wie Sie das Risiko von Abmahnungen, Unterlassungserklärungen und das Kostenrisiko gerichtlicher Auseinandersetzungen reduzieren können
Werbung für die Heilpraktikerpraxis ist heutzutage selbstverständlich. Patienten schätzen die Möglichkeit, sich schnell und umfassend zu den Leistungen einer Praxis im Internet zu informieren. Praxisinhaber nutzen ihre Möglichkeiten, gestalten anwenderfreundliche Websites und listen sich zusätzlich in Online-Portalen und Therapeuten-Datenbanken, um auf ihr Angebot aufmerksam zu machen. Heilpraktikerwerbung wird zunächst durch das Allgemeine Wettbewerbsrecht kontrolliert, wobei das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ausschlaggebend ist. Eine zentrale Rolle spielt jedoch das Heilmittelwerbegesetz (HWG), das „auf recht hoher Flughöhe“ regelt, wie in Deutschland für Arzneimittel, Medizinprodukte und Behandlungen geworben werden kann. Das HWG unterscheidet grundsätzlich zwischen Werbung, die sich an Fachkreise richtet, und Laienwerbung. Letztere ist strenger und insgesamt weniger liberalisiert. Ein Schlüsselparagraph ist § 11; in ihm wird geregelt, welche Gebote und Verbote bei Werbemaßnahmen im Hinblick auf Verbraucher gelten.
Das Problem ist: Obwohl dieses Gesetz seit seiner Entstehung einige Liberalisierungen erfahren hat und Werbende inzwischen viel mehr Freiheiten haben, gelten immer noch strenge Richtlinien, die im Regelfall gerade nicht eine konkrete Art der Werbung oder konkrete Werbemaßnahmen verbieten oder gestatten, was bedauerlicherweise zu großer Unsicherheit führt.
Hinzu kommt: Das aus dem Jahr 1965 stammende Gesetz ging grundlegend von einem eher unmündigen und hilflosen („dümmstmöglichen“) Patienten aus. Spätestens seit einer Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof aus dem Jahr 2005 nimmt man jedoch einen „normal informierten“ sowie „angemessen aufmerksamen und verständigen“ Durchschnittsverbraucher an, was sich allerdings in der deutschen Rechtsprechung nur sehr langsam durchsetzt.
Deshalb haben wir unseren Rechtsexperten RA Benjamin D. Alt gebeten, die aktuelle Rechtslage betreffend die Werbung durch Heilpraktiker auch in Zusammenhang mit der Krebstherapie zu erläutern. Die wichtigsten 5 Tipps, wie Sie das Risiko von Abmahnungen, Unterlassungserklärungen und das Kostenrisiko gerichtlicher Auseinandersetzungen reduzieren können, fassen wir in diesem Artikel zusammen.
Die vollständige Ausarbeitung von RA Alt finden Sie im internen Mitgliederbereich der VUH-Website unter „Praxisführung“ (Unterpunkt Werbung). Nachfolgend lesen Sie die jeweilige kompakte Ausführung von RA Benjamin D. Alt zu den 5 Tipps und am Ende des Artikels sein Fazit zum Thema.
Literatur
Kohn, Sonja: Marketing in der Heilpraktikerpraxis – Teil 1. Paracelsus Magazin 5/2022 Kohn, Sonja:
Marketing in der Heilpraktikerpraxis – Teil 2. Paracelsus Magazin 6/2022 Bundesamt für Justiz: Gesetz über die Werbung
auf dem Gebiet des Heilwesens (HWG, Heilmittelwerbegesetz). gesetze-im-internet. de (Gesetze/Verordnungen, Abruf: Juni
2024) Bundesamt für Justiz: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). gesetze-iminternet.de (Gesetze/Verordnungen, Abruf: Juni 2024)
Tipp 1
Betrachten Sie Ihre Werbung immer durch die Brille des durchschnittlich informierten Patienten/Verbrauchers.
Dabei ist der Ausgangspunkt die Frage, ob ein Patient sich möglicherweise falsche Vorstellungen machen könnte, die nicht hinreichend begründet sind und dann letztlich dem Werbenden Vorteile verschaffen würden.
In der Vergangenheit gab es immer wieder Erleichterungen des Werberechts. Dies geschah z.B. durch eine große Reform, die seit Oktober 2014 in der Bundesrepublik Deutschland gilt. Bis dahin bestanden viel strengere Regelungen als heute. Bis zum Oktober 2014 durften z.B. nicht einmal Akteure im Gesundheitswesen in Berufskleidung oder im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit dargestellt werden. Dies hat sich erfreulicherweise geändert. Allerdings gibt es nach wie vor strenge Regelungen.
Tipp 2
Zeigen Sie Transparenz und vermeiden Sie Irreführung sowie Missverständnisse.
Es sollte somit immer versucht werden, Patienten keine Aussagen vorzuhalten oder Versprechungen zu machen, die nicht haltbar sind. Insbesondere wenn es um die Wirksamkeit von konkreten Therapien oder Behandlungen bei speziellen Erkrankungen geht, erfordern die meisten Gerichte wissenschaftliche Nachweise. Dies muss nicht immer eine placebokontrollierte Doppelblindstudie nach jenem Goldstandard sein. Derartige Studien gibt es
im Regelfall gar nicht. Es sollte sich jedoch eine wissenschaftliche Studie mit einiger Aussagekraft und Relevanz finden lassen, wenn spezielle Behandlungen mit konkreten Beschwerden in Verbindung gebracht werden. Natürlich ist es schwierig, für Leistungen zu werben, wenn das Anwendungsgebiet nicht dargestellt werden darf. Genau hier gibt es die meisten Abmahnungen. Wenn z.B. für eine spezielle Erkrankung genau eine konkrete Therapiemethode angepriesen wird, bewegt man sich meistens im unzulässigen Bereich. Dabei spielt allerdings häufig eine Fehlvorstellung eine Rolle. Viele Werbende meinen, dass man Patienten nur erreichen kann, wenn man eine Verbindung zwischen Therapie und Erkrankung herstellt. Dies dürfte allerdings ein Irrglaube sein. Patienten informieren sich nämlich meist an vielen Stellen, und dann kommt es letztlich darauf an, ob eine besondere Methode von dem konkreten Therapeuten oder der Praxis angeboten wird.
Tipp 3
Setzen Sie sich mit dem Begriff des „Heilversprechens“ auseinander.
Es gibt Ansätze, dass Patienten auch wirklich Versprechen lesen wollen, um sich in einer Praxis in Behandlung zu begeben. Dies ist allerdings strikt verboten. Folglich ist das nächste Problem, das unbedingt vermieden werden sollte: ein Heilversprechen. Dies geht einher mit der Verknüpfung von Therapien und Erkrankungen. Schon die besagte Verknüpfung führt bei gerichtlichen Beurteilungen oftmals dazu, dass ein solches Heilversprechen angenommen wird.
Tipp 4
Betrachten Sie Werbung in Verbindung mit einer Krebserkrankung kritisch.
Gerade bei Behandlungen, die in Verbindung mit einer Krebsbehandlung stehen, ist Werbung als besonders kritisch anzusehen. Hier ist § 12 HWG in Verbindung mit Anlage A Nr. 2 zu sehen. Dadurch lässt sich vertreten, dass die Werbung für Krebstherapien grundsätzlich nicht gestattet ist. Insbesondere ist streitig, ob damit auch tatsächlich Behandlungen und nicht nur Medizinprodukte gemeint sind. Wenn man sich einer solchen Gefahr nicht aussetzen will, sollte man sicherheitshalber die Werbung für die Behandlung von Krebserkrankungen als Heilpraktiker vermeiden.
Übrigens werten Gerichte die Darstellung konkreter Fortbildungen im Lebenslauf schon als Bewerbung der entsprechenden Therapie. So sind Gerichte regelmäßig der Ansicht, dass die Erwähnung suggerieren soll, dass der Therapeut oder Heilpraktiker über die Zusatzqualifikation verfügt und diese abgibt. Ansonsten würde er dies gar nicht darstellen. Demnach sollte mit Bedacht gewählt werden, auf welche Fortbildungen man in der Außendarstellung hinweist. Im Zweifel sollte man die Benennung unterlassen.
Tipp 5
Streichen Sie „kann“ und „könnte helfen bei“ aus Ihren Werbetexten.
Bei sämtlichen Werbeaussagen sollte man sich als Werbender sehr kritisch hinterfragen, ob die konkrete Aussage wirklich nachgewiesen werden kann. So hilft übrigens im Regelfall auch nicht die Verwendung des Konjunktivs. Eine Darstellung, dass nach eigener Erfahrung in vielen Behandlungen von konkreten Patienten eine gewisse Folge eingetreten ist, führt oftmals eher zu einer zulässigen Aussage, als dass diese verboten wäre. Wiederum kommt es allerdings auf den Einzelfall an.
Fazit
Ein vollumfänglicher Leitfaden zur Bewerbung von Leistungen durch Heilpraktiker existiert nicht, und dieser könnte auch niemals vollständig sein. Zu viele neue Entscheidungen gibt es immer wieder von unterschiedlichen Gerichten aus der gesamten Bundesrepublik, und das Recht ist immer im Fluss.
Sofern man Heilversprechen und v.a. Verknüpfungen von speziellen Therapien mit konkreten Erkrankungen vermeidet, hat man schon viele Stolpersteine überwunden und viel Ärger vermieden. Darüber hinaus sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass nur Fortbildungen angegeben werden, deren Inhalt man tatsächlich am Patienten abgeben darf, je nach Grundqualifikation des Werbenden.
Die Rechtsanwaltskosten für eine klassische Abmahnung sind schnell bei 1000 € angelangt und können deutlich höher liegen. Sollte man eine solche nicht ernst nehmen, drohen gerichtliche Auseinandersetzungen, die zu einem Kostenrisiko im fünfstelligen Bereich führen können. Daher sollten Praxen unbedingt vermeiden, wettbewerbsrechtliche Probleme zu verursachen, weil die sich daraus ergebenden Folgen gravierend sein können. Umso sinnvoller ist es, sich auf zulässige Werbeaussagen zurückzuziehen und möglicherweise unzulässige Aussagen strikt zu vermeiden.

Sonja Kohn
Heilpraktikerin, Zweiter Vorstand des VUH e.V.
info@heilpraktikerverband.de

Benjamin Alt
Gründer und Inhaber der Rechtsanwaltskanzlei Alt mit Spezialisierung auf den
Gesundheitsmarkt, Justiziar, Lehrbeauftragter und Dozent an Universitäten, Autor
Mail@RechtsanwaltAlt.de