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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2012

Lymphdrainage – Tiefenwirkung durch “Reinigung” des Gewebes

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© Kzenon - Fotolia.comDie Lymphdrainage ist eine der sanftesten aller Massagen, die eine tiefenwirksame Reinigung des Bindegewebes ermöglicht: Sanfte, streichend kreisende Massagegriffe fördern den Fluss der Lymphe und damit die Ausscheidung belastender Ablagerungen aus dem Gewebe.

In den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte der dänische Physiotherapeut Dr. Emil Vodder mit seiner Frau die Grundlagen der manuellen Lymphdrainage, einer Therapieform, welche die spezifische Anatomie und große Bedeutung des Lymphgefäß-Systems aufgreift und nutzt.

Das Lymphsystem

Als lymphatisches System wird die Gesamtheit des aus mehreren Anteilen bestehenden lymphatischen Gewebes bezeichnet. Neben dem Adernetz der feinen Lymphbahnen und den Lymphknoten gehören zu diesem System auch alle Organe, die Abwehrstoffe (Lymphozyten) bilden können: rotes Knochenmark, Mandeln, Milz, Thymus und Lymphfollikel, z.B. in der Darmschleimhaut.

Damit dienen die Lymphbahnen zum einen der Ausleitung von Ablagerungen aus dem Gewebe und so der inneren Reinhaltung des Körpers. Zum anderen schützen die genannten weiteren lymphatischen Organe durch die Bildung der Abwehrstoffe vor Krankheitserregern.

Lymphe

Durch den Austritt von Blutplasma aus den Blutkapillaren in den Zwischenzellbereich entsteht Gewebsflüssigkeit; aus dieser bildet sich Lymphe.

Bei einem Erwachsenen gelangen täglich etwa 20 Liter Flüssigkeit aus dem Blut ins Gewebe. 16-18 Liter werden von hier wieder über den Blutkreislauf ausgeleitet. Aus den verbleibenden 2-4 Litern entsteht die Lymphflüssigkeit. Sie muss von den Lymphkapillaren aus dem Gewebe aufgenommen werden.

Lymphflüssigkeit besteht aus folgenden Anteilen: Lymphplasma (Wasser, Elektrolyte), Lymphozyten (weiße Blutkörperchen) und – besonders wichtig im Zusammenhang mit Lymphdrainage – der sogenannten lymphpflichtigen Last.

Unter lymphpflichtiger Last versteht man großmolekulare, zum Teil belastende Stoffe, die nicht über das Blut, sondern mit der Lymphflüssigkeit über die Lymphbahnen aus dem Gewebe abtransportiert werden.

Zur lymphpflichtigen Last gehören:

  • Überreste von bereits verwerteten Proteinen, Enzymen, Hormonen
  • Schlackestoffe, Stoffwechsel-Abbauprodukte
  • Erreger (Bakterien, Viren, Pilze)
  • langkettige Fettsäuren
  • Fremdstoffe, Gifte
  • Zellen, Zellreste
  • Wasser

Mit der Ausleitung dieser Stoffe aus dem Gewebe zeigt sich die große Bedeutung des Lymphgefäßsystems für die Reinigung und Gesunderhaltung des Körpers.

Lymphbahnen

2012-05-Lymph2Mit der Funktion eines Drainagesystems durchdringen Lymphgefäße den gesamten Körper. Ausnahmen bilden das Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark), Knochen- und Knorpelsubstanz und natürlich Haare und Nägel.

Lymphbahnen schließen keinen Zyklus wie das Adernetz des Blutes, sondern bilden einen „Halb-Kreislauf“: Das heißt, sie beginnen frei als feinste Lymphkapillare im Zwischenzellbereich des Gewebes, vereinigen sich zu Leitgefäßen, die in Transportgefäße und schließlich in zwei Lymphstämme münden. Die Lymphe fließt nur in eine Richtung: aus dem Gewebe zum Herzen. Die beiden Haupt- Lymphstämme des Körpers ergießen sich vor dem Herz an den Verbindungsstellen je zweier Venen – den sogenannten Venen-Winkeln – in den Blutkreislauf. Die aufgenommene Lymphe des gesamten Körpers wird hier wieder dem Blut zugeführt.

Mit dem Blut wird die Lymphe zur Leber weitergeleitet, damit die lymphpflichtige Last hier verstoffwechselt werden kann. Das heißt, die antransportierten Schlackestoffe werden so umgewandelt, dass sie mit dem Blut zu Niere und Darm gelangen und von dort ausgeschieden werden können.

Lymphknoten

2012-05-Lymph3Der Körper besitzt etwa 600-700 Lymphknoten, deren Gesamtgewicht ungefähr 100 Gramm beträgt. Allein in der Hals-Rachen-Region – dem sogenannten lymphatischen Rachenring – befinden sich 100-200 Knoten. Lymphknoten sind fest in den Lymph-Halbkreislauf integriert; die Adern des Lymphgefäß-Systems führen durch die Knoten wie durch Filterstationen hindurch.

Ein Lymphknoten ist ca. 2-30 mm lang und bohnenförmig. Er besteht aus einer Kapsel aus straffem Bindegewebe, in der sich ein engmaschiges Lymphader-Flechtwerk befindet. Mehrere feine, zuführende Gefäße bringen die Lymphe ins Knoteninnere, einzelne stärkere, ableitende Lymphbahnen führen die Lymphe aus dem Knoten hinaus und auf dem Weg durch den Körper weiter.

Lymphknoten dienen der teilweisen Reinigung der Lymphe von Stoffwechsel-Abbauprodukten, Krankheitserregern, Schadstoffen und Zellfragmenten. Des Weiteren erfüllen Lymphknoten mit der Bildung von Abwehrstoffen eine wichtige Aufgabe für das Immunsystem.

2012-05-Lymph4Darüber hinaus helfen Lymphknoten, das Flüssigkeitsgleichgewicht im Körper aufrecht zu erhalten, da sie die Fähigkeit besitzen, Lymphe zurückzuhalten, sie zu speichern oder bei Bedarf dem Körper zur Verfügung zu stellen.

Lymphdrainage

Sanfte, streichend kreisende bzw. pumpende Massagegriffe entlang den Lymphbahnen – immer in Lymphflussrichtung – und auf den Lymphknoten fördern den Fluss der Lymphe und damit die Ausleitung von belastenden Ablagerungen und überschüssigem Wasser aus dem Gewebe.

Kontraindikationen

Vor einer Lymphdrainage muss das Vorliegen folgender Erkrankungen ausgeschlossen sein, damit durch die Anwendung der Massagegriffe und die damit verbundene Bewegung des Gewebes und der Lymphflüssigkeit keine negativen gesundheitlichen Folgen entstehen:

  • ausgeprägte Arteriosklerose, Gefäßaussackungen oder -verengungen, Thromboseneigung, Blutgerinnungsstörungen, Zustand nach einem Blutgerinnsel in den Venen
  • starke Herzschwäche, Wasseransammlungen in den Beinen aufgrund einer Herzerkrankung
  • Krebserkrankung
  • akute Entzündungen
  • akute allergische Reaktion

Wirkung

2012-05-Lymph5Lymphdrainage vermehrt die Aufnahme von Lymphflüssigkeit aus dem Bindegewebe in die Lymphkapillare, steigert die Lymphmotorik in den Transportgefäßen und verbessert so den Lymphfluss.

Durch die erhöhte Aufnahme der lymphpflichtigen Last aus dem Gewebe und die Entlastung des Organismus von zu viel Wasser, unterstützt Lymphdrainage wirkungsvoll die Reinigung und damit Gesunderhaltung des Körpers. Mit der Ausleitung von Ablagerungen kann eine verbesserte Ver- und Entsorgung der Zellen und damit die Vitalisierung des Gewebes, die Klärung der Haut und die Entspannung von verhärteter Muskulatur erreicht werden.

Den möglichen Folgen einer Übersäuerung oder Verschlackung des Körpers, wie z.B. Gelenkschmerzen, Allergien, chronischen Entzündungen, Magen- und Darmbeschwerden, Kopfschmerzen, Verspannungen oder Hauterkrankungen, kann entgegengewirkt werden.

Der langsame Massagerhythmus kann zur Entspannung und Entkrampfung der Muskulatur und damit zur Linderung von Schmerzen verspannter Körperbereiche führen.

Es ergeben sich so folgende Anwendungsgebiete für die Lymphdrainage:

  • Hauterkrankungen (Unreinheiten)
  • Schwellungen
  • Gelenkbeschwerden
  • Muskelschmerzen, Verspannungen
  • Kopfschmerzen
  • Cellulite

Übersäuerung des Gewebes und deren Folgen

Neben der Unterstützung von Heilungsprozessen im Körper kann durch die Ausleitung belastender Ablagerungen aus dem Gewebe Neuerkrankungen vorgebeugt werden.

Durch Langsamkeit, Leichtigkeit und Sanftheit der Lymphdrainage kann es zu einer beruhigenden Wirkung auf das vegetative (autonome) Nervensystem kommen. Der Körper erfährt eine ausgeprägte Ruhe- und Regenerationsphase.

Regelmäßige Behandlungen können stressund anspannungsbedingte Gesundheitsstörungen – z.B. Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, chronische Erschöpfungszustände oder Schlafprobleme – mildern.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Lymphdrainage neben der klassischen Anwendung im Bereich der Ödemtherapie eine tiefenwirksame „innere Reinigung“ des Körpers mit weitreichenden positiven Auswirkungen auf Bindegewebe, Haut, Nervensystem, Muskulatur und Gelenke erreichen kann.

Dorothée Grotmann Dorothée Grotmann
Heilpraktikerin und Dozentin für Lymphdrainage an den Paracelsus Schulen

dorothee.grotmann@lavara.de

Literaturempfehlungen

  • Clees, Ernstwalter: Lymphdrainage, Droemer Knaur, 2000
  • Földi, Michael und Stößenreuther, Roman: Grundlagen der manuellen Lymphdrainage, Urban & Fischer, München,1999
  • Kasseroller, Renato: Kompendium der Manuellen Lymphdrainage nach Dr. Vodder, Karl F. Haug Fachbuchverlag, 2002
  • Wittlinger, Hildegard und Wittlinger, Günther: Lehrbuch der Manuellen Lymphdrainage nach Dr. Vodder, 3 Bde., Bd.1, Grundlagen, Karl F. Haug Fachbuchverlag, 1996
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