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Psychotherapie
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Depressive Störungen erkennen und behandeln

Definition – Diagnostik – Ursachen – Psychotherapie

Depressionen sind psychische Störungen mit Krankheitswert. Wesentliche Merkmale sind die Beeinträchtigung der Stimmung, Verlust der Freude, emotionale Leere, Interessenverlust, Antriebs-und Motivationsantriebslosigkeit und umfangreiche körperliche Beschwerden unterschiedlichen Charakters.

Diese Störungen sind häufig mit anderen Störungen wie Ängste, Manien, Persönlichkeitsauffälligkeiten (vor allem bei Kindern) verbunden. Deshalb gelten Depressionen auch als häufigste aller psychischen Beeinträchtigungen. Viele Menschen kennen die genannte Symptomatik, ohne gleich als depressiv zu gelten. Wenn die Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Energielosigkeit, Selbstzweifel, Sinnlosigkeit, Appetitstörungen, Libidoverlust, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Konzentrationsprobleme nicht ein gewisses Maß übersteigen, bzw. eine bestimmte Dauer oder auch Reaktionen auf die Erfahrungen von Verlusten, Misserfolgen, Enttäuschung und ungewöhnliche Belastungen darstellen, gelten sie noch als normale gesunde Äußerungen des Menschen. Der "kleine" Unterschied zwischen gesund und krank gehört mit zu den (noch) ungelösten Fragen der depressiven Störungen.
Wie sollte demnach diagnostiziert werden?
Depressive Syndrome sind nur durch die Vielzahl der Auffälligkeiten erkennbar. Wesentlich ist, dass körperliche und psychische Probleme gemeinsam vorkommen. Dazu ist es für den Therapeuten hilfreich, die Symptome gewissermaßen differenziert zu erkennen. Folgende Systematik hat sich in der Praxis bewährt:

  1. Verhaltensbeobachtung (Motorik/Erscheinungsbild):
    Körperhaltung: verlangsamt, nervös, unruhig
    Gesichtsausdruck: weinerlich, traurig, besorgt, herab gezogene Mundwinkel, vertiefte Falten, angespannte Mimik
    Aktivitätsausdruck: eingeschränkte Bewegung, starre Haltung, Probleme in den alltäglichen Anforderungen (z.B. morgendliches Aufstehen).
  2. gefühlsmäßiges Auftreten: Hilflosigkeit, Leere, Verlassenheit, Unzufriedenheit, Angst und Sorgen, Distanz zu anderen.
  3. körperlich – nervliches Auftreten: Erregung, Reizbarkeit, Ermüdung, Schwäche, Weinen, Schlafstörungen, Schwankungen in persönlichem Empfinden, Wetterfühligkeit, Appetitverlust, Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Verdauungsprobleme, zu beachten ist ferner: Blutdruck, Zuckerspiegel, Kalziummangel, Eisenwerte, Serotonin/Adrenalinmangel bzw. -überschuß.
  4. gedankliche Haltung: Pessimismus, negatives Denken, Sackgasse, schwarzes Loch, Selbstzweifel und -kritik, Einfallsarmut, Konzentrationsprobleme, Grübeln, Erwarten von Katastrophen, Ausweglosigkeit, Zwecklosigkeit, Suizidgedanken.
  5. motivale Haltung: Misserfolgsorientiert, Vermeidung wo immer es geht, keine Verantwortung übernehmen, Hilflosigkeit, Entschlussunfähigkeit, Gefühle des Überfordert werdens, Rückzug, Abhängigkeit von anderen.

Für die Diagnostik depressiver Störungen werden heute eine Anzahl von gleichzeitig vorhandenen Symptomen gewertet, die über eine gewisse Zeit andauern müssen und nicht durch andere Erkrankungen bedingt sein dürfen. Der Verlauf und die Schwere/ Ausprägung (somatisch oder psychisch) werden zur Definition von Untergruppen genutzt. Die Schwere der Depression hängt davon ab, wie viele der angelisteten Symptome jeweils vorkommen. So kann man diagnostizieren, bei einer "leichten" Depression, wenn 4 -5 Indikatoren vorhanden sind. Eine "mittelschwere" beinhaltet davon 6 -7 und eine "schwere" sogar 8 und mehr Indikationen.
Die bipolar verlaufenden affektiven Störungen (unipolar verlaufende Manien werden auch dieser Gruppe zugeordnet, dazu gehören die depressive Episode und die Dysthymia) sind durch wiederholte Episoden gekennzeichnet, in denen Stimmungen und Aktivitätsniveau deutlich gestört sind. Stimmungsschwankungen werden prognostiziert (gehobene und gesenkte Stimmung). Eine Besserung zwischen den Episoden ist häufig erkennbar.
Sollten wahnhafte Symptome mit vorliegen, wie z. B. Schuld, Sühne, Verarmung, Strafe, so wird eine psychotische Depression diagnostiziert. Deshalb ist das Vorliegen von stimmungspassenden wahnhaften Symptomen erforderlich. Bei Manien herrschen Inhalte der Wichtigkeit, der Einmaligkeit, der Größe, des Geliebtwerdens vor. Die Schweregrade bewerten die gehobene Stimmung und die Steigerung im Ausmaß und Geschwindigkeit der körperlichen und psychischen Aktivitäten.
Manische Episoden beginnen in der Regel abrupt und dauern zwischen 2 Wochen und bis zu 5 Monaten. Die erste Episode kann im Kindesalter auftreten und verläuft periodisch bis ins hohe Alter. Die chronisch affektiven Störungen, die Dsythymien sind von monatelangen Gefühlen der Müdigkeit und Abgeschlagenheit gekennzeichnet. Es wird sehr viel geklagt und gegrübelt, schlecht geschlafen und sich unzulänglich gefühlt. Aber man kommt mit den Anforderungen des Alltags im wesentlichen zurecht.
Weitere Unterteilungen depressiver Störungen ergeben sich auch durch das jahreszeitlich gebundene Auftreten (saisonal abhängige Depression und durch die Geburt eines Kindes, Kindbettdepression).Es gibt Schätzungen, dass 15- 20% der Patienten in einer Allgemeinarzt – Praxis an nicht erkannten depressiven Störungen leiden, die eben diesen Gruppen zugeordnet werden können.
Bei einer Diagnose ist auszuschließen, dass die deutliche depressive – expansiv gehobene Stimmung durch eine körperliche Erkrankung (z. B. Schilddrüsenunterfunktion) bedingt ist. Weiterhin ist eine direkte Einwirkung von Medikamenten, Drogen und Alkohol zu klären. Anschließend ist zu bestimmen bzw. auszuschließen ob es sich um eine Zyklothymie (lang anhaltende abgeschwächte bipolare affektive Störungen bei denen sich Phasen euphorischer Symptome abwechseln, ohne dass die Kriterien einer bipolaren Störung erfüllt werden) handelt.
Die seltenere Gruppe der unipolaren depressiven Störungen werden noch unterteilt in Dysthymien und Anpassungsstörungen. Erklärungen für depressive Erkrankungen lassen sich vereinfacht in biologische und psychologische Bedingungen des Menschen zuordnen. Aber keine dieser Ansätze ist überzeugend. Das ist auch angesichts der Vielfalt der affektiven Symptome schwierig. Welche der Faktoren nun für den Ausbruch der Erkrankungen direkt verantwortlich sind, ist unbewiesen. Demzufolge wirken heterogene Bedingungen als Anlage für depressive Störungen.
So weiß man, dass es zu Veränderungen im Zentralnervensystem infolge biochemischer Entgleisung (z. B. Aminstoffwechsel, Neurotransmittersysteme, Rezeptorsensibilität) kommt. Einige Menschen reagieren auf körperliche Probleme (Diabetes, Krebs, HIV u. a.) und auch auf andere psychische Erkrankungen (Angst – und Zwangsstörungen) mit Verzweiflung, Resignation, Hoffnungslosigkeit – also letztlich mit Depressionen. Jede dieser Möglichkeiten kann allein oder mit anderen zu Depressionen führen.
Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an Depressionen zu erkranken liegt bei Männern bei 12% und bis zu 26% bei Frauen. Depressionen treten in allen Lebensaltern auf. Getrennte, Geschiedene und solche, die ohne vertraute Personen leben, erkranken eher. Sie weisen eine hohe Rate von Verbindungen auf, Frauen sogar mit einem doppelt so hohen Erkrankungsrisiko als Männer.
Belastende Lebensereignisse kommen im Vorfeld depressiver Erkrankungen häufig vor. In Bezug auf den Ausgang der Erkrankung kann gesagt werden, dass etwa die Hälfte bis zu zwei Drittel der Patienten so weit gebessert werden, dass sie wieder die gewohnte Leistungsfähigkeit besitzen und das vor allem das alte Selbst-Ich hervor tritt. Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass einzelne Beschwerden weiter bestehen können.
Man lernt jedoch, sich besser zu verstehen und mit persönlichen Defiziten umgehen zu können. Man sollte aber die nicht unerhebliche Auswirkung depressiver Erkrankungen auf das Immunsystem beachten, die darin bestehen, dass in Folge der Störung Herzerkrankungen, Verletzungen des Zentralnervensystems, Asthma bronchiale, Heuschnupfen, Allergien, Magen-Darm Geschwüre, Diabetes mellitus auftreten können. Infektionserkrankungen sind gleichfalls mit ein Ergebnis depressiver Verstimmungen. Im nächsten Beitrag wird auf die Behandlungen depressiver Störungen und die einzelnen Therapiemöglichkeiten näher eingegangen.

Dr. H. GutscheDr. H. Gutsche
Psychotherapeut

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