Ich werde zu einem 2-jährigen Kater gerufen, der 3 Wochen zuvor von einem Auto angefahren worden ist und Knochenbrüche erlitten hat. Die Halterin wünscht sich eine ganzheitliche Unterstützung des Genesungsprozesses.
Vorgeschichte
Der Kater wird von seiner Halterin morgens neben der Straße gefunden und direkt in die Tierklinik gebracht, wo beidseits Hüftgelenksfrakturen festgestellt werden. Sofort erfolgen Operation und tierärztliche Versorgung.
Als ich vorstellig werde, erwartet mich ein lethargischer Kater, der viel Mühe beim Gehen hat und beide Hinterbeine nur mit kleinen, steifen Schritten vorwärtsbewegen kann. Die Instabilität der Hüften und des Hinterteils ist deutlich sichtbar, er kann das Gleichgewicht nicht optimal halten. Ich erfahre, dass der Kater nur wenig frisst. Wasser nimmt er ausreichend zu sich, das Absetzen von Kot und Urin funktioniert. Im Allgemeinen macht er einen sehr angeschlagenen Eindruck.
Allgemeines zur Untersuchung
Auch wenn bei einem Tier das Problem schon bekannt ist und Diagnosen vorliegen, führe ich immer eine komplette Untersuchung durch, um mir selbst ein Bild der Situation zu machen. Zunächst sehe ich mir das Tier in Bewegung an. Danach teste ich die Beweglichkeit der Gelenke, um Blockaden zu finden. Ebenso palpiere ich Muskulatur und Bauchraum mit Organen und betrachte den Gesamtzustand des Tieres, u.a. die Beschaffenheit des Fells, der Ausdruck der Augen, Haut und Schleimhäute, Ohren und Krallen.
Diagnostik/Befund
Ich stelle Verspannungen in beiden Schultern und Blockaden in der vorderen BWS, der LWS sowie im Bereich des langen Rückenstreckers fest. Die Hüftbeweglichkeit in alle Richtungen ist sehr eingeschränkt. Außerdem ist die Muskulatur der Hinterbeine stark atrophiert.
Therapieplan
Ich entscheide mich dafür, den Kater nicht nur osteopathisch zu behandeln, sondern im Rahmen eines ganzheitlichen Stärkungskonzeptes weitere Methoden anzuwenden. Deshalb habe ich Blutegel mitgebracht, die bei Traumata dieser Art eine wundervolle Möglichkeit bieten, den Heilungsprozess zu unterstützen. In ihrem Speichel sind zahlreiche Inhaltsstoffe mit entzündungs- und gerinnungshemmenden sowie schmerzstillenden und Lymphfluss beschleunigenden Eigenschaften enthalten.
Ebenso wende ich die Methode „Cell-Re-Active-Training“ an, mit deren Hilfe die Selbstheilungskräfte des Körpers angeregt werden sollen. Hierbei werden „Redater“ auf Nerven-, Organ- und Meridianpunkte aufgeklebt (halten auch auf Tierfell, unterstützt durch selbsthaftendes Tape). Diese sollen die Zellen dabei unterstützen, dass sie wieder besser miteinander kommunizieren und leichter regenerieren können. Über die Meridiane lassen sich auch systemische Effekte erzielen.
Verlauf
Zunächst löse ich die Blockaden in BWS und LWS mit einer osteopathischen HVLA-Technik, einer schneller, gezielt gesetzten Bewegung, um den Wirbel durch Manipulation wieder in die richtige Position zu bringen. Danach lockere ich die verspannte Schultermuskulatur durch sanfte Mobilisation.
Um die Faszien zu lockern und Verklebungen zu lösen, gibt es bei Tieren die Möglichkeit, das Schulterblatt leicht vom Körper weg anzuheben. Dies sorgt dafür, dass sich das Gewebe entspannt und die Faszien wieder elastischer werden. Den langen Rückenstrecker entlaste ich durch sanfte Mobilisation und eine leichte Massagetechnik mit zwei Fingern.
Aufgrund der Hüftgelenksfrakturen halte ich es in diesem Therapiestadium für besser, auf zu viel Bewegung im Gelenk zu verzichten, um dem Kater keine Schmerzen zuzufügen. Deshalb setze ich an jedes Hüftgelenk einen Blutegel an.
Je mehr Zellen im Körper optimal funktionieren und zusammenarbeiten, desto fitter und gesünder ist das Tier. Daher sind während der gesamten osteopathischen Behandlung und der Blutegeltherapie am Körper des Katers Redater angebracht. Ich habe hierfür bestimmte Punkte gewählt, welche die Organ- und Immunfunktion sowie den Energiefluss im Körper unterstützen sollen (v.a. Dreifach-Erwärmer, kontrolliert die Lymphe und fördert den Abtransport von Abfallprodukten). Zusätzlich wähle ich noch eine globale Anlage für den Bewegungsapparat.
Zweiter Termin
Als ich dem Kater 2 Wochen später erneut einen Besuch abstatte, hat sich sein Zustand erheblich verbessert. Sein Gangbild ist bis auf ein leichtes Schwanken hinten wieder fast stabil und sein Allgemeinbefinden deutlich besser. Er frisst auch wieder normal. Ich untersuche ihn erneut und setze noch einmal zwei kleine Blutegel an. Osteopathie kommt nicht mehr zum Einsatz.
Ausblick
Ich verbleibe mit der Tierhalterin so, dass wir 1 Woche später noch telefonieren, um zu entscheiden, ob ein weiterer Termin notwendig ist. Als sie anruft, ist sie sehr glücklich: Ihr Kater sei wieder völlig der Alte, fit, aktiv und dürfe auch schon wieder nach draußen gehen. Daher beenden wir die Zusammenarbeit an dieser Stelle. Bis heute ist der Kater agil und voller Lebensfreude.
Fazit
Manchmal ist es notwendig, sich nicht nur auf eine Therapiemethode zu beschränken, sondern die Maßnahmen individuell an das Tier und die Gegebenheiten anzupassen. Weiter ist es wichtig, dem Körper auch die nötige Zeit zu geben, sich selbst zu heilen. Im beschriebenen Fall ist es genau durch die Kombination dreier Behandlungsansätze zu einem unglaublich schnellen und guten Ergebnis gekommen. Es sollte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass man Katzen generell eine besonders gute Regenerationsfähigkeit nachsagt, was sich hier deutlich gezeigt hat.

Friederike Arndt
Tierosteopathin mit mobiler Praxis, Cell-Re-Active-Trainerin, Aromaberaterin
für Mensch und Tier, Dozentin an den Paracelsus Gesundheitsakademien
f.arndt@tierosteopathie-arndt.de