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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2011

Traumdeutung als „hauseigener“ Therapeut

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© Carlos Caetano - Fotolia.comWie können Träume sinnbringend genutzt werden? Als Erstes greift der Betroffene zum Traumdeutungslexikon und ist dann enttäuscht, wenn sich aus der Lektüre nichts Sinnvolles ergibt.

Warum ist das so? Ganz einfach, weil es sich bei den Begriffssammlungen in diesen Büchern nur um Beispiele handelt, die für einzelne Menschen zutreffend sein mögen, so wie Horoskope, die so allgemein gehalten werden, dass für jeden etwas dabei ist, aber für keinen das Komplettpaket passt. Das wäre so, als würde man Patienten mit verschiedenen medizinischen Problemen ein und dasselbe Medikament geben und sich dann wundern, dass bei einigen eine kleine Besserung eintritt, während andere gar keine Änderung verspüren. Wenn jemand, der im realen Leben Angst vor Schlangen hat, von einer Schlange träumt, fällt die Deutung sicher anders aus, als träumte ein Reptilienzüchter davon. Und selbst für den Reptilienzüchter kann die Schlange im Traum zu unterschiedlichen Zeiten etwas völlig anderes bedeuten. Es kommt dabei immer auf den gesamten Inhalt an, auf die Verknüpfung der Symbole miteinander. Außerdem spielt die aktuelle Lebenssituation des Träumenden eine Rolle. Von daher kann ein Lexikon nicht mehr als anregend sein.

Wie erreiche ich es, mich an meine Träume zu erinnern?

© Lilya - Fotolia.comBevor ich auf die verschiedenen Traumarten eingehe, möchte ich Ihnen Tipps geben, wie man sich an seine nächtlichen Erlebnisse erinnern kann. Viele Menschen sagen, dass sie nicht träumen. Es ist aber wissenschaftlich erwiesen, dass jeder Mensch jede Nacht – meist sogar mehrfach – träumt. Andere können sich nicht daran erinnern. Aber man kann das trainieren. Stellen Sie sich Ihr Unbewusstes als Gesprächspartner vor. Er sitzt Ihnen gegenüber und möchte Ihnen etwas für ihn Wichtiges erzählen, aber Sie reagieren, indem Sie ihm mitteilen, dass Träume – also die Aussagen Ihres Gesprächspartners – „… eigentlich Unsinn sind … total wirr sind … und sowieso nichts zu bedeuten haben“. Wird Ihr Gegenüber dann noch große Lust verspüren, sich Ihnen mitzuteilen? Würden SIE sich verstanden fühlen, wenn jemand so auf Sie reagieren würde? Sicher nicht. Und genauso geht es Ihrem unbewussten Anteil, wenn Sie wie zuvor erwidern.

Wollen Sie sich an Ihre Träume erinnern, dann vermitteln Sie Ihrem Dialogpartner Ihr Interesse. Während Sie in einem realen Gespräch die Mittel guter Kommunikation einsetzen, ist Ihre Körperhaltung eine offene, Sie spiegeln das Gehörte, fragen interessiert nach. So sollten Sie das auch mit Ihrem eigenen inneren Anteil halten. Das ist ganz einfach. Sagen Sie z.B. kurz vor dem Schlafengehen laut, bei Bedarf auch mehrfach: „Liebes Unterbewusstsein, ich bin jetzt offen für deine Nachrichten. Ich bin jetzt bereit, mich damit auseinanderzusetzen. Wenn ich heute Nacht einen Traum habe, werde ich daraus erwachen und diesen sofort notieren bzw. auf Band sprechen.“ Das klingt vielleicht für manch einen erst einmal etwas „verrückt“, wirkt aber so wie die Selbsthypnose oder Affirmationen oder positives Denken. Vielleicht klappt es auch nicht gleich am ersten Abend, aber es wird klappen, wenn es Ihnen ernst ist. Denken Sie daran, Ihr eigenes Unterbewusstsein können Sie nicht austricksen. Wenn Sie nicht den Wunsch nach Erinnerung verspüren, dann macht die Übung keinen Sinn. Ihr „Gesprächspartner“ wird das merken. Wichtig ist, dass Sie sich der Aufschreibung oder des Besprechens eines Bandes direkt nach dem Aufwachen annehmen, da dann die meisten Details noch im Gedächtnis sind, während sie sich am Morgen bereits verflüchtigt haben können.

Das Sprechen auf Aufnahmegerät halte ich aus folgenden Gründen für die beste Methode:

  1. Sie können das Licht evtl. auslassen und so besser wieder einschlafen.
  2. Beim Sprechen sind Sie nicht so sehr geneigt, Ihre Aussagen zu korrigieren, wie Sie es ggf. beim Schreiben tun. „Hier fehlt noch ein Komma“… „Schreibt man das jetzt groß oder klein?“ entfallen. Es kann eine Art ungefilterten Brainstormings stattfinden.
  3. Im Allgemeinen ist man eher schreibals redefaul. Das heißt, gerade dem Schlafe entronnen, wird man sicher eher reden als schreiben wollen. So bleiben mehr Details erhalten.
  4. Ein großer Vorteil ist, dass Sie am nächsten Morgen Ihre eigene Stimme hören und feststellen können, ob sie traurig, wütend, ängstlich oder anders emotional gefärbt klingt. Dies kann ein wichtiger Hinweis sein, der Ihnen bei der Deutung später zugutekommt. Beim Schreiben werden Sie kaum geneigt sein, Ihre Stimmung auch noch schriftlich festzuhalten.

Wenn Sie Ihre Botschaften dann zu schätzen gelernt haben, können Sie auch eine Art Tagebuch führen. Daran lässt sich oft gut ablesen, wie man sich selbst in Bezug auf ein bestimmtes Thema, aber auch ganz allgemein weiterentwickelt hat. Das sollte aber ohne Druck geschehen, denn sonst kann es zu inneren Widerständen und Blockaden kommen.

Welche Traumarten gibt es?

Entrümplungsträume
Viele unserer Träume dienen „nur“ dem Entrümpeln unseres Gehirns. Informationen, die tagsüber aufgenommen wurden, die aber für unser Leben nicht von zentraler Bedeutung sind, werden in Träumen „ausgemistet“. Nun könnte man sich fragen, wie man denn dann unterscheidet, was nur „Entsorgung“ und was wichtig ist. Das ist eine Frage des eigenen Gespürs, und das hat jeder Mensch, auch wenn es nicht jedem bewusst ist. Achten Sie darauf, wie Sie sich nach einem Traum, den Sie vielleicht mit zuvor genannter Methode auf Band gesprochen haben, fühlten. Sie werden merken, dass es da erhebliche Unterschiede gibt. Die wirklich wichtigen Träume machen sich bemerkbar durch Berührtsein. Selbst wenn ein Traum unwichtig sein sollte, so kann man ihn dennoch gut zum Üben des Deutens verwenden. Lieber einen zu viel angeschaut als einen zu wenig.

Wunsch- und Erfüllungsträume, Angst- und Beklemmungsträume
Unbewusste, vielleicht ganz alte Sehnsüchte und/oder Ängste verfolgen uns oft ein Leben lang, weil wir nicht hinschauen konnten oder wollten. Diese Verfolgung findet dann oft in unseren Träumen statt. Viele Menschen berichten, dass sie „immer wieder mal im Leben“ ein und denselben Traum hatten. Diese gilt es – will man sich weiterentwickeln – anzuschauen. Wie das geht, erläutere ich später.

Wahrträume
Es gibt Menschen – und da bleibt es jedem selbst überlassen, ob er das glaubt oder nicht – die zukünftige Geschehnisse vorwegträumen. Sicher können diese aus einer in der Realität entstandenen Wahrnehmung resultieren. Wenn der Onkel z.B. schon lange krank war, im Traum stirbt und dies dann kurz darauf auch im realen Leben passiert. Aber es wurden auch schon viele Fälle berichtet, in denen Menschen nachts Dinge vorausahnten, die sie definitiv nicht wissen konnten. Darauf möchte ich hier aber nicht näher eingehen, da es mir gezielt um den „normalen“ Verarbeitungstraum geht.

Luzides Träumen
Es gibt Menschen, die sich im Traum darüber im Klaren sind, dass sie träumen. Das soll auch trainierbar sein, was ich selbst allerdings noch nicht versucht habe. So soll man sich bei einem immer wiederkehrenden Verfolgungstraum vor dem Schlafengehen fest vornehmen, im Traum stehen zu bleiben, sich umzudrehen und den Verfolger einfach zu fragen, was er will. Um das zu erreichen, bedarf es aber intensiven Trainings.

Albtraum
Leider sind Albträume meistens verpönt und der Betroffene will ihn „möglichst schnell vergessen und ihn nie wieder träumen“. Stellen Sie sich wieder Ihren inneren Gesprächspartner vor, der Vertrauen zu Ihnen gefasst hat, Ihnen von seinen Ängsten berichtet und Sie signalisieren ihm deutlich, dass Sie das auf keinen Fall hören wollen. Er bleibt dann mit seinen Ängsten allein, kann sie nicht bewältigen und so kommen diese immer wieder. So lange, bis hingeschaut wird. Wenn das passiert, verlieren die Träume oft ihren angstbesetzten Charakter und verschwinden meistens komplett.

Wie deute ich meinen Traum?

Hören Sie sich Ihren Traum einige Male an. Machen Sie zu Beginn eine Tabelle (dies wird mit einiger Übung nicht mehr notwendig sein). Schreiben Sie dort alle Symbole auf, die in der Geschichte vorkommen, scheinen sie auch noch so unwichtig. Beispiel: „Ich bin in einem roten Haus, mit mehreren Etagen.“ Symbole: Ich, rot, Haus, Etagen. Hinterfragen Sie nun: Wie alt bin ich in dem Traum? Welche Jahres- und Uhrzeit? Wie viele Etagen sind vorhanden? Auf welcher befinde ich mich? Kenne ich dieses Haus? Wenn ja, woher? Oder ähnelt es einem Haus, das ich kenne? Was ist in diesem Haus? Möbel, Türen, Fenster, Tapeten usw. Wie fühle ich mich? In welche Richtung gehe ich? Treppauf oder treppab? Von links nach rechts oder umgekehrt? Sind da noch andere Menschen oder Lebewesen? Wenn ja, wer/welche?

Was kann man daraus deuten? Aus Ihrem Alter im Traum kann man u.U. schließen, ob es sich um ein Kindheitsthema handelt oder um ein aktuelleres. War das Haus Ihr Elternhaus, dann kann das auch ein Hinweis sein. Treppauf kann bedeuten, dass sie auf dem Wege der Erkenntnis sind. Treppab kann auf eine emotionale Verstimmung hinweisen. Dies sind nur Beispiele und muss für Sie nicht zutreffen. Für manche Menschen bedeutet die Richtung von links nach rechts aus der Vergangenheit in die Gegenwart. Aber auch das muss für Sie nicht so sein. Keine Stühle im (Eltern-)Haus könnte bedeuten, dass Sie das Gefühl hatten, dort nicht willkommen zu sein, oder dass es dort für Sie keinen Platz gab. Sie sehen, was man aus diesem kurzen Satz schon alles rausholen kann. Experimentieren Sie dabei. Sie werden ein Gespür dafür bekommen, was für Sie passt und was nicht. Ihnen wird auch klar werden, wenn ein Haus einfach nur ein Haus ist.

Versetzen Sie sich vor Ihrem geistigen Auge in die anderen Symbole hinein. Vielleicht müssen Sie dazu vorher etwas entspannen. Stellen Sie sich vor, Sie wären die Treppe. Fragen Sie sich, wie es ist, wenn diese Person über Sie hinweggeht. Klingt verrückt, bringt aber auch Erkenntnisse. Wenn andere Personen im Traum vorkommen, versetzen Sie sich in diese und fragen Sie sich, wie diese Personen SIE sehen und einschätzen könnten. Lassen Sie sich Zeit dabei.

Manchmal werden im Traum auch Wortspiele verwendet. Ich selbst träumte einmal während einer inneren Entwicklungsphase, ich liefe mit nackten Füßen über ein Feld. Gesät war bereits, aber noch nichts gewachsen, jedoch spürte ich die Erde unter meinen Füßen. Es fühlte sich gut an und eine Stimme, die um mich herum war, rief ganz laut: „Du kannst ernten, was du gesät hast.“ Dieser Satz aus der Bibel besagt, dass man das zurückbekommt, was man selbst an Entwicklung geschafft hat. Habe ich gelernt, liebevoll mit mir und anderen umzugehen, dann kommt dies von außen auch auf mich zurück. Mir sagte mein Unbewusstes damit, dass es sich angenommen fühlt und dass es sich um eine positive Entwicklung handelte. Im Grunde arbeitet die Bibel ja oft mit solchen Synonymen, denn es geht ja nicht um die physisch vorhandene Saat.

Wichtig ist immer auch der Gesamtzusammenhang. Das Hinabsteigen der Treppe kann in dem einen Haus etwas anderes bedeuten als in einem anderen. Beispiel: Ich steige die Treppe in dem Unternehmen hinab, in dem ich arbeite, könnte Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes bedeuten, wenn real auch schon diese Befürchtung vorhanden ist. Steige ich aber in dem Haus, in dem ich wohne, die Treppe hinab und unter mir wohnt eine gute Freundin, die mich versteht, dann kann das auch ein Gefühl der Freude hervorrufen, da ich mich verstanden fühle. Da ist jemand, zu dem ich gehen kann. Hinabsteigen kann sowohl in eine Depression gleiten bedeuten, aber auch das Erlangen von Selbsterkenntnis.

Wie oder was Sie auch immer aus Ihren Träumen herausholen, egal, wer Ihnen dabei hilft und was man Ihnen dazu sagt, verlassen Sie sich auf Ihr Gefühl. Wenn es da klingelt, dann haben Sie die richtige Antwort gefunden. Keiner kann das besser als Sie selbst.

Ich möchte es erst einmal bei diesen Beispielen belassen, um hier den Rahmen nicht zu sprengen.

Wie gehe ich mit der Deutung um?

Die Deutung selbst, die Erkenntnis ist schon der erste Schritt des Nutzens. Wenn man weiß, wo man dran ist, kann man das Problem angehen. Sicher ist nicht immer sofort die Lösung da, aber wenn ich mit meinem Auto auf der Autobahn liegen bleibe, dann ist es ein Vorteil, zu wissen, dass mein Auto klappert, weil eine Gummihalterung des Auspuffs fehlt. Wüsste ich das nicht, könnte das Klappern ja auch vom Getriebe kommen und ich könnte nicht weiterfahren. Mit einem etwas losen Auspuff kann ich es bis zur nächsten Werkstatt aber durchaus versuchen.

Hat man einen Traum gedeutet und z.B. festgestellt, dass es sich um alte Kindheitsängste handelt, die sich immer wieder melden, dann kann man tagsüber ganz bewusst ein neues „Drehbuch“ schreiben. Nehmen Sie den Traum, in dem vielleicht ein Kind von einem Mann verfolgt wird, und „schreiben“ Sie einfach einen Polizisten „dazu“, der den Gangster aufhält. Auch das bringt meistens schon eine enorme Erleichterung, zumindest, wenn es sich um nicht mehr real begründete Ängste dreht.

Verlangen Sie nicht zu viel auf einmal. Schärfen Sie auch tagsüber Ihre Wahrnehmung und dann heißt es: üben, üben, üben. Sie werden sehen, es lohnt sich!

Kerstin Habermann
Kerstin Habermann
Heilpraktikerin für Psychotherapie
Kerstin.Habermann@t-online.de

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