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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2018

Der Stoffwechsel – Die treibende und lebenserhaltende Kraft des Körpers

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Der Stoffwechsel, auch Metabolismus, ist zuständig für die Umwandlung und den Transport aller Nährstoffe, die unsere Körperzellen zum Leben und zur Energiegewinnung benötigen. Er entgiftet den Körper und sorgt für die Baustoffe, die unsere Organe brauchen.

Es gibt zwei Phasen des Stoffwechsels, den anabolen und den katabolen. Im gesunden Organismus besteht ein ausgewogenes Verhältnis beider Seiten. Der anabole Stoffwechsel umfasst alle Aufbauprozesse, die für das Wachstum der Zellen und ihrer Erhaltung erforderlich sind. Der katabole Stoffwechsel sorgt für den Abbau energieliefernder Nährstoffe und kontinuierliche Energieproduktion. Beide Stoffwechselvorgänge sind eng miteinander verbunden und bedingen sich gegenseitig (Abb. 1).

Die wissenschaftlichen Grundlagen dazu veröffentlichten Prof. Dr. Dr. Jürgen Schole und Dr. Wolfgang Lutz bereits 1985. Beide wiesen nach, dass eine Regulation des Zellstoffwechsels nur möglich ist, wenn Cortisol (Nebenniere) und Tyroxin (T3/T4 der Schilddrüse) als katabol wirkende Hormone gemeinsam mit Somatotropin (STH, Wachstumshormon) und anabolen Peptiden anwesend sind. Die Ausgewogenheit dieser vier Komponenten wird als Basisregulation bezeichnet (Abb. 2).

Anaboler und kataboler Stoffwechsel

Anabolismus und Katabolismus sind in ständiger Regulation. Tagsüber dominiert der katabole Anteil. In der Nacht, der Phase der Erholung und Regeneration, ist der anabole Stoffwechsel aktiver. Während einer körperlichen Anstrengung nutzen wir den katabolen, in der Ruhephase den anabolen Part. Solange der Stoffwechsel sich immer wieder ins Gleichgewicht bringt, beide Anteile im ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, sprechen wir von einer intakten Regulation. Ist dieser Ausgleich nicht mehr möglich, besteht eine Regulationsstörung, die Symptome erzeugt.

Als Ursache der Stoffwechselstörung beschreiben Schole und Lutz:

  • zu kohlenhydratlastige Ernährungsweise
  • Bewegungsmangel
  • Dauerstress
  • Schadstoffbelastungen aus der Umwelt

Alle genannten Ursachen erhöhen den Blutzucker- und Insulinspiegel (Abb. 3) und münden letztlich in eine katabole Stoffwechselentgleisung (Abb. 4). Zu Beginn zeigt sie sich durch eine leichte und später eine immer stärker werdende entzündliche Reaktionslage im Körper.

Die generalisierte Entzündungsreaktion wird auch in der entsprechenden Fachliteratur für Diabetes und Arteriosklerose diskutiert. Dabei wird allerdings nicht die katabole Stoffwechsellage als Auslöser erwähnt. Auch viele andere Erkrankungen, wie z.B. Arthrose, Osteoporose, Tumore, Alzheimer, Demenz, Hypertonie, Infarktgeschehen oder Makuladegeneration, sind eine Folge der katabolen Stoffwechselentgleisung.

Die entsprechende anabole Entgleisung ist Folge einer ständigen Überforderung des Organismus. Die Nebenniere wird geschwächt und kann nicht mehr ausreichend Cortisol herstellen (Abb. 5). Folge sind akute Erkrankungen. Das kann eine Erkältung, Herpes oder ein akuter Allergieschub, aber auch eine aufflammende Autoimmunerkrankung, wie z.B. Multiple Sklerose, Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Crohn oder Rheuma, sein.

Aufgrund der jahrelangen Entwicklungszeit der Krankheitsbilder ist die Früherkennung der katabolen Entgleisung als Ausgangspunkt extrem wichtig. Schauen wir uns dazu die von Schole und Lutz beschriebenen Ursachen mit deren Auswirkungen genauer an.

Auswirkungen der Ernährungsweise

Die Ernährung hat einen großen Einfluss auf die Stoffwechselprozesse. Der entscheidende Faktor sind Kohlenhydrate. Insbesondere für den Stoffwechsel schnell verwertbare Kohlenhydrate, wie z.B. Amylopektin A im Weizen (v.a. im Vollkornweizen), kurbeln den katabolen Stoffwechsel an. So kommt es zum raschen Anstieg des Blutzuckerspiegels.

Die einzelne Zelle als auch der gesamte Organismus versuchen, die Balance zwischen aufbauenden und abbauenden Kräften zu erhalten. Dieses Gleichgewicht ist aufgrund unserer Vorgeschichte als Jäger und Sammler auf ein entsprechendes Maximalmaß an Kohlenhydraten in der Nahrung und damit auf ein Maximum an Insulin eingestellt. Dieses ist das einzige Hormon, das den Blutzuckerspiegel senken kann. Es gehört wegen seiner nährenden Wirkung zur anabolen Seite des Stoffwechsels (Abb. 6). Wird die Menge der benötigten Kohlenhydrate überschritten, bekommt jene zu starkes Gewicht. Um im Gleichgewicht zu bleiben, reduziert der Organismus das anabol wirkende Wachstumshormon (STH). Diese Aufgabe übernimmt das in der Bauchspeicheldrüse und Hypophyse produzierte Hormon Somatostatin. Es hemmt die STH-Bildung.

Da Insulin und STH nicht die gleichen Funktionen im Körper erfüllen, gerät die Basisregulation in eine katabole Stoffwechsellage (Abb. 4).

Erste Anzeichen einer Deregulierung des Kohlenhydratstoffwechsels ist die Insulinresistenz, d.h. die Körperzellen reagieren nicht mehr auf den Insulinreiz, da sie ständig mit zu viel davon „umspült“ wurden. Als Reaktion kommt es zur Erhöhung des Insulinspiegels im Blut, Einlagerung von Fetten und Gewichtszunahme. Nur bei etwa 10% aller Patienten mit Zuckerstoffwechselstörungen kommt es nicht zur Gewichtszunahme.

Insulinresistenz zeigt sich im Labor durch hohe Triglyceride (Blutfette) und geringes HDL-Cholesterin. In der Regel finden wir einen erhöhten Harnsäurespiegel. Dieser ist das Ergebnis der Umwandlung von Eiweiß in Glukose. Verstärkt sich die Stoffwechselentgleisung, steigt der Langzeitzuckerwert (HbA1c). Aus der anfänglichen Insulinresistenz entwickelt sich zuerst eine diabetische Stoffwechsellage, später Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit). Diese Verlaufsform wird auch als metabolisches Syndrom bezeichnet (Abb. 7).

Der in Abb. 8 dargestellte Beispielbefund weist eine Insulinresistenz mit diabetischer Stoffwechsellage auf. Da der Langzeitzuckerwert (HbA1c) nicht mehr im Optimum liegt (grüner Bereich), sich jedoch noch im klinischen Normbereich befindet, besteht noch keine Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Die Laborwerte weisen bereits auf ein metabolisches Syndrom hin. Höchste Zeit, bzgl. Ernährung und Bewegung Maßnahmen zu treffen.

Katabole Stoffwechselentgleisung: Welche Ernährung ist richtig?

Die richtige Ernährung ist für die Gesundheit von großer Bedeutung. Aber welche Kost ist die beste? Auf der Suche nach der idealen Ernährungsform wurde bisher eine wichtige Tatsache übersehen: Der Nahrungsbedarf ist von Mensch zu Mensch verschieden. Es gibt keine Ernährungsform, die per se für jeden Menschen geeignet ist. Jeder ist einzigartig und benötigt für seine Gesundheit und Vitalität Nahrungsmittel, die optimal zu seinem Stoffwechsel passen.

Bedingt durch Gene und Lebensumstände hat jeder Mensch ein individuelles Stoffwechselprofil. Bei der Diagnostik von Erkrankungen und im Rahmen einer optimalen Gesundheitsvorsorge ist es von entscheidender Bedeutung, die Schwachstellen im jeweiligen Stoffwechsel zu erkennen. Aufschluss darüber gibt eine Vital- und Stoffwechselanalyse (ca. 70 Laborparameter sind sinnvoll), die den Genotypus beachtet und die sechs Blutgruppen und drei Stoffwechselverbrennungstypen beinhaltet. Dieses Wissen bildet die Grundlage, um dem Patienten individuelle Ernährungs- und Bewegungshinweise geben zu können, die auch die Vermeidung der Leaky gut (poröser Darm) auslösenden Lektine, Trypsin-Hemmer und Phytate berücksichtigen.

Bewegungsmangel als Auslöser einer katabolen Stoffwechsellage

Unsere 634 Muskeln sollten genutzt werden. Über sie verbrauchen wir die aufgenommene oder zur Verfügung gestellte Energie. Bei Bewegungsmangel kommt es zu Einlagerungen der Kraftreserven für schlechte Zeiten. Bei Männern finden wir diese „Energiedepots“ im Bauch, bei Frauen an Oberschenkeln und Hüften. Stoffwechselbezogen führt Bewegungsmangel zu einem erhöhten Insulinspiegel, in Folge zur Reduzierung des Wachstumshormons STH und so zu einer katabolen Stoffwechsellage.

Auswirkungen von Dauerstress

Ein weiter wichtiger Faktor, der zur katabolen Stoffwechselentgleisung führt, ist Dauerstress. Dabei ist der bereits beschriebene Mechanismus mit Anstieg des Insulinspiegels und Reduzierung von STH immer gleich. In einer normalen Stresssituation oder, besser gesagt, „Notsituation“ benötigt der Organismus schnelle und zuverlässige Energie, um kämpfen oder fliehen zu können. Wird die zur Verfügung gestellte Energie nicht genutzt, weil wir in der für den Organismus erkennbaren „Notsituation“ gerade auf dem Sofa sitzen und nur einen Film anschauen oder Stress im Auto haben, erfolgt eine Einlagerung der Energiereserve in Form von Bauchfett.

Auswirkungen von Umweltbelastungen

Die allgemeinen Auswirkungen von Umweltbelastungen auf den Stoffwechsel und die dazu notwendigen Untersuchungen näher zu beschreiben, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Daher gehe ich nur auf einen wichtigen Aspekt ein, der eine direkte Auswirkung auf den Insulinspiegel und somit auf die katabole Stoffwechselentgleisung hat.

Im Darm finden wir das Hormon Glucagonlike-peptide 1 (GLP-1). Es ist das bedeutsamste Hormon für den Inkretin-Effekt, die erhöhte Insulinausschüttung bei enteraler Glukosezufuhr. Gegenspieler ist das Enzym Dipeptidylpeptidase 4 (DPP4), es inaktiviert das GLP-1. Da es auch Gluten und Casein abbaut und aufgenommenes Quecksilber bindet, führt die Aufnahme dieser Substanzen zum erhöhten Insulinspiegel, mit Folgen eines katabol entgleisten Stoffwechsels und metabolischen Syndroms.

Unterstützung des Stoffwechsels auf organischer Ebene

Die Leber ist das wichtigste „Wandlungsorgan“ und steht im Vordergrund der Betrachtung aller Stoffwechselaktivitäten. Die Cholinesterase gibt Auskunft über Leberaktivität, Dynamik und Intensität der Verarbeitung. Ist die Cholinesterase niedrig, verarbeitet die Leber alle Stoffwechselvorgänge und seelischen Erlebnisse langsam und gründlich. Die Aktivierung dieses Geschehens können wir neben den geeigneten Nahrungsmitteln noch mit der Urtinktur von Taraxacum (Löwenzahn) unterstützen.

Eine zu stark arbeitende Leber verstoffwechselt nicht optimal. Sie ist überfordert und benötigt Unterstützung in Form einer Abgrenzung, damit sie keinen Schaden nimmt. Auf der psychischen Ebene ist die stärkste Abgrenzung mit dem Wort „NEIN“ zu erreichen. Menschen mit einer hohen Cholinesterase ist anzuraten, sich auf allen Ebenen gründlicher abzugrenzen. Auf der körperlichen Ebene kann die Einnahme pflanzlicher Präparate hilfreich sein. Die Mariendistel kann hier gute Dienste leisten. Auch wärmende Nahrung tut der Leber gut.

Neben Kreatinin sind Kupfer und Natrium wichtige Laborparameter für die Beurteilung der Nierenleistung. Kupfer ist das Metall für die Niere. Ein Mangel weist auf eine fehlende Dynamik der Niere hin. In diesem Fall muss der Darm bei mangelnder Nierenausscheidung die Minderleistung in der Entgiftung übernehmen. Manche Darmstörung ist daher in Wirklichkeit eine Unterfunktion der Niere. Individuell auf den Stoffwechsel der Niere abgestimmte Nahrungsmittel können diese Unterfunktion harmonisieren. Mit Renes Cuprum (Wala), Solidago urt. oder Equisetum arvense urt. kann die Leistungsfähigkeit der Niere naturheilkundlich unterstützt werden.

Amylase und Lipase sind wichtige Parameter, um die Leistungsfähigkeit der Bauchspeicheldrüse zu erkennen. Bei vielen Patienten zeigt sich die Amylase in der Norm, die Lipase aber erniedrigt. Dann handelt es sich um eine „trockene“ Bauchspeicheldrüse mit mangelnder Bereitstellung der Pankreasenzyme. Die Ursache liegt häufig im Mangel an Bitterstoffen.

Bitterstoffe sprechen sofort das Bewusstsein an, haben eine weckende, appetitanregende Wirkung, fördern die Verdauung, aktivieren die Darmperistaltik, verbessern die Leukozytose und Eisenaufnahme. Außerdem wird die Bildung von Hormonen und deren Abgabe in das Blut angeregt.

Ist der Eisen-Kupfer-Quotient erniedrigt, gibt es Stauungen in der intrahepatischen Galle. Folge ist eine mangelnde Besaftung der Nahrungsmittel. Der Darm kann die Nahrungsbestandteile nicht resorbieren. Mangelerscheinungen entstehen. Besteht der Stau über längere Zeit, ist die Schilddrüse als nächstes betroffen. Dies ist eine der wesentlichen Ursachen für eine Schilddrüsendysfunktion. Cynara scolymus urt. und Cichorium intybus urt. sind Pflanzenextrakte, die den Gallestau auflösen können. Die Galle als das Organ der Wut weist auf einen inneren Stau hin. Er kann sich als Bluthochdruck oder Libidoverlust darstellen.

Fazit

Der Stoffwechsel als unsere treibende und lebenserhaltende Kraft sollte bei allen körperlichen Leiden, mit dem der Patient in die Praxis kommt, nach allen Regeln der Kunst analysiert und therapiert werden. Ernährung, Bewegung und Entspannung bilden nach wie vor die Grundpfeiler der Gesundheit.

Lothar UrsinusLothar Ursinus
Heilpraktiker, Leiter einer Laborgemeinschaft für ganzheitliche Medizin, Entwickler eines speziellen Ernährungsprogramms, Buchautor
lothar@ursinus.de

Literaturhinweise

  • Schole, Jürgen & Lutz, Wolfgang: Regulationskrankheiten. 2005
  • Ursinus, Lothar: Mein Blut sagt mir. 2015
  • Ursinus, Lothar: gesund & aktiv. Das Stoffwechselprogramm. 2012
  • Köhler, Bodo: Grundlagen des Lebens. 2001
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