheilkundlichen Praxis: Gewichtsabnahme mit Ohrakupunktur

Cover

Klientin

55-jährige Buchhändlerin Frau M. ruft mich Anfang des letzten Jahres an und bittet um einen Termin für eine Ohrakupunktur. Ihre 25-jährige Partnerschaft sei zwischen Weihnachten und Neujahr endgültig zerbrochen, und nun wolle sie das Gewicht verlieren, das sie in der Beziehung zugelegt habe.

Anamnese

Ihre Wechseljahre seien „durch“. Gesundheitlich sei es erst in den letzten sechs Jahren bergab gegangen. Eine Kurzatmigkeit habe sich eingestellt und die Gelenke schmerzen, insbesondere die Knie und die untere Wirbelsäule seien betroffen. Entgleisungen im Blutzuckerhaushalt seien eher zufällig aufgefallen, sie nehme nun orale Antidiabetika, eine Insulinnotwendigkeit wolle sie unbedingt vermeiden. Seit ca. sechs Wochen schmerzen nun auch morgens die Finger und Handgelenke, deswegen sei ihr erstmals die Idee der Gewichtsreduktion in den Sinn gekommen.

Beratung

Bereits bei diesem ersten Telefonat erkläre ich Frau M., dass eine Gewichtsabnahme immer aus mehreren Komponenten besteht:

  • Verminderung der Kalorienzufuhr
  • Steigerung körperlicher Aktivität und Intensität in jeweils angemessener und an das Gewicht angepasster Form
  • Ernährungsumstellung und Änderung der Essgewohnheiten
  • Mentale Stärke und ein fester Wille (Zielformulierung!)
  • Geduld und Gnade in Stillstandphasen oder bei Rückschlägen

Therapie

In der folgenden Woche kommt Frau M. zum ersten Termin in meine Praxis. Sie ist offen und freundlich, hochmotiviert. Zunächst erhebe ich eine allgemeine Anamnese und berate anhand der o.g. Punkte. Augenscheinlich geht es hier um mehr als ein paar Kilos. Frau M. ist ausgesprochen adipös. Das letzte Blutbild sei drei Monate her, eine Cholesterinerhöhung bestehe seit zehn Jahren. Ein Diabetes mellitus sei durch den erhöhten Nüchtern-Blutzucker aufgefallen, eine Nachforderung des HbA1-Wertes und ein Glukosetoleranztest hätten das bestätigt, weswegen sie derzeit orale Antidiabetika nehme. Der Blutdruck sei seit 15 Jahren immer wieder mal erhöht, Langzeit-RR-Messungen vor acht Jahren führten zur medikamentösen Einstellung. Nieren- und Schilddrüsenwerte seien in der Norm, die familiäre Anamnese negativ. Besonders unangenehm seien im Sommer und in der Wärme die Rötungen in den Hautfalten unter der Brust, in der Leiste und zwischen den Bauchfalten (Intertrigo), hier käme es häufiger zu Pilzinfektionen (Mykosen).

Wir besprechen zunächst die Säulen, die zur dauerhaften Abnahme führen sollen. Ich bitte Frau M., sich eine digitale Waage zu kaufen. Außerdem wird sie ab sofort alles aufschreiben, was sie isst. Dies soll die Achtsamkeit dafür schulen. Ebenso soll sie die Trinkmenge dokumentieren und auf Mineralwasser und ungesüßten Tee umstellen, keine Limonaden, keine Säfte, keine Pulver-Kaffee-Mischungen, kein Alkohol. Für einen guten Start akupunktiere ich am Ohr und bitte sie, mich am nächsten Tag anzurufen, um mir das aktuelle Gewicht mitzuteilen.

Das Startgewicht beträgt 114,6 kg bei einer Größe von 167 cm. Dies ergibt einen BMI von 41,09. Hierüber war Frau M. selbst erschrocken, sie dachte, sie „läge um die 100 kg“. Vor 25 Jahren war sie mit „rund 70 kg“ in ihre Beziehung gegangen.

Wir sehen uns wöchentlich zum Gespräch und zur Ohrakupunktur; das Gewicht fällt in den ersten Wochen rasch mit ca. 700 g wöchentlich, später stetig um ca. 400 g durchschnittlich. Nach fünf Wochen kommen die ersten mentalen Hänger. Ich ermuntere sie, sich ein Stück gute Schokolade zu gönnen – einerseits soll sie sich belohnen und sich auch bewusst keine Lebensmittel verbieten, andererseits soll sie die Freude und den Spaß an der Gewichtsabnahme nicht verlieren. Im folgenden Therapiegespräch erörtern wir, welche alternative Belohnung in Frage kommt. Frau M. liebt Orchideen und hat viele Jahre prachtvolle Blumenfensterbänke gehabt – das soll nun wieder aufleben. Nach 5 kg Abnahme kauft sie sich die erste wertvolle Pflanze und sucht im Internet Kontakt zu anderen Orchideenfreunden. Wir besprechen ihre Ernährung: mehr Salat, mehr Gemüse, weniger Brot und Kohlenhydrate, eher Geflügelfleisch oder Fisch, selbstgemachte Dips aus Quark und frischen Kräutern, wenn Süßes, dann Hochwertiges und vor allem bewusst. Weniger Konserven, weniger Lebensmittel „auf Vorrat“, lieber öfter weniger einkaufen und insbesondere frische Lebensmittel.

Nach acht Wochen empfehle ich eine Pause. Inzwischen sind knapp 6 kg Gewicht abgenommen. Im therapeutischen Gespräch konnten wir erarbeiten, wieso es zu der Ersatzbefriedigung „Essen“ kam – parallel dazu die steigende Immobilität. Frau M. benennt diese Phase „Basis schaffen“. Sie sagt, sie habe nun eine gute Grundlage für die weitere Zeit.

Anstelle weiterer Ohrakupunktur-Sitzungen möchte Frau M. nun Hypnose ausprobieren. Mit drei Sitzungen im Abstand von jeweils einer Woche ist meine Patientin gut gerüstet für die Sommermonate. Wir telefonieren weiterhin wöchentlich, die Gewichtsabnahme verläuft sehr gut. Die Motivation ist weiterhin hoch.

In diesem Jahr hat meine Patientin insgesamt 17 kg abgenommen. Sie hat sich von der Idee einer schnellen Gewichtsabnahme unter Nulldiät rasch verabschiedet. Sie spürt keine Heißhungerattacken und hat gelernt, üppigere Mahlzeiten vorab und im Nach hinein durch Einsparen von Kalorien an anderer Stelle zu kompensieren.

Sie weiß, dass ihre Ernährung zu ihrem Leben passen muss und dass es „die“ Diät für sie nicht gibt, sondern dass eine sinnvolle und geplante abwechslungsreiche Ernährung zu ihr und ihren Bedürfnissen passen muss.

Patricia SpravePatricia Sprave
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Praxis für Entspannungsverfahren & alternative Behandlungsmethoden in Mettmann
praxis@beziehungsweise-home.de

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