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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2023

Heuschnupfen

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Rote Augen, laufende Nase – die Pollensaison fordert ihren Tribut

Der Frühling zeigt inzwischen seine volle Pracht, alles gedeiht und wächst. Der Sommer kündigt sich an. Viele Menschen erfreuen sich an der warmen Jahreszeit, manche leiden jedoch schon seit Wochen oder gar Monaten wieder an den Auswirkungen ihrer Allergie. Als Pollenallergie (Heuschnupfen) bezeichnet man eine überschießende Immunantwort auf den Blütenstaub verschiedenster Pflanzen. Die in Pollen enthaltenen Stoffe mit allergischem Potenzial gelangen unmittelbar über die Schleimhäute von Mund und Nase in den Körper, wo eine Abwehrreaktion auf die normalerweise harmlosen Substanzen ausgelöst wird. In Deutschland leiden etwa 15% der Bevölkerung mehr oder weniger stark an Heuschnupfen. Das sind 12 Millionen Menschen. Hier liegt ein großes Potenzial für Heilpraktiker.

Symptome einer Pollenallergie

Durch mildere Winter verlängert sich die Vegetationsphase der Pflanzen, sodass der Pollenflug mitunter schon im Dezember und Januar mit Hasel und Erle beginnt und erst im Oktober mit den Gräsern endet. Reagiert man auf mehrere Pollenarten, leidet man im schlimmsten Fall fast das ganze Jahr unter Symptomen: Zuerst denkt man vielleicht an einen leichten Schnupfen, denn die Nase läuft, schwillt zu und es kommt zu häufigem Niesreiz.

Das Atmen fällt schwerer, der Geruchssinn ist gestört. Nun juckt sie aber auch ständig. Dazu kommen gerötete, juckende und tränende Augen mit geschwollenen Lidern. Auch im Hals kratzt und juckt es. Sogar Kopfschmerzen und Schlafstörungen können durch die Allergie ausgelöst werden. Allgemeinbefinden und Leistungsfähigkeit sind vermindert. Bei starken Symptomen kann die Lebensqualität erheblich eingeschränkt sein.

Problematisch wird es, wenn ein „Etagenwechsel“ stattfindet. Dann spielt sich die Allergiesymptomatik nicht mehr nur im Hals-Nasen-Bereich ab, sondern auch in den unteren Atemwegen. Allergisches Asthma mit Hustenreiz und Atemnot erweitern das Spektrum der Symptome. Wird die Allergie nicht oder nur symptomatisch behandelt, können sich auch Reaktionen auf verschiedene Lebensmittel entwickeln. Spätestens dann werden die meisten Allergiker ihren Hausarzt oder gleich einen Allergologen aufsuchen und herausfinden wollen, auf was genau und wie stark sie allergisch reagieren.

Diagnostische Verfahren

Beim Prick-Test werden standardisierte Lösungen, die jeweils ein spezifisches Allergen enthalten, auf die Haut getropft, meist auf die Innenseite des Armes oder auf den Rücken. Man geht rasterförmig vor und beschriftet die jeweilige Stelle passend. Mittels einer Lanzette und einem oberflächlichen Stich wird das Allergen in die Haut eingebracht. Nach kurzer Zeit entwickelt sich eine Quaddel. Anhand von Größe und Rötung lässt sich erkennen, wie stark der Körper auf das jeweilige Allergen reagiert. Das Ergebnis sollte sich mit dem subjektiven Empfinden des Patienten und der jahreszeitlichen Symptomatik decken.

Symptomentwicklung

Bei einer Typ-1-Allergie, wie es beim Heuschnupfen der Fall ist, findet eine Sensibilisierung auf ein Allergen statt, hier: eine oder mehrere Pollenarten. Dieser Erstkontakt verläuft symptomlos, jedoch klassifiziert das Immunsystem die Pollen fälschlicherweise als schädlich. Es werden Antiköper dagegen produziert, die sich an Mastzellen binden. Bei erneutem Allergenkontakt führt die Wiedererkennung innerhalb von Sekunden oder Minuten zur massiven Freisetzung entzündungsfördernder Substanzen wie z.B. Histamin, was die o.g. Symptomatik nach sich zieht.

Konventionelle Behandlung

Die häufigste schulmedizinische Behandlung besteht in der Einnahme von Antihistaminika oder Cortison als Tablette, Nasenspray, Augentropfen oder Asthmaspray. Damit werden zwar die Symptome gelindert, aber die Gefahr, dass auf immer mehr Allergene reagiert wird und ggf. ein Etagenwechsel stattfindet, wächst.

Eine nachhaltigere Möglichkeit ist eine Hyposensibilisierung (Spezifische Immuntherapie, SIT), bei der das Immunsystem in der allergiefreien Zeit langsam und kontrolliert an das verantwortliche Allergen gewöhnt wird. Die Behandlung dauert 2-5 Jahre und muss für jedes Allergen einzeln durchgeführt werden. Für Mehrfach-Allergiker ist das keine praktikable Lösung.

Ursachen für eine Allergie-Entstehung

Warum ein Mensch stark auf Pollen reagiert, ein anderer überhaupt nicht und ein Dritter nur mit leichtem Schnupfen, ist bisher nicht vollständig geklärt. Es gibt einige Risikofaktoren, die eine allergische Reaktion begünstigen:

  • genetische Veranlagung
  • übertriebene Hygiene (z.B. häufige Verwendung von Desinfektionsmitteln)
  • Tabakrauch
  • Infektionen (z.B. Epstein-Barr-Virus)
  • ungünstige Ernährung
  • ungünstig zusammengesetzte Darmflora
  • häufige Antibiotika-Einnahme
  • psychische Faktoren (z.B. Hochsensibilität)
  • Nebennierenschwäche (z.B. durch Stress, Ärger etc.)

Ansätze in der Naturheilpraxis

Die schulmedizinische Therapie stützt sich auf die Linderung der Symptome. Das ist während der Anfangsphase einer naturheilkundlichen Behandlung begleitend sinnvoll, um die Lebensqualität der Patienten auf hohem Niveau zu halten. Als ganzheitlich denkende Heilpraktiker arbeiten wir zusätzlich an den o.g. Risikofaktoren. Als erstes sollten wir dem Patienten erklären, dass sein Lebenswandel (Verhalten, Essgewohnheiten etc.) die Allergie durchaus beeinflusst. Allein das führt oft schon zu Aha-Momenten. Der Patient kommt in die Eigenverantwortung und fühlt sich der Allergie nicht mehr machtlos ausgeliefert.

Toxine und übertriebene Hygiene

Mit dem Rauchen sollte so schnell wie möglich aufgehört werden, um die Lunge und Schleimhäute nicht zusätzlich zu irritieren. Rauchen, aktiv und passiv, erhöht das Risiko, eine (weitere) Allergie zu entwickeln.

Übertriebene Hygiene im Alltag schadet mehr als sie nützt. Gerade Kinder müssen mit verschiedensten Keimen in Kontakt kommen, damit ihr Immunsystem „trainieren“ kann. Nur so kann sich der Körper anpassen, angemessen auf Allergene reagieren und auch eine funktionale Mikrobengemeinschaft ausbilden.

Mikrobiota im Darm

Den größten Einfluss auf Allergien hat unser Darm. Mittlerweile wissen wir, dass wir mit den darin vorkommenden Mikroorganismen eine enge Lebensgemeinschaft bilden. Es ist kein „Rasen“, den wir düngen oder verhungern lassen, sondern ein lebendiges Kollektiv, dessen Wohlergehen eng mit unserer eigenen Gesundheit verflochten ist. Je gesünder die Mikrobiota ist, desto größer ist unser Wohlbefinden.

Unser heutiger Lebenswandel bedeutet dahingehend oft eine große Herausforderung, und zwar von Beginn an. Ist eine natürliche Besiedelung durch eine vaginale Geburt oder Stillen mit Muttermilch nicht möglich, fehlt dem Baby eine wichtige Starthilfe für Immunsystem und Verdauung. Antibiotikagaben, die häufig immer noch zu schnell und zu oft verordnet werden, schwächen die Bakterienflora signifikant. Oft kommt eine jahrelange Ernährung mit stark verarbeiteten Lebensmitteln hinzu. Diese liefern viele einfache Kohlenhydrate, aber zu wenige Ballaststoffe und Vitamine, dafür wiederum ungesunde gehärtete Fette sowie zahlreiche unnatürliche Inhaltsstoffe.

Nicht zuletzt werden die Mahlzeiten oft kaum gekaut und hastig hinuntergeschlungen.

Eine vitalstoff- und ballaststoffreiche Ernährung sowie gründliches Kauen sind jedoch essenziell für bestimmte Darmbakterien, z.B. Akkermansia muciniphila. Diese ernähren sich vom Schleim der Dickdarmwand und stimulieren so dessen ständige Regeneration sowie den Erhalt der Darmbarriere. Eine weitere Aufgabe ist die Ernährung anderer Bakterienarten, wie z.B. Faecalibacterium prausnitzii. Dieses verarbeitet die ihm zur Verfügung gestellten Stoffwechselprodukte zu Buttersäure (Butyrat), einem Hauptenergielieferanten der Darmepithelzellen.

Fehlen diese wichtigen Bakterien, kann die Darmschleimhaut im Umkehrschluss nicht gesunderhalten werden. Die schützende Schleimschicht wird dünner, das Epithel löchrig, ein Leaky-Gut entsteht. Nahrungsbestandteile, die sonst nicht in direkten Kontakt mit uns kommen, gelangen in den Blutkreislauf, wo es zu Immunreaktionen und Allergien kommt. Da Immunzellen auch in anderen Schleimhäuten vorkommen, reagieren sogar Nase und Hals mit Allergiesymptomen.

Stress als Verdauungshemmer

Sind die Stresshormone (Cortisol und Adrenalin) erhöht, rennen wir dem sprichwörtlichen Säbelzahntiger davon. In der heutigen Zeit eher dem Chef oder den Kollegen, den Problemen in unserer Partnerschaft oder allgegenwärtigem Termindruck. Sind wir im Stress, essen wir hastig und unüberlegt. Für gesunde Nahrung und ausreichende Verdauung bleibt da kaum Zeit. Umso wichtiger ist ein achtsamer Umgang mit unserer Ernährung. Wenn möglich sollten frische Lebensmittel schonend zubereitet und in Ruhe eingenommen werden. Für viele Patienten ist das die größte Herausforderung. Ballaststoffreiche Nahrung, wie z.B. Obst und Gemüse, Flohsamen und Akazienfasern, fördert die Diversität der Darmflora.

Stress und Nebennierenschwäche

Chronischer Stress führt oft zu geschwächten Nebennieren. Der Cortisolspiegel kommt aus dem natürlichen Rhythmus. Zuerst steigt er stark an, um bei fortgesetzter Belastung unter die natürlichen Werte abzusinken. Dann zeigt sich auch ein veränderter Tagesverlauf.

Unter akuter Stressbelastung mit erhöhten Cortisolwerten steigt der Blutzuckerwert, Verdauung und Immunsystem werden gehemmt. Im fortgeschrittenen Stadium mit erniedrigten Cortisolwerten erhöht sich die allgemeine Allergie- und Infektbereitschaft.

Wichtig bei der Anamnese

Als erstes sollte man Patienten aufmerksam zuhören und ihnen Mut machen, dass sie selbst etwas verändern können. Oft haben sie sich schon mit ihrer Situation abgefunden, wurden sie doch bereits mit symptomunterdrückenden Medikamenten bis hin zu einem Urteil à la „Ist halt so, damit müssen Sie leben“ abgespeist.

Fragen Sie nicht nur nach den aktuellen körperlichen Symptomen, sondern auch, wann und wie die Allergie begann. Erstellen Sie eine Familienanamnese. Wichtig ist, die aktuelle Lebenssituation zu besprechen. Das mag vielen Patienten erst einmal seltsam vorkommen, aber aus ganzheitlicher Sicht ist das nachvollziehbar. Denken wir an die bekannten Sprüche wie „Ich hab die Nase voll“, „Das lässt mir keine Luft zum Atmen“ oder „Das geht mir unter die Haut“. Das soll Heuschnupfen nicht zur psychosomatischen Erkrankung machen, jedoch zeigen sich so eventuell aus dem Takt geratene Nebennieren.

Hilfestellungen aus der Naturheilpraxis

Danach können Sie aus dem Vollen schöpfen, was Ihnen an Behandlungsmöglichkeiten in der Praxis zur Verfügung steht: Darmsanierung, Symbioselenkung, Homöopathie, Schüßler-Salze, Ohr- und Körperakupunktur, Energetische Arbeit, Hypnose, Ernährungsberatung und Heilpilze sind hier meiner Erfahrung nach hilfreich.

Als Heilpilz eignet sich v.a. der Reishi, da er die Histaminausschüttung dämpft und somit Schwellungen, Rötungen und Juckreiz positiv beeinflusst. Er kann mit Hericium erinaceus (Igelstachelbart) kombiniert werden, der einen sehr positiven Einfluss auf die Stabilisierung, Regulierung und Entwicklung des Immunsystems hat. Außerdem ist er wichtig für den Aufbau der Magen- und Darmschleimhaut.

Im Rahmen der Ohrakupunktur haben sich die konkreten organbezogenen Punkte bewährt: Die Nase liegt ganz vorn auf dem Lobulus (Ohrläppchen), etwa dort, wo es mit der Gesichtshaut verwachsen ist. Bei Juckreiz der Augen wird der Augenpunkt im Zentrum des Ohrläppchens gestochen. Als übergeordneter Punkt ist der Histaminpunkt (Allergiepunkt 1) an der Spitze des Helixkörpers (Ohrmuschelrand, ganz oben) zu sehen.

Fallstudie

Eine 20-jährige Frau kommt in meine Praxis. Sie leidet seit ihrer Kindheit an einer starken Pollenallergie. Gestillt wurde sie nicht, gehäufte Antibiotikagaben kamen in der Vergangenheit nicht vor. Die Eltern sind ebenfalls Allergiker, allerdings sind die Symptome bei ihnen nicht so stark. Bei der Patientin ist bereits ein „Etagenwechsel“ hin zu allergischem Asthma und Lebensmittelallergien feststellbar. Fast das gesamte Jahr über kommen immer wieder Antihistaminika und Asthmaspray zum Einsatz. Sport ist kaum mehr möglich. Der Schlaf leidet durch nächtliche Asthmaattacken, und allgemein berichtet sie von einer stressigen Lebenssituation.

Behandlungsverlauf

Ich empfehle der Patientin Probiotika. Die Asthmaanfälle verschwinden nach 6 Wochen fast vollständig, in der Folge nutzt die junge Frau nur noch ein Notfallspray. Das SchüßlerSalz Nr. 5 unterstützt die Psyche der Patientin, sie wird ruhiger und kann mit Stresssituationen leichter umgehen. Der Darm allerdings reagiert trotz Probiotika immer wieder gereizt.

Eine tiefgreifende Darmsanierung mit Panaceo Med Darm Repair (1-2x täglich 1 Messlöffel in Flüssigkeit), Reishi, Cordyceps und Hericium als Pulver gemischt (2 TL der Mischung täglich in Flüssigkeit) und Effektiven Mikroorganismen (MikroVeda LIFE PUR) kombiniert mit einer individuell angepassten Ernährungsumstellung bringen dauerhafte Hilfe. Alle Präparate werden in niedriger Dosierung langsam eingeschlichen, um eine Unverträglichkeit oder eine zu starke Entgiftungsreaktion zu vermeiden.

Der Vitamin-D-Spiegel wird auf 50-60 ng/ml eingestellt. Vitamin D, K2 und Magnesium werden nun dauerhaft eingenommen. Die genaue Dosierung sollte stets individuell per Blutkontrolle ermittelt werden. Dabei sollte das Vitamin D in Öl gelöst und am besten gleich mit K2 kombiniert sein. Als Magnesium bietet sich Magnesiumcitrat an (je nach Ernährung 100-300 mg pro Tag zusätzlich). Sollte das zu Durchfällen führen, kann man auf eine Mischung mit anderen Verbindungen wie Magnesiummalat und Magnesiumgluconat ausweichen. Kurmäßig wird 2x pro Jahr über 30 Tage ein hochwertiges Multivitaminpräparat eingenommen.

Die Patientin ist sehr perfektionistisch veranlagt und hat gleichzeitig ein geringes Selbstwertgefühl. Eigene Anerkennung wird an Leistung gekoppelt. Abseits des Reizdarms bestehen noch rheumatische Beschwerden. Diese Aspekte weisen auf das homöopathische Mittel Formica rufa (Ameise) hin. Hierdurch verbessert sich die Situation erheblich. Omega-3-Algenöl und Enzyme (u.a. Wobenzym, Karazym, Reflexym) helfen bei Bedarf gegen Muskel- und Gelenkbeschwerden. Bei Omega-3-Präparaten ist auf hohe Qualität und Reinheit zu achten. Wenn möglich, sollte dies aus (Zucht-)Algen hergestellt sein, billigere Fischöl-Präparate aus dem Drogeriemarkt sind häufig mit Schwermetallen belastet.

Ausblick

Mittlerweile ist die Patientin fast dauerhaft beschwerdefrei. Sie kennt die psychischen und körperlichen Auslöser des Reizdarms und kann selbstständig geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen. Die Ernährung ist kaum noch eingeschränkt und ihre Lebensqualität hat sich signifikant verbessert.

Fazit

Die Symptome eines Heuschnupfens und die allgemeine Allergiebereitschaft können auf jeden Fall positiv beeinflusst werden. Auf Patientenseite ist allerdings Verständnis für die Therapie und konsequentes Umsetzen der Maßnahmen im Alltag erforderlich. Dann kann in den meisten Fällen eine dauerhafte Verbesserung erreicht werden.

Daniela Czyschke
Heilpraktikerin mit Schwerpunkten Immunsystem, Darmgesundheit und Schmerztherapie, Dozentin an den Paracelsus Schulen
info@nhp-czyschke.de

Fotos: © Robert Kneschke I adobe.stock.com, © BillionPhotos.com I adobe.stock.com

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