aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2023
Unsere Heilpflanze: Seifenrinde – Quillaja saponaria
Auch bekannt als: Panamaholz, Seifenrindenbaum, Seifenspäne, Quillajarinde, Seifenholz, Waschholz, Waschrinde, Hustenwurzel
Quillaja ist die einzige Gattung der Familie Quillajaceae in der Ordnung der Schmetterlingsblütenartigen (Fabales). Es existieren nur zwei in Südamerika heimische Arten:
• Quillaja lancifolia (im südlichen Brasilien, nordöstlichen Argentinien und im nördlichen Uruguay)
• Quillaja saponaria (im warm-gemäßigten zentralen Chile)
Sowohl beim Gattungs- als auch beim Drogennamen werden „i“- und „j“-Schreibweise gleichermaßen verwendet. Der Name Quillaja leitet sich von „Quillai“ oder „Cullay“ ab, dem in Chile für den Baum gebräuchlichen Namen. In der Sprache des indigenen Volkes der Mapuche bedeutet „quillean“ so viel wie „waschen“, da die Rinde des Baumes traditionell als Waschmittel verwendet wurde.
Woran erkennt man den Seifenbaum?
Es handelt sich um einen immergrünen Baum mit einer Höhe von 15-18 m, dicker Rinde und hartem Holz. Seine ledrigen, kurz gestielten und wechselständig angeordneten Blätter sind eiförmig und entfernt gesägt.
Die Pflanze besitzt einen außerordentlich ungewöhnlichen Blütenaufbau, dessen typisches Merkmal eine stark ausgeprägte fünflappige Scheibe ist. Die weißlichen Kelchblätter befinden sich hinter der Scheibe, sodass nur deren abgerundete Spitzen erkennbar sind. Dazwischen stehen die Kronblätter, darüber befindet sich die gelbgrün gefärbte Scheibe, an deren Spitzen jeweils ein Staubblatt entspringt. Der zweite Staubblattkreis formt sich in den Buchten der Scheibe direkt über den Kronblättern.
Darauf sitzt der 5-teilige, oben abgerundete Fruchtknoten mit 5 Griffeln. Hieraus entwickelt sich eine zur Reifezeit sternförmig ausgebreitete Balgfrucht mit zahlreichen lang geflügelten Samen, die 2-klappig aufspringt.
Wie wirkt die Seifenrinde?
Gegenwärtig wird Seifenrinde ausschließlich in der Volksheilkunde verwendet. In Europa ist sie nur selten als Expektorans bei Bronchitis mit zähem Auswurf sowie äußerlich für Mund- und Zahnspülungen, bei Psoriasis und anderen Hauterkrankungen im Einsatz. Seifenrinde entfaltet eine anregende Wirkung auf Stoffwechsel und Verdauung. Deshalb können Extrakte auch als leichtes Abführmittel eingesetzt werden. Die Rindenextrakte sollen das Nachfetten der Haare verzögern und wirken dadurch gegen fettiges Haar. In Chile erfolgt die Anwendung innerlich als Hustenmittel und äußerlich bei Kopfhauterkrankungen, wie z.B. bei Schuppen, Seborrhö und Haarausfall. Früher wurde sie auch bei chronischen Geschwüren und übelriechendem Schweiß verwendet.
Der Seifenrinde wird eine expektorierende Wirkung zugeschrieben, für die bisher keine speziellen Wirknachweise erbracht wurden. Infolge des hohen Saponingehalts der Droge erscheint dieser Effekt aber durchaus plausibel. Aus der Rinde gewonnene Saponingemische und Einzelkomponenten werden bis heute intensiv pharmakologisch untersucht. Mittelpunkt der modernen Forschung ist die Anwendung von Quillaja-Saponinen unter bestimmten Bedingungen zur Verstärkung der Immunantwort. Besonders der Zusatz von Quillaja-Saponin QS- 21 verstärkt die Immunogenität verschiedener Impfstoffe („adjuvante“ Wirkung). QS-21 ist Bestandteil des zugelassenen Herpes-Zoster-Impfstoffes Shingrix. Ein Rindenextrakt wird auch als Adjuvans im SARS-CoV-2-Impfstoff NVX-CoV2373 verwendet.
Die desacylierten Saponine bewirken daneben eine Resorptionssteigerung verschiedener Substanzen, darunter v.a. Insulin und Aminoglykosid-Antibiotika.
Eigenschaften
- antibakteriell
- antiödematös
- auswurffördernd
- blutdrucksenkend
- cholesterinspiegelsenkend
- entzündungshemmend
- expektorierend
- hämolytisch
- immunstimulierend
- indiziert Niesen und Tränenfluss
- lymphabflussfördernd
- resorptionssteigernd
- schleimlösend
- spermizid
- zytotoxisch
Anwendungsgebiete
- Bronchitis mit zähem Auswurf
- Fettige Haare
- Fußpilz
- Immunodepression
- Haarausfall
- Juckreiz
- Mund- und Zahnspülung
- Schuppen
- Seborrhö
- Talgfluss
- Vaginalspülung
- Verstopfung
Achtung: Bei Überdosierung können gastrointestinale Reizerscheinungen mit Magenschmerzen, Durchfall, Erbrechen, Blasenreizungen oder Nierenschädigungen auftreten. Auch Schwindelgefühle wurden beobachtet. Saponine können wegen ihrer oberflächenaktiven Eigenschaften zu lokalen Reizungen an Haut und Schleimhaut führen. Der Staub ist für die Schleimhäute giftig und bewirkt heftigen Niesreiz.
Welche Wirkstoffe sind in der Seifenrinde enthalten?
8-16% Saponine (durchschnittlich ca. 10%). Das Saponingemisch besteht aus einer Vielzahl sehr komplex aufgebauter Triterpene mit einem Zuckerteil aus mehreren Monosaccharid-Einheiten, die mit niederen Fettsäuren verestert sind. Wichtigstes Aglykon ist die Quillajasäure, daneben in geringer Menge verschiedene Glykoside. Weitere Bestandteile sind 10-15% Gerbstoffe, 10% Calciumoxalat, Stärke, geringe Mengen an Phthalidglykosiden, diverse Zucker (Arabinose, Fruktose, Galaktose, Rhamnose, Xylose) sowie Glucuronsäure.
Welche Teile der Seifenrinde werden medizinisch verwendet?
Die von Kork und Außenrinde weitgehend befreite, getrocknete, ganze oder geschnittene Rinde der Stämme und Äste. Sie besteht aus 3-10 mm dicken, etwa 10 cm breiten, gelblichweißen, flachen, plattenartigen Stücken. An den Bruchflächen der Rinde können mit bloßem Auge Calciumoxalat-Kristalle erkannt werden.
Anwendung
Abkochung Hierfür werden 1,5-5g der Droge auf 150 ml Wasser gegeben. Davon erhalten Erwachsene alle 2-3 Stunden 1 EL, Kinder 1 TL. Vom Fluidextrakt (Tinktur aus Seifenrinde und Alkohol) verabreicht man 4-15 Tropfen bei Bronchitis.
Als Tee 0,2g der mittelfein geschnittenen Droge werden mit 250 ml heißem Wasser übergossen und 10 Minuten ziehen gelassen. Nach dem Abseihen wird alle 2-3 Stunden je 1 EL (Kinder 1 TL) eingenommen.
Wissenswertes
Seifenrinde wird zu verschiedenen kosmetischen Produkten, wie z.B. Duschgels und Shampoos, verarbeitet, außerdem wird sie gelegentlich zur Herstellung von Zahnpulver (kann auch Karies entgegenwirken), Gurgelmitteln und Haushaltswaschmitteln verwendet. Aufgrund ihrer schaumbildenden Eigenschaften wird sie auch in der Produktion von Löschschaum und als Zusatzstoff bei der Fotoentwicklung genutzt.
Die Ureinwohner Südamerikas nutzen die Seifenrinde traditionell als Seifenersatz zur Körperreinigung und zum Waschen von Textilien.
Quillaja-Extrakt ist ein in der EU zugelassener Lebensmittelzusatzstoff (E 999). Die Verwendung der Rinde als Niespulver hingegen ist in Deutschland durch die Bedarfsgegenständeverordnung verboten.
Dr. rer. nat. Frank Herfurth
Heilpraktiker, Lebensmittelchemiker, Dozent an den Paracelsus Schulen
fh@herfurth.org
Foto: © akif I adobe.stock.com
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