aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/1997
Gedanken zum Thema Beziehungen
Wie gelingen glückliche Beziehungen? Die Ansätze für Veränderung und Wachstum in Richtung zufriedenere Beziehungen sind von Mensch zu Mensch verschieden – drei Möglichkeiten sind (nach Dr. Dietmar Friedmann): Generell gilt:”Wenn etwas funktioniert – tue mehr davon.” (Steve de Shazer) Wie beeinflussen Nebenbeziehungen die Hauptbeziehung? Das Thema “Nebenbeziehungen” ist eines der letzten Tabus im gesellschaftlichen Gespräch. Dabei gehört es wohl zu den häufigsten Ursachen für Beziehungskrisen. Auch hier gilt das oben Gesagte: die Gedanken, die sich die Partner über ihre jeweiligen Nebenbeziehungen machen, erzeugen Gefühle und Handlungen. Weil die Gedanken aber generell frei sind, lohnt es sich, hier anzusetzen, z.B. indem sich beide Partner über ihre Wünsche und Toleranzgrenzen klarwerden und sie austauschen. Sind weder Wünsche noch Toleranzen bewußt, gleicht dies einer Zeitbombe, es sei denn, das Paar lebt auf einer einsamen Insel. Sie würden dann dem Goldfisch gleichen, der seinen (einzigen) Partner im Glas fragt: “liebst du mich?” und als Antwort “wen denn sonst” erhält. Es ist unrealistisch zu glauben, allein die Beziehung zum “richtigen” Partner würde dem bisherigen Partnerverhalten eine totale Wendung geben. Wunschliste und Toleranztest in einem Nachfolgend sind einige Basisdefinitionen von Partnerschaften, wie sie in unserer europäischen Gesellschaft zu Ende des 20. Jahrhunderts gelebt werden, kurz skizziert. Modell “classic” Modell “platonisch” Modell “my lover” Modell “offene Beziehung” Modell “flexible” Modell “pure love” Modell “triangle” Bei diesen Modellbeschreibungen sind nur die sexuellen Verhaltensweisen berücksichtigt, auch wenn andere Ebenen den Charakter einer Beziehung stark prägen können, z. B. Haushaltsform, Kinder, wirtschaftliche Abhängigkeit, Beziehung zur Herkunftsfamilie, Zeitdauer, rechtliches Verhältnis, etc. Diese sind aber meist für sich nicht so explosiv wie das Sexualverhalten. Bewußtheit und Austausch von Wünschen Auch für diese Ebenen gilt: sich seiner Wünsche bewußt zu werden und mit dem Partner ohne Angst vor Verlust darüber zu reden, schafft mehr Klarheit als Unterdrücken und Schweigen. Die Hoffnung, daß es “irgendwie” schon klappen werde, erschöpft sich meist nach Ende der ersten erotischen Spannung oder führt zu einer gegenseitigen Blockade und Abtötung der Liebesfähigkeit nach außen (und innen) durch Alltag und Verpflichtungen. Wenn die Partner einander lieben und dieser Liebe einen Raum schaffen möchten, gelingt dies eher, wenn beide frühzeitig über ihre Wünsche Bescheid wissen und sich darauf einstellen können. Meist zeigt sich, daß der Wunsch nach dem Zusammensein mit einem anderen Menschen, den man liebgewonnen hat, manche der bestehenden Hemmnisse überwindet und neue Lebensmöglichkeiten entdeckt werden. Geschieht dies vor der Entscheidung für eine bestimmte Lebensform, ist die Chance für diese Erweiterung größer als hinterher. Ein Ehemann wird sich schwerer freiwillig auf eine positive Haltung zum Liebhaber seiner Frau durchringen als ein Mann, der seine Wunschpartnerin bereits in Liebesbeziehungen lebend kennenlernt. Verbesserung von Beziehungen als Ziel Für jede Beziehung gilt als erstrebenswertes Ziel ihre Verbesserung. Verbesserung kann aber Abschied von Illusionen bedeuten und neue Formen brauchen, um zu überleben. Dies gilt besonders für die Beratungssituation und erfordert auch vom Berater/Therapeuten ein Maximum an Toleranz, damit er nicht unbewußt dem anderen seine eigene Grenze vorgibt. |
Werner Winkler, Jahrgang 1964, gelernter Schriftenmaler und zur Zeit in der Paracelsus Schule in Stuttgart Teilnehmer bei Dr. Friedmann im Block” integrierte Kurztherapie”. Neben seiner derzeitigen Beschäftigung als Grafiker und Kalligrafielehrer wächst die Zahl seiner Beratungen, in denen er das Gelernte bereits hilfreich einsetzen kann. Da das vorliegende Thema in den Beratungen das häufigste ist, überlegt er, ob er sich nicht als “Beziehungsberater” bezeichnen soll… |