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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2012

Fallstudie aus der Naturheilpraxis: Reizdarmsyndrom

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© Adam Gregor - Fotolia.comPatientin: 36-jährige Managerin

In der Naturheilpraxis findet man beim Reizdarmsyndrom in sehr vielen Fällen eine Nahrungsmittelallergie vom verzögerten Typ, die entweder durch IgG oder dessen Subklasse IgG4 vermittelt wird. Bei dieser Reaktion handelt es sich nicht um dasselbe wie eine Typ-1-Sofortallergie, bei der IgE-Antikörper gebildet werden. Hier sind die Unterschiede:

Typ-I-IgE Typ-III-IgG
Reaktion in Minuten Reaktion dauert bis zu 72 Stunden
Klassische Allergiesymptome Unspezifische  Symptomatik
IgE-RAST positiv IgE-RAST negativ
TH-2 Shift TH-1 Shift

Bei der Typ-III-Allergie gegen Nahrungsmittel kann man zwei Formen voneinander unterscheiden: Bei der Vermittlung durch IgG kommt es eher zu unspezifischen Reaktionen wie z.B. Kopfschmerzen, „funktionellen“ Magen- bzw. Darmstörungen, chronischer Sinusitis, Muskel- und Gelenkbeschwerden oder psychischen Alterationen. Wird die Immunreaktion durch IgG4 vermittelt, dann führt dies häufig zu einem Beschwerdebild wie bei einer klassischen Typ-I-Reaktion bzw. zur Verstärkung der klinischen Symptome einer solchen. In der Praxis kann man in vielen Fällen feststellen, dass beide Formen auch zu zum Teil heftigen Reaktionen im Darm führen können.

Anamnese

Die 36-jährige Managerin leidet seit ca. zwei Jahren an zum Teil sehr unangenehmen Darmsymptomen. Im Vordergrund stehen einerseits ein Wechsel aus Durchfall und Verstopfung, aber auch schmerzhafte Darmtenesmen, die im Extremfall dazu führen, dass die Patientin nicht zur Arbeit gehen kann. „Es schmerzt wie ein Messer im Bauch“, so beschreibt sie die Symptome beim ersten Termin in meiner Praxis.

Nebenbefundlich klagt sie über Durchschlafstörungen mit Erwachen gegen 2 Uhr morgens und über eine „Triefnase“.

Ihr Hausarzt hat sie zum Gastroenterologen überwiesen, der bei ihr zuerst einen H2-Atemgastest auf Lactose- bzw. Fructoseintoleranz durchgeführt hat. Da dieser ergebnislos verlief, wurde eine Gastro-Duodeno bzw. Coloskopie durchgeführt.

Aufgrund der Befundlosigkeit wurde der Patientin nahe gelegt, einmal einen Psychiater aufzusuchen.

Diagnose

Ein in meiner Praxis durchgeführter Prä-Screen Kombi®, bei dem Reaktionen sowohl gegen IgG als auch IgG4-Antikörpern untersucht werden, ergibt eine deutliche IgG-Reaktion u.a. gegen glutenhaltige Getreide, Kasein und einige Obstsorten. Nach meiner Erfahrung ist die Durchführung einer entsprechenden Diät als alleinige Therapiemaßnahme oft nicht zielführend, weil hier die Gefahr neuer Sensibilisierungen besteht. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Ursache der Typ-III-Allergie eine Permeabilitätsstörung der Dünndarmmucosa ist, das sogenannte Leaky-Gut-Syndrome. Wird dieses nicht adäquat behandelt, dann stellen sich gegen die neu verwendeten Lebensmittel (z.B. Soja- statt Kuhmilch) nicht selten ebenfalls Allergien ein. Im Rahmen der Ernährungsumstellung bei einer Typ-III-Allergie wird in meiner Praxis in aller Regel begleitend eine medikamentöse Abdichtung der Dünndarmmucosa durchgeführt.

Therapie

Folgende Medikation wird von mir verordnet:

  • Synerga® Liquidum „Laves“
  • SPECIOL® spag. Peka Tropfen „Pekana“
  • Hoch dosierter, hypoallergener Vitamin-BKomplex (Vitamin B1-B6 jeweils 50 mg, alle weiteren Vitamine des B-Komplexes wie Folsäure, Vitamin B12, Cholin, Inosit oder PABA sind ebenfalls enthalten).
  • In den ersten fünf Wochen der Ernährungsumstellung zweimal wöchentlich eine intramuskuläre Injektion mit Colibiogen® Inject Ampullen „Laves“ und Vitamin B12-forte-Ampullen „Hevert“.

Innerhalb der ersten zwei Wochen stellt sich eine deutliche Symptomverbesserung ein, bei der Verschlechterungen nur unter Diätfehlern auftreten.

Nicht nur die Darmsymptome verschwinden, auch das Durchschlafen klappt, allerdings mit einigen Rückschlägen. Für die Patientin völlig überraschend stellt auch die „Triefnase“ ihre störende Tätigkeit ein.

Die Verbesserung der Schlafstörungen erklärt sich daraus, dass die Typ-III-Allergie durch Aktivierung der Indolamin-2,3-Dioxigenase bei manchen Betroffenen zu einer verminderten Serotoninsynthese führen kann. Acetyl- Serotonin ist die biochemische Vorstufe von Melatonin, das zum Schlafen benötigt wird. Speziell beim Symptom „Erwachen gegen 2 Uhr“ kann man zwar auch an die Leber denken (Maximalzeit des Lebermeridians in der TCM), um diese Uhrzeit findet aber auch der Synthesepeak des Melatonins statt.

Synerga® und Colibiogen® Inject dienen zur schnellen Abdichtung der mucosalen Permeabilitätsstörung im Dünndarm.

SPECIOL ist ein von mir bevorzugtes homöopathisch-spagyrisches Spezialpräparat zur Optimierung der Verdauungsleistung.

Der hypoallergene B-Komplex wird aus mehreren Gründen von mir eingesetzt. Die darin enthaltene Folsäure überführt das in der Vitamin-B12-Ampulle befindliche Cyanocobalamin bzw. Hydroxycobalamin in bioaktives Methylcobalamin. Vitamin B6 und Vitamin B2 sind Co-Faktoren der Serotoninbiosynthese.

Ganz entscheidend für die erfolgreiche Behandlung eines Reizdarmsyndroms in der Praxis ist meines Erachtens, dass neben der klassischen Eliminationsdiät zeitgleich eine medikamentöse Abdichtung der Dünndarmmucosa erfolgt.

Hierfür gibt es, neben dem bereits erwähnten Synerga®, als weitere Alternativen Myrrhinil- Intest® „Repha“, das ich vor allem dann einsetze, wenn Durchfälle dominieren.

Dirk-Rüdiger Noschinski Dirk-Rüdiger Noschinski
Heilpraktiker in eigener Praxis in Bad Soden am Taunus und Autor

praxis@der-naturheilpraktiker.de

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