Übersicht dieser Ausgabe    Alle Paracelsus Magazine

aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2012

Schein&Sein – Lügen der Lebensmittelindustrie

Cover

© M.Rosenwirth - Fotolia.comWir haben uns fast schon daran gewöhnt: Ein Lebensmittelskandal folgt auf den Nächsten. Einmal ist es Gammelfleisch, das an Döner- Hersteller verkauft wird. Dann findet sich auf der Fertigpizza Käse, der gar kein Käse ist, sondern sogenannter Analogkäse aus Pflanzenfett. Auch Kochschinken ist oft nicht ein gewachsenes Stück Fleisch, sondern immer häufiger minderwertige Fleischreste, die mit verschiedenen Klebestoffen wie Soja oder Stärkegel in einen „Schinken“ verwandelt werden. Mit Dioxin belastete Futtermittel für „Nutztiere“ gelangen in die Nahrungsmittelkette und vergiften damit auch uns Menschen – 2011 hatten wir in Deutschland wieder einen Dioxin- Skandal. Als aufgeklärte Verbraucher lehnen wir Eier aus Käfighaltung ab, kaufen Eier nur aus Bio- oder mindestens Freilandhaltung. Die Lebensmittelindustrie verwendet jedoch weiter Eier aus Käfighaltung für ihre Produkte. Die bisherige Käfighaltung ist zwar in der EU ab 2012 verboten, aber eigentlich nur umbenannt in „Kleingruppenhaltung“ – die Hühner sitzen nach wie vor in kleinen Käfigen. Oder der Nahrungsmittelkonzern importiert gleich die billigeren Eier aus Nicht-EU-Ländern, in denen Käfighaltung nach wie vor in großem Stil praktiziert wird. Gleich zu Beginn des Jahres 2012 kochte wieder einmal das Thema „Antibiotika in der Hühnermast“ hoch: Dadurch, dass den Hühnern viel zu lax und zu freigiebig verschiedene Antibiotika verabreicht werden, die wir dann über den Verzehr des Hühnerfleisches aufnehmen, können im Fall des Falles Antibiotika u.U. bei uns nicht mehr wirken, da wir Resistenzen entwickelt haben.

Die Liste ließe sich endlos fortschreiben: kaum ein industriell hergestelltes Lebensmittel, in dem sich z.B. in der Zutatenliste keine „Citronensäure“ findet. Ursprünglich wurde diese in der Tat aus Zitrusfrüchten gewonnen. Heutzutage wird sie hingegen z.B. aus Mais hergestellt, der mithilfe von Schimmelpilzen fermentiert wird. In der EU ist die Verwendung der Citronensäure zur Konservierung und Säuerung unbegrenzt erlaubt – sie trägt eine der vielen E-Nummern: E330. Wenn auch nicht bewiesen ist, dass Citronensäure krebserregend sein kann, so fördert sie jedoch z.B. durch den häufigen Konsum von citronensäurehaltigen Erfrischungsgetränken, die auch sehr viel Zucker enthalten, Karies. Durch den Herstellungsprozess können außerdem bei Schimmelpilzallergikern allergische Symptome ausgelöst werden. Mit Zitronen hat die Citronensäure jedenfalls heutzutage nichts mehr zu tun. Chemische Verdickungsmittel, künstliche Aromen, Emulgatoren, chemische Farbstoffe, Geschmacksverstärker – naturbelassene Lebensmittel ohne Chemiecocktail sind kaum noch zu finden. Wen wundert es da, dass Allergien immer häufiger werden – von anderen, viel ernsteren Erkrankungen ganz zu schweigen.

Bei unserer heutigen Lebensweise und allein aufgrund der Tatsache, dass die meisten Menschen in Städten wohnen, ist es natürlich nicht möglich, dass sich jeder sein Gemüse im eigenen Garten zieht und ein paar freilaufende glückliche Hühner hält. Auch wenn viele Supermärkte inzwischen Bio-Produkte anbieten, so sind diese meistens erheblich teurer als konventionell hergestellte Lebensmittel. Viele Verbraucher greifen daher dann doch zur Nicht-Bio-Ware – Essen soll ja billig sein …

Immerhin ist es für gesundheitsbewusste Menschen möglich, sich über gute oder aber nicht empfehlenswerte Lebensmittel und deren Inhaltsstoffe zu informieren. Häufig genügt ein Blick auf die – meist winzig klein gedruckte – Zutatenliste von Fertigprodukten, um diese dann gar nicht erst zu kaufen. Sogenannter Etikettenschwindel ist leider häufig. Nicht alles, was gesund klingt, ist es auch. Es lohnt sich insbesondere, bei unabhängigen Institutionen im Internet nachzulesen. So deckt das Internetportal www.foodwatch.de regelmäßig Werbelügen und Lebensmittelskandale auf. Jeder Verbraucher kann dann entscheiden, ob er die angeprangerten Produkte weiterhin kauft oder nicht.

Wenn es schon schwierig ist, sich selbst so gesund wie möglich zu ernähren, wie sieht es dann mit der Fertignahrung für unsere Haustiere aus? Die allgegenwärtige Werbung im Fernsehen, den Printmedien und im Internet vermittelt uns, was Katzen angeblich kaufen würden und welches Futter Hunde glücklich macht. Auch beim Tierfutter würde ein Blick auf die Aufzählung der Inhaltsstoffe meistens ausreichen, um die Packung oder Dose gleich wieder zurück ins Regal zu stellen. Fleischfresser wie Hunde und Katzen erhalten mit den meisten Industriefuttersorten keine artgerechte Ernährung. Seien wir doch einmal ehrlich: Wer kann allen Ernstes glauben, dass in einer großen Dose Hunde- oder Katzenfutter, die ein paar Cent kostet, als Hauptbestandteil Fleisch enthalten ist? Auch wenn das Etikett vorspiegelt, dass Fleisch enthalten ist, und auch wenn das Futter wie Fleischbrocken aussieht. Siehe das Thema Kochschinken für den menschlichen Verzehr – es ist heutzutage gar kein Problem, Zutaten mittels chemischer Stoffe anders aussehen und riechen zu lassen, als das, was sie wirklich sind.

Unsere Haustiere müssen das fressen, was wir Menschen ihnen vorsetzen. Daher liegt es in unserer Verantwortung, uns aus anderen Quellen als der Werbung über die Inhaltsstoffe des Tierfutters zu informieren. Man könnte sich in einen Tierfutterladen begeben und einige Stunden lang Dose um Dose und Packung um Packung auf ihre Zutaten hin überprüfen (Lupe nicht vergessen – aus gutem Grund ist die Schrift meist winzig klein). Einfacher ist das im Internet. Auch hier wird man hinsichtlich der Zutaten fündig, wenn man lange genug sucht, und kann dann eine sinnvolle Entscheidung treffen: ein Futter mit hohem Anteil an echtem Fleisch und nur solchen sogenannten tierischen Nebenprodukten, die Hund oder Katze auch zu sich nehmen würden, wenn sie ein Beutetier verzehren. Getreide oder gar Getreidemehle an erster Stelle der Zutatenliste, Zellulose, Zucker, Tierfett (Dioxin-Skandal 2011!), Tiermehle (googeln Sie das mal …) – all dies ist nicht artgerecht und führt häufig bereits in jungen Jahren zu Krankheiten.

Hat das Tier hingegen bereits ein Gesundheitsproblem wie z.B. eine Allergie, Verdauungsstörungen oder Gelenkprobleme, wird häufig der Tierarzt um Rat gefragt. Der hat fast immer das „passende Futter“ praktischerweise gleich parat. Ein international bekannter großer Hersteller von Hunde- und Katzenfutter meldete kürzlich einen „Durchbruch“ in seiner Forschung und brachte ein neues Hundefutter für Tiere mit Futtermittelunverträglichkeit auf den Markt – nur beim Tierarzt erhältlich. Hauptbestandteile: Maisstärke und hydrolysiertes (aufgeschlossenes) Federmehl! Bei Verdacht auf eine Futtermittelunverträglichkeit solle dieses Futter lebenslang gefüttert werden. Die armen Hunde! Was hier groß als Durchbruch angepriesen wird, enthält nicht nur für die artgerechte Hundeernährung ungeeignete Inhaltsstoffe plus Konservierungsmittel und Antioxidantien – es ist auch noch wahnsinnig teuer. Die Zutaten hingegen dürften wahnsinnig billig zu haben sein.

Auszugsweises Zitat aus dem Schweizer Futtermittelkatalog zum Thema „Federmehl hydrolysiert“: „Federmehl wird aus Federn gewonnen, die bei der Geflügelschlachtung anfallen. Geflügelfedern bestehen hauptsächlich aus Keratin, einem im nativen Zustand nahezu unverdaulichen Protein. […] Die minderwertige Proteinqualität des Federmehls lässt generell nur einen sehr begrenzten Einsatz in Futterrationen zu. Beim Schwein ist Federmehl unbeliebt; am ehesten kommt die Verfütterung an Geflügel infrage. Federmehl fällt unter das seit dem 1. Januar 2001 in der Schweiz (und anderen Ländern) geltende Tiermehlfütterungsverbot für alle Nutztiere.“

Aha – für die Herstellung von Nutztiernahrung ist das Federmehl also nicht geeignet. Wohin also nun mit diesem billigen Abfallprodukt? Man nehme Maisstärke, ein paar Öle, Fettzugaben – und schon hat die Forschungsabteilung des großen Herstellers ein neues Hundefutter für Allergiker kreiert. Da dies nun über Tierarztpraxen vertrieben werden soll, müssen die Veterinärmediziner erst einmal „angefüttert“ werden. Dazu eignen sich Tierärztetagungen, auf denen der Futterhersteller als Sponsor fungiert und passenderweise auch gleich Workshops anbietet, z.B. „Tierarzt oder Unternehmer – gut beraten beim Verkauf!“ – demnächst ein Thema auf einer Fortbildungsveranstaltung für Tierärzte. In der Einladungsbroschüre für die genannte Tierärzte-Fortbildung prangt dann auch gleich eine ganzseitige Anzeige zu dem neuen „Allergiker-Futter“ aus Federmehl. Die Tatsache, dass Tierärzte ihr „Wissen“ über Tierernährung bereits während des Studiums u.a. durch die großen industriellen Futtermittelhersteller vermittelt bekommen, schildert auch Hans-Ulrich Grimm in „Katzen würden Mäuse kaufen – Schwarzbuch Tierfutter“. Bei den Fortbildungsveranstaltungen geht es dann mit Sponsoring und Vorträgen der Konzerne weiter.

Dies soll nun wahrlich keine Verunglimpfung von Tierärzten sein – jeder Tierhalter braucht irgendwann die Fachkompetenz eines Tierarztes. Doch sollten wir alle kritischer in unserem Kaufverhalten sein. Dies gilt umso mehr für uns, die wir im Gesundheitswesen tätig sind, hinsichtlich unserer Empfehlungen für Patienten – egal, ob es sich um Nahrung für Menschen oder Vierbeiner handelt. Jeder muss mit seinem Beruf seinen Lebensunterhalt verdienen, doch reine Profitgier jenseits jedweder Ethik kann üble Folgen haben – auch das haben wir auf anderem Gebiet in den vergangenen Jahren schmerzvoll erleben müssen und leiden noch immer an den Nachwirkungen.

Schein und Sein sind heutzutage mehr denn je zwei grundverschiedene Dinge – nicht nur in der Politik. Lassen wir uns nicht von der Werbung verdummen. Und lassen gerade wir als Befürworter und Anwender von Naturheilverfahren uns nicht blind vor den Karren der großen Nahrungsmittelkonzerne – sei es für Mensch oder Tier – spannen.

Marlies Ludwig-Bansemer Marlies Ludwig-Bansemer
Tierheilpraktikerin

marliesludwig@alice.de

zurück zur Übersicht dieser Ausgabe
Paracelsus SchulenWir beraten Sie gerne
Hier geht's zur Paracelsus Schule Ihrer Wahl.
Menü