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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 1/1999

Multiple Persönlichkeitsstörung – Dissoziative Identitätsstörung – Teil 2

Cover

Deutsche Paracelsus Schulen Hannover
Facharbeit zur Abschlußprüfung des Studiums zur Psychologischen Beraterin/Psychotherapeutin (HPG)

Teil 2
vorgelegt von:
Heike-Felicitas Kühn
im April 1998
1. Gutachter: Prof. Dr. Ahlborn
2. Gutachter: Dr. paed.Weishaupt

4.0 Anamnese und Exploration

Die Diagnose Dissoziativer Störungen gilt im allgemeinen als ziemlich schwierig, da Multiple eine Fülle unterschiedlichster Symptome aufweisen. Im ersten Gespräch mit der Klientin bewerte ich den Entschluß zu einer psychotherapeutischen Beratung als positiv, da Multiple allgemein sehr mißtrauisch sind. Das Mißtrauen entsteht dadurch, daß sie Außenreizen oft hilflos ausgeliefert sind, sie erleben plötzliche und von ihnen nicht kontrollierbare, oft nicht einmal durchschaubare “Switche”, von “Personen”. Deshalb testen Multiple, bevor sie sich als solche zu erkennen geben, ihr Gegenüber oft sorgfältig und lange aus. Auch erkenne ich als positiv für die Behandlung an, daß die Klientin schon Erfahrung mit anderen Therapeut/-Innen gemacht hat. Die vorhergegangenen Therapien sind im allgemeinen hilfreich, da sie zum einen auf die Funktionalität der Klientin ausgerichtet waren und zum anderen auf die jetzt einsetzende Behandlung vorbereiteten. In der ersten Therapie wurde der frühe sexuelle Mißbrauch erkannt und eine Multiple Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Um diese Diagnosestellung zu überprüfen, versuche ich im Verlauf des diagnostischen Interviews durch einfühlsames Befragen der Klientin, aufmerksames Zuhören sowie intensives Beobachten die evtl. vorhandene “multiple Tarnkappe” zu durchschauen und “Switches” zu erkennen. Denn nur dadurch und durch zusätzliche formelle diagnostische Instrumente kann eine Multiple Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden. Für eine saubere DIS-Diagnose sollte man sich also Zeit lassen und Einzelbeobachtungen nicht überbewerten, weder pro noch Contra. Schließlich müssen nicht alle, die eine Dissoziierungsstörung aufzeigen, auch Multiple sein. Zusätzlich ist es ratsam, die klinischen Instrumente der DE-Skala oder das SCID-D einzusetzen.

Natürlich ist es nicht einfach, so einen Fall zu bearbeiten, wenn wesentliche Voraussetzungen wie das direkte Gespräch und der persönliche Eindruck nicht gegeben sind. Aus den eben genannten Gründen ist es auch unmöglich, nach dem Erstgespräch eine solche Diagnose zu stellen. Tatsächlich kann ich erst dann eine MPS diagnostizieren, wenn ich mit den Alternativpersonen gesprochen habe. Das heißt also, wenn spontan oder bei Aufforderung an mindestens zwei verschiedenen Zeitpunkten immer ein charakteristischer “Wechsel” im Ausdruck, in der Mimik, Gestik, der Stimmlage etc. auftritt, sodaß die andere Person beim nächsten und übernächsten Mal “wiedererkannt” wird, kann man die deutliche Vermutung haben, daß die Betreffende multiple ist. Insofern muß einiges als hypothetisch angenommen werden. Um dem Thema gerecht zu werden, gehe ich – zumindest bis auf weiteres – von der Diagnose der MPS aus und begründe im weiteren Verlauf, wie ich darauf komme.

Also nehme ich an, daß die 23-jährige Frau K. sich in meiner Praxis in einer konzentrierten face-to-face Situation befindet. Während des diagnostischen Interviews achte ich auf eine Veränderung der “Physiologie” (hier im Sinne des NLP gebraucht, d.h. als Konstellation von Wahrnehmungs-, Denk-, Fühl- und Verhaltensmustern, die äußerlich als Mimik, Gestik, Haltung, Atemmuster, Durchblutung etc. beobachtbar wird). Da die Klientin mir gegenüber schon äußerte, daß sie multiple sei, nehme ich nicht an, daß das “System” sich zu sehr gegen Entdeckung zu schützen versucht. Des weiteren kommt es häufig während eines längeren Gespräches zu sog. Beinahe-“Switches”, die durch einen geschulten Beobachter erkannt werden können, auch wenn der aktuelle “Host” eine Unterdrückung versucht.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des diagnostischen Vorgehens ist eine sorgfältige Untersuchung der Klientin auf ihren geistig-seelischen Gesamtzustand sowie den entsprechenden Zustand zu Therapiebeginn, einschließlich der Fragen nach dissoziativen Symptomen. Insbesondere werde ich die Klientin hinsichtlich folgender Bereiche befragen: Amnesien, Fugue-Episoden, Erfahrungen der Derealisation und Depersonalisation, der Identitätskonfusion und/oder Identitätsalteration, Altersregression, autohypnotischer Erfahrungen, dem Hören (innerer) Stimmen und dem Gefühl, von jemand oder etwas innerhalb der Psyche gezwungen zu werden, sich auf uncharakteristische Weise zu verhalten. Um hierbei ein systematisches Vorgehen zu erreichen, und um die Verdachtsdiagnose zu bestätigen oder ggf. zu entkräften, werde ich den SCIDD Fragebogen anwenden. Da die Klientin therapieerfahren ist, sich mir gegenüber als multipel “vorstellte” und Zeit hatte, sich mit ihrer schon gestellten Diagnose auseinanderzusetzen, sehe ich keine Gefahr darin, die sich hoffentlich anbahnende gute Arbeitsbeziehung durch das Gefühl, ausgehorcht zu werden, aufs Spiel zu setzen. Der SCID-D ist ein ausführlich strukturiertes Interview mit einem Zeitbedarf von ca.2 Stdn. Er eignet sich besonders, wenn bereits der Verdacht besteht, es könne eine dissoziative Störung vorliegen, was bei dem Beispiel der Fall ist. Er fragt die Gedächtnislücken ab, die Geschichte der Depersonalisierung und Derealisierung, außerdem geht er auf andere mit dissoziativen Störungen verwandte Symptome ein und erfragt die Alkohol-, Drogen- und organische Krankheitsgeschichte.

Als zusätzlichen Vorteil sehe ich die Länge des Gespräches an, da es für die Klientin unter diesen Voraussetzungen schwieriger ist, ihre “multiple Tarnkappe” aufrecht zu erhalten. Andere Innenpersonen könnten versuchen zu beobachten, was “draußen” geschieht und an der “Gastgeberin” vorbeihuschen, sodaß es zu den “Wechseln” kommen kann.

In den Antworten von Frau K. findet sich bereits der Ansatz für eine mögliche Diagnose. Zur weiteren Exploration erweisen sich die von Ross in seinem Lehrbuch über MPS aufgrund einer Reihe von Studien über multiple “unspezifische” (nicht im engeren Sinne für die Störung typische) Merkmale als hilfreich:

  1. Geschichte von sexueller und/oder körperlicher Mißhandlung in der Kindheit
    • sexueller Mißbrauch durch den Vater und Schwager
  2. Geschlecht weiblich
    • die Klientin ist weiblich
  3. Alter 20-40 Jahre
    • sie ist 23 Jahre alt
  4. Zeitverlust, Gedächtnislücken (blank spells)
    • die Klientin hat große biographische Lücken (Gedächtnisverlust in Bezug auf große Teile ihrer Vergangenheit), sie erinnert sich nicht an die Kindergartenzeit und Einschulung, kann sich auch nicht an den Inhalt der “Spaziergänge” und der “Besuche” bei den “Freunden” des Vaters erinnern
    • sie hat keine Erinnerung daran, wie sie zur Schule oder nach Hause gekommen ist (psychogene Fugue)
    • sie sitzt hilflos vor ihren Schularbeiten und weiß nicht wer, was, wann und warum geschrieben hat
    • es fehlt ihr die Erinnerung an das Gitarrespielen, erinnert sich nur vage daran, Klavier spielen zu können
    • es fehlt ihr oft “Zeit”, sie findet in ihrer Erinnerung keine Erklärung für die vergangenen Stunden oder Tage sie ist überrascht, daß sie an der Orgel einer Kirche sitzt und für den Gottesdienst spielt, sie weiß nicht, wie sie in die Kirche gekommen ist (psychogene Fugue)
    • sie ist überrascht, wenn eine Klausur in der Schule mit einer Eins benotet wurde, sie weiß nicht, welcher “Teil” diese gute Arbeit geschrieben hat
  5. Stimmen im Kopf oder andere Srhneidersche Symptome (=Abgrenzung zur Schizophrenie)
    • Ein wichtiger Unterschied ist, daß Multiple Stimmen im Inneren des Kopfes hören und nicht Stimmen, die von außen zu kommen scheinen
      -> dieser Punkt ist anhand des Fallbeispieles nicht zu klären
    • Gedankenverzerrung, Halluzinationen (paranoide Wahnvorstellungen etc.)
      -> diese Symptome sind bei der Klientin nicht zu erkennen
    • Im sozialen Kontakt völlig unzugänglich sein
      -> ich gehe davon aus, sich mit der Klientin “ganz normal” unterhalten zu können, so daß keine sozialen Unzulänglichkeiten zu erkennen sind
    • Katatonie
      -> dieses Symptom ist bei der Klientin nicht zu erkennen
    • Besserung der Symptome durch Neuroleptika
      -> ob die Klientin Medikamente bekommt oder bekommen hat, ist anhand des Fallbeispiels nicht zu ersehen
      -> ich gehe davon aus, daß sie keine Neuroleptika einnimmt
  6. DSM-III-R-Kriterien für Borderline-Persönlichkeiten werden (fast) alle erfüllt
    Ich zitiere die Borderline-Merkmale aus dem Diagnostischen Handbuch DSM-III-R.
    • Ein Muster von instabilen, aber intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen, das sich durch einen Wechsel zwischen den beiden Extremen der Überidealisierung und Abwertung auszeichnet…
    • Impulsivität bei mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Aktivitäten, z.B. Ladendiebstahl, rücksichtsloses Fahren, Freßanfälle, Sexualität, Substanzmißbrauch und Geldausgeben…
    • Instabilität im affektiven Bereich, z.B. ausgeprägte Stimmungsänderungen von der Grundstimmung zu Depression, Reizbarkeit oder Angst ( Dauer einige Stunden bis Tage, M.H.)…
    • Übermäßig starke Wut oder Unfähigkeit, die Wut zu kontrollieren, z.B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut oder Prügeleien…
    • Wiederholte Suiziddrohungen, -andeutungen oder -versuche oder andere selbstverstümmelnde Verhaltensweisen…
    • Ausgeprägte oder andauernde Identitätsstörung, die sich in Form von Unsicherheit in mindestens zwei der folgenden Lebensbereiche manifestiert: Dem Selbstbild, der sexuellen Orientierung, den langfristigen Zielen oder Berufswünschen, in der Art der Freunde oder Partner oder in den persönlichen Wertvorstellungen…
    • Chronisches Gefühl der Leere oder Langeweile…
    • Verzweifeltes Bemühen, ein reales oder imaginäres Alleinsein zu verhindern.

    Mindestens 5 dieser 8 Kriterien müssen erfüllt sein, damit man von einer Person sagen kann, sie habe eine Borderline-Störung.
    Das Vorhandensein von Borderline-Kriterien ist ein guter Indikator dafür, daß eine Person möglicherweise multipel ist. Zusätzlich müssen natürlich auch andere Voraussetzungen, die ich schon beschrieben habe, erfüllt sein.

    • sehr häufig, allerdings nicht immer, haben Multiple auch eine Borderlinestörung oder zumindest etliche Merkmale, leider gehen für diesen Punkt nicht ausreichend Informationen aus dem Fallbeispiel hervor.
  7. Vorherige psychotherapeutische Behandlungen erbrachten keine substanzielle Besserung
    • über die erste Therapie der Klientin wird nicht viel erwähnt, da sie aber immer noch über Symptome klagt, kann sie nicht ausreichend gewesen sein über die zweite Therapie sagt die Klientin selbst, ihre Befindlichkeit habe sich nicht mehr gebessert
  8. Selhstzerstörerisches Verhalten
    • hierzu geht aus dem Fallbeispiel zu wenig hervor
  9. Keine Gedankenstörung
    • sind nicht zu erkennen
  10. Kopfschmerzen
    • die Klientin klagt über Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen etc.

Die von ROSS genannten Kriterien sind so umfassend, daß sich mit ihrer Hilfe sehr gut vorhersagen läßt, ob jemand Multipel ist.
Mit den durch das SCID-D, den Fragebogen von Michaela HUBER sowie nach den von ROSS genannten Kriterien ermittelten Fakten, ist bereits eine wesentliche Grundlage für die Diagnose geschaffen. Frau K. besitzt auch die vier typischen Grundvoraussetzungen für die Entstehung von MPS: Sie ist als Mädchen auf die Welt gekommen, sie hat eine besondere Fähigkeit zu dissoziieren, hat schwerste Traumata in der frühen Kindheit erlebt und es hat ihr niemand geholfen.
Allerdings kann dies nach den für das Fallbeispiel vorliegenden Angaben lediglich als vermutlich betrachtet werden.

4.1 Verhaltensanalyse

So ein Trauma ist eine schreckliche, überwältigende Erfahrung, der das Kind nicht ausweichen kann, gegen die es nicht ankämpfen kann, die seine bis dahin in einer psychischen Entwicklung gewonnenen Abwehrmöglichkeiten eindeutig übersteigt und eine Todesnäheerfahrung erlebt. Eines der schwersten Traumata ist die Erfahrung sexueller Gewalt, da sie nicht nur psychisch verheerend ist, sondern auch die körperliche Integrität des Kindes zerstört. Das gesamte ICH, das dem Trauma ausgesetzt war, wird mit einer amnestischen Barriere vom Rest der Persönlichkeit abgespalten. Es gibt dann eine “Person”, die das Trauma erlebt hat und eine “Person”, die es nicht erlebt hat. Oft finden solche Identitätsspaltungen bereits während der Traumatisierung aufgrund der Unerträglichkeit des Erlebten statt. So kann es mehrere “Personen” geben, die jeweils nur einen Teil des Traumas erlebt haben.

Der an Frau K. begangene sexuelle Mißbrauch durch den “ältlichen” Vater, und den Schwager, vermutlich aber auch durch andere Personen, überfluteten und traumatisierten sie. Die Bewältigungssysteme eines Kindes sind in diesem Alter noch nicht so stark ausgebildet, um sich selbst “helfen” zu können. Außerdem war “niemand da”, der Frau K. damals rettete, tröstete oder das nicht Verkraftbare gar erklärte. Ein Kind kann, wie schon erwähnt, am höchsten Punkt seines überflutenden Traumas den Hauptabwehrmechanismus, die Dissoziation, um zu überleben, einsetzen. Um seine eigene Identität vor dem Zerfall zu schützen, schafft die Psyche des Kindes eine dissoziative Barriere, es entsteht ein alternatives ICH. Diese alternativen Persönlichkeitsanteile halfen und helfen Frau K., weitere seelische und körperliche Verletzungen zu ertragen.

Da die Mutter im Fallbeispiel nur soweit erwähnt, daß sie ihre Tochter nicht verstand, hat sie ihr vermutlich auch nicht helfen können. Somit wurden die frühen Dissoziationen von Frau K. auch nicht wahrgenommen.

Frau K. oder einige stabile Persönlichkeitsanteile verfügen über gute Selbsthilfefähigkeiten. So suchte sie aus eigenem Antrieb nach therapeutischen Hilfen. Aber auch der Entschluß, wieder zur Schule zu gehen, um das Abitur nachzumachen, bestätigen die Selbsthilfefähigkeiten.
Frau K. leidet unter “Zeitverlusten” und “Erinnerungslücken”. Sie kann sich bis jetzt nicht daran erinnern, was während der “Spaziergänge” mit dem Vater und bei den “Besuchen” seiner “Freunde” geschah. Auch hat sie keine Erinnerung an ihre Kindergartenzeit und Einschulung.
Frau K. schildert ihre Schwierigkeiten im alltäglichen Ablauf. Sie kommt in ihrem Alltagsleben oft in große Streßsituationen, die sich dann auch psychosomatisch bemerkbar machen können. Hierbei gilt, von einem Facharzt eine evtl. organische Ursache abklären lassen. Außerdem gerät sie in Panik, wenn sich ihr jemand in sexueller Absicht nähert. Deshalbist sie bis heute dem Versuch einer Beziehung aus dem Weg gegangen.

4.2 Entwicklungspsychologische Betrachtung

Um sich entfalten zu können, brauchen Kinder die Achtung und den Schutz ihrer Mütter und/oder Väter, die sie ernst nehmen, lieben und ihnen ehrlich helfen, sich zu orientieren. Werden Mädchen statt dessen sexueller Gewalt ausgeliefert und somit verraten, betrogen und manipuliert, so wird ihre körperliche, seelische und geistige Integrität verletzt bzw. zerstört. Die Verletzung bzw. Zerstörung ihrer Integrität äußert sich insbesondere in Verhaltensänderungen oder -auffälligkeiten bzw. psychosomatischen Erkrankungen. Sie glauben, daß ihr Überleben davon abhängt, daß sie aufgezwungener Weise schweigen und das Geheimnis bewahren müssen. So sind sie im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos und entwickeln als Reaktion auf ihre traumatischen Erfahrungen Überlebensstrategien, um diese mit möglichst geringem Schaden zu überstehen, den Kern ihres Selbst und dessen lebenswichtigen Komponenten zu schützen und unverletzt zu erhalten. Jedes Mädchen reagiert unterschiedlich auf ihre sexuellen Gewalterfahrungen und entwickelt eigene Überlebensstrategien, wie z.B. die Spaltung in mehrere Persönlichkeiten. Gemeinsam sind betroffenen Mädchen bestimmte Grundgefühle: Vertrauensverlust, Sprachlosigkeit, Schuldgefühle, Schamgefühle, Ohnmachtsgefühle, Zweifel an der eigenen Wahrnehmung und Angstgefühle (Vergl. Britta Woltereck: Ungelebtes lebbar machen. Donna Vita, 1994).
Die Dissoziation durch andauernde sexuelle Ausbeutung wird zum zentralen Merkmal der Persönlichkeitsstruktur. Diese Kinder und Jugendliche verbergen oftmals mit Erfolg ihre unfaßbare gewalttätige Realität und die damit verbundenen psychischen Probleme bis in das Erwachsenenalter.

5.0 Diagnose

Nach dem ausführlichen Kapitel der Anamnese und Exploration läßt sich nach der internationalen Klassifikation psychischer Störungen eine Verdachtsdiagnose stellen. Verdachtsdiagnose deshalb, da ich anhand eines Fallbeispieles nicht in den persönlichen Kontakt mit der Klientin komme und deshalb einige Fragen offen bleiben.

Bei Frau K. liegt eine dissoziative Persönlichkeitsstörung (multiple Persönlichkeit-ICD 10: F44.81) aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung (F43.1) mit Neigung zur dissoziativen Fugue (F44.1) vor.
Die Behandlung von Frau K. ist dringend erforderlich, da MPS eine schwere Störung der Identität ist. Wie die Klientin selbst berichtet, steht sie unter einem großen Leidensdruck.

Mein Vorschlag einer Behandlungsform ist eine ambulante, hochfrequente Einzelpsychotherapie. Das bedeutet ca. 2 Stunden in der Woche (im Schnitt je 50 Minuten). Die Zahl der wöchentlichen Sitzungen soll den funktionellen Status und die Stabilität der Klientin widerspiegeln.

Eine Psychotherapie mit einer Multiplen dauert mit Sicherheit mehrere hundert Therapiestunden. Realistisch sind 4 – 8 Jahre.
Die Psychotherapie multipler Persönlichkeiten erfordert ein schulenübergreifendes Vorgehen. Elemente aus tiefen-psychologisch fundierten Psychotherapieformen ebenso wie Hypnose und Körpertherapieformen bis hin zu verhaltenstherapeutischen Elementen sind wichtig und sinnvoll zu kombinieren.

Fortsetzung in Heft 2/1999

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