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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2012

ExpertenTipp: Therapie-Erfolg durch aktive Kommunikation mit den Patienten

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Recht in der Praxis

© japolia - Fotolia.comDie Behandlung von Menschen mit zivilisationsbedingten Erkrankungen stellt den Heilpraktiker vor besondere Herausforderungen: Die angezeigte Ordnungstherapie erfordert ein erhebliches Maß an aktiver Mitarbeit des Patienten. Diese Compliance verlangt dem Patienten neben der korrekten und regelmäßigen Einnahme von Medikamenten auch ein verändertes Bewegungs- und Ernährungsverhalten ab. Der Heilpraktiker kann mit seiner Therapie in der Praxis nur einen Teil der notwendigen Behandlung leisten. Daher muss er den Patienten motivieren und konkret anleiten, seinen Teil des Heilungswegs selbstständig zu gehen. Gelingt diese Zusammenarbeit, sind spektakuläre Therapieergebnisse möglich. Der Patient muss begreifen, dass er selbst seinen Gesundheitszustand beeinflussen kann (Aspekt der Salutogenese). Der gefährliche Stressor des eingeschränkten Handlungsspielraums mit seiner depressiven Qualität macht gesundem Optimismus Platz. Dies wirkt zusätzlich gesundheitsfördernd.

Die drei Phasen des Entscheidungs- und Therapieprozesses

Phase I

Der Patient sucht den Heilpraktiker zur Lösung seines gesundheitlichen Problems auf.

Phase II

Der Patient erlebt, dass er neben kostenpflichtigen, zeit- und organisationsaufwendigen Praxisbesuchen erhebliche Eigenleistungen erbringen muss: die Änderung von Gewohnheiten. Je subjektiv schwieriger dies ist und (unerwartet) länger, und je schleppender die angestrebten Ergebnisse dauern, desto größer die Wahrscheinlichkeit des Therapieabbruchs. In dieser Widerstandsphase (analog zum Stressmodell von Hans Selye) entscheidet sich, ob und in welchem Umfang er an der notwendigen Beteiligung zur Erreichung seiner eigenen Therapieziele mitwirken will. Kleinste Schritte, wie nur noch ein halbes Stück Kuchen täglich (Diabetiker) oder alle drei Tage ein 20-minütiger Spaziergang, müssen vom Heilpraktiker als Erfolgserlebnis verstanden und gewürdigt werden. Die Phase II ist für beide Seiten anstrengend.

Phase III

Der gegen seine notwendige Mitarbeit Widerstand leistende Patient will seine bisherigen Gewohnheiten nicht (weiter) ändern. Entweder entscheidet er sich für eine Minimaltherapie (z.B. medikamentöse Intervention), zu der er möglichst wenig beitragen muss, oder er bricht die Behandlung ganz ab. Der „geläuterte“ Patient hingegen erfährt aufgrund erster, vielleicht messbarer Erfolgserlebnisse wie Gewichtsabnahme oder Verbesserung von Laborparametern, dass er über Veränderungen seiner bisherigen Lebensweise einen erheblichen Einfluss auf sein Befinden und Aussehen hat. Dauerte die Phase II viele Monate, ist der Heilpraktiker zu diesem Zeitpunkt erstmals selbst entlastet und kann seinen Patienten von nun an eher partnerschaftlich als paternalistisch begleiten: In Fortsetzung eines erfolgversprechenden Therapieprozesses.

Wie erreicht der Patient effizient Phase III und führt die Behandlung fort?

Patientenziele auflisten, gemeinsam priorisieren und festlegen, woran der Patient konkret erkennt, dass er sich seinem Ziel nähert. Diese Checkliste ist die rationale Begründung für den Patienten, warum er sich für eine Behandlung entschieden hat und die inhaltliche Legitimation des Heilpraktikers. Damit kann der Patient immer wieder motiviert werden, z.B. mehr Gemüse zu essen, seine Couch zu verlassen etc. Plus Angabe realistischer Zeithorizonte mit Meilensteinen (Erreichung von Teilzielen), ohne sich auf Heilversprechen einzulassen.

Mit dem Patienten seine Vorstellung vom Therapieprozess ergründen und auf eine realistische Basis stellen. Genaue Aufklärung über sämtliche zur Zielerreichung erforderlichen Compliance-Details. Der Patient muss Art, Inhalt und Umfang seiner Mitarbeit kennen und umsetzen können, sonst hat früher oder später sein Heilpraktiker den Schwarzen Peter des Misserfolgs.

Autonomie fördern. Hinweis an den Patienten, dass er dauernd selbst über die formale (regelmäßige Praxistermine) und inhaltliche Fortführung seiner Behandlung (Umsetzung erforderlicher ordnungstherapeutischer Elemente) entscheidet und damit den Therapieerfolg entscheidend beeinflusst. Freiwillige sind erfolgreicher und nachhaltiger zu behandeln und zufriedenere Patienten.

Drei Interventionsebenen bei Widerständen in Phase II

  • Beziehungsaspekte erkennen und thematisieren
  • Paul Watzlawick benennt mit seinem 2. Kommunikationsaxiom den Vorrang des Beziehungsaspekts vor dem Inhaltsaspekt im zwischenmenschlichen Austausch. Dies gilt auch für die professionelle Beziehung zwischen Patient und Heilpraktiker.
  • Beziehungsbasierte Legitimation. Wer ist der Heilpraktiker für den Patienten – einer, der ihm sagt, was er zu tun oder zu lassen hat (wie Eltern oder Chef)?

Welche Gültigkeit haben damit Therapieanweisungen des Heilpraktikers für ihn?

Ist naturheilkundliche Kompetenz ein Schlüssel zum Patienten oder die an seiner Genesung interessierte und ihn motivierende Person des Heilpraktikers?

Sprachliche Unschärfe und gefühlte Probleme erkennen und lösen

Der ebenfalls von Watzlawick stammende Satz, wahr sei nicht, was A sage, sondern was B verstehe, zielt auf verschieden verstandene Inhaltsaspekte hin, die zu Missverständnissen führen. Wie ernährt sich ein Patient tatsächlich, der dies als „gesund“ bezeichnet (Ernährungstagebuch führen lassen)?

Innerhalb der vertrauensvollen, nicht auf Verschmelzungstendenzen beruhenden Patientenbeziehung eine Haltung von Distanz und Misstrauen kultivieren: Entspricht die berichtete Mitarbeit der tatsächlich erfolgten? Zum Beispiel einen Schrittzähler zur (eigenen) Kontrolle der tatsächlichen Bewegung verordnen.

Leidet der Patient objektiv unter seiner genannten Schlaflosigkeit oder subjektiv unter etwas Unbekanntem, Ängstigenden (Schlaftagebuch zur Ermittlung der Wachphasen führen lassen)? Der Heilpraktiker kann kaum helfen, wenn er nicht an realen Gegebenheiten ansetzen kann.

Der Patient ist eigentlich ganz anders. Die in der Praxis gemeinsam besprochene Vorgehensweise wird torpediert durch innere Prozesse, Ängste, Glaubenssätze oder Antreiber, die in Widerspruch zu seinen Zielen stehen. Solche psychologischen Umkehrungen können mit einer Vielzahl Techniken behandelt und gelöst werden. Oder sein Umfeld sträubt sich gegen seine Veränderungsbestrebungen.

Eine häusliche oder berufliche Konstellation als Mitursache seiner Erkrankung erfordert vielleicht eine soziale Therapie.

Rational betrachtet sucht ein Mensch einen anderen auf, damit dieser ihm helfe, Gesundheitsziele zu erreichen. Paradoxien menschlichen Verhaltens und Erlebens zeigen sich an inneren, zwischenmenschlichen oder weiteren Widerständen, die die Gesundung des Patienten stören. Können diese nicht gelöst werden, muss der Heilpraktiker seine Vorgehensweise anpassen oder diesen frustrierenden Behandlungsversuch zur eigenen Burnout-Prävention von sich aus beenden. Wird das medizinisch Mögliche jedoch gemeinsam erreicht, bleibt der Patient der Praxis zur etwaigen Nachsorge treu und wird gern Weiterempfehlungen aussprechen.

Swantje KallenbachSwantje Kallenbach
Heilpraktikerin und Coach

praxiskallenbach@email.de

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