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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 1/2011

Wenn das Ohr pfeift

Cover

Tinnitus-Therapie in der Naturheilpraxis

„Der Tinnitus ist eine akustische Wahrnehmung, die zusätzlich zum Schall, der auf das Ohr wirkt, ein- oder beidseitig wahrgenommen wird. Diese Wahrnehmung beruht auf einer Störung der Hörfunktion. Der Höreindruck des Tinnitus hat also nichts mit dem Schall in der Umgebung des Patienten zu tun. Die Art der scheinbaren Geräusche ist sehr vielfältig. Die akustischen Eindrücke werden als Brummton oder Pfeifton, Zischen, Rauschen, Knacken oder Klopfen beschrieben. Das Geräusch kann in seiner Intensität gleichbleibend sein, es kann jedoch auch einen rhythmisch-pulsierenden Charakter haben. Es gibt nicht immer ein reales Geräusch, das denselben Höreindruck wie der Tinnitus verursacht.“ (©wikipedia.org)

Fast jeder 10. Deutsche hat schon einmal unter Ohrgeräuschen gelitten. Die Ursachen, die zum Tinnitus führen, sind vielfältig und nicht eindeutig analysierbar. Als auslösende Faktoren gelten:

  • © psdesign1 - Fotolia.comErkrankungen des Ohres: Mittelohr, Trommelfell, Otosklerose oder Tumore
  • Stoffwechselstörungen oder Gefäßveränderungen (Bluthochdruck, Arteriosklerose)
  • Medikamente: Antidepressiva, Schmerzmittel (Gefäßwirkung)
  • Psychische Belastungen: Lärm und Stress, Ängste, Burnout, Erregungen
  • Fehlstellungen der Wirbelsäule (Schleudertrauma) oder des Kiefergelenks
  • Hörsturz: Bei vielen Patienten folgt auf den Hörsturz ein Tinnitus!

Als Ursache nimmt man heute an, dass das Gehirn zeitweilig keine Hörsignale mehr vom erkrankten Ohr bekommt und die zuständigen Wenn das Ohr pfeift Tinnitus-Therapie in der Naturheilpraxis Nervenzellen für andere Hörsignale, die das Gehirn an der Stelle durchleitet, neu geschaltet werden. Die Nervenbahnen werden so für falsche Signale freigeschaltet und der Vorgang bleibt möglicherweise auf Dauer bestehen.

Diese Neuorganisation wird als unvorteilhafte kortikale Reorganisation beschrieben und kann zum chronischen Tinnitus führen. Ähnlich wie beim Phantomschmerz bewertet das Gehirn einzelne Signale, die aus anderen Regionen des Gehirns kommen, fehlerhaft und gibt die Signale als Ton wieder.

In der Praxis erlebe ich es häufig, dass die beste Kombination für den Patienten aus Craniosacraler Therapie für den strukturellen Aspekt auf der einen Seite und Entspannung, Stärkung und Imagination in therapeutischer Hypnose für den psychischen Aspekt die weitreichendsten Fortschritte erzielt. Das eine ist ohne das andere nur halb so effektiv, bietet uns der strukturelle Ansatz ja auch gleichzeitig das Verständnis um die vielen möglichen Vorgänge und Ursachen des Tinnitus, die wir für die Behandlung psychischer und mentaler Aspekte einbeziehen sollten.

Aus der Positiven Psychologie wissen wir, dass die wirksamste und beste Arbeit aus den vorhandenen Ressourcen des Patienten schöpft. Um mit den positiven Aspekten zu arbeiten, sollten wir die darunterliegenden Muster und speziellen Eigenarten des Patienten erkennen können!

Tinnitus aus osteopathischer Sicht

• Ursachenunterscheidung nach den jeweiligen Begleitgeräuschen:

Tinnitusgeräusch: pulsierend
Kann aus Restriktionen der Arteria vertebralis entstehen und geht mit Nackenschmerzen, die in die Schläfenregion ausstrahlen, einher. Ähnelt Migräne- oder Gefäßschmerzen im Gesicht. Wenn die Restriktionen die Arterien des Mittel- oder Innenohres betreffen, ist der Ton ebenfalls pulsierend, aber ohne Schmerzen.

Tinnitusgeräusch: konstant
Ein konstantes Geräusch, als ob man sich in einer Höhle befände, kann sich bei einer Verengung der Arterien des Mittel- oder Innenohres einstellen, wenn diese zur kontinuierlichen Stimulierung der Labyrinthzellen führen. Die Ursache kann im Sympathikusbereich liegen.

Tinnitusgeräusch: Klingelton
Dieser kann sowohl konstant als auch pulsierend sein, die Ohren fühlen sich häufig wie verstopft an, Ohrenschmerzen bestehen wie beim zervikozephalen Syndrom. Es kann sich ein Gefühl einstellen, als sei eine kleine Arterie tief im Ohr eingeklemmt. Die Ursache liegt in einer Verengung des Rückenmarks oder des Intratransversalraums bei einer Arthrose der HWS. Eine Verschlimmerung ergibt sich bei Bewegung des Halses. Parallel können Beschwerden wie Schwindel, Kopfschmerzen, Sehstörungen und Herz- oder Verdauungsprobleme vorkommen (siehe Vagusnerv).

Tinnitus in Kombination mit weiteren Symptomen

Wenn der Tinnitus mit Übelkeit, Schweiß, Blässe, Bradykardie, Hypotonie und/oder einer peripheren Vasodilatation einhergeht, ist von einer Beteiligung der Strukturen um den Nervus Vagus auszugehen.

Ein Tinnitus in Kombination mit Seh- und Sprechstörungen kann als Teil einer basilaren Migräne bestehen, mit einer Dysfunktion im Hirnstamm oder Okzipitallappen.

Sind die Arteria vertebralis und die Arteria basilaris betroffen, finden sich Symptome, die die gesamte Versorgung von Nacken, Kopf und Gehirn einbeziehen können. Wenn wir bedenken, dass die Rotation und Extension des Kopfes die Durchblutung der Arteria vertebralis um 30% einschränken kann, können wir uns folgende Symptomatiken bei vorherigen Restriktionen ausmalen.

Symptomatisch ist hier die Verschlimmerung der Beschwerden bei Nackenextension, Lagewechsel oder dem Strecken der Arme über den Kopf.

Bei zusätzlichem Lagerungsschwindel und verschwommenem Sehen ist auch der 8. Hirnnerv beeinträchtigt.

Ähnliche Probleme können auftauchen bei Kompression des Nervus phrenicus, die die Vertebralarterien betrifft. Hier finden wir parallel oft Beschwerden der Schulter-Arm- Region oder auch eine Torticollis-Ausprägung.

Beim sogenannten „Thoracic-Outlet-Syndrom“ ist der obere Thorax betroffen.

Symptome

Parästhesien der Hände und Unterarme (Fixierung von C7/Th1), hier bessert es sich kurz, wenn die Hand in den Nacken gelegt wird.

  • Arterielle Symptome: Siehe oben
  • Venöse Symptome: Bei einer komprimierten Vena subclavia bessern sich die Beschwerden bei Ruhe und verstärken sich bei Muskelaktivität.

Weitere Symptome ergeben sich aus der Beteiligung der Arteria subclavia und der kollateral verlaufenden Arteria vertebralis: Schwindel, Kopfschmerz, Vagus-Symptomatik, Gleichgewichtsprobleme, oberflächliche thorakoabdominale Schmerzen.

Einseitiger Tinnitus mit tiefen Obertönen, als ob man eine Muschel an sein Ohr hielte, kann beim Morbus Menière auftreten, entscheidend hierfür sind die Druckveränderungen. Symptome sind: Einseitiges Taubheitsgefühl, das Ohr ist wie verstopft, die Reflexe sind vorhanden bei sensiblen Defiziten. Bei einer gleichzeitigen Hypoakusis wird der Tinnitus höher. Eine Verschlimmerung kann als PMS oder während der Menopause auftreten.

Behandlung

In den letzten Jahren hat sich mehr und mehr herauskristallisiert, dass besonders die Osteopathie sowie die sanfte Craniosacral-Therapie in Kombination mit Entspannungs- und Imaginationstechniken bei Tinnitus-Patienten gute Erfolge erzielen.

Heide Volle
Heide Volle
Heilpraktikerin, Hypnotherapeutin, Dozentin für Craniosacrale Therapie und Hypnose an den Paracelsus Schulen Göttingen, Dresden und Tübingen
heide.volle@web.de

Literaturempfehlungen:

  • Jean-Pierre Barral, Alan Croibier, Manipulaton kranialer Nerven, Urban & Fischer, 1. Auflage, 2008
  • Jean-Pierre Barral, Alan Croibier, Manipulaton peripherer Nerven, Urban & Fischer, 1. Auflage, 2005
  • Jean-Pierre Barral, Alan Croibier, Trauma, ein osteopathischer Ansatz, Verlag für ganzheitliche Medizin Dr. Erich Wühr GmbH, 1. Auflage, 2003
  • Thorsten Liem, Checkliste Kraniosakrale Osteopathie, Hippokrates, 2010

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